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Aus der Dun­kelheit ans Licht: Die Wahrheit über das digitale Zentralbankgeld

I.

Der US-ame­ri­ka­nische Phi­losoph und Aus­nah­me­ge­lehrte David Gordon (* 1948), Schüler von Murray N. Rothbard (1926–1995), hat Anfang dieses Jahres eine Rezension meines Buches “The Global Cur­rency Plot” (in Deutsch: “Mit Geld Zur Welt­herr­schaft”) geschrieben. Über­mittelt hat er sie mit den Worten: “The Government Seeks Tota­li­tarian Money”, also: “Der Staat begehrt tota­li­täres Geld”.

David Gordon hat damit in nur fünf Worten treffend all das auf den Punkt gebracht, was ich in zahl­reichen Kapiteln dar­gelegt habe: Der Staat (wie wir ihn heute kennen) macht unser Geld tota­litär.

von Thorsten Polleit

Mir ist durch die Über­schrift, die David Gordon für seine Rezension gewählt hat, wieder allzu bewusst geworden, dass die Geld­ge­schichte der jün­geren Ver­gan­genheit – und ich habe hier die Zeit spä­testens seit Anfang des 18. Jahr­hun­derts vor Augen – im Kern nichts anderes ist als eine Geschichte, in der der Staat die totale Hoheit über das Geld zu erlangen ver­suchte; und dass die Ausgabe von digi­talem Zen­tral­bankgeld gewis­ser­maßen die End­stufe ist, mit der die totale Hoheit, die der Staat über das Geld anstrebt, Wirk­lichkeit werden soll.

Sie halten das für über­zogen, über­trieben, alar­mis­tisch? Nun, dann lassen sie uns doch einmal die Vor­ge­schichte des heu­tigen Geldes, des heu­tigen Fiat­geldes, kurz Revue pas­sieren – und zwar so wie es Murray N. Rothbard in seinem Buch “What Has Government Done To Our Money” (“Was die Regierung unserem Geld angetan hat”) aus dem Jahr 1963 rekon­struiert hat.

II.

Es war Carl Menger (1840–1921), der eine Erklärung vor­gelegt hat, nach der das Geld spontan im freien Markt und aus einem Sachgut ent­standen ist. Ludwig von Mises (1881 – 1973) gab 1912 Mengers Geld­ent­ste­hungs­theorie mit seinem Regres­si­ons­theorem eine logische und damit uner­schüt­ter­liche Begründung.

Daher wissen wir, dass jemand, der seine Mit­men­schen beherr­schen will, der also Zwang- und Gewalt ausüben will und der dazu die Hoheit über das Geld der Men­schen erlangen will, anfänglich Sachgeld vorfindet.

Warum aber will jemand die Hoheit über das Geld? Ganz einfach: Wer das Geld erzeugt, der kann sich bekanntlich (fast) alles kaufen, was er haben will.

Durch die Ausgabe von neuem Geld kann man sich viel ein­facher berei­chern, als wenn man offen Steuern erhebt – also den Men­schen sprich­wörtlich etwas aus den Händen reißt.

Wer Macht und Herr­schaft über andere ausüben will, der will daher auch, ja der braucht geradezu die Hoheit über das Geld.

Doch wie wird man Herr über das Geld? In einem ersten Schritt mono­po­li­siert der Herr­scher (bezie­hungs­weise der es werden will) die Münzstätte(n): Er setzt mit Zwang und Gewalt durch, dass fortan nur noch in seiner Münz­stätte Geld aus Edel­metall aus­ge­prägt werden darf.

Sodann sorgt der Herr­scher dafür, in einem zweiten Schritt, dass das Geld sein Kon­terfei und/oder seinen Namen trägt, und vor allem, dass der Name des Geldes vom unter­lie­genden Metall­namen abge­trennt wird (aus Gold­unzen oder Gold­gramm werden bei­spiels­weise Taler oder Mark).

Als Herr über die Münze kann der Herr­scher jetzt den Edel­me­tall­gehalt der Münzen her­ab­setzen, während ihr Nomi­nalwert unver­ändert bleibt. Durch diese Münz­ver­schlech­terung kann der Herr­scher mehr Münzen aus einem gege­benen Edel­me­tall­be­stand erzeugen und sich bereichern.

Doch die Geld­men­gen­ver­mehrung durch Münz­ver­schlech­terung stößt rasch an seine Grenzen: Die Men­schen bemerken, dass die Münzen immer leichter werden, sie ent­decken den Schwindel, und die Münzen ver­lieren ihren Marktwert.

Der Herr­scher wird dar­aufhin nach neuen Wegen suchen, auf denen er sich mittels des Geldes berei­chern kann.

In einem quasi Zwi­schen­schritt rea­li­siert der Herr­scher, dass die Banken für ihn von großem Nutzen sind. Sie können ihm nämlich Kredite gewähren, also ihm das Geld, das die Kunden bei den Banken ein­lagern, auf Zeit zur Ver­fügung stellen.

Die Banken leihen dem Herr­scher nur zu gern Geld gegen einen Zins. Sie erkennen zudem rasch, dass es für sie und den stets kre­dit­hung­ri­geren Herr­scher lohnend ist, wenn sie mit einer Teil­re­serve ope­rieren dürfen: Wenn ihnen also erlaubt wird, per Kredit neues Geld in Umlauf bringen.

Auf diese Weise lässt sich die Geld­menge in der Volks­wirt­schaft aus­weiten, also eine Infla­ti­ons­po­litik betreiben, durch die die Herr­scher und die Banken sich prächtig auf Kosten der All­ge­meinheit berei­chern können.

Das Problem: Der Schwindel kann nur allzu leicht auf­fliegen. Wenn nämlich plötzlich besonders viele Bank­noten im Umlauf sind, werden die Men­schen stutzig. Einige von ihnen wollen dann ihre Bank­noten in Gold und Silber bei den Banken eintauschen.

Die Banken haben nun ein Problem: Denn sie haben mehr Bank­noten aus­ge­geben als sie Gold in ihren Tre­soren lagern. Anders gesagt: Sie werden zah­lungs­un­fähig, die von ihnen aus­ge­ge­benen Bank­noten werden wertlos, die Wirt­schaft kol­la­biert, das Volk wird wütend, dem Herr­scher droht Chaos.

Herr­scher und Banken kommen schnell überein – und das ist der dritte Schritt: In einer der­ar­tigen “Notlage” dürfen die Banken die Ein­lös­barkeit der von ihnen aus­ge­ge­benen Bank­noten in Gold “zeit­weise” aussetzen.

So lässt sich zwar der “Banken-Sturm” ver­hindern und ver­bergen, dass die Banken zah­lungs­un­fähig sind. Aber der Trick lässt sich nicht dau­erhaft anwenden, die Men­schen durch­schauen ihn früher oder später.

In einem vierten Schritt wird die ganze Sache besiegelt: Der Herr­scher erklärt, von nun an sind die von den Banken aus­ge­ge­benen Papier­zettel sowie auch die Bank­ein­lagen nicht mehr ein­tauschbar in Gold.

Die Bank­noten und Bank­gut­haben können natürlich weiter als Geld ver­wendet werden, aber ihre Bindung an das Gold ist ein für alle Mal gekappt.

Durch diesen vierten Schritt wird das Geld, das ehemals gedecktes Geld war, zu unge­decktem Geld, zu Fiatgeld.

Genau das geschah am 15. August 1971: US-Prä­sident Richard Nixon teilte der Welt­öf­fent­lichkeit in einer Fern­seh­an­sprache mit, dass der US-Dollar nun “vor­über­gehend” nicht mehr in phy­si­sches Gold bei der US-Zen­tralbank ein­tauschbar sei.

Durch diesen uni­la­te­ralen Akt wurde der US-Dollar zum Fiatgeld und mit ihm alle anderen nam­haften Wäh­rungen. Die US-Admi­nis­tration hat der Welt so einen Fiatgeld-Standard beschert.

Der Staat bezie­hungs­weise die Son­der­in­ter­es­sen­gruppen, die sich seiner bedienen, können die Geld­menge quasi jederzeit in nahezu jeder belie­bigen Menge ver­mehren – und sich sprich­wörtlich alles kaufen und, wenn sie es nicht allzu wild mit der Inflation treiben, die breite Bevöl­kerung geschickt “aus­plündern”.

III.

Doch damit nicht genug. Der Hoheits- und Kon­troll­an­spruch des Staates über das Geld ist absolut. Und so ist es nicht ver­wun­derlich, dass dem Staat das Bargeld in Form von Bank­noten ein Dorn im Auge ist.

Die Bank­noten (Münzen sind zah­lungs­tech­nisch bei weitem nicht so bedeutsam), die sich in den Händen der Men­schen befinden, sind das Resultat des Ein­tau­schens von Bank­gut­haben (Giro­gut­haben) in Bargeld.

Man kann sich ja sein Bank­gut­haben auf Wunsch bar aus­zahlen lassen (vor­zugs­weise am Bank­schalter oder am Bar­geld­au­to­maten oder mitt­ler­weile auch an so mancher Supermarktkasse).

Das Bargeld hat für die meisten Men­schen einen beson­deren Nutzen: Es ist einfach, man bleibt mit seinen Zah­lungen anonym, man kann das Bargeld ban­ken­un­ab­hängig ein­setzen, Kaufen und Ver­kaufen mit Bargeld kostet keine Gebühren, und wer Bargeld hält, der ist zah­lungs­fähig, auch wenn die Banken ihre Schalter schließen, der Strom aus­fällt, das Internet gesperrt wird.

Doch das Bargeld hat mächtige Gegner. Bei­spiels­weise Anbieter elek­tro­ni­scher Zah­lungs­dienste (Banken und Kre­dit­kar­ten­firmen aber auch Big-Tech-Unter­nehmen). Diese Firmen wün­schen, dass immer mehr Zah­lungen elek­tro­nisch und nicht mehr bar abge­wi­ckelt werden – denn das erhöht ihre Gewinne. Sie machen sich folglich daran, die Men­schen zu belehren, warum Bargeld keine gute Sache ist.

Vor allem aber der Staat mag das Bargeld nicht. Denn es gewährt, wie bereits gesagt, Bürgern und Firmen anonyme Zah­lungen, die er nicht so ohne wei­teres besteuern kann. Bargeld erlaubt also den Men­schen, sich den Fängen des Staates wirksam zu entziehen.

Der Staat zieht bereits seit geraumer Zeit zu Felde gegen das Bargeld: Große Bank­noten werden ein­ge­zogen, große Beträge (etwa für Auto- und Hauskauf) dürfen nicht mehr in bar beglichen werden, auch darf man keine großen Beträge bei Reisen über die Grenze bei sich führen (bezie­hungs­weise muss sie vorher anzeigen).

Vor allem wird die Bar­geld­ver­wendung geradezu geächtet: Es wird gesagt, mit Bargeld werden Ter­ro­rismus und Drogen finan­ziert, auf Bargeld lauern gesund­heits­schäd­liche Viren und anderes mehr.

Ohne Bargeld müssen alle Geld­trans­ak­tionen elek­tro­nisch abge­wi­ckelt werden, Bürger und Firmen werden voll­kommen gläsern.

Zudem können die Men­schen ihr Geld nicht mehr aus dem Ban­ken­sektor abziehen, es ist dann dort quasi gefangen – und kann bei­spiels­weise mit einem Nega­tivzins ent­wertet (bezie­hungs­weise an Banken und den Staat über­tragen) werden.

Dass alles noch schlimmer werden kann für Bürger und Firmen, zeigt die Idee des digi­talen Zentralbankgeldes.

IV.

Was ist digi­tales Zen­tral­bankgeld? Nun, Zen­tral­bankgeld ist Geld, das die Zen­tralbank erzeugt. Es hat die Form von Bank­noten und Gut­haben, die vor allem Banken bei der Zen­tralbank unter­halten. Zudem zählen zum Zen­tral­bankgeld auch die Münzen, die übli­cher­weise vom jewei­ligen Finanz­mi­nis­terium geprägt werden.

Digi­tales Zen­tral­bankgeld ist Zen­tral­bankgeld, das die Geld­ver­wender (Kon­su­menten und Pro­du­zenten) auf einer elek­tro­ni­schen Börse (“Wallet”) auf­ge­bucht bekommen oder als Gut­haben bei der Zen­tralbank unterhalten.

Zu unter­scheiden ist digi­tales Zen­tral­bankgeld für Kon­su­menten und Pro­du­zenten (“Retail CBDC”) und für Banken (“Who­lesale CBDC”). Die Haupt­pro­ble­matik, die uns im Wei­teren beschäftigt, liegt bei den Retail CBDC.

Wie gelangen du und ich an digi­tales Zen­tral­bankgeld? Ganz einfach indem ich mein Bargeld (zum Kurs von 1:1) gegen digi­tales Zen­tral­bankgeld ein­tau­schen, und/oder indem ich meine Gut­haben, die ich bei der Geschäftsbank halte, in digi­tales Zen­tral­bankgeld wechsele.

Sie fragen sich: Und was soll das Besondere an digi­talem Zen­tral­bankgeld sein? Zu Recht: Denn digi­tales Zen­tral­bankgeld ist schließlich pri­mi­tives Fiatgeld, genauso wie Bargeld und Geschäfts­ban­kengeld pri­mi­tives Fiatgeld darstellen.

Man hat geschickt das Wort “digital” dem Wort “Zen­tral­bankgeld” vor­an­ge­stellt, denn “digital” steht für “modern”, “pro­gressiv”, “zukunfts­ori­en­tiert”, für etwas “Erfolg­ver­spre­chendes”. Ein Etikettenschwindel!

Digi­tales Zen­tral­bankgeld ist um keinen Deut besser als das Fiatgeld, über das die Men­schen schon heute ver­fügen (müssen). Dem digi­talen Zen­tral­bankgeld haften alle Pro­bleme an, die dem heute vor­herr­schenden Fiatgeld auch anhaften: Es ist infla­tionär, berei­chert die einen auf Kosten der anderen, sorgt für Boom-und-Bust-Zyklen, treibt die Ver­schuldung in die Höhe und so weiter und so fort.

Warum sollten die Men­schen digi­tales Zen­tral­bankgeld frei­willig ver­wenden? Mög­li­cher­weise ist es besonders einfach und kos­ten­günstig zu ver­wenden. Möglich. Man weiß es aber noch nicht.

Eine Eigenheit des digi­talen Zen­tral­bank­geldes könnte viel­leicht besonders ver­lo­ckend für die Geld­ver­wender sein: Geschäfts­banken können Pleite gehen, die Zen­tralbank kann nicht Pleite gehen. Geschäfts­ban­kengeld kann im Kon­kursfall einer Bank ver­loren gehen, digi­tales Zen­tral­bankgeld nicht.

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V.

Doch bohren wir etwas tiefer und fragen: Was steckt eigentlich hinter der Idee, digi­tales Zen­tral­bankgeld auszugeben?

Als erstes kann man sagen: Kein Wähler, keine Partei, kein Par­lament hat bisher fle­hentlich die Zen­tralbank auf­ge­fordert, digi­tales Zen­tral­bankgeld auszugeben.

Die Idee scheint vielmehr aus den Zen­tral­banken selbst zu stammen, bezie­hungs­weise sie wird von ihnen maß­geblich (mit-)getragen.

Ein Argument, das die Zen­tral­banen vor­bringen, lautet: In Zeiten der pri­vaten Kryp­to­wäh­rungen muss die Zen­tralbank ein attrak­tives Kon­kur­renz­produkt haben, damit sie nicht ihre Mono­pol­hoheit über das Geld ver­liert. Aha! Der Mono­polist will also ver­hindern, dass sein Monopol fällt.

Aller­dings ist mehr als fraglich, ob dieses Argument wirklich greift. Denn die Anhänger der Kryp­to­wäh­rungen wollen ja gerade raus aus dem Fiat­geld­system, gleich­gültig, ob das Fiatgeld nun in Form von Münzen, Gut­haben oder digi­talem Zen­tral­bankgeld ange­boten wird.

Wei­terhin gibt es das Argument, viele Firmen würden im Zuge der Digi­ta­li­sierung ihrer Geschäfte digi­tales, pro­gram­mier­bares Geld benö­tigen. Das Stichwort ist hier “Smart Con­tracts”. Bei­spiele dafür sind “Machine-to-machine”-Zahlungen, “Pay-per-use”, Zah­lungen oder für “Delivery versus Payment” (also für Wer­te­aus­tausch im Rahmen der Vertragsabwicklung).

Aller­dings ließen sich der­artige Zah­lungs­an­for­de­rungen auch mit toke­ni­siertem Geschäfts­ban­kengeld abwi­ckeln. So gesehen ist also auch das kein über­zeu­gendes Argument, warum man digi­tales Zen­tral­bankgeld unbe­dingt bräuchte.

Um es an dieser Stelle abzu­kürzen: Die Idee, digi­tales Zen­tral­bankgeld aus­zu­geben, ent­stammt meiner Meinung vielmehr aus der „Hexen­küche“ des “Great Reset”.

Wie sie wissen, pro­gnos­ti­zieren und befür­worten die “Great-Reseter”, dass im Grunde alle Trans­ak­tionen des täg­lichen Lebens digital abge­bildet werden, bis hin zum „Internet of Bodies“, zur Abspei­cherung der Gehirn­tä­tigkeit eines jeden im Internet.

Und um wirklich alles im Internet statt­finden zu lassen, gehört es natürlich auch dazu, die Geld­trans­ak­tionen den digi­talen Erfor­der­nissen und Mög­lich­keiten anzu­passen. Ins­be­sondere ein pro­gram­mier­bares Geld ist für die Great-Reseter von großem Interesse – im Sinne von Kon­trolle und Lenkung.

Dass man dazu digi­tales Zen­tral­bankgeld pro­pa­giert (und nicht toke­ni­siertes Geschäfts­ban­kengeld), hat den Grund, dass mit digi­talem Zen­tral­bankgeld gewaltige Macht­mög­lich­keiten für die Zen­tral­banken und die Son­der­in­ter­es­sen­gruppen, die sie für ihre Zwecke ein­zu­spannen trachten, ver­bunden sind.

Einige Folgen der Ausgabe von digi­talem Zen­tral­bankgeld seien hier kurz genannt:

Die erste Folge (1.) hatte ich bereits genannt und wie­derhole sie daher nur kurz: Digi­tales Zen­tral­bankgeld ver­drängt das Bargeld. Zwar wird gesagt, digi­tales Zen­tral­bankgeld solle ein zusätz­liches Zah­lungs­mittel sein. Aber darauf kann und darf man sich bei einer umsich­tigen Fol­ge­ab­schätzung nicht ver­lassen. Vielmehr ist zu erwarten, dass Kon­su­menten und Pro­du­zenten ihre finan­zielle Pri­vat­sphäre vollends ver­lieren, gläsern werden.

Denn: Wie ich ein­leitend dar­gelegt habe, wird ein staat­liches Geld­mo­nopol früher oder später zu einem totalen staat­lichen Geld­mo­nopol, das alle ver­blie­benen Frei­heits­grade schleift.

(2.) Hat sich das digitale Zen­tral­bankgeld erst einmal hin­rei­chend weit ver­breitet, kann die Zen­tralbank die Geld­menge in der Volks­wirt­schaft sprich­wörtlich per Knopf­druck erhöhen. Die Miss­brauchs­mög­lichkeit der Infla­tio­nierung, die Staaten und ihren Zen­tral­banken in die Hände gelegt wird, wird geradezu maximiert.

(3.) Die Zuteilung von digi­talem Zen­tral­bankgeld erfolgt durch das Prinzip Willkür: Die Zen­tralbank ent­scheidet, wer wann wieviel Geld bekommt – und wer nicht. Die einen werden von der Politik begünstigt, die anderen benach­teiligt. Mit digi­talem Zen­tral­bankgeld lässt sich der Umsturz der Ein­kommens- und Ver­mö­gens­ver­hält­nisse ein­facher denn je auf mone­tärem Wege erreichen.

(4.) Digi­tales Zen­tral­bankgeld ist prin­zi­piell pro­gram­mierbar, es lässt sich ver­binden mit einem Social Credit Score à la China. Sys­tem­kon­formes Ver­halten wird belohnt, Kritik am oder gar Wider­stand gegen das System werden bestraft. Bei­spiels­weise werden die Zah­lungs­mög­lich­keiten mit CBDC dann ein­ge­schränkt, wenn eine poli­tisch vor­ge­gebene Höchst­menge Fleisch kon­su­miert wurde, maximale Rei­se­di­stanzen zurück­gelegt oder poli­tisch uner­wünschte Bücher gekauft wurden.

Es fällt nicht schwer, zu erahnen, was pas­sieren wird, wenn CBDC mit einem digi­talen Impfpass und einer digi­talen Iden­tität ver­bunden werden: Es wäre die totale Kon­trolle des Men­schen in einem in der Welt­ge­schichte noch niemals gekannten Ausmaß. Die Welt würde zu einem digi­talen Gefängnis, ver­glichen mit dem George Orwells 1984-Dys­topie wie ein sanfter Früh­lingswind erscheinen würde.

VI.

Denken wir noch etwas weiter – und nehmen an, dass das digitale Zen­tral­bankgeld auch noch das Geschäfts­ban­kengeld ver­drängt: Die Men­schen halten lieber digi­tales Zen­tral­bankgeld als Gut­haben bei her­kömm­lichen Banken.

Die Banken scheiden dann aus dem Zah­lungs­ver­kehrs­ge­schäft aus. Ihnen bleibt das Kre­dit­ge­schäft. Dann können sie aber lediglich vor­han­denes digi­tales Zen­tral­bankgeld vom Sparer zum Kre­dit­nehmer leiten. Sie selbst können durch Kre­dit­vergabe kein neues Geld mehr erzeugen.

Allein die Zen­tralbank, die digi­tales Zen­tral­bankgeld ausgibt, kann die Geld­menge dann noch ver­mehren. Auf welche Weise? Sie kann neues Geld per Kre­dit­auktion in Umlauf bringen, etwa so, wie es derzeit auch geschieht.

Aller­dings ist dann kre­dit­an­ge­bots­seitig jed­wedes pri­vat­wirt­schaft­liche Kalkül aus­ge­schaltet, das bei Mit­wirkung pri­vater Banken zumindest ansatz­weise noch mit­ge­spielt hat bei der Kreditvergabeentscheidung.

Der gesamte Kre­dit­ver­ga­be­prozess und damit auch die Kre­dit­markt­zinsen werden de facto voll­ver­staat­licht. Ein derart (zumindest) semi-sozia­lis­ti­sches Geld- und Kre­dit­system lässt Fehl­ent­schei­dungen, Kor­ruption und Vet­tern­wirt­schaft erwarten – mit nega­tiven Folgen für den Wohl­stand der Menschen.

Oder aber, wie eben­falls bereits ange­deutet, die Zen­tralbank teilt neues Geld zu. Doch wer soll wann wieviel neues Geld bekommen? Jeder so viel er möchte? Die Reichen weniger als die Armen? “Woke” Indus­trien mehr als Nicht-Woke-Indus­trien? Die Ent­scheidung wäre in jedem Falle will­kürlich – und daher lässt sich kein gutes Ergebnis erwarten.

VII.

Denken wir noch einen Schritt weiter – und nehmen an, mehr und mehr nationale Volks­wirt­schaften haben digi­tales Zen­tral­bankgeld erfolg­reich unter das Volk gebracht, den hei­mi­schen Kre­dit­markt de facto ver­staat­licht, die hei­mi­schen Banken zu reinen Kre­dit­ver­mittlern zurück­ge­stutzt und die wenigen ver­blie­benen freien Markt­kräfte ausgeschaltet.

Zah­lungs­über­wei­sungen von einem zum anderen Wäh­rungsraum lassen sich leichter denn je steuern bezie­hungs­weise blocken – pro­gram­mier­bares digi­tales Zen­tral­bankgeld macht’s möglich.

Oder: Ein “Banken-Sturm” tritt nicht mehr ein. Schließlich ope­rieren die Banken nicht mehr mit einer Teil­re­serve, sie leiten in ihrem Kre­dit­ge­schäft nur noch bereits vor­han­denes digi­tales Zen­tral­bankgeld vom Sparer zum Dar­le­hens­nehmer weiter. Und das vor­handene Geld kann auch nicht mehr aus dem Ban­ken­sektor durch Bar­geld­ab­he­bungen ent­nommen werden.

Die Staaten haben es unter diesen Bedin­gungen besonders leicht, die Wech­sel­kurse zwi­schen den ein­zelnen Wäh­rungen fest­zu­setzen und durch­zu­setzen. Und damit lässt sich aus der Vielzahl der ver­blie­benen natio­nalen digi­talen Zen­tral­bank­wäh­rungen eine ein­heit­liche digitale Zen­tral­bank­währung, eine “Welt-Fiat­währung”, aus der Taufe heben.

Als Vorbild für diese Erzeugung einer Welt-Fiat­währung kann die Euro-Zeugung dienen: Erst sta­bi­li­siert man die Wech­sel­kurse der natio­nalen Wäh­rungen zuein­ander. Und nachdem die Wech­sel­kurse eine Zeit lang sta­bi­li­siert gehalten wurden, werden sie irgendwann end­gültig und unwi­der­ruflich fixiert – und die Wäh­rungen werden ein­tauschbar in eine Ein­heits­währung, werden gegen die Ein­heits­währung ein­ge­tauscht. Und fertig ist das globale Einheitsgeld.

VIII.

Wir befinden uns in einer Situation, die sich his­to­risch gesehen seit langem ange­bahnt hat:

Der Staat (wie wir ihn heute kennen) hat das Sach- bzw. Warengeld durch sein eigenes Fiatgeld ersetzt, und jetzt ist er dabei, die volle Hoheit über das Geld zu erlangen: Indem er das Bargeld aus dem Verkehr zieht und digi­tales Zen­tral­bankgeld ausgibt.

Das ist kein Zufall. Der Staat (wie wir ihn heute kennen) kennt keine Grenzen, er wird total – wie Hans-Hermann Hoppe es so treffend for­mu­liert: Selbst ein Mini­mal­staat wird früher oder später ein Maxi­mal­staat.

Und nicht nur das: Staaten geben sich nicht zufrieden, Seite an Seite zu leben. Geschichtlich gesehen haben die Starken stets ver­sucht, die Schwä­cheren zu besiegen, zu unterwerfen.

In der jün­geren Ver­gan­genheit setzen die Staaten aller­dings nicht mehr so sehr auf mili­tä­rische Aggression, um größer und mäch­tiger zu werden, sondern sie wollen vor allem auch einen “ideo­lo­gi­schen Gleich­schritt” her­bei­führen: Denn Staaten mit der gleichen poli­ti­schen Ideo­logie koope­rieren, ver­binden sich im Rahmen supra-natio­naler Insti­tu­tionen, bilden Kar­telle, ver­ein­heit­lichen sich, streben eine gemeinsame Regierung an, und der End­punkt dieser Ent­wicklung ist eine Welt­re­gierung (wie immer diese auch im Detail aus­sehen mag).

Ein Welt-Fiatgeld (in Form einer ver­ein­heit­lichten digi­talen Zen­tral­bank­währung, gekoppelt mit einer digi­talen Iden­tität) und eine Welt­re­gierung wären eine furchtbare Dys­topie, die die Men­schen unter eine Mono­pol­herr­schaft stellt, und der sprich­wörtlich niemand mehr ent­kommen kann.

Wie kann man diese Ent­wicklung auf­halten? Durch Auf­klärung, die Men­schen auf­wecken, sie infor­mieren, und zwar nicht nur über die nega­tiven Folgen des digi­talen Zentralbankgeldes.

Man muss die Men­schen auch über das Wesen des Staates (wie wir ihn heute kennen) auf­klären, ihnen ver­ständlich machen, dass das Abschaffen des Gold­geldes, das Errichten des Fiatgeld-Systems, der Krieg gegen das Bargeld und das Aus­geben von digi­talem Zen­tral­bankgeld keine Zufälle sind.

Dass sie vielmehr Aus­druck des Expan­si­ons­dranges des Staates (wie wir ihn heute kennen) sind, seines inhä­renten Bestrebens, absolut und tota­litär zu werden, alles zu kon­trol­lieren und zu steuern, eine Tyrannei errichten zu wollen.

Das digitale Zen­tral­bankgeld ist lediglich der neuste, bisher viel­leicht der gefähr­lichste Vorstoß des Staates in der Moderne, um all­mächtig zu werden.

Über diese Wahrheit auf­zu­klären, ist unver­zichtbar, wenn Wohl­stand und Freiheit der Men­schen, national und inter­na­tional, bewahrt und befördert werden sollen.

Ich hoffe, ich konnte aus der Dun­kelheit ans Licht befördern, dass eine Volks­wirt­schaft, die den Men­schen Freiheit und Wohl­stand geben will, besser die Finger vom digi­talen Zen­tral­bankgeld lässt; und dass sie auch dem Staat, wie wir ihn heute kennen, ihre naive Freund­schaft und blinde Gefolg­schaft kündigt.

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Dieser Beitrag wurde am 11. November 2023 auf der Geld­kon­ferenz der Atlas Initiative in Köning­stein im Taunaus als Vortrag gehalten.

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Zuerst hier erschienen: misesde.org