Fosen ist eine Halbinsel in Mittelnorwegen. Eine schöne, ursprüngliche Landschaft, die halb in der Provinz Nord Trøndelag und halb in Süd Trøndelag liegt. Ein Paradies für Angler, aber dennoch so groß, dass man seine Einsamkeit hat. Man findet dort sanft geschwungene Küstenabschnitte und Schärengärten, weite Heidegebiete, Fjorde aber auch Berge. Auf denen stehen bereits einige Großwindanlagen, und es sollen noch mehr dazukommen. Dort lebt das Volk der Samen, die traditionell Rentiere halbwild halten. Die Samen kämpfen schon lange gegen die Windräder und haben prominente Verstärkung bekommen: Greta Thunberg. Sie macht nun Demos gegen die Windräder.
Ja, genau: „Huuuch?“ Wie das? Windräder sind doch für das Klima und wer, wenn nicht die Greta steht an vorderster Front für das Klima. Aber irgendwie war sie in letzter Zeit verschwunden. Hat sie wieder was Falsches gesagt? Sowas wie sowas mit „Atomkraftwerke sind Klimaschutz“? Damit ist sie ja letztes Jahr gar nicht gut bei den Grün:*Innen* angekommen.
„Wenn sie schon laufen, glaube ich, dass es ein Fehler wäre, sie abzuschalten und sich der Kohle zuzuwenden“, hat Greta Thunberg in der Maischberger-Sendung gesagt und mit diesem kurzen Satz ein ganzes Weltbild mit all seinen sicheren Gewissheiten ins Wanken gebracht“, schreibt die taz am 12. Oktober 2022. Man ist daher nicht überrascht, dass es kaum ein Medium gibt, das diesen Ausspruch berichtet. Klar. Das könnte einige zum Nachdenken bringen. Natürlich ist Greta nicht FÜR Atomkraft, aber das sei immerhin besser als weiter CO2 rauszublasen. Und dann merkt der Redakteur sehr ehrlich an, worum es geht:
„Und das könnte reichen, um auch in Deutschland eine neue Dynamik auszulösen und die Anti-Atom-Haltung ins Kippen zu bringen.“
Aha. Man ist also bereit, aus reiner Ideologietreue eine vernünftige und weniger „schädliche“ Technologie zu verwerfen, die uns aber allen helfen würde, eine Energiesicherheit zu haben, bis mit klimafreundlichen Technologien Energiesicherheit bereitgestellt werden kann? Interessant.
Aber kaum hat man diesen ketzerischen Angriff der Klima-Ikone halbwegs medial eingedämmt, da holt die mittlerweile 20jährige schon zum nächsten Schlag gegen die grüne CO2-Religion aus: Windkraft ist nicht immer und überall gut.
Kaaaaabumm!!!
Treffer. Die Medien fallen vor Hast über die eigenen Füße, das Desaster einzudämmen. Der Bayerische Rundfunk: „Worum es geht – und warum Thunberg keine Windkraft-Gegnerin geworden ist.“
Die Klima-Ikone trommelte ein Grüppchen Klima-Aktivist:*Innen* zusammen und blockierte den Eingang zum norwegischen Energieministerium in Oslo. „Wir können den Klimawandel nicht als Deckmantel für Kolonialismus gebrauchen“, schmettert sie ins Megaphon.
Wie gesagt, die Samen sind ein kleines Volk von ca. Hunderttausend Köpfen und leben seit alters her in dieser dünn besiedelten Region. Dort lebt aber nur ein Teil des Volkes, die anderen sind verteilt auf Schweden, Finnland und den Nordwesten Russlands. Sie züchten Rentiere, von denen sie auch leben. Sie durften lange offiziell ihre Muttersprache nicht sprechen, erkämpften sich aber ihre Freiheit und Kultur zurück und sind auch immer sehr wachsam. Daher prozessieren sie auch gegen die Windkraftanlagen, weil das ihre Rechte als Urbevölkerung beschneidet. Vor etwa eineinhalb Jahren hatten die Samen allerdings bereits ein Urteil vor dem Obersten Gerichtshof Norwegens erstritten: Der mit elf Richtern besetzte Gerichtshof erklärte die Genehmigung der Regierung für die Errichtung von 151 (!) Großwindrädern für ungültig. Diese Anlage verletze die angestammten Rechte der Samen, die dort ihre Rentiere frei laufen und weiden lassen – und das seit Hunderten von Jahren. Diese Lebensweise sei ein wichtiger Teil der samischen Kultur und müsse daher geschützt werden.
Das Urteil enthielt jedoch keine Anweisung, was mit den teilweise schon erbauten und in Betrieb genommenen Windturbinen geschehen soll. Seit eineinhalb Jahren drehen sich die wummernden Windräder und die Rentiere nähern sich dem Gebiet nicht. Es ist bekannt, dass die Tiere diese Windparks meiden. Man konnte sich bisher noch zu keiner Lösung durchringen, denn der „Rückbau“ ist langwierig und teuer. Man versichert aber eifrig, man nehme die Sorgen der lokalen Rentierzüchter und der Samen allgemein sehr ernst.
Ein großer Teil der Windturbinen gehört den Stadtwerken München.
„Eine Sprecherin der Stadtwerke München erklärte auf BR24-Anfrage, die Rentierzüchter hätten vor dem Baubeginn schriftlich bestätigt, keine Einwände gegen die Gültigkeit der 25-jährigen Konzession zu haben. ‘Auch dem Baubeginn wurde schriftlich zugestimmt‘. Lediglich die Höhe der Entschädigungen sei noch offen gewesen, diese sollte in einem Verfahren vor dem Obersten Gerichtshof in Norwegen geklärt werden. Das Gericht habe dann festgestellt, ‚dass im Rahmen des ursprünglichen Genehmigungsverfahren die Minderheitenrechte der Samen nicht hinreichend gewürdigt wurden‘, erklärte die SWM-Sprecherin. ‚Nicht verfügt hat das Gericht, entgegen anderslautender Meldungen, den Abriss der Windparks.‘ “
Das Recht der Ureinwohner ist also verletzt worden, und man dürfe nicht mit dem Grund des Klimawandels einen Kolonialismus gegen die Samen betreiben, sagt Greta Thunberg. Und sie setzt vor dem norwegischen Sender TV2 hinzu: „Eine Klimawende, die die Menschenrechte verletzt, ist keine Klimawende, die ihres Namens würdig ist.“
Wohl gesprochen, liebe Greta, das ist endlich mal ein Satz, den man unterschreiben könnte. Hier in Deutschland zum Beispiel, werden in alten Naturschutzgebieten mit altem Baumbestand die Hügel brutal abgeholzt, um da Windräder hinzubauen, in denen dutzendweise die Vögel und Insekten zerschreddert werden, die die Landschaft verschandeln, den ebenso seit Jahrhunderten dort lebenden Menschen gehört und zu ihrer Lebensweise und Kultur. Da kommt aber keine Greta.
Nicht nur das, hier nimmt man überhaupt keine Rücksicht auf Naturwelt und Menschen und deren Lebensgrundlagen. Anstatt die Atomkraftwerke noch eine Weile laufen zu lassen und mit Druck an umweltverträglichen Energiequellen zu forschen und zu arbeiten, richtet man einen Riesenschaden an:
Der Energiekonzern RWE und die linksgrüne Landesregierung von Mecklenburg-Vorpommern beschlossen, einen solchen Flüssig-Erdgas-Terminal direkt vor der Ferieninsel Rügen in der Ostsee zu bauen. Die Rüganer, den Bürgermeister und die Tourismusbetriebe der Insel packt das blanke Entsetzen. Rügen ist eine der schönsten Inseln des gesamten Ostseeraums. Die wunderschönen, einzigartigen Kreidefelsen am Strand waren Sujets für Kunstwerte von Weltrang, wie das Bild von Caspar David Friedrich. Rügensweite, ausgedehnte, alte Buchenwälder sind geschütztes UNESCO Weltnaturerbe. Die hellen, sauberen Sandstrände und Brackwasserlagunen sind ein perfektes Refugium für Kegelrobben, sie bringen hier ihre Jungen zur Welt. Anfang Herbst machen etwa 50.000 Kraniche Rast auf ihrem Weg nach Süden, um dem Winter zu entfliehen.
Die Rüganer leben vom Fischfang und insbesondere vom „sanften Tourismus“. Die Auswirkungen auf das fragile Ökosystem der Insel und ihrer ganz besonderen Vegetation und Tierwelt sind kaum abzusehen. Die meistens „standorttreuen“ Feriengäste schätzen die Ruhe, die klare, reine Luft und die sauberen Strände. Wenn nun hinter der historischen Seebrücke am Selliner Strand riesige Terminalanlagen und alte Tankschiffe den Ausblick verschandeln, dürfte das viele Feriengäste verschrecken.
Das Terminal soll etwa 5 km vor dem malerischen Seebad Sellin gebaut werden. Als Lagerstätte für das Flüssiggas dienen dann mehrere sogenannte FSRUs (“Floating Storage and Regasification Units”). Das sind schwimmende Verflüssigungsplattformen, meistens ausgediente LNG-Tanker, von einer Länge bis zu 150 Metern. Von dort soll das flüssige Erdgas in das Pipeline-Netz an Land einspeisen. Schon im Mai, so RWE, soll Baubeginn sein. Damit das klappt, will die Bundesregierung das sogenannte LNG-Beschleunigungsgesetz noch im Schnellverfahren anpassen.
Solche „FSRUs“ sind eigentlich nur Notlösungen, denn sie erzeugen eine ziemliche Verschmutzung des Meerwassers durch Schmieröl, Abgase und Abfälle. Das wird das Wasserleben schädigen und die Fischer auch, denn die Qualität der gefangenen Fische wird drastisch schlechter. Die Touristen werden nicht mehr an den Stränden ins Wasser gehen. Die Auswirkungen könnten ein Desaster für Rügen werden.
Liebe Greta, übernehmen Sie!
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