(von Alexander Kohlhaas)
Das Wort „Ethik“ stammt aus dem Griechischen und bedeutet Charakter, Gewohnheit, Sitte oder auch sittliches Verständnis. Die Sitte wiederum beschreibt Werte, Regeln oder Normen, die in einer Gemeinschaft gelten. Diesen Definitionen nach könnte verletzendes Verhalten anderen Menschen gegenüber durchaus als ethisch korrekt gelten, wenn in der zu untersuchenden Gemeinschaft solche Regeln oder Normen als verbindlich gelten.
Wie hätte seinerzeit ein Ethikrat der Mayas beispielsweise das Herausreißen schlagender Herzen oder das Häuten von Kindern beurteilt, wenn sie in Chichén Itzá den Göttern geopfert wurden? Wie hätte der Ethikrat der Azteken das gesehen, wenn er über ähnliche Rituale hätte befinden müssen? Wie würde ein deutscher Ethikrat im Jahre 1487 das Verbrennen von Hexen beurteilen? Wäre dessen moralischer Maßstab gar der zeitgleich erschienene Hexenhammer?
Diese Rituale waren die Werte und Normen der jeweiligen Kulturen. Waren diese Normen damals etwa nicht ethisch? Steht die Sitte nicht neuen, besseren Sitten entgegen, wie Nietzsche es formulierte?
„Die Sitte repräsentiert die Erfahrung früherer Menschen über das vermeintlich Nützliche und Schädliche – aber das Gefühl für die Sitte (Sittlichkeit) bezieht sich nicht auf jene Erfahrungen als solche, sondern auf das Alter, die Heiligkeit, die Indiskutabilität der Sitte. Und damit wirkt dieses Gefühl dem entgegen, dass man neue Erfahrungen macht und die Sitten korrigiert: d.h., die Sittlichkeit wirkt der Entstehung neuer und besserer Sitten entgegen: sie verdummt.“
Offenbar können Sitten der Entstehung besserer Sitten diametral entgegenstehen!
Wie würde der deutsche Ethikrat heutzutage wohl darüber urteilen, wenn er über religiöse Rituale urteilen müsste, in denen Babys Teile des Körpers weggeschnitten werden? Diese Frage hatte er 2012 zu beantworten, bevor der Deutsche Bundestag ein Gesetz verabschiedete, das die Beschneidung von Jungen erlaubt. Die Beschneidung ist alles andere als ein harmloser, kleiner Eingriff. Wenige Tage alten Menschen schneidet man ein Großteil der 72 Meter langen Nervenfasern der Vorhaut irreversibel weg – und das oft ohne Betäubung. Die Schmerzen des Babys möchte man manches Mal gerne durch die Gabe von Alkohol stillen. In meinem Buch „Kampf gegen Gott“ gehe ich ausführlich auf die schweren physischen Folgen und die psychische Belastung ein, die manch Betroffener Jahrzehnte später noch ertragen muss.
Der gesamte Koran enthält übrigens – da sind sich die Islamwissenschaftler weitgehend einig – keine verbindliche Anordnung zur Beschneidung von Jungen!
Der Ethikrat stimmte der Beschneidung damals zu, wenn auch nur unter Auflagen. Die Beschneidung solle nicht gegen geltendes Recht verstoßen – so die einstimmige Meinung dieses Rates. Das war die Steilvorlage für Merkels Gesetzentwurf. Seit Ende 2012 ist die Beschneidung damit nicht mehr strafbar. Der Tagesspiegel erstickte vier Monate vor der Abstimmung des Bundestags jegliche Kritik an der Beschneidungspraxis mit dem Hinweis, dass Kritiker zu akzeptieren hätten, „dass die höchste institutionelle moralische Autorität in diesem Land, der Deutsche Ethikrat, nach eingehender Prüfung zu einem anderen Ergebnis gekommen ist. […] Wer sich dann noch dagegen stellt, braucht ein Argument, das der Ethikrat nicht bedacht hat. Die Suche danach dürfte schwierig werden.“
Jegliche Kritik gleich vorab wegbügeln – ist das nicht ein Kennzeichen der besten aller jemals existierenden Demokratien im besten aller jemals existierenden Deutschländer? So wie das sektenähnliche Ausschließen eines Journalisten aus der Bundespressekonferenz, der nur seiner Aufgabe nachkommt, der Regierung unbequeme Fragen zu stellen?
Nun frage ich mich, an welcher Stelle des BGB ich denn die vom Ethikrat empfohlenen Auflagen wiederfinden kann, wie eine „qualifizierte Schmerzbehandlung, eine fachgerechte Durchführung mit Betäubung und ein Vetorecht des Kindes abhängig von seinem Entwicklungsstand“?
Wo war der laut vernehmbare Einspruch des Ethikrates gegen den seit 2012 geltenden § 1631d des BGB, der die empfohlenen Auflagen eben nicht enthält? Wo war der Widerspruch der Journaille? Wo war die Bevölkerung, als am 12.12.2012 der Bundestag dem Ritual der Beschneidung den höchsten Segen erteilte? An dem Tag, an dem auch einige wenige Juden vor dem Reichstag protestierten, weil sie als Erwachsene immer noch an den Folgen der Beschneidung leiden?
Heute – zehn Jahre später – stehen wir an einem ähnlichen Wendepunkt der Zeitgeschichte. In diesen Tagen soll im Bundestag entschieden werden, ob die grundgesetzlich garantierte körperliche Unversehrtheit reine Makulatur ist und erwachsene Menschen zur Teilnahme an einer höchst umstrittenen Impfserie, die den Namen nicht verdient, verpflichtet werden sollen!
Wie werden sich die Ethiker diesmal verhalten? Werden sie wieder nur ein paar Auflagen empfehlen, ein paar wohlfeile Bekenntnisse über die Lippen fließen lassen und schnell wieder in sicherer Deckung verschwinden und damit zeigen, dass sie zur scheindemokratischen Popanz-Industrie gehören? Oder werden sie endlich deutlich formulieren, dass ein erwachsener Mensch, unter selbstständiger Abwägung aller Risiken, im freiesten Deutschland aller Zeiten durchaus in der Lage ist, für sich und sein Leben frei zu entscheiden, welcher medizinischen Behandlung er sich aussetzen mag und welcher nicht? Oder muss ein Erwachsener in diesem Land, einem Baby gleich, sich Gruppenzwang aussetzen und Eingriffe, die durchaus schädlich sein können, über sich ergehen lassen?
Zwischenzeitlich haben sich die Ereignisse derart überschlagen, dass der Ethikrat einer allgemeinen Impfpflicht kurz vor Weihnachten zugestimmt hat – wenn auch unter Auflagen. Kennen wir die Auflagen nicht irgendwoher?
Falls Ihre Moralvorstellung der des Ethikrates oder der Ethik des Bundestags widerspricht, dann äußern Sie sie deutlich wahrnehmbar! Es ist Zeit! Wir sind dem Totalitarismus viel zu nahe gekommen!
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