Dekadenz: Eine bunte Bro­schüre für 11.200 € — die baye­rische Staats­kanzlei hat’s ja!

Die deut­schen Bauern stehen mit dem Rücken zur Wand und der Bun­des­haushalt ist unter Wasser. Den Bauern wird die Steu­er­min­derung beim Agrar­diesel gestrichen, bis sie in den Bankrott getrieben werden, es wird überall gekürzt, Deutschland wird abge­wrackt und ist das Schluss­licht der West­lichen Wirt­schaften. ABER die Pro­pa­ganda, die wird ja erfah­rungs­gemäß immer bunter und lauter, je schlimmer die Lage ist. Darum macht es auch was her, wenn die baye­rische Staats­kanzlei eine bunt­be­bil­derte Bro­schüre mit viel Selbst­be­weih­räu­cherung für 11.200 € drucken lässt.

In dieser 32-sei­tigen Vierfarb-Bro­schüre steht die Regie­rungs­er­klärung des Baye­ri­schen Minis­ter­prä­si­denten Markus Söder nach der gewon­nenen Land­tagswahl. Da kann man als CSU schonmal ordentlich feiern, mir ganz­sei­tigem Bild des Minis­ter­prä­si­denten. 10.000 Stück wurden gedruckt, man kann sich die Bro­schüre auch aus dem Internet herunterladen.

Für die Grünen ein gefun­denes Fressen. Sie stellten eine Anfrage, wie viel Geld denn die Glanz­bro­schüre gekostet habe. Zehn­tausend Stück bei einem Stück­preis von 1,12 Euro, ant­wortete die baye­rische Staats­kanzlei sofort.

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„Damit Bayern stark und stabil bleibt“

Der alte und neue Minis­ter­prä­sident Markus Söder hielt die erste Regie­rungs­er­klärung der Wahl­pe­riode unter dem Wahl­spruch: „Damit Bayern stark und stabil bleibt“. Damit sollte die grund­sätz­liche Richtung der Politik der CSU für die nächsten vier Jahre umrissen werden. In der Bro­schüre infor­miere die Staats­re­gierung die Bayern über die Pro­jekte, die Teilhabe am öffent­lichen Leben auf allen mög­lichen Gebieten, so dass alle Bür­ge­rinnen und Bürger ein breit­ge­fä­chertes Angebot wahr­nehmen können, heißt es aus der baye­ri­schen Staatskanzlei.

Die Bro­schüre zum Download ist nicht leicht zu finden, aber was tun wir nicht alles für unsere Leser. Also HIER IST SIE.

Gleich die nächse Seite nach dem Deckblat lächelt uns derin Bayern lie­bevoll-neckisch „Son­nen­könig“ Markus I genannte Herr Söder an. Die Bebil­derung hat mit Sicherheit eine Agentur gemacht. Nach dem Motto: Was mit Par­lament, was mit schöner Land­schaft, dann unbe­dingt Kli­ma­schutz und moderne Technik mit Natur­ver­bun­denheit (hier Seite 8 der Solarpark in Min­delheim im Unter­allgäu, wo drei Schafe zischen den Paneelen grasen), Wind­räder im Nebel, wo nicht so auf­fällt, wie sie die Land­schaft verschandeln.

Eine Hymne an sich selbst für die Zukunftstechnologien

Das Foto auf Seite elf demons­triert zwei Dinge: Erstens, dass unser Gehirn mit „Vor­ur­teilen“ arbeitet. Denn das Hirn braucht zwei, drei Sekunden, um zu begreifen, dass das Foto keine Auf­nahme einer ver­gol­deten Kanzel aus einer der vielen gold­strot­zenden Barock­kirchen zeigt. Sondern die Einheit eines Quan­ten­com­puters, was dan­kens­wer­ter­weise unter dem Foto zu lesen steht. Dies zur Bebil­derung dazu, dass Bayern die höchsten Inves­ti­tionen in Künst­liche Intel­ligenz tätigt, weil Bayern bei diesem „Urknall des Wissens“ ganz vorne dabei sein will, und deshalb die meisten KI-Lehr­stühle und neun Super­com­puter hat, „fast soviele wie in Süd­korea und mehr als in Taiwan“.

Da darf auch eine Kfz-Mechaniker:In (Seite 15) nicht fehlen – oh, pardon, das heißt heute „Kraftfahrzeugmechatroniker/innen“. Aber: Es wird immerhin nicht gegendert und die Dame ist eine blonde Weiße, sehr bedenklich, schon fast irgendwie rassistisch.

Man sieht, die Bild­sprache ist schlau aus­ta­riert. Bayerns Ziel für die Elek­tro­mo­bi­lität: 100.000 Lade­punkte bis 2030. Nur ist mitt­ler­weile klar, dass die Elek­tro­mo­bi­lität sehr unbe­liebt bei den Leuten ist, viel zu teuer, die Bat­terien bisher weder lang­lebig noch effektiv sind und gar nicht so viel kli­ma­neu­traler Strom pro­du­ziert werden kann, um den Bedarf an Wär­me­pumpen und 100.000 Lade­säulen und die pri­vaten Wall­boxen sowie den nor­malen Haus­halts­ver­brauch zu bedienen.

For­mu­lie­rungs­künste bei bri­santen Themen, gewürzt mit dosiert-rechten Standpunkten 

Es gibt sogar einen Absatz, in dem Markus Söder sehr ener­gisch wird in seiner Regie­rungs­er­klärung, Er erteilt der Freigabe von Can­nabis eine klare Absage und Gesund­heits­mi­nister Karl Lau­terbach eine verbale Ohrfeige:

„Bun­des­mi­nister Lau­terbach sagte jüngst, die Lega­li­sierung von Drogen schütze die Gesundheit junger Men­schen. So ein Unsinn! (…) Das ist nicht nur die Dro­gen­er­laubnis. Das sind auch Pro­jekte wie das Selbst­be­stim­mungs­recht, ein unfaires Wahl­recht gegenüber den Baye­rinnen und Bayern oder die Debatten um das Gendern. Haben wir denn keine anderen Pro­bleme in Deutschland? Für Bayern steht fest: Mit uns wird es kein ver­pflich­tendes Gendern geben. Im Gegenteil: Wir werden das Gendern in Schulen und Ver­wal­tungen sogar untersagen.“

Inter­essant sind die sprach­lichen Draht­seilakte zum Thema „Migration“ (Seite 28):

„Wir sind ein Land der Huma­nität. Des­wegen haben wir mehr Men­schen aus der Ukraine auf­ge­nommen als Frank­reich. Wir leisten so erfolg­reiche Inte­gra­ti­ons­arbeit wie kaum ein anderes Land. Obwohl Bayern mit die höchste Zuwan­derung aller Bun­des­länder hat, haben wir die nied­rigste Arbeits­lo­sen­quote und die nied­rigste Kriminalitätsrate.

Aber auch unsere Inte­gra­ti­ons­fä­higkeit hat ihre Grenze erreicht. Unsere Kom­munen sind mitt­ler­weile restlos über­fordert. Das ist inzwi­schen nicht nur ein orga­ni­sa­to­ri­sches Problem, sondern auch eine Her­aus­for­derung für die Sta­bi­lität unserer Demokratie.

Deshalb ist unsere klare Bot­schaft und unsere For­derung an den Bund: Wir brauchen dringend in Deutschland und in Europa eine grund­le­gende Wende in der Migrationspolitik.

Dazu gehören eine fest­ste­hende Inte­gra­ti­ons­grenze von maximal 200.000 Men­schen pro Jahr und ein Konzept, um dies auch umzu­setzen – nicht irgendwann, sondern jetzt. An erster Stelle steht der Schutz der deut­schen Grenzen. Die Baye­rische Grenz­po­lizei spielt dabei eine zen­trale Rolle. Ihre Wie­der­ein­führung vor fünf Jahren war, trotz hef­tiger Pro­teste und der Klage der GRÜNEN, richtig und gewinn­bringend. 90.000 Fahn­dungs­treffer seit 2018 belegen dies ein­drucksvoll. Hätten wir damals auf die GRÜNEN gehört, hätten wir die Sicherheit in Bayern gefährdet. Sie haben sich damals – wie so oft – geirrt.“

Es ist wirklich inter­essant, diese Kapitel auf­merksam zu lesen.

Auf der vor­letzten Seite (30) wieder ein Bild, das einem Louis-Trenker-Film ent­nommen sein könnte: Ein ganzer Haufen stäm­miger Manns­kerle in Krach­len­dernen, Hosen­trägern Wadl­wärmern und Gamsbart am Hut stellen vor Gebirgs­ku­lisse auf dem Dorf­platz vor der Kirche den tra­di­tio­nellen Maibaum auf.

Trotz Quan­ten­com­puter, KI und Migration, Bayern bleibt eine heile Welt, soll uns das Bild sagen. Wer’s glaubt.