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USA: Riesige Umwelt­ka­ta­strophe — Ent­gleister Zug setzt hoch­giftige Stoffe frei

Die Welt wird zurzeit mit Alarm-Mel­dungen geradezu geflutet. Aber wenn wirklich eine Kata­strophe geschieht, werden Nach­richten erst einmal gelöscht. Das ist zwar furchtbar dumm, wird aber gemacht. Die wirklich ent­setz­lichen Dinge werden unter einem eisernem Sarg­deckel des Schweigens von Politik und Medien begraben. Genauso, wie die Spatzen von den Dächern pfeifen, dass die Über­sterb­lichkeit quer über die „Impf­länder“ dieser Welt auf die Impfung hin­weisen – das Thema wird so gut es geht tot­ge­schwiegen, genauso scheint es auch mit dem Zug­un­glück und der Gift­gas­ka­ta­strophe im Bun­des­staat Ohio zu laufen.

Fast eine Woche haben die Behörden die Kata­strophe zu ver­tu­schen ver­sucht. Dabei war das über­haupt nicht zu über­sehen. Das „Nicht zugeben wollen“ heizte die Wut und Unsi­cherheit erst recht an. Hier ein Tweet über die Gift­ka­ta­strophe, als sie noch ziemlich frisch war:

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Man hört die Panik in der Stimme des Mannes, der diese mas­siven Wolken sieht und der auch ohne Erklärung ver­steht, dass das nicht einfach nur ein „bisschen Rauch“ ist, der sich spurlos ver­ziehen wird. Die che­mi­schen Gase lösen sich offen­kundig auch in Wasser, denn überall sterben auf einmal die Fische in den Gewässern und treiben tot an der Oberfläche.

Die Norfolk Sou­thern Railroad behauptet, dass hier Che­mi­kalien kon­trol­liert abge­brannt werden und dass die dunklen Wolken dabei von den Mate­rialien der Waggons stammen. Das darf aber bezweifelt werden – oder die Eisen­bahn­ge­sell­schaft müsste sich dafür vor Gericht ver­ant­worten. Denn es wird  in Ohio jetzt bekannt­ge­geben (nachdem man erst Mel­dungen über die Kata­strophe weg­ge­löscht hatte), dass diese Ver­bren­nungsgase in der Luft beim Ein­atmen tödlich sein können.  Wer also in der „roten Zone“ ver­bleibt, auch in geschlos­senen Räumen, schwebt in abso­luter Lebens­gefahr. Wer in der gelben Zone bleibt, ris­kiert schwere Ver­let­zungen durch das Giftgas, wie Haut­brand und Lungenschäden.

Die Behörden behaup­teten zunächst, dass die Luft und das Wasser sicher seien. Nun, das musste schnell geändert werden, denn die Massen an toten Fischen, die in den Gewässern strom­ab­wärts treiben, sprechen eine andere Sprache. Die Men­schen sagen aber, dass sie einen deut­lichen Chlor- oder Chlorin-Geruch wahr­nehmen. Sobald sie hin­aus­gehen oder die Fenster auf­machen, fangen die Augen an zu tränen und zu brennen.

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Die Tiere sterben in Massen. Da viele Leute auf dem Land Hühner halten, die nun tot sind, klettern die Preise für ein Ei auf Zwei Dollar fünfzig! Und das ist eine Zahl, die von gestern Nach­mittag stammt. Scharen von Vögeln und Krähen sind geflohen. Autos von Behörden fahren herum und fordern die Leute auf, die Gegend zu verlassen.

Dass hier nicht nur in einer kleinen Region ein paar Eisen­bahn­waggons aus­brennen – und dann ist wieder alles gut, das kann man aus den Auf­nahmen durch ein Flug­zeug­fenstern sehen. Nein, das ist nicht Nord­stream 2 beim Explo­dieren, sondern eine schwarze, riesige Gift­wolke aus der Luft foto­gra­fiert. Und man sieht, wie sie sich weiter aus­breitet. Der­jenige, der aus dem Flug­zeug­fenster die Bilder schoss, schreibt:

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„Das ist mehr, als Ohio, ich fliege hier gerade über den Eriesee (nördlich von Chicago) und zwar an den Nia­ga­ra­fällen (direkt vor Kanada). Meine Familie und ich haben die ganze Zeit Kopf­schmerzen, nun schon seit 7 Tagen. Wir können buch­stäblich hier in Kanada das Chlorine riechen. Das hier ist viel größer, als sie uns glauben machen wollen.“

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„Das hier ist noch gar nichts. Sie lügen und lügen und lügen. Sie bestreiten das, aber das ist alles nur Trudeau“

Bild: Twitter

Das ist die ein­ge­blendete Karte der USA. Der rote Punkt ist die Unfall­stelle. Die Gift­wolken reichen noch weit in kana­di­sches Gebiet hinein. Der Ohio-River führt hin­unter nach Mis­si­sippi und fließt erst dann in den Atlantik. Alle Zuflüsse werden eben­falls mit dem Gift kon­ta­mi­niert, dass in Ohio die Flüsse ver­giftet hat.

Das Foto unten zeigt die schwarze Rie­sen­rauch­säule, die zum Himmel empor­quillt und eine riesige schwarze Decke von Gift über eine ganze Region spannt. Die nächste Kata­strophe ist schon nicht mehr auf­zu­halten: Wenn diese Wolke sich weit über’s Land ver­teilt und dann auf Men­schen, Tiere, Pflanzen, Gewässer und Felder her­ab­regnet. 

Aber es wird den Medien und Behörden nichts mehr nützen, alles unter den Teppich zu kehren. Die Leute haben sofort ver­standen, dass sie im Dunkeln gehalten werden sollen und mög­lichst nur einen kleinen Teil erfahren. Daher fangen sie an, selber zu recher­chieren und zu berichten.

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Dieser junge Mann hier hat sich sehr genau infor­miert. Ich über­setze seine Nach­richten einmal, denn das ist extrem inter­essant. Ich habe manches in Klammer dahinter gesetzt und erklärt, zum bes­seren Verständnis :

„Das hier wurde kaum berichtet. Und das, was berichtet wurde, war nicht besonders gut. Also reden wir über die Zug­ent­gleisung in East Pal­estine, Ohio. Dieses Pal­estine liegt etwa eine Stunde nördlich von Pitts­burgh. Fast auf dem halben Weg nach Cleveland. 

Die „Norfolk Sou­thern“ (Eisen­bahn­ge­sell­schaft) hat eine Eisen­bahn­linie direkt durch die Stadt und direkt an der Stadt­grenze ist der Zug ent­gleist, an der Grenze von Penn­syl­vanien und Ohio. Die Waggons crashten, schön für sie, ent­hielten aber Vinyl­chlorid, ein Monomer, das man zur Her­stellung von PVC braucht. Die Bericht­erstattung dazu ver­wech­selte Vinyl­chlorid mit Poly­vi­nyl­chlorid, das Polymer, das aus Vinyl­chlorid gemacht wird. 

Der Grund, warum diese Unter­scheidung wichtig ist, das Vinyl­chlorid sehr gefährlich ist und sehr leicht ent­flammbar. Poly­vi­nyl­chlorid ist Plastik (PVC), das man für fast alles benutzt. Das zweite bei Vinyl­chlorid ist, dass es schon bei 13 °C (8° Fah­renheit) kocht. Das bedeutet, dass es als Flüs­sigkeit trans­por­tiert wird. Dies bedeutet: dass, wenn diese Züge ent­gleisen (und die Waggons zer­stört werden), die Flüs­sigkeit aus­tritt, die Flüs­sigkeit nicht einfach her­aus­läuft, sondern sie speien kochendes Gas aus. Genauer gesagt, lief eine kochende Flüs­sigkeit heraus und spuckte gas­för­miges VCM. Nun ist Vinyl­chlorid richtig giftig. Laut OSHA (Occu­pa­tional Safety and Health Admi­nis­tration) liegt die zulässige Grenze, wie viel davon man innerhalb einer 8 Stunden-Schicht aus­ge­setzt sein kann, bei durch­schnittlich 1ppm/Million in 8 Stunden an (also 1 Teilchen pro 1 Million Teilchen). 

Bevor das hier geschah, pas­sierte die größte Leckage mit dieser Che­mi­kalie in New Jersey, wo ein Zug­waggon mit 23.000 Gal­lonen (ca. 95.000 Liter) Vinyl­chlorid aus­ge­laufen ist. Aber es fing nicht an zu brennen. Nun hat aber der Zug in Ohio fünf Zug­waggons, diese Art Tank­wagen die zwi­schen 25.000 und 33.000 Gal­lonen (zwi­schen 94.000 und 120.000 Litern) fassen. Sagen wir bis 250.000 Pfund Vinyl­chlorid. Bei fünf Tank­wägen sind das etwa 1 Million Pfund dieser gif­tigen Che­mi­kalie, die da auf den Boden aus­tritt und in die Luft ver­kocht. 

Aber dann hat sich das ent­zündet. Und ab da wird die Bericht­erstattung wirklich schlecht. Denn niemand erwähnt auch nur, was das Neben­produkt von bren­nendem Vinyl­chlorid ist: Eines der vielen Neben­pro­dukte von bren­nendem Vinyl­chlorid ist Hydro­gen­chlorid (Was­ser­stoff­chlorid), ein insta­biler Stoff, der sich an Wasser bindet, wie bei­spiels­weise an Was­ser­dampf in der Atmo­sphäre und das wird zu Salz­säure. 

Genau jetzt nennen Behörden und Ver­treter der Eisenbahn und die beiden Gou­ver­neure von Penn­syl­vania und Ohio das Abbrennen von Mil­lionen Pfund dieses Stoffes einen Erfolg. Dabei erwähnen sie aber nicht, dass das bedeutet, dass wir Hun­dert­tau­sende Pfund Säure in der Luft haben … poten­ziell. 

Nun, seit ich auf der Inge­nieurs­schule bin, stu­dierte ich viele Indus­trie­un­fälle. Ich finde das wirklich fas­zi­nierend, wie zum Bei­spiel in Orga­ni­sa­tionen, wie der Aus­schuss für Che­mi­ka­li­en­si­cherheit, das NTSB (National Trans­por­tation Safety Board) und OSHA (Occu­pa­tional Safety and Health Admi­nis­tration) — sie alle haben gute Berichte, die auch für die Öffent­lichkeit zugänglich sind. Für einen Designer ist es wirklich gut, aus Fehlern zu lernen. 

Wenn wir diese Art von indus­tri­ellen Desastern im Laufe der Zeit betrachten, gibt es einige Dinge, die ziemlich uni­versell bei allen davon auf­tauchen. Zum Ersten: Die ver­ant­wort­liche Stelle, in diesem Fall die „Norfolk Sou­thern Railway“ ver­harmlost die Rea­lität der Situation. Poli­tiker beten die­selben Texte einfach nach. Und die Nach­richten wie­der­holen das­selbe nochmal. Daher hören wir alle nur die Worte der Ver­ant­wort­lichen.“ 

Vinyl­chlorid wird vom US-Krebs­in­stitut als krebs­er­regend ein­ge­stuft. Was der junge Student außen vor­ge­lassen hat ist, dass noch eine Menge anderer Che­mi­kalien in den Zug-Tank­wagen befördert worden waren und bei dem Unglück aus­ge­treten sind, viel­leicht mit­ein­ander reagiert haben, aber in jedem Fall Boden, Gewässer und Luft kon­ta­mi­niert haben.

Und: Dieses Unglück hätte durch ver­bes­serte Sicher­heits­vor­keh­rungen ver­hindert werden können, man wollte aber nicht: 

„Doch der US-Senat und Schie­nen­verkehr-Lobbys stellen sich immer wieder gegen neue Sicher­heits­vor­keh­rungen, wohl auch, weil die Schie­nen­in­dustrie jeden Wahl­zyklus um die fünf Mil­lionen US-Dollar an Kam­pagnen der Repu­bli­kaner spendet. So hat Ende 2017 das US-Ver­kehrs­mi­nis­terium unter Donald Trump, mit­hilfe feh­ler­haften Berech­nungen, bereits eine Regel gekippt, welche ver­bes­serte Brems­systeme für mit hoch­ent­zünd­lichen Mate­rialien geladene Züge vorsieht.

Seit 2020 darf außerdem Flüs­sig­erdgas (LNG) ohne zusätz­liche Regu­lie­rungen per Schiene trans­por­tiert werden. Züge mit über 100 befüllten Waggons sind in den USA seitdem keine Sel­tenheit mehr. Die Bahn­ge­sell­schaft Norfolk Sou­thern Railway, welche auch über den zer­störten Zug in Ohio ver­fügte, brüstete sich Anfang vor­letzten Jahres gar mit ihren rekord­ver­dächtig langen Zügen. Doch das alles geschieht unter großem Protest seitens unab­hän­giger Sicher­heits­be­hörden, der Feu­erwehr und zahl­reichen Gewerk­schaften. So beklagten die „Railroad Workers United“ im Zuge des Unfalls, dass die Kon­zerne Jahr für Jahr die Länge und Trag­fä­higkeit der Züge erhöhen, während Instand­haltung und Sicher­heits­kon­trollen stetig eine geringere Rolle spielen.“

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„Sie haben prak­tisch die Stadt mit Che­mi­kalien atomar ver­nichtet“ sagt der Experte für Gefah­ren­stoffe, Sil Caggiano. Dabei ist die Rede von Ethy­len­gly­col­mo­no­bu­tyl­ether, ein Lösungs­mittel für Druck­farben und Lacke. Der Stoff hat seinen Flamm­punkt bereits bei 61°C und explo­diert bei 240°C – was bei einem Brand weit über­schritten wird. Dann wurde noch Ethyl­he­xyl­acrylat in dem Unglückszug trans­por­tiert, das eben­falls ent­zünd­liche Dampf-Luft­ge­mische bilden kann. Das Zeug wird zur Her­stellung von Acry­lat­kleb­stoffen gebraucht. Dazu noch Iso­bu­tylen, was ein hoch ent­zünd­liches Gas ist. Beim Ein­atmen ver­ur­sacht es Schwindel und Schläfrigkeit.

Sil Caggiano war „irgendwie über­rascht“, dass „sie“ den Leuten sagten, sie könnten nach Hause gehen. Er meint, man hätte wohl besser all das Testen gemacht, bevor man die Leute nach Hause gehen lässt. Was man in 5, 10 oder 15 Jahren über die Wir­kungen und Lang­zeit­wir­kungen dieser Kata­strophe wissen wird, das ist noch unklar, fügt er hinzu. Es könnten sehr wohl Krebs­häu­fungen auf­treten, Was­ser­quellen können unbrauchbar werden. Die Leute sollen zum Arzt gehen und ihren Gesund­heits­status doku­men­tieren lassen, damit sie später doku­men­tieren können, dass sie zu der Zeit der Kata­strophe noch gesund waren und Scha­dens­er­satz­klagen anstrengen können.

Mit Tagen Ver­spätung wird auch hier in Deutschland berichtet. Auch ntv schreibt, dass dort, an der Unfall­stelle, jede Menge Gefahr­stoffe in Flammen, Gas und Rauch auf­ge­gangen sind. Die Anwohner sind jeden­falls sehr miss­trauisch gegenüber den Zusi­che­rungen der Behörde, das sei alles wieder gut und sicher:

„Die Ein­wohner hegen jedoch Zweifel, ob es wirklich wieder sicher ist. Eine Bewoh­nerin des Ortes berichtete der “Washington Post” von Kopf­schmerzen und Übelkeit bei ihrer Familie, nachdem sie am Wochenende in ihrem Haus gewesen waren. In der Gegend herrsche ein ste­chender Geruch, der sie an eine Mischung aus Nagel­lack­ent­ferner und bren­nenden Reifen erinnert, berichtete Mara Todd. Sie habe nicht das Gefühl, dass sie genug Infor­ma­tionen habe, sagte die 44-Jährige, die sich mit ihrer Familie jetzt im Bun­des­staat Ken­tucky aufhält. Gefordert wird unter anderem, dass eine Liste mit allen Gütern ver­öf­fent­licht wird, die mit dem Zug trans­por­tiert wurden. Nach Angaben der Umwelt­schutz­be­hörde han­delte es sich bei den wich­tigsten Che­mi­kalien neben Vinyl­chlorid um dessen Neben­pro­dukte Phosgen und Chlor­was­ser­stoff, Butyl­acrylat und andere. Doch weder die Envi­ron­mental Pro­tection Agency EPA noch das National Trans­por­tation Safety Board NTSB haben eine voll­ständige Liste der in dem Zug befind­lichen Che­mi­kalien veröffentlicht.“