Vera Lengsfeld: Die Natur lässt sich nicht zum Narren halten

Eines Abends in den 1980er-Jahren kam ein Mann spät aus dem Büro nach Hause. Auf die Frage seiner Frau, was denn los gewesen sei, ant­wortete der Mann: „Nichts Beson­deres, außer dass wir morgen 7 Astro­nauten umbringen werden.“ Das ist nicht fiktiv. Diese Unter­haltung hat tat­sächlich statt­ge­funden. Der Mann arbeitete als Inge­nieur bei der Firma Morton Thiokol, dem Lie­fe­ranten der Booster-Raketen für das US-Space­shuttle. Er hatte gewarnt, den für den nächsten Tag fest­ge­setzten Start der „Chal­lenger“ zu ver­schieben, weil der zu erwar­tende Nacht­frost die Dich­tungen, welche die ein­zelnen Seg­mente der Rakete nahtlos mit­ein­ander ver­binden sollen, durch die Kälte ihre Elas­ti­zität ver­lieren und brechen werden.

Es wurde ent­schieden, sich durch diesen inge­nieur­tech­ni­schen Einwand nicht auf­halten zu lassen. Der Start war mit großem PR-Aufwand ange­kündigt worden, Prä­sident Reagan hatte wichtige Leute zu diesem Ereignis ein­ge­laden und eine Rede vor­be­reiten lassen, die den Füh­rungs­an­spruch der USA in der Raum­for­schung zemen­tieren sollte. Da wollte man sich nicht mit einer Ver­schiebung des Starts bla­mieren. Der Inge­nieur mit seinen tech­ni­schen Bedenken war nur ein kleines, namen­loses Rädchen im Getriebe, in das man sich keinen Sand streuen lassen wollte.

So wurde am nächsten Morgen die „Chal­lenger“ gestartet und explo­dierte vor den Augen der Welt­öf­fent­lichkeit. Reagan musste seien Rede total umschreiben lassen.

Es wurde eine Unter­su­chungs­kom­mission ein­ge­setzt. Eines ihrer Mit­glieder, der Phy­siker und Nobel­preis­träger Richard Feynman, fasste das Unter­su­chungs­er­gebnis wie folgt zusammen: „For a suc­cessful tech­no­lo­gy­tech­nology, reality must take pece­dence over pubilc rela­tions, for nature cannot be fooled.“

Also: die Rea­lität muss die Oberhand über PR haben, denn die Natur lässt sich nicht über­listen-. Sie ist am Ende immer stärker als die Propaganda.

Leider gehört dieser Satz zu jenen Wahr­heiten, die besonders Poli­tiker nicht wahr­haben wollen. Was in Deutschland seit Jahren unter der Über­schrift „Ener­gie­wende“ betrieben wird, ist der Versuch, wieder einmal die Pro­pa­ganda und ihren ver­brei­teten Illu­sionen über die Gesetze der Natur siegen zu lassen. Aber diese Gesetze kann man nicht kennen (was inzwi­schen auf die absolute Mehrheit der poli­ti­schen Ent­schei­dungs­träger und ihrer wil­ligen Helfer in den Medien zutrifft), oder zu igno­rieren ver­suchen (was die poli­tik­be­flis­senen Wis­sen­schaftler über­wiegend tun), am Ende wird die Natur siegen. Unklar ist nur, wie groß der ange­richtete Schaden sein wird. Fest steht bereits, dass es um viel mehr als 7 Astro­nau­ten­leben gehen wird.

Der Phy­siker Hans Hofmann Rei­necke hat bereits 2012 ein Buch „Grün und Dumm“ vor­gelegt, das kürzlich aktua­li­siert zum zweiten Mal erscheinen ist, in dem er mit streng wis­sen­schaft­lichen Argu­menten darlegt, warum die „Ener­gie­wende“ scheitern muss. Dass dieses Buch nicht die weite Ver­breitung gefunden hat, die es ver­dient, liegt wohl am ver­un­glückten Titel. Der ist zu plump pro­vo­kativ, um erfolg­reich zu sein.

Das ist fast schon tra­gisch, denn die nüch­terne, sach­liche und dennoch mit vielen Bei­spielen ange­rei­cherte Dar­stellung ist alles andere als rei­ße­risch. Das Buch ist lehr­reich und vor allem geeignet, die Wis­sens­lücken derer zu füllen, die wie ich zwar noch Mathe und Physik bis zum Abitur gehabt haben, aber der Meinung waren, für diese Wis­sen­schaften nicht geeignet zu sein. Beim Lesen habe ich mich gefragt, wie es jenen geht, die diese Fächer ganz und gar abge­wählt haben.

Tat­sache ist, dass wir es seit Jahr­zehnten mit Ent­scheidern und Pro­pa­gan­disten zu tun haben, die Mil­li­arden nicht von Bil­lionen unter­scheiden können und keine Ahnung haben, was Mega‑, Giga- oder Terawatt bedeutet. Bis tief in die Qua­li­täts­medien reicht das Unwissen. Keine Ahnung, was instal­lierte von der tat­säch­lichen Leistung unter­scheidet. So leisten unsere Wind­kraft­an­legen nur etwa 20% ihrer instal­lierten Leistung, und auch nur, wenn der Wind weht, aber auch nicht zu stark, denn dann stehen die Räder wieder still, um nicht auseinanderzufliegen.

Hoffmann-Rei­necke macht seien Leser erst einmal mit den benö­tigten Rechen­arten bekannt, ehe er sich den grünen Thesen widmet, auf denen inzwi­schen die welt­weite „Kli­ma­po­litik“ fußt. Die wis­sen­schaftlich-tech­nische Ignoranz unserer „Kli­ma­retter“ geht inzwi­schen so weit, dass ihnen nicht klar ist, dass die unter 2%, die Deutschland zum Co2-Ausstoß weltweit bei­trägt, völlig irrelevant sind, besonders, da China, der größte Emittent, im Pariser Abkommen zuge­billigt bekommen hat, seinen Emis­sionen plan­mäßig zu steigern. Aber natürlich würde es den (zum Teil gekauften) Kli­maklebern nie ein­fallen, sich in Peking auf dem Platz des Himm­li­schen Friedens anzu­pappen, denn dann würde aus dem Gratis-Mut, den sie in Europa, besonders in Deutschland zeigen, bit­terer Ernst.

Das Grüne Manifest, an dem sich die Kli­ma­po­litik ori­en­tiert beruht auf sechs Hypothesen:

  1. Die glo­balen Tem­pe­ra­turen steigen.
  2. Die Kon­zen­tration von CO2 in der Atmo­sphäre wächst.
  3. Die Zunahme von CO2 ist von Men­schen verursach.
  4. Die Erd­er­wärmung ist durch die Zunahme von CO2 verursacht.
  5. Die Erd­er­wärmung gefährdet die Lebens­räume von Mensch und Tier.
  6. Um zu über­leben, müssen wir den Ausstoß von CO2 stoppen.

Nach gründ­licher Beschäf­tigung mit diesen Thesen kommt Hofmann-Rei­necke zu dem Schluss, dass die von IPPC, Regie­rungen und Medien ver­brei­teten Thesen zum Teil wis­sen­schaftlich fun­diert sind, was These 1–3 betrifft, zum Teil aber unbe­wiesen sind, was auf 4–6 zutrifft.

Eis­kern­boh­rungen von Wis­sen­schaftlern in der Ant­arktis, dank derer das Kli­ma­ge­schehen der letzten 60 000 Jahre unter­sucht werden konnte, haben gezeigt,  dass eine Tem­pe­ra­tur­er­höhung zu einer Erhöhung der Koh­len­stoff-Kon­zen­tration in der Atmo­sphä­re­ge­führt hat, weil in wär­meren Wasser weniger CO2 löslich ist und nicht umgekehrt.

Die Aktuelle Erwärmung von 1°C in den letzten 50 Jahren hat mit Sicherheit keine Wet­ter­phä­nomene oder Ver­än­de­rungen ver­ur­sacht, die nicht auch früher auf­ge­treten wären. Einen Beweis dafür hat unsere Außen­mi­nis­terin erbracht, als sie sich barfuß am Strand einer Insel ablichten ließ, die laut Pro­gnosen schon hätte ver­schwunden sein müssen. Die Beauf­tragte, die Baerbock nach ihrer Rückkehr für diese Insel ernannte, wird es aller Wahr­schein­lichkeit nach noch geben, wenn Baerbock längst Geschichte ist.

Wenn der Mensch, wie in These 4 behauptet, tat­sächlich allei­niger Ver­ur­sacher des CO2-Anstiegs wäre, hätte man tat­sächlich Ein­fluss auf das Klima. Dann müssten vor allem die großen Ver­ur­sacher, wie China, Indien und die USA ihren Ausstoß stoppen. Besonders die ersten zwei denken gar nicht daran. Sie wissen zu gut, dass es auch früher CO2-Anstiege und Erwär­mungen gegeben hat, an denen men­schen­ge­machter CO2-Ausstoß nicht beteiligt war.

In den letzten Kapiteln beschäftigt sich Hofmann-Rei­necke mit den Irra­tio­na­li­täten der deut­schen „Kli­ma­po­litik“, die dabei ist, die gewachsene Kul­tur­land­schaft und den Arten­reichtum zu zer­stören, unsere Ener­gie­ver­sorgung zu rui­nieren und unsere indus­trielle Basis zu zer­stören. Deutschland will wieder einmal der Welt zeigen, wo es lang­gehen soll. Tat­sächlich hat diese Politik nur eine Vor­bild­wirkung: Anderen Ländern zu zeigen, was sie unbe­dingt ver­meiden müssen. Weltweit erlebt die Kern­kraft eine Renais­sance, nur in Deutschland soll sie uner­bittlich abge­schaltet werden, obwohl unsere Ener­gie­pro­bleme inzwi­schen fast stündlich größer werden.

In diesen Tagen wird vom Bun­des­kanzler das erste schwim­mende LEG-Ter­minal eröffnet, an das der erste Tanker „Hoffnung“ anlegt. Tat­sächlich reicht die Ladung Flüs­siggas, um unsere Ener­gie­ver­sorgung für zwölf Stunden zu sichern.

Noch ist die Pro­pa­ganda stark, um die Wirk­lichkeit in den Schatten zu stellen. Es fragt sich nur, wie lange das noch gelingt.

Hans Hofmann-Rei­necke: „Grün und Dumm“