Vera Lengsfeld: Eine Dik­tatur muss bekämpft werden, bevor sie eta­bliert ist

Danach wird es schwierig. Diese Weisheit ver­danken wir Gysi, nein, nicht Gregor, sondern seinem Vater Klaus, Kom­munist seit dem 15. Lebensjahr, der unter einer Dik­tatur gelitten und einer anderen treu gedient hat. Wenn Gysi Recht hat, wovon ich über­zeugt bin, ist es aller­höchste Zeit, etwas gegen die dritte Dik­tatur auf deut­schem Boden zu unter­nehmen. Die ist bereits voll ent­wi­ckelt, aber noch nicht fest eta­bliert. Die heu­tigen Macht­haber haben aus zwei Dik­ta­turen gelernt – nicht, wie man sie ver­meidet, sondern wie man es besser macht. Die Dik­tatur neuen Typus ver­zichtet weit­gehend auf kör­per­liche Gewalt. Insofern war der Ein­satz­befehl des ehe­ma­ligen SED-Genossen und heu­tigen Innen­se­nators von Berlin Geisel ein Rückfall in über­wundene Zeiten. Mit roher Gewalt kann man zwar Men­schen unter­drücken, aber die Gedanken bleiben frei. Schon Heinrich Heine ver­spottete seine Zen­soren damit, dass er seine Kon­ter­bande nicht im Koffer, sondern im Kopfe trüge. Die moderne Gewalt­herr­schaft bedient sich sub­ti­lerer Methoden. Sie kon­zen­triert sich darauf, die Gedanken zu kon­trol­lieren. Sie weiß, dass sie die Men­schen dazu bringen muss, gehorchen, statt selbst denken zu wollen. Wie wir tag­täglich fest­stellen können, sind die Herr­schenden damit sehr weit gekommen.

Der Impuls, sich zu unter­werfen ent­steht vor allem aus Angst. Wenn die Angst groß genug ist, wächst das Bedürfnis, sich von einem Dik­tator schützen zu lassen, umso mehr, wenn er als ein „wohl­wol­lender“ oder „gut mei­nender Dik­tator“ daher kommt. Die For­derung nach solch einer Spezies ist in Merkel-Deutschland vom Kanz­lerin-Berater Hans-Joachim Schellnhuber wie­derholt erhoben worden. Er steht damit nicht allein. Andere Kli­ma­for­scher haben das auch getan. Als Grund für die Not­wen­digkeit einer wohl­mei­nenden Dik­tatur wird der behauptete men­schen­ge­machte Kli­ma­wandel ange­geben, der laut Schellnhuber in einer „Selbst­ver­brennung“ münden würde, wenn das Klima nicht durch ener­gische poli­tische Beschlüsse zu Räson gebracht werden wird.

Warum ein Glaube all­ge­meine Akzeptanz findet, der jenem ähnelt, der in vor­auf­klä­re­ri­schen Jahr­hun­derten die Hoffnung der Alchi­misten beflü­gelte, aus allerlei Ingre­di­enzen Gold gewinnen zu können, ist mit einem anderen Dik­tatur-Merkmal zu erklären: die abge­senkte Bildung. Wer nicht viel weiß, stellt keine Fragen. Der Bil­dungs­verfall hat bereits bewirkt, dass eine Kanz­ler­kan­di­datin, die kei­nerlei geo­gra­fische Kenntnis ihrer engeren Wahl­heimat hat, Kobalt für einen Kobold und das Stromnetz für einen Speicher hält, immer noch in den Pro­pa­ganda-Medien als mög­liche Regie­rungs­chefin por­trä­tiert wird.

Alle Mütter und Väter wissen, dass der Wille, selbst­ständig zu denken und zu handeln ange­boren ist. Klein­kinder wehren fremde Hilfe ab, wenn sie sich vor­ge­nommen haben, etwas zu lernen. Sie üben dann, bis sie die selbst gestellte Aufgabe beherr­schen. Dieser ange­borene freie Wille muss von jedem Dik­tator, auch dem wohl­mei­nenden, abtrai­niert werden. Die einzige Fähigkeit, die bleiben soll, ist die Unterordnung.

Das beste Mittel, dieses Ziel zu erreichen, ist Pro­pa­ganda. Das wussten alle Gewalt­herr­scher in der Geschichte. Heut­zutage sind die Pro­pa­gan­da­tech­niken so aus­ge­feilt, wie noch nie. Was Goethe seinen Faust im Stu­dier­zimmer sagen lässt: „Mit Worten läßt sich trefflich streiten, Mit Worten ein System bereiten, An Worte läßt sich trefflich glauben, Von einem Wort läßt sich kein Jota rauben“, hat die heutige Pro­pa­ganda perfektioniert.

Dik­ta­toren wussten immer, dass Ideen ihre eigentlich gefähr­lichen Feinde sind. Also muss man Ideen gar nicht erst auf­kommen lassen. Angst macht gefügig. Also ist Angst das Mittel der Wahl. Es ist nicht mehr die Angst vor Hin­rich­tungen oder Lagern, die noch im letzten Jahr­hundert domi­niert hat. Heute ist der Grund für die Angst diffus, schwer greifbar und deshalb unheimlich. Die Angst vor der Erd­er­wärmung ist so eine. In den 70er Jahren des vorigen Jahr­hun­derts war es übrigens die Angst vor der Eiszeit, die viele Men­schen umtrieb.

Es hat sich her­aus­ge­stellt, dass noch zu viele Men­schen leben, denen Angst vor einer neuen Eiszeit gemacht wurde und die es eher eine char­mante Aus­sicht finden, dass in Deutschland dem­nächst Mit­tel­meer­klima herr­schen soll. Also musste eine wirk­mäch­tigere Angst her. Die wurde nach etlichen Anläufen wie Aids, BSE, Vogel- und Schwei­negrippe endlich in Covid 19 gefunden. Das Virus als Vehikel zur Weltherrschaft.

Vor diesem externen Bösen kann die Menschheit nur durch wohl­mei­nende Dik­ta­toren gerettet werden. Die Pro­pa­ganda stellt alle vor die tag­täg­liche Wahl, ent­weder den Anord­nungen der Regierung zu folgen oder die schreck­lichsten Dinge erleben zu müssen.

Diese Dinge wurden von Anfang an in Sze­narien pro­pa­giert, die innerhalb weniger Monate Mil­lionen Tote, zwi­schen 1 und 1,5 Mil­lionen allein in Deutschland, pro­gnos­ti­zierten. Das Gesund­heits­system würde zusam­men­brechen, die Men­schen qualvoll hilflos an Atemnot ersticken. Unge­achtet dessen, dass man nach anderthalb Jahren Corona-Pan­demie wissen kann, dass keines dieser Sze­narien ein­ge­troffen ist, wird die Pro­pa­ganda bei jeder neu auf­tau­chenden Mutation wie­derholt. Wenn auch die Delta-Variante nicht das absolute Unheil bringt, wird es die Lambda-Variante ganz sicher tun. Mitt­ler­weile glaubt die große Mehrheit der Bevöl­kerung, zumindest in Deutschland tat­sächlich alles, was ihr vor­ge­setzt wird, ein­schließlich der angeb­lichen abso­luten Not­wen­digkeit, sich impfen zu lassen, obwohl noch kein ein­ziges Vakzin eine reguläre, sondern nur eine Notfall-Zulassung hat.

Die unsin­nigsten, sich teils wider­spre­chenden Maß­nahmen der Regierung werden akzep­tiert, obwohl sie, wie unsere Regie­rungs­sprecher jüngst auf einer Bun­des­pres­se­kon­ferenz ein­ge­stehen mussten, nie auf ihre Wirk­samkeit unter­sucht wurden. Allein die Behauptung, dass die Maß­nahmen die Bevöl­kerung schützen würden, reicht anscheinend aus. Das ist nur mit Men­schen zu machen, die keine Fragen mehr stellen und durch keine Fakten in ihrem Glauben zu erschüttern sind.

Das beste Bei­spiel ist die ver­ordnete Pflicht, FFP2-Masken tragen zu müssen, weil die Politik behauptet, dass nur diese Dinger den abso­luten Schutz bieten. Diese Masken, die aus dem Arbeits­schutz stammen und von denen eine immer noch gültige Arbeits­schutz­ver­ordnung ver­langt, dass sie nicht ohne vor­herige medi­zi­nische Unter­su­chung, Arbeits­schutz­be­lehrung und medi­zi­ni­scher Über­wa­chung getragen werden dürfen, wurden einfach als alter­na­tivlos zur Rettung vor dem Virus pro­pa­giert. Inzwi­schen fir­mieren sie in den Annoncen als „medi­zi­nische“ Masken und werden von den meisten Men­schen dafür gehalten, obwohl auf den Ver­pa­ckungen nach wie vor steht, dass es keine medi­zi­ni­schen Masken seien. Hier hat die Pro­pa­ganda bereits die Rea­lität verdrängt.

Spä­testens in diesem Sommer wurde klar, dass es den Regie­renden nicht um Gesund­heits­schutz und Besei­tigung des Virus geht. Mit dem Virus würde die Quelle der Angst beseitigt und damit die Quelle der Macht. Wenn das Corona-Problem gelöst würde, geräte die absolute Macht der wohl­mei­nenden Dik­ta­toren in Gefahr. Deshalb werden nicht nur alle Corona-Maß­nahmen auf­recht­erhalten, sondern ihre Ver­schärfung für den Herbst in Aus­sicht gestellt. Wir können inzwi­schen davon aus­gehen, dass es nicht Inkom­petenz oder Dummheit ist, dass es den Herr­schenden nicht gelingt, das Corona-Problem zu lösen, sondern Absicht.

Das kann man den offen geäu­ßerten Bestre­bungen ent­nehmen, den Corona-Lockdown in eine regel­mä­ßigen Kli­ma­ret­tungs-Lockdown zu über­führen. Kanz­lerin Merkel hat in aller wün­schens­werten Offenheit deutlich gemacht, wofür die „goldene Gele­genheit“ (Prinz Charles) Corona-Pan­demie genutzt werden soll. Bei ihrem letzten Besuch in Washington hat sie den Kli­ma­wandel „die Her­aus­for­derung unserer Zeit“ genannt. Das erfordere eine „Voll­trans­for­mation unserer Art des Wirt­schaftens“ und damit unseres Lebens. Von unserer Lebens­weise soll kein Stein auf dem anderen bleiben. Die tem­poräre Corona-Dik­tatur soll in eine dau­er­hafte Kli­ma­dik­tatur über­führt werden.

Die Frage ist, ob wir uns das mit uns machen lassen. Wir sollten die Warnung von Klaus Gysi ernst nehmen: Ist die Dik­tatur erst eta­bliert, ist es schwer, sie zu bekämpfen. Darum: Wehret den Anfängen. „Der Schoß ist fruchtbar noch, aus dem das kroch“ (Brecht)