Afgha­nistan: EU-Kom­mission fordert kon­krete Angebote der Länder zur Flücht­lings­auf­nahme (+Videos)

Die Welle aus Afgha­nistan hin nach Europa rollt. Aber einige EU-Staaten sind wenig begeistert von dem kaum abzu­schät­zenden Andrang aus Afgha­nistan. Polen hat seine Grenzen dicht­ge­macht. Doch die EU will das „Resett­lement-Pro­gramm“ durch­ziehen und fordert die Mit­glieds­staaten auf, ver­bind­liche „Angebote“ zu Auf­nah­me­kon­tin­genten zu machen. Man werde, so die EU-Kom­mission für jeden Flüchtling im Rahmen des Resett­lement-Pro­grammes 10.000 Euro bei­steuern, ver­kündete der innen- und migra­ti­ons­po­li­tische Sprecher der Kom­mission, Christian Wigand.

Das EU-Sonder-Innen­mi­nis­ter­treffen der Mit­glied­staaten am heu­tigen Dienstag wird kon­fron­tativ. Polen und die Visegrad-Staaten werden sich vehement gegen die Auf­nah­me­raten sperren, allen voran Ungarn. Da hilft auch nichts, dass Herr EU-Innen­mi­nister Wigand das „Umsied­lungs­pro­gramm“ (allein diese Bezeichnung sagt schon, dass es sich nicht um Asyl suchende Flücht­linge, sondern um Ein­wan­derer handelt, die kommen, um zu bleiben) aus­giebig lobt. Man sei seit 2015 damit in der EU „ziemlich erfolg­reich“ gewesen. Mehr als 80.000 Men­schen aus Kri­sen­ge­bieten habe man auf­ge­nommen. Auch das ist eine hübsche For­mu­lierung. Bemühen wir Wiki­pedia, das ja ein sehr sys­tem­freund­liches Nach­schla­gewerk ist und sicherlich nicht irgend­welcher AfD-Sym­pa­thien verdächtig:

„Die Zahl der nach Europa ein­ge­reisten Asyl­be­werber hatte 2014 bereits 627.000 betragen, ver­dop­pelte sich fast auf über 1,3 Mio. im Jahr 2015 und lag 2016 nochmals bei 1,26 Mio., von denen ein erheb­licher Teil bereits 2015 ein­ge­reist war, aber ver­spätet erfasst wurde. Nach Ver­schär­fungen des Asyl­rechts in den wich­tigsten Ziel­staaten im Herbst 2015, der Errichtung von Grenz­bar­rieren auf der Bal­kan­route im März 2016 und dem EU-Türkei-Abkommen vom 18. März 2016 nahm die Zahl der neuen Asyl­be­werber rasch ab und lag 2017 bei rund 650.000.“

Allein diese Zahlen zeigen, dass zwi­schen 2015 und 2017 etwa 3,2 Mil­lionen Flücht­linge nach Europa ein­ge­wandert sind. Darin ist die Zuwan­derung vor 2015 und die von 2018, 2019, 2020 noch gar nicht ent­halten. Wenn Herr EU-Innen­mi­nister Wigand von 80.000 spricht, ist das eine sehr irre­füh­rende Zahl. Er setzt „aus Kri­sen­ge­bieten“ dazu, was impli­zieren würde, dass ca. 3,1 Mil­lionen der Flücht­linge (aus 2015–2017) nicht aus Kri­sen­ge­bieten stammen. Was aber bedeuten würde, dass sie über­haupt keine „Flücht­linge“ sind, sondern einfach nur Einwanderer.

Die aus­ge­lobten 10.000 Euro pro Person aus dem „Resett­lement-Pro­gramm“ sind eben­falls Augen­wi­scherei. Das Geld reicht für einen Flüchtling nicht einmal ein Jahr. Es ist aber auch ziemlich egal, denn auch dieses EU-Geld wird aus den Steuern der Bürger in der EU bezahlt, und insofern ist es unwichtig, von welcher Behörde unsere Steu­er­gelder für Flücht­linge aus­ge­geben werden. Ganz offen­sichtlich geht es aber auch gar nicht nur um afgha­nische Flücht­linge. Die schreck­lichen Gescheh­nisse dort sind eine will­kommene Gele­genheit, eine neue, zusätz­liche Ein­wan­de­rungs­welle aus ganz anderen Regionen zu rechtfertigen:

„Wir erwarten, dass die Mit­glied­staaten bis Mitte Sep­tember Zusagen für das kom­mende Jahr machen. Es geht um Men­schen aus unter­schied­lichen Regionen, aber natürlich wird jetzt auch Afgha­nistan ein beson­derer Fokus sein“, sagte Wigand.

Was dieser „besondere Fokus“ ange­sichts der Massen bedeutet, die sich allein auf dem gefähr­lichen Flug­hafen in Kabul gesammelt haben und auf eine Aus­reise hoffen, lassen diese Videos erahnen:

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In dem ganzen Chaos, so stellte sich mitt­ler­weile heraus, waren es nur 3% der Flücht­linge, die wirklich afgha­nische Orts­kräfte und Hilfs­truppen der Bun­deswehr waren – also die, die wir eigentlich – und zu Recht ! — hierher holen wollten. Mit anderen Worten heißt das: Wir wissen über­haupt nicht, wen wir da in Afgha­nistan in die Flug­zeuge geladen haben. Von Taliban oder ISIS-Kämpfern, wirklich gefährdete Leute oder solche, die einfach hier eine tolle Gele­genheit sahen, um ins reiche Ger­mania ohne weitere For­ma­li­täten hin­ein­zu­kommen … wir wissen es nicht.

Ziel sei es, dass „sichere und legale Wege für besonders schutz­be­dürftige Men­schen, in Europa Schutz zu erhalten, d.h. umzu­siedeln“, gewähr­leistet sind. Dabei gehe es um „klar defi­nierte Per­so­nen­gruppen, die besonders gefährdet sind, wie Jour­na­listen oder Men­schen­rechts­ak­ti­visten, ins­be­sondere Frauen und Mädchen. Dies geschieht in enger Zusam­men­arbeit mit dem UNHCR“, erklärte Wigand.

Das UNHCR ist das Flücht­lings­hilfswerk der Ver­einten Nationen. Es kümmert sich um besonders schutz­be­dürftige Flücht­linge, wie bei­spiels­weise bedrohte Kinder und Frauen oder Men­schen, die dringend medi­zi­nische Hilfe brauchen.

Herrn EU-Innen­mi­nister Wigand steht keine leichte Aufgabe bevor. Die Stimmung ist sehr gereizt. Viele EU-Länder haben seit 2015 massive innere Pro­bleme bekommen, denn die Mil­lionen Migranten haben zu inneren Kon­flikten, signi­fikant stei­genden Staats­aus­gaben, einem deut­lichen Ansteigen der Kri­mi­na­lität und damit zu gesun­kener Sicherheit in den Ländern geführt. Die Bürger fühlen sich zu großen Teilen unsicher und bedroht. Das Resultat: Auch eine von Politik und Medien aggressiv geschürte öffent­liche Stimmung gegen Kri­tiker der unge­re­gelten Zuwan­derung, gegen kon­ser­vative Poli­tiker und Par­teien konnte das Ent­stehen und Auf­blühen dieser Pro­test­be­we­gungen nicht ein­dämmen. Das war die Haupt­ur­sache der Bildung des Blocks der Visegrad-Staaten. Hier hat sich eine sichtbare Bruch­stelle in der EU gebildet, die schon in den nächsten Jahren virulent werden könnte.

Es sei, wird berichtet, die Stra­tegie der Europäer, Flücht­linge aus Afgha­nistan mög­lichst in der Region zu halten. Die EU bietet Nach­bar­ländern wie Usbe­kistan und Pakistan finan­zielle Unter­stützung an. Doch besonders gefährdete Per­sonen sollen nach dem Willen der Kom­mission nach Europa „umge­siedelt“ werden. Eine Zusam­men­arbeit mit dem neuen Taliban-Regime werde sich da nicht ver­meiden lassen.