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Selenskyj ris­kierte den Krieg – wer führte ihn hinein?

Die Ukrainer sind ein streit­bares Volk, das ihn nicht ver­dient hat — Trotz ihrer beacht­lichen Kampf­kraft werden sie die Ver­lierer sein — Total­ver­sagen der Bun­des­tags­prä­si­dentin beim Selenskyj-Auftritt

(von Albrecht Künstle)

Wie konnte es so weit kommen, dass der Herr­scher im Kreml vom rhe­to­ri­schen Amoklauf zu einem Krieg überging, ja es ist ein Krieg! Umstritten war eigentlich „nur“ der NATO-Bei­tritt, die Autonome Republik Krim und die selbst­er­nannten Auto­nomen Repu­bliken Donezk und Luhansk – zwei von 26 ukrai­nische Oblaste (Länder). Bei gutem Willen wäre eine Ver­stän­digung möglich gewesen. Deutschland musste mehr Länder abtreten, und uns gibt es auch noch ohne die frü­heren Ost­ge­biete. Aber nein, Selenskyj hält unnach­giebig an diesen Gebieten fest, die de facto rus­sisch domi­niert sind. Ist er ein Poker­spieler, der alles auf eine Karte setzt und ris­kiert, viel oder alles zu ver­lieren? Denn im rus­si­schen „Blut­rausch“ ist es nicht aus­ge­schlossen, dass die die Truppen die ganze Ost­ukraine bis zum Dnjepr besetzen. Und Kiew an dieser Lebensader könnte zur geteilten Stadt werden.

Doch Selenskyj ergeht sich in Durch­hal­te­ap­pellen. Diese klingen aller­dings nicht schneidend scharf wie jene von Goebbels in den letzten Tagen des Dritten Reiches, sondern sind gekonnt pathe­tisch, getragen, fes­selnd – er war und ist (?) ein gelernter Schau­spieler. Als Führer sieht er sich nicht, diese Rolle bil­ligte er in seiner Rede vom 17.03.2022 an den deut­schen Bun­destag Bun­des­kanzler Scholz zu. Ver­bunden mit Vor­würfen an Deutschland, es habe eine Luft­brücke nach Berlin durch die Ame­ri­kaner in Anspruch genommen, lasse jetzt aber die Ukrainer alleine. Diese Anmaßung teilt Selenskyj mit seinem Bot­schafter in Deutschland, der eben­falls nicht bittet, sondern fordert. Richtig ist, dass mit der Luft­brücke 1948/49 rund zwei Mil­lionen West­ber­liner ver­sorgt wurden, die aber nicht mehr vom Kriegstod bedroht waren.

Aller­dings wurden in den drei Wochen Krieg bereits über drei Mil­lionen ukrai­nische Flücht­linge auf­ge­nommen, nicht nur Essen aus „Rosi­nen­bombern“ abge­worfen. Auf­ge­nommene Flücht­linge bis 14. März (UNHCR): Polen: 1.791.111, Ungarn: 263.888, Slo­wakei: 213.000, Republik Moldau: 337.215, Rumänien: 422.086, Russland: 142.994, Belarus: 1.226, andere Euro­päische Staaten: 304.156, dar­unter 200.000 durch das deutsche Volk. Würde Deutschland an die Ukraine grenzen, wären wir die Haupt­an­lauf­stelle. Aber es ist davon aus­zu­gehen, dass Polen nur Durch­gangsland nach Deutschland ist. Und noch etwas: Nicht nur in der Ukraine werden Lebens­mittel knapp, auch bei uns leeren sich die Regale.

Der Regie der Bun­des­tags­sitzung am 17. März kann man nur Total­ver­sagen vor­werfen. Der Bun­des­tags­prä­si­dentin Bärbel Bas fiel nichts Bes­seres ein, als den Video­auf­tritt des ukrai­ni­schen Prä­si­denten an den Anfang des Sit­zungs­tages zu stellen. Um im Anschluss daran Geburts­tags­glück­wünsche ver­teilen zu lassen. Und wollte sie mit der Coro­na­de­batte die Ukrainer trösten, dass bei uns angeblich täglich mehr an dem Virus sterben als dort durch den Krieg? Warum nur wurde dieser Auf­tritt des Kriegs­prä­si­denten nicht ans Ende der Tages­ordnung gesetzt, um anschließend aus­giebig bis in die Nacht darüber debat­tieren zu können? Kennt Frau Bas ihre Pap­pen­heimer, die sich umso mehr davon­machen, je länger eine Bun­des­tags­sitzung dauert?

„Wir wollen Waffen, damit unsere Leute nicht fliehen müssen“, heißt es in Kiew. Doch die Ukraine wurde schon in den letzten Jahren mit Waffen ver­sorgt und jetzt geradezu damit über­schüttet, was aller­dings zwei Seiten hat. Zum einen wird die Kriegs­aus­rüstung über dem rus­si­schen Geheim­dienst bekannte Grenz­über­gänge geliefert. Und die Russen warten anscheinend nicht, bis diese Waffen zweck­ent­spre­chend gegen sie ein­ge­setzt werden, sondern schalten sie aus, sobald sie in der West­ukraine ein­treffen. So wird der Krieg auch in die west­lichen Regionen getragen, die eigentlich nicht im Fokus Putins lagen.

Und es rächt sich, dass Pan­zer­ab­wehr­waffen aus der Deckung von Wohn- und Kul­tur­ge­bäuden ein­ge­setzt werden. Man kann zwar mit einer relativ bil­ligen Pan­zer­faust teure Mili­tär­trans­porter und Panzer aus­schalten. Aber ent­weder richtet der nach­fol­gende Panzer sein Geschützrohr auf das Gebäude, aus dem der Feu­er­strahl kam, oder die über­le­bende Pan­zer­be­satzung funkt der rus­si­schen Rake­ten­stellung oder Luft­waffe die Koor­di­naten für die Zer­störung der ent­spre­chenden Gebäude. Krieg ist leider kein Aben­teu­er­spiel­platz, er muss schnellstens beendet werden. Jeder weitere Kriegstag fordert mehr Todes­opfer auf ukrai­ni­scher Seite als auf russischer.

Wie der Krieg weiter gehen, eine Frie­dens­lösung aus­sehen und der Krieg enden könnte hier einmal aus dem Blick­winkel der Neuen Zürcher Zeitung NZZ: Ukraine und Russland vor bit­teren Sze­narien. Ergänzt sei, dass die süd­lichen Oblaste Sapo­rischschja und Cherson am Asow­schen Meer selbst­ver­ständlich ukrai­nisch bleiben müssen. Aber die Autobahn zwi­schen dem Donezk und der Krim sollte frei befahrbar sein nach deut­schem Bei­spiel, als selbst im Kalten Krieg die Auto­bahnen durch die DDR zwi­schen der BRD und West­berlin genutzt werden konnte.

Es sollte im Interesse der Ukraine liegen, dass ihr Prä­sident Selenskyj dem rus­si­schen Außen­mi­nister Lawrow öffentlich ein Angebot macht, das Putin nicht mehr aus­schlagen kann, ohne in der Welt die letzte Repu­tation zu verlieren.

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