In Deutschland stirbt der Grün­der­geist und damit die Wirt­schaft – Lock­downs rich­teten ver­hee­renden Schaden an

Die Deutsche Industrie- und Han­dels­kammer ver­öf­fent­lichte ihren Report für das erste Halbjahr 2021 und ihre Ein­schätzung für das zweite Halbjahr. Die Basis dafür bilden die Erfah­rungs­be­richte von ca. 350 Exis­tenz­grün­dungs­be­ratern aus 79 deut­schen Industrie- und Han­dels­kammern und eine sta­tis­tische Aus­wertung des IHK-Grün­dungs­service. Auch die Qua­lität der ein­ge­reichten Geschäfts­kon­zepte wird dabei berück­sichtigt. In seinem Report beruft sich die DIHK zusätzlich noch auf über 200.000 Kon­takte mit ange­henden Unter­nehmern, die Infor­ma­tionen aus den Ein­stiegs­ge­sprächen, Bera­tungen und die Erfah­rungen auf den „Grün­der­tagen“.

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„Im deutsch­spra­chigen Raum ist keine andere Aus­wertung bekannt, die sich auf eine ver­gleichs­weise hohe Zahl von Erfah­rungen von Gründer/innen stützt.“ Eben­falls mit im Report ver­öf­fent­licht sind die Aus­wir­kungen und Maß­nahmen der Covid-Pan­demie. Hierzu wurden Befra­gungen bei 346 Unter­nehmen durchgeführt.

Erstes Fazit: Die Corona-Maß­nahmen haben die Unter­neh­mens­gründer hart getroffen. Ein Drittel davon sieht auch positive Aus­wir­kungen. Die „Brems­ef­fekte“ über­wiegen aller­dings deutlich. Zwei Drittel der jungen Gründer litten unter feh­lendem Kapital, zu wenig Liqui­dität und man­gelnder Nach­frage. Die­je­nigen jungen Unter­nehmen, die eine positive Wirkung sehen, sind haupt­sächlich im Online­be­reich unterwegs, der natürlich während der Lock­downs erheb­liche Zuwächse ver­zeichnen konnte. Dabei han­delte es sich um Unter­nehmen auf dem Gebiet der Steuerung von Kun­den­strömen, zur wei­ter­ge­henden Unter­stützung von Digi­ta­li­sie­rungs­pro­zessen in eta­blierten Unter­nehmen, Online­Shops oder digital gesteuerte Liefer- und Bringdienste.

Die Rolle der Corona-Ein­däm­mungs­maß­nahmen ist unüber­sehbar. Der Report schreibt:

„Die Corona-Pan­demie ver­setzte 2020 dem Grün­dungs­in­teresse einen deut­lichen Dämpfer. Das zeigen die Zahlen und Erfah­rungen der IHKs aus ihrem Grün­dungs­service des Jahrs 2020. Die IHKs führten über ein Drittel weniger Gespräche mit Per­sonen, die ein Unter­nehmen gründen wollten oder gerade gegründet haben. Dies ist der stärkste Rückgang in der Sta­tistik zum IHKGrün­dungs­service, die seit dem Jahr 2002 geführt wird. Direkte Folgen der Corona-Pan­demie führten zu erheb­lichen Ein­schrän­kungen bei den Unter­nehmen. Die Nach­frage ging in vielen Branchen deutlich zurück. Darüber hinaus bestanden auf­grund des zykli­schen Infek­ti­ons­ver­laufs über das gesamte Jahr erheb­lichen Unsi­cher­heiten bezüglich der wirt­schaft­lichen Ent­wicklung. Geschäfts­pla­nungen waren im Grunde seit Beginn der Pan­demie im Frühjahr 2020 von großen Unsi­cher­heiten gekenn­zeichnet. Die Aus­sicht auf den Erfolg von Unter­neh­mens­grün­dungen war deutlich getrübt. Folglich wurden viele Grün­dungs­pro­jekte abge­brochen oder auf­ge­schoben.“ 

Sta­tistik: (Quelle: DHIK-Report Unter­neh­mens­grün­dungen 2021)

Ins­be­sondere beliebte und klas­sische Grün­dungs­branchen wie Handel, Gas­tro­nomie und Dienst­leis­tungen waren von den Lock­downs und der dadurch ein­bre­chenden Nach­frage betroffen. Hier sehen die IHKs die stärksten Rück­gänge von Exis­tenz­grün­dungen. In manchen Teil­be­reichen, wie z. B. in der Ver­an­stal­tungs­branche, bei den Schau­stellern, bei per­sön­lichen Dienst­leistern, im Mes­sebau, bei den Rei­se­büros und Rei­se­ver­an­staltern und überall dort, wo übli­cher­weise hoher Publi­kums­verkehr herrscht, ist die Grün­dungs­ak­ti­vität nahezu voll­ständig zum Erliegen gekommen.

Die Gespräche und Befra­gungen der Industrie-und Han­dels­kammern zeigten klar, dass es in der Pan­demie all­gemein kaum Unter­neh­mens­grün­dungen gab, trotz man­gelnder Erwerbs­al­ter­na­tiven. Selbst Arbeits­lo­sigkeit war selten Grund, sich selb­ständig zu machen. Die all­ge­meinen Aus­sichten ließen kaum Hoff­nungen auf eine erfolg­reiche Fir­men­gründung auf­kommen. Die Corona-Ein­däm­mungs­maß­nahmen erweisen sich also auch in diesem Bereich als Gift für ein Land, seine Men­schen und seine Wirt­schaft. Nur die, die das wirklich aus Über­zeugung und Berufung wollten, trauten sich:

„Bei den meisten Gründer/innen steht nach wie vor die unter­neh­me­rische Berufung im Mit­tel­punkt ihrer Grün­dungs­ent­scheidung – das gilt für 72 Prozent der Teil­nehmer an den Gründungsberatungen.“

Auf­fällig viele Jung­un­ter­nehmer grün­deten eine Selb­stän­digkeit als Neben­erwerb, viele machten das während ihrer Kurz­arbeit und als Option, falls sie ihren Job vollends ver­lieren. Die Grün­dungs-För­der­pro­gramme des Bundes und der Länder lockten ja auch mit Gründungszuschüssen:

„Mit 56 Prozent (= 3.153) ent­fielen die meisten dieser Stel­lung­nahmen auf Anträge arbeits­loser Gründer/innen, die den Grün­dungs­zu­schuss bei der Agentur für Arbeit bean­tragen wollen.“

Ein großes Hin­dernis ist die schwer­fällige und über­bor­dende Büro­kratie, die den Jung­un­ter­nehmen das Leben schwer­macht: Mit 79 Prozent war dies der Spit­zen­reiter unter den Hemm­nissen. Auch Platz zwei der Hin­der­nisse ist staats­ge­macht: Das zu kom­pli­zierte Steu­er­system. Darüber beschwerten sich 52 Prozent der Unter­neh­mens­gründer. Eine Ver­ein­fa­chung des kom­plexen Steu­er­rechts würde ihnen das Leben enorm erleichtern. Und siehe da, auch Platz drei der grün­der­feind­lichen Bedin­gungen ist staatlich gemacht. Der Zugang zu staat­lichen För­der­mitteln müsse ein­facher werden. Wenig über­ra­schend wird auf Platz vier eine bessere IT-Infra­struktur und mehr Daten­über­tra­gungs-Band­breite gefordert. Auch hier liegt der Schwarze Peter teil­weise bei den Behörden.

Inter­essant ist, dass sich — dicht gefolgt auf Platz fünf — die Unter­neh­mens­gründer mehr Ver­ständnis in der Bevöl­kerung für das Unter­neh­mertum wünschen.

Das ist ein alar­mie­render Befund. Nicht nur, dass Gründer auf breiter Front dringend Kapital und ver­ständ­liche und trans­pa­rente Infor­ma­tionen über die zu erwar­tenden Anfor­de­rungen z. B. zu Steuern, Abgaben, Ver­ord­nungen, Vor­gaben, Gesetze, Ämter und Ansprech­partner brauchen, sie sehen sich also auch mit einem ziemlich nega­tiven Bild des Unter­nehmers in der Gesell­schaft konfrontiert.

Der Rückgang der Unter­neh­mens­grün­dungen liegt also zu einem guten Teil an den ver­hee­renden Aus­wir­kungen der Corona-Ein­däm­mungs­maß­nahmen, zu einem klei­neren Teil an der sich schon seit Jahren ver­schlech­ternden Wirt­schaftslage und man­gelndem Kapital, aber auch an dem sich ein­trü­benden Bild des Unter­nehmers. Die Welt berichtete darüber im September:

Sarna Röser ist besorgt. Die 34-jährige Vor­sit­zende des Ver­bands Die Jungen Unter­nehmer hat in Gesprächen zunehmend den Ein­druck, dass Poli­tiker und Mit­bürger wenig für Men­schen wie sie übrig­haben. „Das Ver­ständnis für Unter­neh­mertum im Land schwindet“, klagt Röser, die selbst ein Digital-Unter­nehmen gegründet hat und desi­gnierte Nach­fol­gerin des Fami­li­en­un­ter­nehmens Zementrohr- und Beton­werke Karl Röser & Sohn ist. „Dabei sind Grün­dungen und Nach­folge doch die Lebens­ver­si­cherung für Deutschland.“

In Deutschland herrsche „eine stark unter­durch­schnitt­liche Grün­dungs­neigung“. Auf 1.000 Ein­wohner gebe es nur 2,69 Gründer. „Wir brauchen hier­zu­lande mehr mutige Unter­nehmer, um unseren Wohl­stand zu sichern und Her­aus­for­de­rungen wie den Kli­ma­wandel mit neuen Ideen zu bewäl­tigen“, beklagt IW-Ökonom Klaus-Heiner Röhl. Die Zahl junger Unter­nehmen, die ja auch Arbeits­plätze schaffen, sank in den ver­gan­genen Jahren beständig und deutlich. Vor dem Ein­schlag der Corona-Krise Ende 2019, ent­standen in diesem Jahr 122.600 wirt­schaftlich effektive  Unter­nehmen, die sofort sozi­al­ver­si­che­rungs­pflichtige Mit­ar­beiter ein­stellten. Das waren schon 18 Prozent weniger als 2010. Seitdem ist die Zahl der Firmen, die auf­geben, höher, als die der Grün­dungen. „Die Wirt­schaft erlahmt, wenn wir diesen Trend nicht umkehren“, mahnt Röhl.

Warum ist das so?

Offen­sichtlich suchen die Men­schen mehr Sicherheit bei weniger Ver­ant­wortung. Das Arbeit­neh­mer­dasein sei eben immer attrak­tiver geworden, sagt IW-Experte Röhl. Wie im DIHK-Report schon dar­gelegt, sind den meisten die Risiken dann auch noch durch die Covid-Maß­nahmen zu hoch geworden. Dazu kommt noch, dass sich die Schere zwi­schen Arm und Reich auch immer weiter geöffnet hat. Kaum jemand hat aus­rei­chend Eigen­ka­pital für Fir­men­grün­dungen, und Kredite sind nicht so einfach zu bekommen.

Überdies gilt ja auch das bekannte Sprichwort „wer selb­ständig arbeitet ist selbst ständig am arbeiten“. Als Selb­stän­diger kannst du eben nicht um fünf Uhr den Rechner aus­schalten oder den Hammer fallen lassen und heim­gehen, weil‘s für heute reicht. Du hast kein festes Ein­kommen und nur das, was du selbst erwirt­schaftest. Hast du noch Mit­ar­beiter, bekommen die zuerst ihr Geld.

Abends sitzt du auch nach getaner Arbeit oft bis in die Nacht, um Angebote zu schreiben, ange­for­derte Steu­er­un­ter­lagen zusam­men­zu­stellen, deinen Steu­er­be­rater und andere Rech­nungen zu bezahlen, Umsatz­steu­er­vor­anmel­dungen zu machen, Bank­ge­schäfte zu erle­digen, Kunden-E-Mails zu beant­worten, Gehalts­ab­rech­nungen deiner Mit­ar­beiter zu erle­digen. Läuft der Laden nicht gut, bist du im Prinzip die am schlech­testen bezahlte Büro­kraft und das Mädchen für alles für deine Mit­ar­beiter. Irgendein teures Gerät tut‘s nicht mehr und es muss ein neues her? Dein Problem. Mit­ar­beiter sind krank und wichtige Auf­träge in Gefahr? Dein Problem. Irgendeine Sicher­heits­auflage kostet ein Schwei­negeld? Dein Problem. Zwi­schen­mensch­liche Dif­fe­renzen zwi­schen Mit­ar­beitern? Dein Problem.

Gleich­zeitig wird der Begriff „Unter­nehmer“ bei vielen auch mit „Aus­beutung, Geld scheffeln, Umwelt­ver­schmutzung, Nied­rig­löhne, Grö­ßenwahn, Rück­sichts­lo­sigkeit“ und anderen nega­tiven Asso­zia­tionen belegt. „Das Image der Unter­nehmer hat enorm gelitten, was Nach­wuchs­kräfte eben­falls abschrecken dürfte, diesen Berufsweg ein­zu­schlagen“, stellt die Welt fest. Daran sind zwar eher große Kon­zerne beteiligt, wie bei­spiels­weise Amazon, dessen Arbeits­be­din­gungen in der Kritik stehen. Die kleinen und mit­tel­stän­di­schen Unter­nehmen müssen kämpfen und sind meistens froh, über­haupt moti­vierte Mit­ar­beiter zu haben. Nur macht die ganze Pla­ckerei wenig Spaß, wenn man sich selbst als Unter­nehmer aus­beutet, die Blei­ge­wichte der Gehälter und deren hef­tigen Sozi­al­kosten an den Füßen hat, nicht selten frus­triert fest­stellt, dass man selbst gern die Arbeits­zeiten, Rechte und Gehälter seiner Ange­stellten hätte – und die Alters­vor­sorge, für die dann kein Geld bleibt.

Die Corona-Krise hat dazu geführt, dass „Beschäf­tigte immer mehr Fle­xi­bi­lität beim Arbeit­geber ein­fordern können, zum Bei­spiel beim Home­office“. Der Reiz, sein eigener Chef zu sein, ver­blasse dagegen. Wie wahr. Was bei mit­ar­bei­ter­starken Kon­zernen viel­leicht kaum ein Problem ist, die Arbeits­ver­teilung anders zu bewerk­stel­ligen, ist für ein kleines Unter­nehmen unter Umständen tödlich. Das Image des „ehr­baren Kauf­mannes“ sei ver­loren gegangen, das nimmt auch „Die Welt jetzt zur Kenntnis“.

Links­grüne Pro­pa­ganda wirkt eben nicht nur in der Politik und in der Wind­kraft- und Solar­branche. Sie wirkt gesell­schaftlich zer­stö­re­risch in vie­lerlei Weise. Die Greta-Jünger, die mit ihren Schildern und Pau­schal-Schuld­zu­wei­sungen an alle Erwach­senen durch die Straßen ziehen und mehr­heitlich linksgrün denken, wollen natürlich alle ihre Streaming-Dienste, neueste Smart­phones, hippe Kleider, LED-Groß­bild­schirme, leis­tungs­fähige Rechner mit Super­duper-Gra­fik­karten und massive Band­breiten für ihre Online-Akti­vi­täten. Hoch­tech­no­logie und Luxus-Schnick­schnack hinten und vorne. Aber gleich­zeitig sind die Unter­nehmen alles Schurken, die den Pla­neten rui­nieren. Und dann staunt man in der Politik darüber, dass aus diesen links­grünen Reihen wirt­schafts­feind­licher, ver­wöhnter Mit­tel­schicht­kinder niemand Lust hat, sich den Tort anzutun, ein Unter­nehmen zu gründen, Ver­ant­wortung und Risiken auf sich zu nehmen und zu ackern, wie ein Pferd?

Good morning, Germany!