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China boy­kot­tiert west­liche Unter­nehmen wegen Uiguren

Die chi­ne­sische Regierung boy­kot­tiert west­liche Mode­ketten, die ihre Besorgnis über Zwangs­arbeit in Xin­jiang, der größten Region Chinas, zum Aus­druck bringen. Die Unter­nehmen werden unter Druck gesetzt, ihre Web­sites um Absätze über ihre Men­schen­rechts­po­litik zu berei­nigen, Ent­schei­dungen, die in Xin­jiang pro­du­zierte Baum­wolle nicht mehr zu kaufen, rück­gängig zu machen und Land­karten zu ent­fernen, die Taiwan als unab­hän­giges Land darstellen.

(von Soeren Kern)

Der eska­lie­rende Kampf kommt, nachdem die Euro­päische Union und Groß­bri­tannien sich am 22. März den Ver­ei­nigten Staaten und Kanada ange­schlossen haben, um Sank­tionen gegen chi­ne­sische Funk­tionäre wegen Men­schen­rechts­ver­let­zungen in Xin­jiang, einer abge­le­genen auto­nomen Region im Nord­westen Chinas, zu ver­hängen.

Men­schen­rechts­experten sagen, dass min­destens eine Million Muslime in bis zu 380 Inter­nie­rungs­lagern fest­ge­halten werden, wo sie Folter, Mas­sen­ver­ge­wal­ti­gungen, Zwangs­arbeit und Ste­ri­li­sa­tionen aus­ge­setzt sind.

West­liche Unter­nehmen, die in China Geschäfte machen, stehen zunehmend vor einem unan­ge­nehmen Dilemma: Wie können sie west­liche Werte hoch­halten und sich von Men­schen­rechts­ver­let­zungen distan­zieren, ohne Ver­gel­tungs­maß­nahmen seitens der chi­ne­si­schen Regierung zu pro­vo­zieren und den Zugang zu einem der größten und am schnellsten wach­senden Märkte der Welt zu verlieren.

Der aktuelle Streit dreht sich um Vor­würfe, dass die chi­ne­sische Regierung mehr als 500.000 Uiguren und andere mus­li­mische eth­nische und reli­giöse Min­der­heiten zwingt, in Xin­jiang Baum­wolle zu pflücken, das 85 % der chi­ne­si­schen Baum­wolle und ein Fünftel des welt­weiten Bedarfs pro­du­ziert. Ungefähr 70% der Baum­woll­felder der Region werden von Hand abge­erntet. Die Vor­würfe der Zwangs­arbeit betreffen alle west­lichen Lie­fer­ketten, in denen Xin­jiang-Baum­wolle als Roh­stoff beteiligt ist. Sowohl die Euro­päische Union als auch die Ver­ei­nigten Staaten impor­tieren mehr als 30% ihrer Beklei­dungs- und Tex­til­lie­fe­rungen aus China.

Im Oktober 2020 setzte die in Genf ansässige Better Cotton Initiative (BCI), eine ein­fluss­reiche Non-Profit-Gruppe, die sich für eine nach­haltige Baum­woll­pro­duktion ein­setzt, die Lizen­zierung von Xin­jiang-Baum­wolle unter Berufung auf Vor­würfe und “zuneh­mende Risiken” von Zwangs­arbeit aus. Die Erklärung wurde inzwi­schen von der BCI-Website ent­fernt und ist beun­ru­hi­gen­der­weise auch im Inter­net­archiv nicht zugänglich.

Nachdem die BCI, die mehr als 1.800 Mit­glieder hat und die gesamte globale Baum­woll­lie­fer­kette umfasst, die Lizen­zierung der Xin­jiang-Baum­woll­pro­duktion ein­ge­stellt hatte, sagten ihre Mit­glieder – dar­unter Adidas mit Sitz in Deutschland, Bur­berry mit Sitz in Groß­bri­tannien, die schwe­di­schen Ein­zel­händler H&M und IKEA, sowie Nike mit Sitz in den USA – alle, dass sie den Einsatz von Baum­wolle aus Xin­jiang gemäß den Richt­linien der Gruppe ein­stellen werden.

Zu diesem Zeit­punkt ver­öf­fent­lichte H&M, der zweit­größte Mode­händler der Welt, eine Erklärung auf ihrer Website:

“Die H&M Group ist zutiefst besorgt über Berichte von Orga­ni­sa­tionen und Medien der Zivil­ge­sell­schaft, die Vor­würfe von Zwangs­arbeit und Dis­kri­mi­nierung eth­nore­li­giöser Min­der­heiten in der Uigu­ri­schen Auto­nomen Region Xin­jiang (XUAR) ent­halten. Wir ver­bieten jeg­liche Art von Zwangs­arbeit in unserer Lie­fer­kette, unab­hängig vom Land oder der Region.…

“Wir arbeiten nicht mit Klei­der­fa­briken in XUAR zusammen und beziehen keine Pro­dukte aus dieser Region. Namen und Standorte von Pro­duk­ti­ons­stätten, Mühlen und Garn­her­stellern werden wir in unserer öffent­lichen Lie­fe­ran­ten­liste trans­parent offen­legen und werden dies auch wei­terhin tun und diese Art von Trans­parenz für unsere globale Lie­fer­kette weiter vorantreiben.

“Außerdem haben wir eine Unter­su­chung in allen Klei­der­fa­briken durch­ge­führt, mit denen wir in China zusam­men­ar­beiten, um sicher­zu­stellen, dass die Arbeit­nehmer in Über­ein­stimmung mit unserer Nach­hal­tig­keits­ver­pflichtung beschäftigt werden und dass unsere Wan­der­ar­beiter-Richt­linie ein­ge­halten wird.”

Die zu jenem Zeit­punkt weit­gehend unbe­achtete Erklärung wurde nach der Ankün­digung von Sank­tionen durch die EU an die Ober­fläche gespült. Die Kom­mu­nis­tische Jugendliga, die Jugend­be­wegung der Kom­mu­nis­ti­schen Partei Chinas, erklärte in einem Beitrag auf Weibo, dem chi­ne­si­schen Pendant zu Twitter: “Gerüchte ver­breiten, Xin­jiang-Baum­wolle zu boy­kot­tieren, während sie auch in China Geld ver­dienen wollen? Wunschdenken!”

Der Aufruhr über den Boykott von Xin­jiang-Baum­wolle durch H&M stei­gerte sich in den chi­ne­si­schen sozialen Medien schnell zu fieb­riger Inten­sität, viele riefen zu einem lan­des­weiten Boykott des Unter­nehmens auf. Chi­ne­sische Land­karten- und Navi­ga­tions-Apps blo­ckierten H&M. Große chi­ne­sische E‑Com­merce-Platt­formen ent­fernten die Marke von ihren Platt­formen. Wütende Ver­mieter kün­digten Miet­ver­träge und zwangen H&M, einige seiner 500 Filialen in China, dem viert­größten Markt des Unter­nehmens hinter Deutschland, den Ver­ei­nigten Staaten und Groß­bri­tannien, zu schließen.

Die natio­na­lis­tische Gegen­re­aktion Chinas breitete sich bald auf andere west­liche Beklei­dungs- und Schuh­un­ter­nehmen aus – dar­unter Adidas, Bur­berry, Calvin Klein, Lacoste, New Balance, Nike, Puma, Tommy Hil­figer, Uniqlo und Zara – nachdem staat­liche Medien die Marken dafür kri­ti­siert hatten, dass sie ihre Besorgnis über Xin­jiang zum Aus­druck brachten. Mehr als 30 chi­ne­sische Pro­mi­nente gaben bekannt, dass sie die Pro­mo­ti­ons­ver­träge mit west­lichen Marken beenden. Einige sagten, sie seien gegen Ver­suche, “China zu diskreditieren”.

Die Agentur Asso­ciated Press berichtete, dass China west­liche Marken aus dem Internet “lösche”:

“In einer Hightech-Version des Air­brushings, mit dem China und andere auto­ritäre Regime poli­tische Feinde aus his­to­ri­schen Fotos löschen, zeigten sich die rund 500 Geschäfte von H&M in China nicht auf der Navi­ga­tions-App Didi Chuxing oder auf Land­kar­ten­diensten, die von Alibaba und Baidu betrieben werden. Seine Smart­phone-App ver­schwand aus den App-Stores.

“Es war nicht klar, ob Unter­nehmen Befehle zur Strei­chung der Online-Präsenz von H&M erhalten haben, aber es wird von chi­ne­si­schen Unter­nehmen erwartet, dass sie sich von sich aus an der Par­tei­linie aus­richten, ohne dass ihnen dies aus­drücklich gesagt werden muss. Die Regu­lie­rungs­be­hörden ver­fügen über weit­rei­chende Befug­nisse, um Unter­nehmen zu bestrafen, die die offi­zielle Politik nicht unterstützen…

“Die Kom­mu­nis­tische Partei setzt aus­län­dische Kleider‑, Reise- und andere Marken oft unter Druck, wenn es um Maß­nahmen ihrer Regie­rungen geht oder um sie zu zwingen, ihre Posi­tionen zu Taiwan, Tibet und anderen sen­siblen Fragen einzunehmen.

“Die meisten halten sich daran, weil China einer der größten, am schnellsten wach­senden, Märkte für globale Mode‑, Elek­tronik- und andere Ver­brau­cher­marken ist.”

Xu Gui­xiang, ein Regie­rungs­sprecher von Xin­jiang, sagte:

“Ich glaube nicht, dass ein Unter­nehmen sein wirt­schaft­liches Ver­halten poli­ti­sieren sollte. Kann H&M wei­terhin auf dem chi­ne­si­schen Markt Geld ver­dienen? Nicht mehr. Sich in eine solche Ent­scheidung zu stürzen und sich an Sank­tionen zu betei­ligen ist nicht ver­nünftig. Es ist, als würde man einen Stein auf­heben, um ihn auf die eigenen Füße zu werfen.”

H&M sagte in einer Erklärung vom 31. März, dass es sich “der Wie­der­her­stellung des Ver­trauens unserer Kunden, Kol­legen und Geschäfts­partner in China ver­schrieben hat”. Die Erklärung, in der Xin­jiang nicht erwähnt wurde, schien ein geschei­terter Versuch zu sein, ein Gleich­ge­wicht zwi­schen der Beschwich­tigung der chi­ne­si­schen Regierung und der Beschwich­tigung west­licher Men­schen­rechts­gruppen zu finden.

“Warum ent­schuldigt sich H&M nicht offen bei den Kon­su­menten?”, fragte das staat­liche China Central TV. Es nannte die Erklärung von H&M einen “zweit­klas­sigen PR-Artikel voller leerer Worte ohne Aufrichtigkeit”.

Der Sprecher des Han­dels­mi­nis­te­riums, Gao Feng, sagte, dass Zwangs­arbeit in Xin­jiang “nicht existent und kom­plett ima­ginär” sei und solche Anschul­di­gungen einer Ver­leumdung gleichkämen:

“Wir sind gegen jeg­liche externen Kräfte, die sich in Xin­jiang-Ange­le­gen­heiten und Chinas innere Ange­le­gen­heiten ein­mi­schen. Wir sind auch gegen Sank­tionen, die gegen chi­ne­sische Per­sonen und Ein­rich­tungen ver­hängt werden, die auf Lügen und fal­schen Infor­ma­tionen beruhen, und unter dem Vorwand so genannter Men­schen­rechts­fragen in Xinjiang.”

Chi­ne­sische Behörden drängten dar­aufhin H&M und andere Marken, “pro­ble­ma­tische Land­karten Chinas” auf ihren Web­sites zu ändern. Die Shang­haier Nie­der­lassung der Cyber­space Admi­nis­tration of China wider­sprach der Art, wie Taiwan, der unab­hängige Insel­staat, das Peking als Teil seines Ter­ri­to­riums bean­sprucht, auf den tai­wa­ne­si­schen Ver­sionen ihrer Web­sites dar­ge­stellt wurde.

Nachdem H&M dem chi­ne­si­schen Druck nach­ge­geben und die Land­karte geändert hatte, ordnete die Regierung an, dass H&M seine Dar­stellung umstrit­tener Gewässer im Süd­chi­ne­si­schen Meer, von denen 90 % von Peking bean­sprucht werden, “sofort kor­ri­gieren” sollte. H&M hielt sich daran, nur um Vietnam zu ver­ärgern, das riva­li­sie­rende Ansprüche auf einige der Gewässer hält.

Unter­dessen hat die chi­ne­sische Regierung, um Vor­würfen von Men­schen­rechts­ver­let­zungen in Xin­jiang ent­ge­gen­zu­wirken, ein neues Musical pro­du­ziert – das offenbar den ame­ri­ka­ni­schen Klas­siker “Sound of Music” nachahmt – das Xin­jiang als länd­liche Idylle des eth­ni­schen Zusam­men­halts ohne Unter­drü­ckung, Mas­sen­über­wa­chung und sogar den Islam seiner mehr­heitlich uigu­ri­schen Bevöl­kerung darstellt.

Das Musical “Wings of Songs” ver­sucht, die kul­tu­relle Rea­lität der Region neu zu gestalten, so die Agentur Agence France-Presse, die hin­zu­fügte:

“Das Musical lässt die Über­wa­chungs­ka­meras und Sicher­heits­kon­trollen aus, die Xin­jiang über­decken. Eben­falls bemer­kenswert abwesend sind Hin­weise auf den Islam – obwohl mehr als die Hälfte der Bevöl­kerung von Xin­jiang Muslime sind – und es gibt keine Moscheen oder Frauen in Schleiern.”

West­liche Marken und Xinjiang-Lieferketten

Im März 2020 ent­hüllte das Aus­tralian Stra­tegic Policy Institute in einem Bericht mit dem Titel “Uiguren zum Verkauf”, dass Uiguren in Fabriken arbeiten – unter Bedin­gungen der Zwangs­arbeit – die in den Lie­fer­ketten von mehr als 80 bekannten glo­balen Marken in der Bekleidungs‑, Auto­mobil- und Tech­no­lo­gie­branche liegen. Zu den Unter­nehmen gehören:

Aber­crombie & Fitch, Acer, Adidas, Alstom, Amazon, Apple, ASUS, BMW, Bom­bardier, Bosch, Calvin Klein, Candy, Carter’s, Cerruti 1881, Cisco, Dell, Elec­trolux, Fila, Founder Gap, General Motors, Google, H&M, Hitachi, HP, Jaguar, L.L. Bean, Lacoste, Land Rover, Lenovo, LG, Mer­cedes-Benz, MG, Microsoft, Mitsu­bishi, Nike, Nin­tendo, Nokia, Pana­sonic, Polo Ralph Lauren, Puma, Samsung, Sharp, Siemens, Ske­chers, Sony, Tommy Hil­figer, Toshiba, Uniqlo, Vic­toria Volks­wagen und Zara.

Im Juli 2020 berichtete die Financial Times, dass west­liche Marken wie Brooks Brothers, Hugo Boss, Lacoste und Ralph Lauren Beklei­dungs­lie­fe­rungen von einem chi­ne­si­schen Unter­nehmen erhalten hätten, dessen Toch­ter­ge­sell­schaft mit US-Sank­tionen wegen angeb­licher Zwangs­arbeit in Xin­jiang kon­fron­tiert sei.

Im Mai 2019 berichtete das Wall Street Journal, dass viele mul­ti­na­tionale Marken – dar­unter Adidas, C&A, Calvin Klein, Campbell’s Soup Company, Coca-Cola, Disney, Esprit, Gap, H&M und Kraft Heinz und Pata­gonia – direkt oder indirekt von Fabriken pro­fi­tieren, die angeblich Zwangs­arbeit in Xin­jiang einsetzen.

Einige Unter­nehmen haben die Vor­würfe bestritten, andere haben ver­sprochen, das zu unter­suchen, und wieder andere haben ver­sprochen, die Beschaffung von Lie­fe­rungen aus Xin­jiang ein­zu­stellen. Im Fol­genden finden Sie aus­ge­wählte Ant­worten und Aus­sagen von Mode­marken, der aktuelle Fokus der chi­ne­si­schen Wut:

  • Adidas. In einer Erklärung hieß es: “Im Jahr 2019, als wir von Vor­würfen gegen mehrere Unter­nehmen aus Xin­jiang, China, erfuhren, wo eth­nische Min­der­heiten angeblich Zwangs­arbeit in Spin­ne­reien aus­ge­setzt waren, ver­langten wir von unseren Stoff­lie­fe­ranten aus­drücklich, kein Garn aus der Region Xin­jiang zu beziehen. Adidas hat noch nie Waren in Xin­jiang her­ge­stellt und hat keine ver­trag­liche Beziehung mit einem Xinjiang-Lieferanten.”
  • Bur­berry. Der in Groß­bri­tannien ansässige Ein­zel­händler, ein Mit­glied der Better Cotton Initiative, war die erste Luxus­marke, die chi­ne­sische Gegen­re­ak­tionen über Xin­jiang erlitten hat. Bur­berry verlor einen chi­ne­si­schen Mar­ken­bot­schafter, und sein Logo wurde aus einem beliebten Video­spiel geschrubbt.
  • Gap. In einer Erklärung hieß es: “Wir können bestä­tigen, dass wir keine Klei­dungs­stücke aus Xin­jiang beziehen… Wir haben eine neue Richt­linie imple­men­tiert, die es den Anbietern von Gap Inc. aus­drücklich ver­bietet, Pro­dukte, Kom­po­nenten oder Mate­rialien aus Xin­jiang direkt oder indirekt ein­zu­setzen, um Auf­träge für Gap Inc. herzustellen.
  • Marks & Spencer. Der bri­tische Ein­zel­händler war eine der ersten großen Marken, die eine Kam­pagne zur Been­digung der Zwangs­arbeit in Xin­jiang unter­stützten. Im Januar 2020 unter­zeichnete das Unter­nehmen einen Aufruf der “Koalition zur Been­digung der Zwangs­arbeit in der Uiguren-Region” – die aus mehr als 300 zivil­ge­sell­schaft­lichen Gruppen besteht – um die Bezie­hungen zu Lie­fe­ranten in China abzu­brechen, die von Zwangs­arbeit in Xin­jiang profitieren.
  • Nike. In einer Erklärung hieß es: “Wir sind besorgt über Berichte über Zwangs­arbeit in, und ver­bunden mit, der Uigu­ri­schen Auto­nomen Region Xin­jiang (XUAR). Nike beschafft keine Pro­dukte aus der XUAR und wir haben mit unseren Ver­trags­lie­fe­ranten bestätigt, dass sie keine Tex­tilien oder Spinn­garne aus der Region verwenden.”
  • New Balance. In einer Erklärung hieß es: “Wir erkennen an, dass das Risiko von Zwangs­arbeit steigt, wenn wir in der Lie­fer­kette weiter nach oben gehen, wo wir auch weniger Sicht­barkeit und Hebel­wirkung haben. Wir weiten die Kar­tierung der Baum­wollgarn-Lie­fer­kette sowie die Erfor­schung von Tech­no­logien und anderen Methoden aus, um die Her­kunft der Roh­stoffe besser zu sicherzustellen.”
  • Zara. Die Mut­ter­ge­sell­schaft von Zara, Inditex mit Sitz in Spanien, ent­fernte von ihrer Website eine Erklärung zur Null-Toleranz-Politik des Unter­nehmens bezüglich Zwangs­arbeit. Die Erklärung, die im Internet-Archiv zu finden ist, sagte:“Wir nehmen Berichte über unsach­gemäße Sozial- und Arbeits­prak­tiken in jedem Teil der Beklei­dungs- und Tex­til­lie­fer­kette sehr ernst. Uns ist eine Reihe solcher Berichte bekannt, in denen soziales und Arbeits­fehl­ver­halten in ver­schie­denen Lie­fer­ketten zwi­schen Uiguren in Xin­jiang (China) sowie in anderen Regionen behauptet wird, die sehr besorg­nis­er­regend sind. Nach einer internen Unter­su­chung können wir bestä­tigen, dass Inditex keine Geschäfts­be­zie­hungen zu einer Fabrik in Xin­jiang unterhält.“Der Hong­konger Men­schen­rechts­ak­tivist Johnson Yeung twit­terte:

    “Ange­sichts des Drucks durch chi­ne­sische Staats­medien und chi­ne­sische Ver­braucher. @InditexSpain @ZARA ent­fernt ihre Aussage über #Xin­jiang Cotton still und heimlich von ihrer Website. Ich befürchte wirklich, dass sich Unter­nehmen wieder an Gräu­el­taten gegen Uiguren betei­ligen werden, um ihre Loya­lität zuzu­si­chern. Bleiben Sie dran.”

Aus­ge­wählte Kommentare

Der China-For­scher Richard Ebeling, der für das Ame­rican Institute for Eco­nomic Research schreibt, erklärte, warum die chi­ne­sische Regierung die Uiguren verfolgt:

“Die Uiguren, wie die Tibeter und andere Min­der­hei­ten­gruppen in China, sind Opfer des poli­ti­schen und eth­ni­schen Impe­ria­lismus Chinas geworden. Die chi­ne­sische Regierung hat ver­sucht, die poli­tische Ver­ei­nigung und Inte­gration ins­be­sondere Tibets und Xin­jiangs durch eine Politik der eth­ni­schen und kul­tu­rellen “Ste­ri­li­sierung” zu gewähr­leisten. Jahr­zehn­telang haben die chi­ne­si­schen Behörden in Peking Han-Chi­nesen dazu ani­miert, in diese beiden Gebiete zu strömen, um die uigu­ri­schen und tibe­ti­schen Völker in ihrem eigenen Land “aus­zu­dünnen” und auf eine demo­gra­fische Min­derheit zu reduzieren.

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“Die chi­ne­sische Regierung hat ver­sucht, die Praxis des Islam und des Bud­dhismus unter diesen Völkern zu ver­folgen und aus­zu­rotten. Das chi­ne­sische Militär hat reli­giöse Tempel und Kult­stätten geschändet, reli­giöse Führer ermordet und inhaf­tiert, Frauen beider Gruppen gezwungen, Han-Chi­nesen zu hei­raten, um Xin­jiang und Tibet von ihrer indi­genen Bevöl­kerung gene­tisch zu “säubern”, und hat das Erlernen und Sprechen der ver­schie­denen lokalen Sprachen und das Ausüben kul­tu­reller Bräuche ein­ge­schränkt oder verboten.

“Obwohl natürlich nie offi­ziell oder öffentlich gesagt wurde, sieht die Politik der chi­ne­si­schen Regierung, poli­tische Soli­da­rität und Einheit in jedem ein­zelnen Winkel des Ter­ri­to­riums Chinas zu garan­tieren, so aus, dass sie das Land zu einer ras­sisch ein­zigen Gruppe, den Han-Chi­nesen, macht.”

Die Zeit­schrift The Eco­nomist schrieb in einem Leit­ar­tikel, dass west­liche Ein­zel­händler zunehmend zwi­schen natio­na­lis­ti­schen chi­ne­si­schen Kon­su­menten und gewis­sen­haften Ver­brau­chern zu Hause gefangen sind:

“Seit mehr als einem Jahr gehen einige große aus­län­dische Mode- und Tech­no­lo­gie­un­ter­nehmen auf dem schmalen Grat der Men­schen­rechts­ver­let­zungen, die China gegen Uiguren, eine über­wiegend mus­li­mische eth­nische Min­derheit in der nord­west­lichen Region Xin­jiang, begeht. Diese Firmen haben daran gear­beitet, ihre Lie­fer­ketten von der Zwangs­arbeit der Uiguren zu befreien, von denen Hun­dert­tau­sende Baum­wolle unter scheinbar erzwun­genen Bedin­gungen pflücken. Was sie nicht getan haben, ist, sich für diese Bemü­hungen zu rühmen, aus Angst, die Kom­mu­nis­tische Partei und 1,4 Mil­li­arden chi­ne­sische Kon­su­menten zu verärgern.…

“Ein Online-Furor, der diese Woche von den chi­ne­si­schen Behörden geschürt wurde, legt nahe, dass Peking dieses Dop­pel­spiel ermüden könnte. Chinas Regierung, die zunehmend darauf bedacht ist, Kri­tiker ihrer Xin­jiang-Politik zu bestrafen, zwingt aus­län­dische Unter­nehmen zu einer Ent­scheidung, die sie unbe­dingt zu ver­meiden ver­sucht haben: China zu unter­stützen oder aus dem chi­ne­si­schen Markt auszusteigen.

“Chi­ne­sische Behörden haben in der Ver­gan­genheit natio­na­lis­tische Pro­teste gegen aus­län­dische Unter­nehmen geschürt und sie dann nie­der­ge­schlagen, nachdem sie ihren Stand­punkt klar­ge­macht hatten. Diesmal sieht die Kam­pagne wie ein Teil eines brei­teren, nach­hal­ti­geren Gegen­an­griffs gegen Kri­tiker der Regie­rungs­po­litik in Xin­jiang aus, wo sie mehr als eine Million Uiguren wegen ihrer reli­giösen und kul­tu­rellen Über­zeu­gungen in einem Gulag ein­ge­sperrt hat…

“Die Kom­mu­nis­tische Partei sieht sich zunehmend in der Lage, wirt­schaft­lichen Druck auf andere aus­zuüben, indem sie das ‘mächtige Gra­vi­ta­ti­onsfeld’ der zweit­größten Volks­wirt­schaft der Welt nutzt…

“West­liche Marken, die sich in Xin­jiang behauptet haben, könnten befürchten, dass, was als Kotau gegenüber der Kom­mu­nis­ti­schen Partei ange­sehen wird, eine Gegen­re­aktion unter den Käufern im Westen pro­vo­zieren könnte, die zunehmend erwarten, dass sich Unter­nehmen in allen Fragen, von der Behandlung der Arbeit­nehmer bis zum Kli­ma­wandel, ver­ant­wor­tungsvoll ver­halten… Die Firmen könnten sich auch aus­rechnen, dass die natio­na­lis­tische Inbrunst in China abkühlen wird. Und sie sichern ihre Wetten ab…

“Das könnte sich alles ändern, da sowohl Chinas offi­zi­eller Ärger über die Kritik an seiner Xin­jiang-Politik als auch der Druck west­licher Men­schen­rechts­ak­ti­visten und Ver­braucher weiter zunehmen. Men­schen­rechts­ak­ti­visten rufen bereits zu einem Unter­neh­mens­boykott der Olym­pi­schen Win­ter­spiele im kom­menden Jahr in Peking auf… Sie wissen, dass es auf ihren Hei­mat­märkten nicht ver­tretbar erscheint, auf den Druck Chinas zu reagieren, indem sie auf ihre eigenen Men­schen­rechts­ver­pflich­tungen ver­zichten. Gleich­zeitig sind sie ver­ständ­li­cher­weise besorgt über die Folgen in China. Die Wahl zwi­schen dem lukra­tiven chi­ne­si­schen Markt und den Werten, die die Firmen im Rest der Welt bekennen, wird unvermeidbar…”

Der öffentlich-recht­liche Schweizer Sender SRF schrieb, der Kon­flikt arbeite zugunsten der chi­ne­si­schen Regierung:

“Die öffent­liche Empörung und der Boykott nützt der chi­ne­si­schen Regierung gleich in meh­rerer Hin­sicht: Im Inland lenkt der Boykott ab von den Anschul­di­gungen wegen der Men­schen­rechts­ver­let­zungen und stellt das Thema als Angriff des Westens auf China dar.

“Und gegenüber dem Ausland dient der Fall H&M als abschre­ckendes Bei­spiel. Die Bot­schaft an inter­na­tionale Firmen: Legt Euch bloss nicht mit China an.”

Die Frank­furter All­ge­meine Zeitung hob den mora­li­schen Kon­flikt west­licher Länder hervor:

“Die Unter­nehmen stecken in einem Zwie­spalt: Im Westen lehnen es viele ihrer Kunden ab, ein T‑Shirt zu tragen, das von Zwangs­ar­beitern pro­du­ziert wurde. In China, das für sie Pro­duk­ti­onsort und wich­tiger Absatz­markt ist, geraten die Unter­nehmen unter Druck, wenn sie Zwangs­arbeit offen kri­ti­sieren. Beiden Seiten können sie es kaum recht machen.

“Wer es doch ver­sucht, macht sich hier wie dort angreifbar. So wie Hugo Boss. Die für ihre Her­ren­anzüge bekannte Marke aus dem schwä­bi­schen Met­zingen führt gerade vor, wie ein Unter­nehmen aus einem mora­li­schen wie öko­no­mi­schen Dilemma einen Ausweg sucht – und am Ende doppelt verliert.

“Auf der chi­ne­si­schen Inter­net­plattform Weibo – einer Art natio­nalem Twitter – wird seit Neu­estem auch zum Boykott von Boss auf­ge­rufen. Zwei pro­mi­nente Schau­spieler kün­digten ihre Zusam­men­arbeit mit der deut­schen Firma auf, und Nutzer in Chinas sozialen Medien spotten über das Her­um­la­vieren des Anzugherstellers.

“Was ist passiert?

“Vor wenigen Tagen erklärte Hugo Boss auf Weibo, man respek­tiere die nationale Sou­ve­rä­nität Chinas, die Baum­wolle aus Xin­jiang gehöre zur Besten der Welt – und man werde sie wei­terhin kaufen. Dieses Statement wäre im Westen wahr­scheinlich kaum wahr­ge­nommen worden, hätte nicht das eng­lisch­spra­chige Medi­en­portal Hongkong Free Press darüber berichtet.

“Dabei hatten die Deut­schen gegenüber einem US-Sender im ver­gan­genen Sep­tember noch erklärt, alle ihre Lie­fe­ranten müssten nach­weisen, dass ihre Pro­dukte nicht aus Xin­jiang stammten. Auf einmal ent­stand der Ein­druck, Hugo Boss erzähle in China etwas anderes als im Westen.

“Nachdem das Hong­konger Medium über die wider­sprüch­liche Kom­mu­ni­kation berichtet hatte, löschte Boss das Statement auf Weibo. Statt­dessen ver­weist das Unter­nehmen auf seinem Weibo-Account nun auf eine eng­lisch­spra­chige Stel­lung­nahme, in der es mit Bezug auf Xin­jiang heißt: Hugo Boss tole­riere keine Zwangsarbeit. …

“Auf Anfrage der ZEIT sagt eine Spre­cherin von Hugo Boss, die erste Weibo-Nach­richt sei ‘unau­to­ri­siert’ gewesen. ‘Unsere Position im Hin­blick auf die Situation ist gegenüber der von vor einiger Zeit selbst­ver­ständlich unverändert. ’

“Doch mit wenig Aufwand lässt sich im Internet eine ältere Version der Stel­lung­nahme des Kon­zerns finden, die vor einigen Tagen von dessen Website gelöscht wurde – und die deutlich härter als die nun ver­breitete Bot­schaft aus­fällt. … Sie ver­prach: ‘Wir sichern zu, dass unsere neuen Kol­lek­tionen ab Oktober 2021 keine Baum­wolle oder sonstige Mate­rialien aus der Region Xin­jiang enthalten.’ ”

Die deutsche Zeitung Die Welt schrieb, solange Deutschland von China abhängig sei, nütze mora­lische Kritik wenig:

“Ein Bei­spiel für die Unei­nigkeit über den rechten Umgang stellt das China-Inves­ti­ti­ons­ab­kommen dar, dass die EU unter Feder­führung von Angela Merkel kurz vor dem Schlussgong der deut­schen Rats­prä­si­dent­schaft noch durch­ge­winkt hat – wobei sie sämt­liche Bitten der noch nicht ange­tre­tenen Biden-Admi­nis­tration in den Wind schlug, sich bei diesem Thema mit­ein­ander abzustimmen.

“Das Abkommen mag die Lage euro­päi­scher Inves­toren in China atmo­sphä­risch ein wenig ver­bessern. Vor allem aber stellt es einen Pres­ti­ge­erfolg für Xi Jinping dar und erleichtert es ihm, bei Bedarf darauf hin­zu­weisen, dass der Westen keine gemeinsame Position zu China zu finden imstande ist.

“Dass das Abkommen dazu bei­tragen würde, die Men­schen­rechtslage in China positiv zu beein­flussen, würden noch nicht mal seine Ver­tei­diger behaupten. Gerade in diesen Tagen erleben die Europäer aufs Neue, dass China in diesen Dingen keinen Spaß ver­steht und nicht bereit ist, mit dem Westen auch nur einen Dialog über Men­schen­rechts­fragen zu führen. Im Gegenteil, auf jede Art Kritik reagiert Peking zunehmend aggressiv.

“Denn die 5200 deut­schen Firmen, die in China aktiv sind, werden dem Kanz­leramt in den ver­gan­genen Jahren ein recht klares Bild der Befind­lich­keiten ihrer chi­ne­si­schen Geschäfts­partner geliefert haben. Deshalb räumt Daimler eben ein Social-Media-Posting zu Tibet flott wieder ab, wenn es Peking unan­genehm auf­fällt. Und deshalb hört man von Volks­wagen nichts zur Lage der Uiguren, obwohl oder eher weil die Firma in der Provinz Xin­jiang ein Werk unterhält. Gut die Hälfte der Exporte der EU nach China ent­fallen auf deutsche Firmen. Die deutsche Export­wirt­schaft hat ein geringes Interesse daran, diese Bilanz durch mora­li­schen Eifer zu trüben.

“Die öko­no­mische Abhän­gigkeit von China schwächt aber die ohnehin geringe Durch­schlags­kraft mora­li­scher Argu­mente noch zusätzlich ab. Solange Europa, und das heißt in diesem Fall vor allem Deutschland, nicht bereit ist, diese Abhän­gigkeit zu redu­zieren, werden Klagen über Men­schen­rechts­ver­let­zungen in China daher wei­terhin bes­ten­falls pampige Abwehr­re­ak­tionen aus Peking auslösen.”

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Soeren Kern ist ein Senior Fellow am New Yorker Gatestone Institute.


Quelle: gatestoneinstitute.org