Im Buch „Wenn das die Patienten wüssten“ schreibe ich über die Artemisia annua, den einjährigen Beifuß – ein medizinischer Tausendsassa, der hochwirksame Stoffe enthält gegen Malaria und Retro-Viren, die Tumore oder HIV auslösen. 2002 wurde Artesunate, ein aus Artemisia annua abgeleiteter halb synthetischer Arzneistoff, in die Liste der unentbehrlichen Arzneimittel der WHO aufgenommen. Dennoch hielt die WHO nichts davon, Artemisia annua zur Heilung oder Prophylaxe der Influenza mit dem Namen Covid-19 einzusetzen.
Begründung: Die Konzentration der wild wachsenden Artemisia annua schwanke, und bei gefährlichen Krankheiten, die binnen 24 Stunden zum Tode führen können, sei der Einsatz des einjährigen Beifuß daher unverantwortlich. Der von dem Pharmazeuten Hans-Martin Hirt gegründete Verein anamed international baute jahrelang im Raum Stuttgart eine spezielle, nicht genmanipulierte Züchtung mit gleichbleibend hohem Wirkstoffgehalt an und schickte Ernte und Saatgut in von Malaria betroffenen Länder. Wegen des Vertriebs illegaler Arzneimittel zeigte ein Berufskollege den Verein an, Hirt delegierte daher den Vertrieb an die Firma Teemana. Erfolglos: weitere Anzeigen folgten.
2019 übergab Teemana dem Landratsamt Rems-Murr zwei Packungen A‑3-Blätter. Das nun mit der Untersuchung beauftragte Chemische und Veterinäruntersuchungsamt in Karlsruhe monierte, aufgrund des Namens – Teemana – sei davon auszugehen, dass das Produkt ein Tee sei, Tee sei ein Lebensmittel, und dafür gälten seit Inkrafttreten der Novel-Food-Verordnung spezielle Vorgaben. Artemisia annua wurde vor dem Stichtag 15. Mai 1997 in der EU nicht „in nennenswertem Umfang für den menschlichen Verzehr verwendet“ und muss eine Sicherheitsprüfung bestehen, sonst darf der Tee nicht verkauft werden. Diese Sicherheitsüberprüfung kann Teemana sich nicht leisten und verkaufte trotz gerichtlichen Verbots den umstrittenen Kräutertee weiter als „Rohstoff“, deklariert mit dem Hinweis „nicht zum Verzehr geeignet“ – trotz Verhängung von 30.000 Euro Zwangsgeld. Die Winnender verlegten Anfang März ihren Firmensitz nach Sindelfingen, doch nun hat Justitia Ernst gemacht.
Am 10. Mai 2022, morgens um 9 Uhr – so berichtet Teemana-Geschäftsführerin Irina Baumann – stürmten bewaffnete Polizeibeamte ihre Wohnung, das Amtsgericht hatte einen Durchsuchungsbefehl angeordnet. „Uns wurde höflich nahegelegt zu kooperieren, da sonst unsere ganze Wohnung auf den Kopf gestellt werden würde. … Wir kamen uns wirklich vor wie Schwerverbrecher und konnten nicht fassen, was da geschah. Wir, die wir von Jugend auf anderen Menschen helfen wollten und geholfen haben in vielerlei Hinsicht und auf unterschiedlichste Art und Weise – wir also wurden wie Kriminelle behandelt. Das war alles derart unfassbar, dass wir zeitweise dachten, wir sind in einem Albtraum gefangen.“
Drei Stunden dauerte der Albtraum, insgesamt waren 12 Personen an der Tee-Razzia beteiligt, und nach Angaben von Hans-Martin Hirt wurde zeitgleich zu den Durchsuchungen in Wohnungen und Geschäftsräumen auch seine Steuerberaterin heimgesucht. Das Ganze wegen des „Verdachts des Inverkehrbringens von nicht zugelassenen neuartigen Lebensmitteln“, siehe zweiter Absatz, Stichwort Novel-Food-Verordnung.
Dazu Teemana-Geschäftsführerin Irina Baumann: „Wie ist es möglich, dass in den Apotheken Deutschlands momentan Lieferengpässe für 259 Medikamente herrschen, da andere Länder mehr für sie bezahlen – und Heilpflanzen, die manche dieser Medikamente ersetzen können, vehement verboten werden? Wer ehrlich im Gesundheitswesen aktiv ist, so wie wir es sind, für den gilt der Eid des Hippokrates: das Wohl der Patientinnen und Patienten zu sichern gegen alle Widerstände. Die Novel-Food-Verordnung ist absolut widersinnig. Wenn man für die Zulassung von Kamillenblüten dieselbe Summe investieren muss wie für die Zulassung von Contergan, wird Kamille verboten und Contergan genehmigt, mit uns allen bekannten Konsequenzen. Wenn jetzt sechs Millionen Menschen jährlich an antibiotikaresistenten Keimen sterben, und die EU verbietet praktisch neue pflanzliche Antibiotika, wie Sie z.B. in A‑3 enthalten sind, dann ist dies einfach eine fahrlässige Tötung von Menschen.“
Artemisia annua aus Wildsammlung (also mit schwankender Wirkung) gibt es zur Zeit u.a. bei: https://www.kasimirlieselotte.de/artemisia-annua-einjaehriger-beifuss-produkte.html
Mehr zum Einsatz der chinesischen Heilpflanze Artemisia annua, und warum diese über den Vietnam-Krieg entschieden hatte, erfahren Sie im Buch „Wenn das die Patienten wüssten“.
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