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„Irrever­sibler Schaden“: Transhype und junge Mädchen

„Irrever­sibler Schaden“ von Abigail Shrier: „Der Trans-Hype, der junge Mädchen heim­sucht, ist wie die Hexen­jagden des Mittelalters“.

Heute erscheint das aktuell wich­tigste Buch über den Trans­gen­de­rismus bei jungen Frauen, „Irrever­sibler Schaden“ der New Yorker Jour­na­listin Abigail Shrier. Shrier ist aller­dings keine fana­tische, fun­da­men­ta­lis­tische Trans-Has­serin, ganz im Gegenteil. Sie ist eine liberale, auf­ge­klärte Repor­terin, die 2018 einen Aufsatz im Wall Street Journal über den „Trans­gender-Sprach­krieg“ ver­öf­fent­lichte. Dar­aufhin erreichten sie so viele Zuschriften von betrof­fenen Eltern, dass ihr klar wurde, es handele sich um ein gesamt­ge­sell­schaft­liches Problem: Immer mehr junge Frauen, gerade im puber­tären Alter, haben heute mit „Gen­der­dys­phorie“ zu kämpfen. Warum dies so ist, dem geht sie in ihrem Buch, das heute im Kopp Verlag erschienen ist, sen­sibel, neu­gierig und uner­schrocken auf den Grund. Werbung für das Buch wurde auf Amazon in USA zen­siert, kein anderer deut­scher Verlag wollte das heiße Eisen anfassen. Phi­lo­sophia Perennis bringt exklusiv einen ersten Auszug auf Deutsch.

Lucy war schon immer ein „mäd­chen­haftes Mädchen“, ver­si­cherte ihre Mutter. Als sie klein war, trug sie Kleidchen und hohe Schuhe, um ihre Auf­gaben zu erle­digen. Ihr Kin­der­zimmer war voller Beanie Babies und ihrer vielen Haus­tiere: Kaninchen, Meer­schweinchen und Sittiche. 

Ver­kleiden war ihr Lieb­lings­spiel. Sie hatte eine große Kiste voller Kleider und Perücken, die sie anzog, um in eine Reihe ver­schie­dener Rollen ein­zu­tauchen – alle weiblich. Sie war ein typi­sches Mädchen der 1990er, die mit Disney-Prin­zes­sinnen auf­wuchs – zuerst Arielle, die Meer­jungfrau und später die Twi­light-Filme.

Unsi­cherheit und Depressionen

Lucy war ein begabtes Kind. Mit fünf konnte sie wie ein Viert­klässler lesen. Sie war künst­le­risch talen­tiert und gewann später einen Preis des Land­kreises. Als sie die Mit­tel­stufe erreichte, wuchs jedoch ihre Unsi­cherheit. Eine Flut der Depression überkam sie. Ihre wohl­ha­benden Eltern – ihre Mutter war eine bekannte Anwältin in den Süd­staaten – machten Termine bei The­ra­peuten und Psy­cho­logen, die sie behan­delten und ihr Medi­ka­mente ver­schrieben. Aber weder Gesprächs­the­ra­peuten noch Drogen halfen ihr bei ihren sozialen Pro­blemen: Cliquen, die sie ablehnten, ihre nervöse Neigung, bei den sozialen Prü­fungen der beliebten Mädchen zu versagen.

Jungs waren weniger pro­ble­ma­tisch. In der Mit­tel­schule und High­school hatte sie Jungs als Freunde und feste Freunde. Ihr Fami­li­en­leben war schwierig: Ihre ältere Schwester geriet in eine Dro­gen­ab­hän­gigkeit, die ihre Familie wie ein Orkan heim­suchte und die gesamte Auf­merk­samkeit ihrer Eltern abver­langte. Nach ihrem ganzen Auf und Ab wurde Lucy irgendwann als Bipolar II dia­gnos­ti­ziert. Weib­liche Freunde zu finden und zu behalten wurde eine ständige Her­aus­for­derung, die sich nie wirklich zu ihren Gunsten wendete.

„… um dazuzugehören“

Ihr Studium an einem pri­vaten College in Neu­england begann, wie so oft heut­zutage, mit der Ein­ladung, ihren Namen, ihre sexuelle Ori­en­tierung und ihre Gender-Pro­nomen anzu­geben. Lucy ergriff diese Chance, um sich neu zu defi­nieren, um dazu­zu­ge­hören und sich mit einer beson­deren Gruppe iden­ti­fi­zieren zu können. Als ihre Unsi­cherheit im Herbst wieder auf­flammte, beschloss sie zusammen mit einigen Freun­dinnen, dass ihre Angst eine modische Erklärung hatte: „Gen­der­dys­phorie“. Innerhalb eines Jahres hatte sie eine Tes­to­steron-The­rapie begonnen. Aber ihre echte Sucht – die Droge, von der sie abhängig wurde – war die Ver­heißung, jemand anderes sein zu können. Ihr gescho­rener Kopf, ihre Jung­skla­motten und ihr neuer Vorname wurden ihre Taufe und Wie­der­geburt als neuer Mensch: Als Junge.

Der nächste Schritt – falls sie soweit gehen wollte – wäre die „Top Surgery“ (Obenrum-OP), ein Euphe­mismus für eine frei­willige dop­pelte Mastektomie.

„Woher wissen Sie, dass das keine echte Gen­der­dys­phorie war?“, fragte ich ihre Mutter.

„Sie hatte einfach noch nie solche Anzeichen gehabt“, so die Mutter. „Ich habe nie zuvor von ihr gehört, dass sie sich in ihrem Körper unwohl fühlt. In der vierten Klasse hat sie das erste Mal ihre Tage bekommen, was ihr total peinlich war, weil sie so früh dran war, aber sie hat sich nie über ihren Körper beklagt.“

Ihre Mutter machte eine Pause und suchte nach der rich­tigen Erin­nerung. „Als sie 5 war habe ich ihr einen Bubikopf ver­passt und sie hat Kübel geweint, weil sie nicht wie ein Junge aus­sehen wollte. Sie hat es gehasst.“ Sie fügte hinzu: „Sie ist mit Jungs aus­ge­gangen. Immer nur mit Jungs.“

Es geht nicht um Transgender-Erwachsene 

In diesem Buch geht es nicht um Trans­gender-Erwachsene, auch wenn ich im Laufe meiner Recherche mit vielen solchen Erwach­senen gesprochen habe – die sich als Frauen fühlen und die sich als Männer fühlen. Sie waren allesamt gute, anständige, freund­liche Men­schen. Sie beschreiben das unauf­hör­liche Gefühl des Unwohl­seins in einem Körper, in dem sie sich fehl am Platz fühlen, in einem Leben, das sich wie eine Lüge anfühlt. Es ist ein Gefühl, das sie schon ihr Leben lang verfolgt.

Sie haben von ihrer Dys­phorie nie soziale Vor­teile gehabt, sie hat sie nie beliebter gemacht: Ganz im Gegenteil, es war meist peinlich oder unan­genehm. Die meisten von ihnen kannten ihre ganze Jugend lang keinen anderen dys­pho­ri­schen Men­schen. Es gab noch kein Internet, das ihnen Vor­bilder und Men­toren liefern konnte. Sie brauchten auch keine. Sie wussten genau, wie es ihnen ging. Sie fühlten sich einfach als anderes Geschlecht wohler. Sie wollen nicht dafür gefeiert werden, so zu sein, wie sie sind. Sie wollen haupt­sächlich als ihr gefühltes Geschlecht „durch­gehen“  – und meistens nicht weiter auffallen.

Ich habe mit vielen solcher Men­schen offi­ziell und inof­fi­ziell gesprochen. Ich habe sie für ihren Mut und ihre Auf­rich­tigkeit bewundert. Einer von ihnen wurde sogar ein Freund. Dass so viele Trans-Akti­visten in ihrem Namen sprechen wollen, ist weder ihre Schuld noch ihre Absicht. Diese Men­schen haben mit dem aktu­ellen Trans-Hype, der junge Mädchen heim­sucht, all­gemein sehr wenig zu tun.

Wie die Hexenjagden 

Ein bes­serer Ver­gleich sind die Hexen­jagden der Hei­ligen Inqui­sition*, oder Mode­krank­heiten wie die Ner­ven­leiden des 18. Jahr­hun­derts, die Ner­ven­schwäche des aus­ge­henden 19. Jahr­hun­derts, oder die Mager­sucht, Bulimie, und das „Ritzen“ im 20. Jahr­hundert. Die Haupt­rolle spielt dabei eine Dar­stel­lerin, die stets gern ihr eigenes Leid und ihren Schmerz in den Mit­tel­punkt stellt: Das Teenager-Mädchen.

Ihr Leid ist sicher echt. Aber in jedem dieser Fälle kommt sie zu einer fal­schen Selbst­dia­gnose – es ist eher die Kom­bi­nation von Ein­bildung und Ein­wirkung von außen, als eine psy­cho­lo­gische Tatsache.

Vor dreißig Jahren hätten sich solche Mädchen viel­leicht bis auf die Knochen abge­magert, und sich dabei eine Fett­ab­saugung gewünscht. Vor zwanzig Jahren hätten solche Mädchen viel­leicht eine „unter­drückte Erin­nerung“ an Kin­des­miss­brauch ent­deckt. Die neue Teen­agermode heißt nicht „vom Teufel besessen sein“, sondern „Gen­der­dys­phorie“ und die Heilung heißt nicht Exor­zismus, Abführ­mittel oder Fasten –  sondern Tes­to­ste­ron­the­rapie und die „Obenrum-OP“.

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*Anm. DB: Es ist nach wie vor ein Vor­urteil, dass die Hexen­jagden auf die Inqui­sition zurück­gehen, das jedoch durch alle neueren Studien widerlegt ist. Im Kir­chen­staat wurde keine einzige Hexe ver­brannt. Der ganze Hexen- und v.a. auch Hexerwahn geht auf die vor­christ­liche Zeit in nicht-roma­ni­schen Ländern zurück, Luther leitete selbst eine Hexen­ver­brennung in Mainz. In Süd­europa ist die Hexe nicht aus­schließlich negativ kon­no­tiert. So bringt zum Bei­spiel die Weih­nachtshexe (Befana), nicht der hl. Nikolaus oder ein „Christkind“, in Italien den Kindern die Geschenke.

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Dieser Beitrag erschien zuerst hier: philosophia-perennis.com