Hepa­titis bei Kindern – Daten zeigen stei­gende Ver­breitung von Ade­no­viren im Spätjahr 2021 – Die gesund­heit­lichen Schäden durch Lockdowns

Ein kleines Rätsel?
Oder: Was war im Spätjahr 2021?

Die letzten Zahlen, die die WHO zu Hepa­titis unbe­kannter Her­kunft unter vor­nehmlich Klein­kindern ver­breitet hat, haben das fol­gende Aussehen:

Quelle

Mitt­ler­weile gibt es im Ver­ei­nigten König­reich 240 Fälle und vor allem gibt es einen tech­nical report, in dem ver­sucht wird, dem Ver­ur­sacher auf die Spur zu kommen. Wir haben für diesen Beitrag Daten des CDC, der UK Health and Safety Agency sowie die Ergeb­nisse der ersten (und soweit wir sehen bislang ein­zigen) Studie zur Ver­ur­sa­chung der Hepa­titis “unbe­kannter Her­kunft”, die ein wenig Licht ins Dunkel bringen könnte, zusammengestellt.

UK Health and Security Agency (2022). Inves­ti­gation into acute hepa­titis of unknown aetiology in children in England – Tech­nical briefing 3.

Wollants, Elike, Els Key­aerts, Lize Cuypers, Mandy Bloemen, Marijn Thijssen, Sien Ombelet, Joren Ray­menants, Kurt Beu­se­linck, Lies Laenen, Lore Budts, Bram Pussig, Katrien Lagrou, Marc Van Ranst1 & Emmanuel André (2022). Envi­ron­mental cir­cu­lation of ade­no­virus 40/41 and SARS-CoV‑2 in the context of the emer­gence of acute hepa­titis of unknown origin.

Beginnen wir mit der letzten Studie. Die Autoren um Wollants haben in Löwen, Belgien, Abwas­ser­proben genommen und auf das Vor­han­densein von SARS-CoV‑2 und Ade­no­viren unter­sucht. Ins­gesamt 63 Abwas­ser­proben an einer Stelle, an der die gesamten Abwässer der Stadt Löwen zusam­men­fließen, haben die Autoren genommen und ab dem Zeitraum von Juli bis Sep­tember 2021 Ade­no­virus in den Abwas­ser­proben nach­weisen können: 65% der Samples, die nach Sep­tember 2021 ent­nommen wurden, ent­halten Ade­no­virus 41. Die Abwas­ser­proben haben die Autoren um 158 Luft­proben ergänzt, die sie in Krippen und Kin­der­gärten in Löwen genommen haben. Die Proben umfassen den Zeitraum von November 2021 bis Mai 2022. Ade­no­virus wird erstmals zum 10. Dezember 2021 nach­ge­wiesen. Nach dem 10. Dezember 2021 stellen sich in den Kran­ken­häusern von Löwen die ersten Fälle von Hepa­titis ein, die nicht auf ein Hepa­titis-Virus zurück­ge­führt werden können. Ins­gesamt 9 Fälle sind es bis zum Mai 2022, alle Betrof­fenen können das Kran­kenhaus wieder gesundet ver­lassen. In sieben der neun Fälle wurden die Erkrankten auf Ade­no­virus getestet. In keinem Fall konnte Ade­no­virus nach­ge­wiesen werden, ein Erkrankter wurde positiv auf SARS-CoV‑2 getestet. Das ist, was man nicht schlüssige Ergeb­nisse nennt…

Bleiben wir, aus Gründen, die gleich klar­werden, bei den Abwas­ser­proben aus Löwen, in denen spä­testens ab Juli 2021 ein rasant zuneh­mendes Auf­kommen von Ade­no­virus nach­ge­wiesen werden kann:

 

Nehmen wir die Fähre in Ostende und setzen über nach Großbritannien.

Mitt­ler­weile sind im Ver­ei­nigten König­reich 240 Fälle einer Hepa­titis unbe­kannter Her­kunft in vor­nehmlich Kindern und Klein­kindern berichtet worden, die nicht von einem der bekannten Hepa­titis-Viren ver­ur­sacht wurde. Zum Zeit­punkt der Ana­lysen, von denen wir hier berichten, waren im UK 197 Fälle von Hepa­titis erfasst. Die Ana­lysen basieren auf 170 davon. In 116 der 170 Blut- oder Stuhl­proben der an Hepa­titis Erkrankten konnte Ade­no­virus 41F nach­ge­wiesen werden. Für die rest­lichen 48 Fälle gibt es Lücken in den Samples, so dass nicht aus­ge­schlossen werden kann, dass Ade­no­virus unent­deckt geblieben ist. In 25 von 169 Fällen konnte SARS-CoV‑2 nach­ge­wiesen werden. Damit dürfte die Frage, ob SARS-CoV‑2 für die neu auf­tre­tenden Fälle ver­ant­wortlich ist, mehr oder weniger vom Tisch sein. 144 der 170 Fälle, für die Daten vor­liegen, stammen aus England. 77 davon betreffen Kinder im Alter von drei bis fünf Jahre, wobei der Median bei drei Jahren liegt. Die Sym­ptome der Erkrankten bestehen in erster Linie aus Gelb­sucht (68,8% der Fälle), Erbrechen (57,6%), Durchfall (43,1%), farb­losem Stuhl (42,7%), Bauch­schmerzen (36,1%) und Übelkeit (25,7%). Die fol­gende Tabelle stellt den kli­ni­schen Verlauf für die 197 berück­si­chigten Fälle dar. Etwas mehr als die Hälfte der Erkrankten konnte zwi­schen­zeitlich das Kran­kenhaus wieder verlassen.

 

Wie die fol­gende Abbildung zeigt, wurden die ersten Fälle im Ver­ei­nigten König­reich im Januar 2022 erfasst, also nur wenige Wochen, nachdem erstmals in den Samples der Autoren um Wollants in Löwen Ade­no­viren in der Raumluft von Krippen und Kin­der­gärten nach­ge­wiesen wurden und ungefähr zum selben Zeit­punkt, zu dem sich auch in Löwen erste Fälle von Hepa­titis in Kran­ken­häusern einstellen.

 

In vor­aus­ge­henden tech­nical brie­fings der UK Health and Safety Agency wurden die Ergeb­nisse von Inter­views berichtet, die mit Eltern von an Hepa­titis erkrn­akten Kindern geführt wurden. Die Inter­views erbrachten kei­nerlei Ergebnis in der Hin­sicht, dass kei­nerlei Ver­hal­tens­muster gefunden wurde, das das Auf­tauchen von Hepa­titis erklären könnte. Lediglich der Gebrauch von Par­acetamol, von dem 75% von rund 70 Befragten berichten, wird als auf­fällig notiert und wei­terhin untersucht.

Es ver­dichten sich somit die Indizien dafür, dass Ade­no­virus 41F und somit ein Virus, das dafür bekannt ist, Gas­troen­teritis bei Kindern aus­zu­lösen, das gemeinhin aber harmlos ist, wie die anderen Ade­no­viren, die Sym­ptome zwi­schen Erkältung und Grippe her­vor­rufen können. Ade­no­viren sind mehr oder weniger all­ge­gen­wärtig, dass sie sich in einer Häufung von Hepa­titis aus­wirken, ist eher ungewöhnlich:

“Alt­hough ade­no­vi­ruses can cause hepa­titis, it is uncommon in ade­no­virus type 41, which was found in a cluster of children with hepa­titis in Alabama,” says Rima Fawaz, MD, a Yale Medicine pediatric trans­plant hepa­to­logist.

 

Inter­essant in diesem Zusam­menhang ist der Zeit­punkt, ab dem in den USA, dem Ver­ei­nigten König­reich und in Belgien eine deut­liche Zunahme von Ade­no­viren in Abwasser nach­ge­wiesen werden kann, denn der Zeit­punkt ist in allen drei Ländern der­selbe: September/Oktober 2021. Wenn man davon ausgeht, dass es einen starke Zunahme von Ade­no­virus 41F auf­grund unge­klärter Ursache Ende 2021 gab, dann stellt sich die Frage, welche Variable zum Ende 2021 in unter­schied­lichen Ländern nicht nur kon­stant war, sondern von der auch ange­nommen werden kann, dass sie in einem kau­salen Zusam­menhang mit den Hepa­titis-Fällen steht. Die Antwort, die die UK Health and Safety Agency zumindest in den Raum wirft, ist:

LOCK­DOWNS.

Wie wird aus einer zuneh­menden Häu­figkeit von Ade­no­viren und Lock­downs Hepa­titis. Die Hygiene-Hypo­these, die Dr. habil. Heike Die­fenbach vor ein paar Wochen aus­führlich auf­ge­ar­beitet hat, schließt den Kreis.

Die Hygiene-Hypo­these, einst von Stachan im Bezug auf All­ergie ent­wi­ckelt, besagt, dass zu viel Hygiene der Ent­wicklung von All­ergien Vor­schub leistet, weil es dem Immun­system ver­wehrt wird, “Kampf­erfahrung” gegen unter­schied­liche Pathogene zu sammeln. Graham Rook hat die Hygiene-Hypo­these wei­ter­ent­wi­ckelt und argu­men­tiert, dass die Mikro­or­ga­nismen, die Men­schen brauchen, um ein gesundes Immun­system zu ent­wi­ckeln und zu erhalten, die­je­nigen sind, die die Evo­lution des Men­schen begleitet haben. Sie waren in der Umwelt der Men­schen überall vor­handen – im Wasser, das sie tranken, Schlamm und im Holz, aus dem Men­schen Unter­künfte oder Umfrie­dungen bauten, im Dung ihrer tie­ri­schen Zeit­ge­nossen –, so dass eine Anpassung des mensch­lichen Orga­nismus an sie bzw. in Aus­ein­an­der­setzung mit ihnen erfolgte und sie tolie­riert werden konnten. Die Darm­flora des Men­schen ähnelt deshalb den Mikro­or­ga­nismen, die in der natür­lichen Umwelt vor­kommen. Sie sind seine „alten Freunde“.

Werden Men­schen von der Mög­lichkeit, ihr Immun­system an realtiv harm­losen Patho­genen zu trai­nieren, ent­fremdet, dann resul­tiert dies in einer erhöhten Anfäl­ligkeit für bislang harmlose Pathogene, die sich in einem erheblich höheren Erkran­kungs­risiko nie­der­schlägt. Lock­downs, Home­office, die Schließung von Schulen und Kin­der­gärten haben die Gele­genheit für Kinder, mit “alten Freunden” Patho­genen, die ihr Immun­system trai­nieren, in Kontakt zu kommen, erheblich redu­ziert. Gerade für Kinder, besonders Neu­ge­borene, Säug­linge und Klein­kinder haben die non-phar­maceu­tical Mea­sures, die Regie­rungen so bereit­willig ihrer Bevöl­kerung auf­ge­zwungen haben, erheb­liche Konsequenzen:

Das Neu­ge­borene wird durch die vaginale Geburt (so sie denn statt­findet), die Mut­ter­milch (so es sie denn erhält) und den Haut­kontakt mit der Mutter mit Mikro­or­ga­nismen kolo­ni­siert. Damit werden die Grund­lagen für die Ent­wicklung des gesunden Immun­systems gelegt, wobei zu beachten ist:

„Because the new­borns and young children have an under­de­ve­loped and immature immune system they have to, at least par­tially, rely on the immune factors sup­plied by the mother“ (Kloc, Gho­brial, Kuchar et al. 2020: 2).

Wenn das Immun­system der Mutter auf­grund man­gelnden Kon­taktes mit der Außenwelt im Zuge der Maß­nahmen zur Bekämpfung von SARS-CoV‑2 dys­bio­tisch sein sollte, dann wirkt sich dies also auch negativ auf das Kind aus.

Außerdem gilt, dass

„[a]ltered hos­pital, healthcare, and home care prac­tices for infants and children [hier: im Zuge der Bekämpfung der Aus­breitung von SARS-CoV‑2] can interrupt the ‚seeding and feeding‘ of their micro­biomes“ (Finlay Amato, Azad et al. 2021: 6).

Dies ist z.B. dann der Fall, wenn in Kran­ken­häusern im Zuge der Vor­beugung gegen Infek­tionen all­gemein oder spe­ziell gegen Infektion mit SARS-CoV‑2 die Brust­füt­terung von Säug­lingen sys­te­ma­tisch ent­mutigt oder gar ver­boten wird. Wenn Mutter und Kind nach Haus ent­lassen werden, die Mutter aber wegen Covid-19 zur Ein­haltung beson­derer Hygiene auf­ge­fordert wird und Besuche von außerhalb des Haus­haltes ent­mutigt, wenn nicht ver­boten, werden, dann ist der Kontakt des Neu­ge­bo­renen mit Mikro­or­ga­nismen aus der nor­malen natür­lichen Umwelt weiter erheblich reduziert.

Thus, it is expected for children born and raised in the Covid-19 era to have improper immune system deve­lo­pment” (Shahrbaf, Hassan & Vosough 2022: 2).

Die zitierten Autoren erwarten deshalb ins­be­sondere eine Zunahme von ent­zünd­lichen Darm­er­kran­kungen “in [the] next gene­ration” (Shahrbaf, Hassan & Vosough 2022: 1), aber die zu erwar­tende man­gel­hafte Ent­wicklung des Immun­systems kann sich auch in All­ergien und in erhöhter Anfäl­ligkeit für weit­ver­breitete und für die meisten Men­schen (bislang) unge­fähr­lichen Krank­heits­er­regern äußern, wie u.a. Dr. Catherine Moore ver­mutet, die in bera­tender Tätigkeit für Public Health Wales tätig ist.

Auch für ältere Kinder dürfte die Reduktion von Kon­takten mit Per­sonen oder mit der natür­lichen Umwelt außerhalb des Haus­haltes, die die Res­tik­ti­ons­maß­nahmen im Zuge der Bekämpfung von SARS-CoV‑2 bedeutet haben, nach­teilig sein, denn

“… the immune system of the new­borns is under­de­ve­loped and subdued, fully maturing during the first 7–8 years of life” (Kloc, Gho­brial, Kuchar et al. 2020: 1; Her­vor­hebung d.d.A.).

Vor diesem Hin­ter­grund ver­muten Kloc, Gho­brial und Kuchar, dass

“… fre­quent exposure of children to respi­ratory viruses in daycare, kin­der­garten, and school may lead to the deve­lo­pment of partial pro­tection against the SARS-CoV‑2 virus” (Kloc, Gho­brial, Kuchar et al. 2020: 2).

Wenn dies zutrifft, war die Schließung von Kin­der­gärten und Schulen nicht nur über­flüssig, nicht nur eine ver­passte Chance, sie war zudem der Quell, aus dem sich eine Reihe von Kon­se­quenzen ergeben können, von denen die derzeit zu beob­ach­tende Häufung von Hepa­titis bei Kindern nur der Anfang wäre.

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Finlay, B. Brett, Amato, Katherine R., Azad, Meghan, et al., 2021: The Hygiene Hypo­thesis, the COVID Pan­demic, and Con­se­quences for the Human Micro­biome. Pro­cee­dings of the National Academy of Sci­ences USA (PNAS) 118(6): e2010217118. doi: 10.1073/pnas.2010217118. Erratum in: PNAS 118(11): PMID: 33472859; PMCID: PMC8017729. (Das Erratum betrifft lediglich einen Lite­ra­tur­eintrag, wird hier aber der Kor­rektheit halber mit angegeben.)

Kloc, Mał­gorzata, Gho­brial, Rafik M., Kuchar, Ernest, & Lewicki, Sła­womir, 2020: Deve­lo­pment of Child Immunity in the Context of COVID-19 Pan­demic. Cli­nical Immu­nology 217: 108510. https://doi.org/10.1016/j.clim.2020.108510.

Rook, Graham A.W., 2008: Review Series on Hel­m­inths, Immune Modu­lation and the Hygiene Hypo­thesis: The Broader Impli­ca­tions of the Hygiene Hypo­thesis. Immu­nology 126(1): 3–11.

Shahrbaf, Mohammad Amin, Hassan, Moustapha, & Vosough, Massound, 2022: COVID-19 and Hygiene Hypo­thesis: Increment of the Inflamm­atory Bowel Diseases in Next Gene­ration? Expert Review of Gas­tro­en­te­rology & Hepa­tology 16(1): 1–3.

Strachan, David P., 1989: Hay Fever, Hygiene, and Household Size. British Medical Journal (BMJ) 299(6710): 1259–1260.


Quelle: sciencefiles.org