Bild: Die Seebrücke am Strand von Rügen mit einem Windpark im Hintergrund. Fotomontage aus gemeinfreien Bildern von Pixabay

Kli­mag­retels Kreuzzug gegen Wind­kraft in Nor­wegen – Nicht gut für die Ren­tiere, Lappen und Samen

Fosen ist eine Halb­insel in Mit­tel­nor­wegen. Eine schöne, ursprüng­liche Land­schaft, die halb in der Provinz Nord Trøn­delag und halb in Süd Trøn­delag liegt. Ein Paradies für Angler, aber dennoch so groß, dass man seine Ein­samkeit hat. Man findet dort sanft geschwungene Küs­ten­ab­schnitte und Schä­ren­gärten, weite Hei­de­ge­biete, Fjorde aber auch Berge. Auf denen stehen bereits einige Groß­wind­an­lagen, und es sollen noch mehr dazu­kommen. Dort lebt das Volk der Samen, die tra­di­tionell Ren­tiere halbwild halten. Die Samen kämpfen schon lange gegen die Wind­räder und haben pro­mi­nente Ver­stärkung bekommen: Greta Thunberg. Sie macht nun Demos gegen die Windräder.

Ja, genau: „Huuuch?“ Wie das? Wind­räder sind doch für das Klima und wer, wenn nicht die Greta steht an vor­derster Front für das Klima. Aber irgendwie war sie in letzter Zeit ver­schwunden. Hat sie wieder was Fal­sches gesagt? Sowas wie sowas mit „Atom­kraft­werke sind Kli­ma­schutz“? Damit ist sie ja letztes Jahr gar nicht gut bei den Grün:*Innen* angekommen.

„Wenn sie schon laufen, glaube ich, dass es ein Fehler wäre, sie abzu­schalten und sich der Kohle zuzu­wenden“, hat Greta Thunberg in der Maisch­berger-Sendung gesagt und mit diesem kurzen Satz ein ganzes Weltbild mit all seinen sicheren Gewiss­heiten ins Wanken gebracht“,  schreibt die taz am 12. Oktober 2022. Man ist daher nicht über­rascht, dass es kaum ein Medium gibt, das diesen Aus­spruch berichtet. Klar. Das könnte einige zum Nach­denken bringen. Natürlich ist Greta nicht FÜR Atom­kraft, aber das sei immerhin besser als weiter CO2 raus­zu­blasen. Und dann merkt der Redakteur sehr ehrlich an, worum es geht: 

„Und das könnte reichen, um auch in Deutschland eine neue Dynamik aus­zu­lösen und die Anti-Atom-Haltung ins Kippen zu bringen.“

Aha. Man ist also bereit, aus reiner Ideo­lo­gie­treue eine ver­nünftige und weniger „schäd­liche“ Tech­no­logie zu ver­werfen, die uns aber allen helfen würde, eine Ener­gie­si­cherheit zu haben, bis mit kli­ma­freund­lichen Tech­no­logien Ener­gie­si­cherheit bereit­ge­stellt werden kann? Interessant.

Aber kaum hat man diesen ket­ze­ri­schen Angriff der Klima-Ikone halbwegs medial ein­ge­dämmt, da holt die mitt­ler­weile 20jährige schon zum nächsten Schlag gegen die grüne CO2-Religion aus: Wind­kraft ist nicht immer und überall gut.

Kaaaaabumm!!!

Treffer. Die Medien fallen vor Hast über die eigenen Füße, das Desaster ein­zu­dämmen. Der Baye­rische Rundfunk: „Worum es geht – und warum Thunberg keine Wind­kraft-Geg­nerin geworden ist.“

Die Klima-Ikone trom­melte ein Grüppchen Klima-Aktivist:*Innen* zusammen und blo­ckierte den Eingang zum nor­we­gi­schen Ener­gie­mi­nis­terium in Oslo. „Wir können den Kli­ma­wandel nicht als Deck­mantel für Kolo­nia­lismus gebrauchen“, schmettert sie ins Megaphon.

Wie gesagt, die Samen sind ein kleines Volk von ca. Hun­dert­tausend Köpfen und leben seit alters her in dieser dünn besie­delten Region. Dort lebt aber nur ein Teil des Volkes, die anderen sind ver­teilt auf Schweden, Finnland und den Nord­westen Russ­lands. Sie züchten Ren­tiere, von denen sie auch leben. Sie durften lange offi­ziell ihre Mut­ter­sprache nicht sprechen, erkämpften sich aber ihre Freiheit und Kultur zurück und sind auch immer sehr wachsam. Daher pro­zes­sieren sie auch gegen die Wind­kraft­an­lagen, weil das ihre Rechte als Urbe­völ­kerung beschneidet. Vor etwa ein­einhalb Jahren hatten die Samen aller­dings bereits ein Urteil vor dem Obersten Gerichtshof Nor­wegens erstritten: Der mit elf Richtern besetzte Gerichtshof erklärte die Geneh­migung der Regierung für die Errichtung von 151 (!) Groß­wind­rädern für ungültig. Diese Anlage ver­letze die ange­stammten Rechte der Samen, die dort ihre Ren­tiere frei laufen und weiden lassen – und das seit Hun­derten von Jahren. Diese Lebens­weise sei ein wich­tiger Teil der sami­schen Kultur und müsse daher geschützt werden.

Das Urteil ent­hielt jedoch keine Anweisung, was mit den teil­weise schon erbauten und in Betrieb genom­menen Wind­tur­binen geschehen soll. Seit ein­einhalb Jahren drehen sich die wum­mernden Wind­räder und die Ren­tiere nähern sich dem Gebiet nicht. Es ist bekannt, dass die Tiere diese Wind­parks meiden. Man konnte sich bisher noch zu keiner Lösung durch­ringen, denn der „Rückbau“ ist lang­wierig und teuer. Man ver­si­chert aber eifrig, man nehme die Sorgen der lokalen Ren­tier­züchter und der Samen all­gemein sehr ernst.

Ein großer Teil der Wind­tur­binen gehört den Stadt­werken München.

Eine Spre­cherin der Stadt­werke München erklärte auf BR24-Anfrage, die Ren­tier­züchter hätten vor dem Bau­beginn schriftlich bestätigt, keine Ein­wände gegen die Gül­tigkeit der 25-jäh­rigen Kon­zession zu haben. ‘Auch dem Bau­beginn wurde schriftlich zuge­stimmt‘. Lediglich die Höhe der Ent­schä­di­gungen sei noch offen gewesen, diese sollte in einem Ver­fahren vor dem Obersten Gerichtshof in Nor­wegen geklärt werden. Das Gericht habe dann fest­ge­stellt, ‚dass im Rahmen des ursprüng­lichen Geneh­mi­gungs­ver­fahren die Min­der­hei­ten­rechte der Samen nicht hin­rei­chend gewürdigt wurden‘, erklärte die SWM-Spre­cherin. ‚Nicht verfügt hat das Gericht, ent­gegen anders­lau­tender Mel­dungen, den Abriss der Windparks.‘ “

Das Recht der Urein­wohner ist also ver­letzt worden, und man dürfe nicht mit dem Grund des Kli­ma­wandels einen Kolo­nia­lismus gegen die Samen betreiben, sagt Greta Thunberg. Und sie setzt vor dem nor­we­gi­schen Sender TV2  hinzu: „Eine Kli­ma­wende, die die Men­schen­rechte ver­letzt, ist keine Kli­ma­wende, die ihres Namens würdig ist.“

Wohl gesprochen, liebe Greta, das ist endlich mal ein Satz, den man unter­schreiben könnte. Hier in Deutschland zum Bei­spiel, werden in alten Natur­schutz­ge­bieten mit altem Baum­be­stand die Hügel brutal abge­holzt, um da Wind­räder hin­zu­bauen, in denen dut­zend­weise die Vögel und Insekten zer­schreddert werden, die die Land­schaft ver­schandeln, den ebenso seit Jahr­hun­derten dort lebenden Men­schen gehört und zu ihrer Lebens­weise und Kultur. Da kommt aber keine Greta.

Nicht nur das, hier nimmt man über­haupt keine Rück­sicht auf Naturwelt und Men­schen und deren Lebens­grund­lagen. Anstatt die Atom­kraft­werke noch eine Weile laufen zu lassen und mit Druck an umwelt­ver­träg­lichen Ener­gie­quellen zu for­schen und zu arbeiten, richtet man einen Rie­sen­schaden an:

Der Ener­gie­konzern RWE und die links­grüne Lan­des­re­gierung von Meck­lenburg-Vor­pommern beschlossen, einen solchen Flüssig-Erdgas-Ter­minal direkt vor der Feri­en­insel Rügen in der Ostsee zu bauen. Die Rüganer, den Bür­ger­meister und die Tou­ris­mus­be­triebe der Insel packt das blanke Ent­setzen. Rügen ist eine der schönsten Inseln des gesamten Ost­see­raums. Die wun­der­schönen, ein­zig­ar­tigen Krei­de­felsen am Strand waren Sujets für Kunst­werte von Weltrang, wie das Bild von Caspar David Friedrich. Rügen­sweite, aus­ge­dehnte, alte Buchen­wälder sind geschütztes UNESCO Welt­na­turerbe. Die hellen, sau­beren Sand­strände und Brack­was­ser­la­gunen sind ein per­fektes Refugium für Kegel­robben, sie bringen hier ihre Jungen zur Welt. Anfang Herbst machen etwa 50.000 Kra­niche Rast auf ihrem Weg nach Süden, um dem Winter zu entfliehen.

Die Rüganer leben vom Fischfang und ins­be­sondere vom „sanften Tou­rismus“. Die Aus­wir­kungen auf das fragile Öko­system der Insel und ihrer ganz beson­deren Vege­tation und Tierwelt sind kaum abzu­sehen. Die meistens „stand­ort­treuen“ Feri­en­gäste schätzen die Ruhe, die klare, reine Luft und die sau­beren Strände. Wenn nun hinter der his­to­ri­schen See­brücke am Sel­liner Strand riesige Ter­mi­nal­an­lagen und alte Tank­schiffe den Aus­blick ver­schandeln, dürfte das viele Feri­en­gäste verschrecken.

Das Ter­minal soll etwa 5 km vor dem male­ri­schen Seebad Sellin gebaut werden. Als Lager­stätte für das Flüs­siggas dienen dann mehrere soge­nannte FSRUs (“Floating Storage and Rega­si­fi­cation Units”). Das sind schwim­mende Ver­flüs­si­gungs­platt­formen, meistens aus­ge­diente LNG-Tanker, von einer Länge bis zu 150 Metern. Von dort soll das flüssige Erdgas in das Pipeline-Netz an Land ein­speisen. Schon im Mai, so RWE, soll Bau­beginn sein. Damit das klappt, will die Bun­des­re­gierung das soge­nannte LNG-Beschleu­ni­gungs­gesetz noch im Schnell­ver­fahren anpassen.

Solche „FSRUs“ sind eigentlich nur Not­lö­sungen, denn sie erzeugen eine ziem­liche Ver­schmutzung des Meer­wassers durch Schmieröl, Abgase und Abfälle. Das wird das Was­ser­leben schä­digen und die Fischer auch, denn die Qua­lität der gefan­genen Fische wird dras­tisch schlechter. Die Tou­risten werden nicht mehr an den Stränden ins Wasser gehen. Die Aus­wir­kungen könnten ein Desaster für Rügen werden.

Liebe Greta, über­nehmen Sie!