Transmann gebiert Kind – BGH lehnt Eintrag als „Vater“ in Geburts­ur­kunde ab

Die Ein­zelfall-Ent­scheidung des Bun­des­ge­richts­hofes in dieser Sache, datiert vom 26. Januar 2022, wurde aber jetzt erst ver­öf­fent­licht: Ein Transmann, der ein Kind geboren hat, klagte sich durch mehrere Instanzen. Er hatte vor dem Ber­liner Bezirks­ge­richt Schö­neberg erstritten, als Mann aner­kannt zu werden und gewonnen. Danach setzte er die Hor­mon­be­handlung ab, wurde wieder als Frau fruchtbar und gebar ein Kind, wollte aber mit seinem behördlich ein­ge­tra­genen, männ­lichen Namen als Vater in die Geburts­ur­kunde des Kindes ein­ge­tragen werden. Das Amts­ge­richt Schö­neberg trug den Transmann gegen dessen Willen als Mutter mit seinem weib­lichen Namen ein.

Der Kläger war seit Jahren als Mann ein­ge­tragen. 2007 hatte er seinen Vor­namen nach §1 des Trans­se­xu­el­len­ge­setzes (TSG) in einen männ­lichen Vor­namen geändert. Nach der Absetzung der männ­lichen Hormone — nach der Aner­kennung seiner männ­lichen Iden­tität, konnte er – eben weil er eine bio­lo­gische Frau ist — schwanger werden und brachte 2016 ein Kind zur Welt. Dar­aufhin wurde er/sie vom zustän­digen Amts­ge­richt als „Mutter“ und mit seinem ursprüng­lichen, weib­lichen Vor­namen eingetragen.

§ 7 Unwirksamkeit

(1) Die Ent­scheidung, durch welche die Vor­namen des Antrag­stellers geändert worden sind, wird unwirksam, wenn

  1. nach Ablauf von drei­hundert Tagen nach der Rechts­kraft der Ent­scheidung ein Kind des Antrag­stellers geboren wird, mit dem Tag der Geburt des Kindes, oder
  1. bei einem nach Ablauf von drei­hundert Tagen nach der Rechts­kraft der Ent­scheidung gebo­renen Kind die Abstammung von dem Antrag­steller aner­kannt oder gerichtlich fest­ge­stellt wird, mit dem Tag, an dem die Aner­kennung wirksam oder die Fest­stellung rechts­kräftig wird.

(2) 1.) Der Antrag­steller führt künftig wieder die Vor­namen, die er zur Zeit der Ent­scheidung, durch die seine Vor­namen geändert worden sind, geführt hat
2.) Diese Vor­namen sind

  1. im Fall des Absatzes 1 Nr. 1 und 2 in das Geburtenregister,
  2. im Fall des Absatzes 1 Nr. 3 in das Eheregister

ein­zu­tragen.

(3) 1.) In Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 kann das Gericht die Vor­namen des Antrag­stellers auf dessen Antrag wieder in die Vor­namen ändern, die er bis zum Unwirk­sam­werden der Ent­scheidung geführt hat, wenn fest­ge­stellt ist, dass das Kind nicht von dem Antrag­steller abstammt, oder aus sons­tigen schwer­wie­genden Gründen anzu­nehmen ist, dass der Antrag­steller sich weiter dem nicht seinem Geburts­eintrag ent­spre­chenden Geschlecht als zuge­hörig empfindet.
2.) Die §§ , 3, 4 Abs. 1, 2 und 4 sowie § 5 Abs. 1 gelten entsprechend.

Diese Ent­scheidung war also voll­kommen korrekt und keine Schikane, denn das Trans­se­xu­el­len­gesetz bestimmt, dass die Änderung des neuen Vor­namens unwirksam wird, sobald der/diejenige ein Kind gezeugt hat. Der Kläger hier hatte seinen Wechsel zum Mann durch Hormone beendet, die natür­lichen Hormone über­nahmen wieder, und er wurde wieder fruchtbar – sonst hätte er ja nicht schwanger werden können.

Nun änderte der Kläger also wieder seinen Vor­namen in den männ­lichen nach oben zitiertem §7 Absatz 3 des Trans­se­xu­el­len­ge­setzes. Das wurde auch wieder so ein­ge­tragen. Nun begehrte der Kläger aber, diesen Namen auch in die Geburts­ur­kunde seines Kindes ein­zu­tragen, und zwar als „Vater“. Sollte diesem nicht statt­ge­geben werden, wäre er auch mit einem Eintrag als „Eltern“ zufrieden. Doch das zuständige Stan­desamt lehnte das ab.

Der Transmann klagte, wurde vom Amts­ge­richt Schö­neberg und dem Ber­liner Kam­mer­ge­richt abge­wiesen und ging schluss­endlich mit seinem Fall vor das Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt. Ver­geblich: Die Ein­tragung ins Geburts­re­gister sei korrekt erfolgt, und es bestehe seitens des Klägers kein Anspruch auf die begehrte Änderung. Der Zwölfte Zivil­senat sieht keinen Grund, diese Regelung als ver­fas­sungs­widrig anzu­sehen oder dass sie im Wider­spruch zu Artikel 8 der Euro­päi­schen Men­schen­rechts­kon­vention (EMRK) stehe.

Die Ent­scheidung des Ber­liner Stan­des­amtes sei überdies auch darin begründet und recht­mäßig, weil der Kläger keine Änderung seines Geschlechts­ein­trages vor­ge­nommen habe (nach §§ 8ff. TSG — „Fest­stellung der Geschlechts­zu­ge­hö­rigkeit“), sondern nur nach §1 des Trans­se­xu­el­len­ge­setzes (TSG) nur seinen Vor­namen zu einem männ­lichen hatte anpassen lassen. Daher sei nach Absatz 5. TSG korrekt gewesen, dass er mit seinem ursprüng­lichen, weib­lichen Vor­namen ein­ge­tragen werden müsse. Eine Ein­tragung als „Eltern“ als geschlechts­neu­trale For­mu­lierung sehen die Regeln für einen Regis­ter­eintrag nicht vor.

Der BGH stellte in seinem Urteil aber auch klar und explizit die „Erfor­der­nisse der bio­lo­gi­schen Zeugung“ heraus, und das nicht zum ersten Mal: Die recht­liche Abstammung könne und dürfe nicht im Wider­spruch zu den bio­lo­gi­schen Erfor­der­nissen der Zeugung (Mann und Frau) auf zwei Mütter oder zwei Väter oder andere Kom­bi­na­tionen ein­ge­tragen werden.

Hier hat das Gericht neben der Willkür in Abstam­mungs­ur­kunden auch das Wohl des Kindes im Auge. Die Ein­tragung als Vater und Mutter sei auch für das gezeugte Kind wichtig. Eine Geburts­ur­kunde müsse bis­weilen zum Nachweis der Abstammung benutzt werden, und dann müsste das Kind die Trans-Iden­tität der Eltern offen­legen, was seine Per­sön­lich­keits­rechte berühre – und je nachdem wo das geschieht, auch Nach­teile für das Kind haben könne.

Der BGH erkennt an, dass der als Mann lebende Kläger ein Problem darin sieht, als Mutter mit seinem ursprüng­lichen, weib­lichen Vor­namen im Geburts­re­gister ein­ge­tragen zu sein. Das könne ihm erschweren, gesell­schaftlich als Mann gesehen zu werden und seine Trans­se­xua­lität öffentlich machen. Er habe aber das Recht, mit der Ein­tragung eines Sperr­ver­merks eine Ein­sicht­nahme Dritter zu verhindern.

Wei­terhin ent­schied das Gericht, dass das Grund­gesetz kei­nerlei Handhabe oder gar Pflicht enthält, ein geschlechts­neu­trales Abstam­mungs­gesetz zu schaffen, das Mut­ter­schaft oder Vater­schaft nur noch als will­kür­liche, soziale Rollen defi­niert und klare, recht­liche Kate­gorien damit abschafft. Mutter sei nach wie vor, wer ein Kind geboren hat.

Wer das Kind zur Welt bringt, und nicht, wer den Samen spendet, wird als Mutter ins Gebur­ten­re­gister ein­ge­tragen. Das war die Begründung eines Ber­liner Stan­des­amtes, als eine Transfrau die Ein­tragung als Mutter in die Geburts­ur­kunde einforderte.

Nachdem auch das Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt die Klage 2018 abge­lehnt hatte, war der Transmann schließlich vor den Euro­päi­schen Gerichtshof für Men­schen­rechte gezogen. Doch auch da wurde die Beschwerde zurück­ge­wiesen. Eine schwer­wie­gende Dis­kri­mi­nierung liege nicht vor und die Ein­tra­gungen seien nach Recht und Gesetz erfolgt.

Der frus­trierte Kom­mentar des „Bun­des­ver­bandes Trans“: „Es zeigt sich ganz deutlich ein anti­qui­tiertes Familienbild.“

Das Urteil des Bun­des­ge­richts­hofes hierzu findet man hier.