Wenn „Blade-Runner“ Wirk­lichkeit wird – Lon­doner Bür­ger­wehren zer­stören Über­wa­chungs­ka­meras (+Videos)

Sie nennen sich „Blade Runner“ nach dem berühmten Film aus den 80er Jahren, der eine düstere Stadt der Zukunft beschreibt, in der die Men­schen kom­plett über­wacht, beob­achtet und kon­trol­liert werden. Während die Stadt ein über­völ­kerter, grau­en­hafter Ort voller Müll geworden ist, in dem die Polizei all­ge­gen­wärtig präsent zu sein scheint, Such­lichter Men­schen jagen, die sich irgend­einer kleinen Unge­hor­samkeit schuldig gemacht haben, gaukeln auf­dring­liche Wer­be­tafeln ein schönes Leben auf anderen Pla­neten vor. Die Men­schen werden als Sklaven gehalten, und die Mäch­tigen haben Maschi­nen­diener, welche die nied­rigen Skla­ven­men­schen auf Schritt und Tritt kon­trol­lieren und auch töten. Und in den „ULEZ“ Distrikten fühlen sich die Men­schen jetzt schon so. Sie bilden Bür­ger­wehren und zer­störten bereits Hun­derte der Kontroll-Kameras.

Das „all­se­hende Auge“ der Über­wa­chungs­ka­meras aus dem dys­to­pi­schen Film „Blade Runner“ ist in London unüber­sehbar. Und die ULEZ sind besonders voll davon. ULEZ bedeutet „Ultra Low Emission Zone“(Niedrigst-Emissions-Zone), also eine Stadtzone, in der – wenn über­haupt – nur Fahr­zeuge ver­kehren dürfen, die fast keine Emis­sionen, also Fein­staub, CO2 oder sonst uner­wünschte Abgase von sich geben. Wer mit einem Fahrzeug dort dennoch dort fährt, muss Straf­ge­bühren zahlen, die immer hap­piger werden, je länger man sie nicht bezahlt. Unbe­merkt geht es nämlich nicht, denn überall sind die all­ge­gen­wär­tigen Augen, die alles filmen.

Seit die „ULEZ“ in der ersten Sep­tem­ber­woche von Londons knallgrün-linkem Bür­ger­meister und WEF-Zögling Sadiq Khan auf ganz London aus­ge­weitet wurde, kocht der Zorn der Lon­doner. Herrn Khans Begründung, er wolle doch nur die Luft­qua­lität in der bri­ti­schen Haupt­stadt ver­bessern — wohl­ge­merkt, bis hinein in die gar nicht von Smog bedrohten Vororte – erbost die Bürger umso mehr. Sie sehen darin einfach nur eine will­kür­liche Steuer und die langen Finger der Behörden in ihrem Porte­monnaie, in dem eh schon fast nichts mehr zu holen ist. Denn es sind gerade die Familien aus Arbei­ter­schaft und Handwerk, die das betrifft.

Denn wer ein älteres Auto fährt, muss am Tag 12,50 bri­tische Pfund bezahlen — Arbeiter, Hand­werker und Klein­un­ter­nehmer sind scho­ckiert und wütend. Diese Kosten können sie nicht auf­bringen. Sie sind rui­niert. Die Pro­teste werden immer lauter, doch Bür­ger­meister Sadiq Khan scheint ent­schlossen, das durch­zu­ziehen. Denn es trifft mehrere Hun­dert­tausend Lon­doner, das lohnt sich. Im Monat macht das 387,50 Pfund pro gebüh­ren­pflich­tigem Fahrzeug, das sind 450 Euro, rechnet die FAZ vor. Wer sich nicht fügt und nicht zahlt oder es ver­gisst, muss mit 180 Pfund (210 €) Strafe pro Tag rechnen.

Die Kameras regis­trieren die Auto­kenn­zeichen der vor­bei­fah­renden Fahr­zeuge und gleichen sie mit einer Datenbank ab. In dieser ist hin­terlegt, ob das Auto die Emis­si­ons­vor­gaben erfüllt und ob eine even­tuell fällige Gebühr bezahlt wurde. Falls nicht, wird auto­ma­tisch ein Buß­geld­be­scheid in Auftrag gegeben, der den Auto­fahrer innerhalb von wenigen Tagen erreicht.

Als besonders perfide emp­finden die Lon­doner, dass die Kameras nicht nur in den viel befah­renen Haupt­straßen, sondern auch in kleinen, kaum befah­renen Sei­ten­straßen instal­liert werden.

Es sind gerade die kleinen Leute, die sich kein neues Auto leisten können, die hier zur Kasse gebeten werden. Das sorgt für Zorn und enorme Frus­tration. Die Hand­werker und kleinen Firmen sehen sich gezwungen, diese Fahr­zeuge still­zu­legen – was für viele die Geschäfts­aufgabe bedeuten wird. Damit wird in London und Umgebung die lokale Wirt­schaft schlicht nach und nach absterben. Manche kleinen Betriebe werden sich ins Umland zurück­ziehen und London auf­geben. Rund 850.000 Fahr­zeuge im Großraum London sind betroffen.

Das hat enorme Aus­wir­kungen, auch für die gut Betuchten. Ein Was­ser­rohr­bruch im Haus? Schade, es gibt keinen Klempner mehr in London, der das richten könnte. Da wird das Haus eben patschnass und man kann nur noch das Wasser kom­plett abstellen. Für wie lange? Ab wann schimmeln die Wände? Kurz­schluss im Haus und das Licht erlöscht? Tut uns leid, wir fahren nicht mehr in die Stadt, zu teuer. Neue Tapeten oder Wände weißeln, den Herd repa­rieren oder die Heizung warten … ent­weder man holt den Hand­werker mit seinem ULEZ-taug­lichen E‑Auto ab oder man repa­riert es selber. Auf Youtube gibt es gute Anlei­tungen zum Sel­ber­machen. Oder man bricht die Zelte in London ab und geht auf’s Land und macht Home-Office, die nächste Corona-Lockdown-Zeit kommt doch sowieso. Da werden bald die Haus­preise auf dem Land in den Himmel steigen.

Oder die Hand­werker erhöhen ihre Preise um die Straf­ge­bühren plus Spritgeld. Viel­leicht kann man auch gegen eine kleine Erhöhung der Hausrat- und Gebäu­de­ver­si­cherung den hän­de­ringend benö­tigten Hand­werkern die Straf­gebühr ver­golden? Der Markt findet immer einen Weg.

Unter die gebüh­ren­pflich­tigen Fahr­zeuge fallen im Prinzip alle Diesel mit Baujahr vor 2015 und alle Ben­ziner mit Baujahr vor 2005. Das sind ungefähr zehn Prozent aller Lon­doner Autos, die jetzt blechen müssen. Letztes Jahr kamen so 225 Mil­lionen Pfund auf diese Weise zusammen. Dieses Jahr wird es deutlich mehr werden.

Das wirft die Frage auf, ob denn die Leute, die das Fahren mit älteren Ver­brennern bezahlen können, oder soge­nannte „classic cars“ aus der Zeit vor 1970, die ohne Gebühren fahren dürfen, die Luft nicht ver­schmutzen, weil sie dafür bezahlen? Das erinnert, genau wie die CO2 Steuer, an den Ablass­handel der katho­li­schen Kirche, über den das Volk spottete: „Wenn das Geld im Beutel klingt, die Seele aus dem Feuer springt.“

Das führt nicht nur dazu, dass nun plötzlich Wahlen in Stadt­teilen wieder Tories (die Kon­ser­va­tiven) als Sieger sehen. Angela Rayner, die stell­ver­tre­tende Par­tei­chefin der Labour-Partei (sozu­sagen die bri­tische SPD), will zwar den Wählern in Zukunft besser zuhören, lässt aber gleich­zeitig keinen Zweifel daran, dass diese Umwelt­zonen dem­nächst in allen eng­li­schen Städten ein­ge­richtet werden.

Und damit auch jede noch so kleine Unbot­mä­ßigkeit auch sofort erfasst, belegt und geahndet werden kann, werden überall Kameras mon­tiert. Doch der Bogen ist über­spannt. Einige Lon­doner lösen das Problem auf ihre Art und werden im Netz gefeiert. Sie nennen sich „Blade-Runner“ und in der Dun­kelheit der Nacht ziehen sie los, mit Baum­scheren und Hecken­scheren. Sie demon­tieren und zer­stören die Über­wa­chungs­ka­meras zu Hun­derten, zer­schneiden die Kabel, sägen die Masten um oder schlagen die Kameras mit Hämmern kaputt … oder sprühen schwarzen Lack auf die Kame­ra­linse – und werden im Netz dafür gefeiert. Über 300 der 2.750 neu instal­lierten Kameras in London sind schon in den ersten Tagen unbrauchbar gemacht, gestohlen oder zer­stört worden. Die Blade Runners filmen sich sogar dabei und stellen die Videos auf Tiktok oder Twitter oder andere „social media-Kanäle“.

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Tat­sächlich ist geradezu eine kleine Armee von Unter­grund-Akti­visten unterwegs, um die Kameras zu eli­mi­nieren. Auf X (vormals Twitter), Facebook oder Instagram haben sich Gruppen gebildet, die Unter­stützung anbieten. Eine Facebook-Seite weist mehr als 30.000 Mit­glieder auf. Hier finden sich Tipps, wie man Kameras am besten zer­stören kann, und Land­karten, auf denen ihre Standorte ver­zeichnet sind.“

Diese Karte ist so eine und zeigt die Standorte der „außer Betrieb gesetzten“ Kameras. Die schwarzen Mar­kie­rungen sind bereits „neu­tra­li­sierte“ Überwachungskameras:

Ins­be­sondere Twitter ist voller Auf­nahmen von Aktionen gegen die Kameras:

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Bri­ti­scher Humor kommt trotzdem nicht zu kurz. Es gibt ja eine Aus­nahme von den Gebühren für Fahr­zeuge, die die Emis­si­ons­werte nicht ein­halten, die soge­nannten classic cars, also eine Art Old­timer. Ein Panzer aus 1965 erfüllt dieses Kri­terium und ein paar junge Leute rattern mit dem Ding durch London:

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Auch inter­essant: Auch in Groß­bri­tannien greift die Politik gern zum Nazi-Vorwurf. Als Sadiq Khan bei einer öffent­lichen Ver­an­staltung zur Ein­führung der ULEZ in ganz London von Zuhörern aus­ge­pfiffen wurde, beschimpfte Khan die­je­nigen, die sich gegen die Pläne aus­sprechen, als „rechts­extrem“ – eine grundlose Beschimpfung, die von den Zuhörern der Fra­ge­stunde mit zor­nigem Spott und Buh­rufen beant­wortet wurde. Sieh an, das ist nicht nur in Deutschland so.

Die neue Hexenjagd wird unter der Parole „Rechts­extrem“ durch­ge­zogen. Und bald werden sehr, sehr viele Men­schen ver­wundert fest­stellen, dass sie rechts­extrem sind und sagen „Sch… drauf.“