Ich habe keine Angst, an Corona zu erkranken, und sollte mich diese Corona-Influenza doch erwischen, würde ich alles daran setzen, mich zuhause auszukurieren, statt mich in einer Klinik behandeln zu lassen. Viele Aufgewachte haben in diesen Zeiten Angst, zum medizinischen Notfall zu werden und in einer Klinik zu landen, denn dort herrscht bekanntlich seit März vergangenen Jahres der Ausnahmezustand, weil sich alles nur noch um das große C dreht. Und so katapultiert uns die „Pandemie“ zurück in eine Zeit, in der die Menschen größere Angst vor dem Krankenhaus hatten als vor dem Tod.
Damals. Stellen Sie sich vor, Sie haben gerade auf dem Markt eingekauft und wollen die Straße überqueren, um nach Hause zu gehen. Die Kutsche haben Sie nicht gesehen, zu spät, ein Rad rollt über das linke Bein, eine schwere Verletzung am Oberschenkel. Zum Glück ist ein Arzt zur Stelle, er bindet das Bein ab und möchte Sie in die städtische Klinik bringen lassen. Sie wehren sich verzweifelt. „Nein, nein, bitte nicht, bitte bringen Sie mich nach Hause und behandeln mich dort, notfalls amputieren Sie das Bein, aber bitte nicht in der Klinik!“
Eine solche Szene könnte sich vor 200 oder 300 Jahren durchaus abgespielt haben, denn damals wurden Amputationen bei vollem Bewusstsein durchgeführt, die Narkose gab es erst ab 1850, und außer dem Aderlass hatten die Mediziner nicht viel im Repertoire. Die hygienischen Zustände waren desolat. Die Kliniken hatten sich aus Wohlfahrtseinrichtungen entwickelt und waren vor allem eines: Aufbewahrungsanstalten für die Ärmsten der Armen: Viele Kranke auf engstem Raum, ein atemberaubender Gestank, Viren und Bakterien, die buchstäblich von Bett zu Bett hüpften.
Der Darmstädter Krankenhaus-Historiker Dr. Immo Grimm hat die Geschichte des Darmstädter Klinikums recherchiert.
„In den Wintermonaten wurden die Fenster überhaupt nicht geöffnet, es stank bestialisch, jeden Tag wurden die Räume mit Wacholder ausgeräuchert, statt die Fenster zu öffnen. Zimmer machen, das Bettzeug wechseln, das fand nicht statt, ein Hospitalarzt klagte, man solle doch wenigstens einmal im Monat die Betten, die Zimmer und die Flure reinigen, weil die Kranken sich an Krätze infizierten. Dieser Bitte wurde nicht nachgekommen. Nicht nur die hygienischen Zustände waren schlimm, auch das Personal ließ zu wünschen übrig. Bis weit ins 19. Jahrhundert waren pflegerische Kenntnisse nicht gefragt.“ Und so ließen die Reichen sich lieber zuhause behandeln und auch operieren.
Krankenhäuser in Zeiten der Pandemie. 1918/19, zu Zeiten, da die Spanische Grippe wütete und weltweit 150 Millionen Menschen tötete, hatten die Patienten in den Krankenhäusern auch keine guten Überlebenschancen; jedoch überlebten alle 150 Soldaten, die dem Arzt Dr. Maximilian Bircher-Benner anvertraut waren. Er behandelte sie mit Methoden jenseits des damaligen medizinischen Mainstreams: Hyperthermie (Überwärmung des Körpers), gesunde Ernährung, Vitalstoffe. (Mehr über Dr. Bircher-Benner im Buch „Wenn das die Patienten wüssten“.)
Und heute? Trotz hygienischer Standards, ärztlicher Leitlinien, Qualitätsmanagement, gut ausgebildeter Ärzte und Pfleger sterben in Europa jedes Jahr 33.000 Menschen an einer Infektion mit den gefürchteten resistenten Keimen. Darüber redet seit der Pandemie keiner mehr, ebenso wenig wie über die 1,5 Millionen Menschen, die weltweit jedes Jahr an Tuberkulose sterben, ebenso wenig wie über all die Menschen, die an einem Herzinfarkt, Schlaganfall oder Krebs sterben – heute stirbt man an Corona. Wer das Pandemiespiel durchschaut, hat Angst vor dem Krankenhaus. Kein Patient gelangt mehr in das Innere einer Klinik, ohne dass ihm ein Teststäbchen in Nase und/oder Rachen gerammt wird. Wer schwer an Covid-19 erkrankt ist, muss befürchten, an ein Beatmungsgerät angeschlossen zu werden, das birgt viele Risiken, nur die Hälfte der beatmeten Patienten überlebt – wobei die Frage erlaubt sein muss, ob diese Patienten Corona überlebt haben oder die invasive Beatmung.
Vor meinem inneren Auge taucht von Zeit zu Zeit ein Horrorszenario auf: Was wäre, wenn ich – beispielsweise nach einem schweren Unfall – ohne Bewusstsein als Notfall in ein Krankenhaus eingeliefert würde und eine lebensrettende Bluttransfusion verabreicht bekäme. Es wäre eine Art russisches Roulette: stammt das Blut von einem Geimpften oder einem Ungeimpften? (Ja, die dürfen erstaunlicherweise auch spenden.) Angesichts der Statistik wäre es höchst wahrscheinlich, dass das Blut von einem Geimpften stammt. Das bedeutet: Nachdem das Blut in meine Venen gelaufen wäre, würden die Spike-Proteine des geimpften Spenders durch meinen Körper zirkulieren. Schwer zu ertragen diese Vorstellung, vermutlich würde sie die Freude darüber trüben, dass mein Leben durch eine Blutspende gerettet wurde.
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Quellen:
https://klinikum-darmstadt.de/historie
Reichardt, Ruth, Gimm, Immo. „Ins Licht gerückt…“ Von der Provinzial-Pflegeanstalt Eberstadt zum Teilklinikum der Stadt Darmstadt, 1903 bis 2013,
Justus von Liebig Verlag. 2013
https://www.aerztezeitung.de/Medizin/33000-Tote-pro-Jahr-durch-resistente-Keime-226155.html
https://www.blutspende.de/informationen-zum-coronavirus/
Bildquelle: Eckart, Wolfgang. Illustrierte Geschichte der Medizin. Springer. 2. Auflage 2011
Text: Amerikanische Soldaten, die 1918 an der Grippe erkrankt sind.
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