Nemesis: Der böse Zwilling der Sonne exis­tiert und ist auf dem Weg zu uns

Nemesis ist laut grie­chi­scher Mytho­logie die Göttin des gerechten Zorns, der Ver­geltung und des Unter­gangs. Als Brauner Zwerg soll Nemesis in der Ver­gan­genheit schon mehrfach für Unheil auf der Erde gesorgt haben.

(von Frank Schwede)

Während der letzten 500 Mil­lionen Jahre sind mas­senhaft Lebens­formen auf der Erde aus­ge­storben, andere sind hin­zu­ge­kommen. Der US ame­ri­ka­nische Astro­phy­siker Richard Muller glaubt, dass der böse Zwilling der Sonne dafür ver­ant­wortlich ist.

Gemeinhin gilt die Sonne in astro­no­mi­schen Kreisen als Ein­zel­gän­gerin, während die Mehrheit der Sterne nicht Single sind, sondern Teil eines Doppel- oder Mehrfachsternensystems.

Glaubt man Theo­re­tikern und Wis­sen­schaftlern, ist auch unsere Sonne nicht solo, sondern wird eben­falls von einer kleinen Schwester begleitet – ein „Brauner Zwerg­stern“ namens Nemesis, der weit draußen im All seine Bahnen zieht.

Ins Rollen brachten die Theorie die Palä­on­to­logen David Raup und John Sep­koski, die im Jahr 1984 das Arten­sterben auf der Erde unter die Lupe nahmen und zu dem Ergebnis kamen, dass diesem Ereignis eine Peri­odi­zität zu Grunde liegt, die sich in einem zeit­lichen Abstand zwi­schen 26 und 33 Mil­lionen Jahre bewegt.

Als Aus­gangs­punkt dieser Zeit­rechnung diente den Wis­sen­schaftlern eine Periode vor rund 27 Mil­lionen Jahren. In etwa diesem Zeit­ab­schnitt soll es gehäuft Kome­ten­ein­schläge auf der Erde gegeben haben. Die For­scher sahen bald eine Kau­sa­lität zwi­schen den Ein­schlägen der Him­mels­körper und dem Artensterben.

Die For­schung brachte schließlich den US ame­ri­ka­ni­schen Astro­phy­siker Richard Muller von der Uni­ver­sität von Kali­fornien in Ber­keley noch im selben Jahr zu der fas­zi­nie­renden Theorie, dass auch unsere Sonne Teil eines Dop­pel­stern­systems ist – und das mit weit­rei­chenden Folgen für Mutter Erde.

Als Dop­pel­stern­system werden zwei Sterne bezeichnet, die sich am Himmel so nahe bei­ein­ander bewegen, dass sie von der Erde aus beob­achtet einen geringen Win­kel­ab­stand auf­weisen oder sogar als ein­ziger Stern erscheinen. Muller:

„Es gibt nur zwei mög­liche Erklä­rungen: Ent­weder sind die gleichen Zeit­ab­stände reiner Zufall, oder ein Stern hat sie verursacht.“ 

Nemesis soll laut Mullers Rechnung in etwa so alt wie unsere Sonne sein und eben­falls als Folge eines gra­vi­ta­tiven Kol­lapses einer inter­stel­laren Wolke aus Gas und Staub ent­standen sein.

Nemesis könnte sich in einem stark ellip­ti­schen Orbit in einer großen Umlaufbahn von 1,5 Licht­jahre befinden, dass gerade genug Anzie­hungs­kraft zwi­schen Nemesis und der Sonne besteht, um nicht abzu­driften. Das ist eine für uns unvor­stellbare Ent­fernung, wen man bedenkt, dass das Licht innerhalb einer Sekunde 300.000 Kilo­meter hinter sich lässt, was wir als Licht­ge­schwin­digkeit bezeichnen.

Der böse Zwilling als Kometenschleuder

Das Kern­problem aber ist, dass Nemesis alle 26 Mil­lionen Jahre in die Nähe der Oort­schen Wolke kommt, eine hypo­the­tische kugel­scha­len­förmige Ansammlung mit geschätzten 100 Mil­li­arden Kometen im äußersten Bereich des Sonnensystems.

Die Wolke wurde 1950 von dem nie­der­län­di­schen Astro­nomen Jan Hendrik Oort ent­deckt. Oort ging von der Theorie aus, dass lang­pe­ri­odische Kometen dort ihren Ursprung haben.

Der Theorie nach umschließt die von Oort ange­nommene Wolke die übrigen Zonen des Son­nen­systems kugel­scha­len­förmig in einem Abstand zur Sonne bis 100.000 Astro­no­mi­schen Ein­heiten, das sind rund 1,6 Lichtjahre.

Theo­re­tiker ver­muten, dass die Oortsche Wolke aus Gesteins‑, Staub- und Eis­körper unter­schied­licher Größe bestehen, die bei der Ent­stehung des Son­nen­systems und dem Zusam­men­schluss der Pla­neten übrig geblieben sind.

Auf­grund der weit grö­ßeren Ent­fernung zu den Nach­bar­sternen sind die Objekte innerhalb der Oort­schen Wolke trotz ihres großen Abstands zur Sonne gra­vi­tativ an unseren Erd­tra­banten gebunden und somit ein fester Bestandteil des Sonnensystems.

Die durch Nemesis Vor­beiflug aus­ge­lösten gra­vi­ta­tiven Stö­rungen könnten zur Folge haben, dass sich einige der Fels­brocken lösen und so umge­lenkt werden, dass sie ins innere Son­nen­system und somit auch in die Nähe unserer Erde gelangen, von denen 10 bis 200 auf der Erde einschlagen.

John Matese, ein eme­ri­tierter Pro­fessor für Physik an der Uni­ver­sität von Louisiana/Lafayette ver­mutet, dass die Oortsche Wolke sich auf eine Ent­fernung von rund einem Lichtjahr aus­dehnt und dass Nemesis etwa 50.000 Astro­no­mische Ein­heiten (AE) ent­fernt ist, das ist ein Drittel eines Licht­jahres. Der nächste bekannte Stern in Nähe der Sonne ist Proxima Cen­tauri mit 4,2 Lichtjahren.

Nemesis ist dieser Theorie nach nur ein kleiner und schwach leuch­tender Stern, der weder mit bloßem Auge noch mit einem her­kömm­lichen Teleskop sichtbar wäre. Selbst durch große Tele­skope betrachtet wäre der Zwerg nur einer unter tau­senden anderer schwach leuch­tender Sterne, die kaum zu erkennen sind, weil sie sich in extrem weiter Ent­fernung befinden.

Nur mit­hilfe eines Infra­rot­te­le­skops, das nicht sicht­bares Licht und Wärm­strahlung regis­triert, die von einem Him­mels­körper ausgeht, könnte Nemesis zu erkennen sein.

Bereits Ende 2009 ent­sandte die US Welt­raum­be­hörde NASA ein Infra­rot­te­leskop ins All – und zwar das Wide-field Infrared Survey Explorer (WISE), das die Nemesis-Theorie  bis heute leider weder bestä­tigen noch wider­legen könnte. Auch die im Dezember 2013 von der Euro­päi­schen Welt­raum­agentur ESA gestar­teten Gaia-Raum­sonde, die die Sterne unserer Milch­straße kar­tiert, brachte keine Klarheit in dieser Frage.

Muller aber ist weiter davon über­zeugt, dass der geheim­nis­volle Braune Zwerg exis­tiert und er glaubt sogar, dass ohne den bösen Zwilling der Sonne die Dino­saurier womöglich noch heute auf der Erde her­um­spa­zieren würden. Der Astro­phy­siker ist auch davon über­zeugt, dass erst das Aus­sterben der Riesen den Weg für die Spezies Mensch geebnet hat.

Selbst wenn Nemesis tat­sächlich exis­tiert, besteht kein Grund zur Panik, weil  durchaus die Mög­lichkeit besteht, dass der „Braune Zwerg“ längst der Anzie­hungs­kraft der Sonne ent­kommen ist und mitt­ler­weile einer unter zahl­reichen son­nen­nahen Sternen ist.

Sollte aber die Theorie tat­sächlich stimmen, käme Nemesis erst in rund zehn Mil­lionen Jahren wieder in die Nähe der Erde – mög­li­cher­weise wieder mit einer neuen Lebensform im Gepäck, was dann viel­leicht das Ende der Menschheit zur Folge hätte.


Quelle: pravda-tv.com