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Die Kon­ser­va­tiven schließen sich zusammen — Glo­bales Bündnis der Natio­nal­kon­ser­va­tiven gegen den Liberalismus

Man könnte Budapest eine Art Anti-Davos nennen: Ein Ort, an dem kon­ser­vative Natio­na­listen aus der ganzen Welt zusam­men­kommen, um sich darüber aus­zu­tau­schen, wie sie den inter­na­tio­nalen Libe­ra­lismus besiegen können.
Wie auch immer, die unga­rische Haupt­stadt steht im Mit­tel­punkt einer glo­balen Bewegung zur Neu­ge­staltung der kon­se­va­tiven Politik.
Ein aus­führ­licher Bericht auf dem Eco­nomist zeigt die Details auf.

Viktor Orbán, Ungarns Pre­mier­mi­nister seit 2010, ist einer der Haupt­ver­treter des natio­nalen Kon­ser­va­tismus, der in weiten Teilen der Welt neu auf dem Vor­marsch ist. »Ungarn sagt laut und deutlich einige anti-estab­lishment Dinge über Migration, über die Rolle der Familie, über Geschlecht, über die Rolle der natio­nalen Sou­ve­rä­nität«, sagt Balázs Orbán, der poli­tische Direktor des Pre­mier­mi­nisters (nicht verwandt).

Die unga­rische Regierung hat viel Zeit und Geld darauf ver­wendet, kon­ser­vative Werte zu ver­breiten. Staatlich unter­stützte Institute und Denk­fa­briken haben enge Bezie­hungen zu ame­ri­ka­ni­schen Gruppen gepflegt, die die Politik von Donald Trump fördern. Kon­fe­renzen bringen bedeu­tende Per­sön­lich­keiten des natio­nalen Kon­ser­va­tismus aus der ganzen Welt zusammen. Auf den ersten Blick scheinen diese Treffen etwas erzwungen: Das Haupt­an­liegen von Herrn Orbán, Herrn Trump und Giorgia Meloni, der Minis­ter­prä­si­dentin Ita­liens, ist es offen­sichtlich, gegen »Wokismus«, Ein­wan­derung und inter­na­tionale Insti­tu­tionen zu wettern.

Aber nur weil das Net­working insze­niert ist und nicht orga­nisch, macht es das nicht bedeu­tungslos. Auf der Ebene reiner poli­ti­scher Macht hat sich die Bewegung außer­or­dentlich gut ent­wi­ckelt. Die Repu­bli­ka­nische Partei wurde von Donald Trump und seiner Gruppe von America-First-Anhängern erobert. Überall in Europa sind natio­nal­kon­ser­vative Par­teien auf dem Vormarsch.

Frau Meloni, die die Brüder Ita­liens führt, eine Partei, die von Bewun­derern Mus­so­linis abstammt, kam 2022 in Italien an die Macht. Von den fünf bevöl­ke­rungs­reichsten Ländern der Euro­päi­schen Union (Deutschland, Frank­reich, Italien, Spanien und Polen) haben vier rechts­ge­richtete Par­teien in der Regierung oder liegen bei 20% oder mehr in den Umfragen (Spanien ist die Aus­nahme). Rechts­po­pu­listen, die einst aus Regie­rungs­ko­ali­tionen aus­ge­schlossen waren, wie die Schwe­den­de­mo­kraten und die Fin­nische Partei, sind zu beliebt geworden, um sie zu igno­rieren. Koali­ti­ons­ver­hand­lungen in den Nie­der­landen könnten mög­li­cher­weise Geert Wilders, einen natio­nal­kon­ser­va­tiven Brand­stifter, als Minis­ter­prä­si­denten instal­lieren. Eine weitere, Marine Le Pen, führt in den frühen Umfragen für die nächste Prä­si­dent­schaftswahl in Frank­reich, die 2027 statt­finden wird.

Diese neue Form des Kon­ser­va­tismus mar­kiert gewis­ser­maßen einen Bruch mit der­je­nigen, die in der Ära von Ronald Reagan und Mar­garet Thatcher vor­herrschte. Anstelle von fröh­lichem Opti­mismus und der Vor­stellung von Amerika als einer »leuch­tenden Stadt auf einem Hügel«, wie es Reagan for­mu­lierte, sieht sie den Nie­dergang und »ame­ri­ka­ni­sches Gemetzel«, wie es Trump aus­drückt. Anstelle von mus­ku­lösem Inter­na­tio­na­lismus herrscht ein tiefes Miss­trauen gegenüber fremden Kriegen und mul­ti­la­te­ralen Orga­ni­sa­tionen. Ihre Wirt­schafts­po­litik steht viel mehr im Ein­klang mit klas­si­schem kon­ser­va­tiven Denken: Skep­tisch gegenüber großen Unter­nehmen, bereit, einen großen Wohl­fahrts­staat zu akzep­tieren, besorgt über die Härten der Arbei­ter­klasse und bestrebt, die inlän­dische Industrie und Arbeits­plätze durch Pro­tek­tio­nismus zu erhalten. Die Zeit ist reif.

Befür­worter des natio­nalen Kon­ser­va­tismus argu­men­tieren, dass die Wahlen in diesem Jahr ihn als die domi­nie­rende rechte Ideo­logie des Westens zemen­tieren werden, und zer­streuen damit die Vor­stellung, dass es sich nur um einen Stroh­feuer handelt.

Mehrere Anliegen unter­scheiden den natio­nalen Kon­ser­va­tismus von der »Default-Libe­ra­lismus der Neo­kon­ser­va­tiven und Liber­tären«, sagt Yoram Hazony, ein israe­lisch-ame­ri­ka­ni­scher Orga­ni­sator von Kon­fe­renzen namens NatCon, die die Bewegung weltweit zusam­men­bringen sollen: »Ein­wan­derung, Feind­se­ligkeit gegen das, was wir als Aus­deh­nungs­kriege bezeichnen könnten… und die Frage: Hat der freie Markt das soziale Gefüge des Landes geschädigt?« Außerdem »fühlen sich viele Natio­na­listen wirklich, als ob es eine Art neo-mar­xis­tische Über­nahme der Bil­dungs­ein­rich­tungen und Büro­kratien gibt.«

In seinem Buch The Virtue of Natio­nalism setzt sich Herr Hazony mit grund­le­genden Trak­taten des Libe­ra­lismus von Jean-Jacques Rousseau und John Locke aus­ein­ander, deren »poli­tische Theorie eine Traumwelt, eine uto­pische Vision her­auf­be­schwor, in der die poli­ti­schen Insti­tu­tionen der jüdi­schen und christ­lichen Welt — der Natio­nal­staat, die Gemein­schaft, die Familie und die reli­giöse Tra­dition — keinen Grund zu exis­tieren haben.«

Diese Intel­lek­tu­ellen und gleich­ge­sinnte Poli­tiker knüpfen aktiv Kon­takte. Frühere Teil­nehmer an Herrn Hazonys NatCon-Ver­an­stal­tungen sind Herr Orbán, Frau Meloni und pro­mi­nente Per­sön­lich­keiten aus der neuen ame­ri­ka­ni­schen Rechten, dar­unter Ron DeS­antis, Gou­verneur von Florida, sowie Josh Hawley und J.D. Vance, beide Sena­toren. In Washington wurden eta­blierte kon­ser­vative Denk­fa­briken wie die Heritage Foun­dation im natio­nal­kon­ser­va­tiven Stil umgestaltet.

In Ungarn ist der nationale Kon­ser­va­tismus ein staatlich geführtes Projekt. Im Jahr 2020 spendete das unga­rische Par­lament Aktien im Wert von 1,7 Mil­li­arden US-Dollar von staats­ei­genen Unter­nehmen an das Mathias Cor­vinus Col­legium (MCC), das talen­tierte junge Ungarn zu geringen Kosten, aber mit einer aus­ge­prägten natio­na­lis­ti­schen Neigung aus­bildet. Gemessen am unga­ri­schen BIP war die Spende größer als die kom­bi­nierten Stif­tungen von Harvard, Yale, Stanford und Princeton im Ver­hältnis zur ame­ri­ka­ni­schen Wirtschaft.

Das MCC hat Filialen in Ungarn, Rumänien und der Slo­wakei. Es hat ein Zentrum in Brüssel eröffnet, das für ein Europa von »sou­ve­ränen Staaten« und »starken Grenzen« wirbt. Es ist »gegen den Kul­tur­kampf« und »von Umwelt­schutz befreit«. Es hat auch Außen­stellen in Berlin und Wien eröffnet und plant dies auch in Groß­bri­tannien zu tun.

Die unga­rische Regierung finan­ziert auch kon­ser­vative Denk­fa­briken. Sie leitet Geld an eine Stiftung weiter, die es wie­derum an Denk­fa­briken wie das Centre for Fun­da­mental Rights, den Mit­ver­an­stalter von CPAC Hungary, und das Danube Institute wei­tergibt, das Sti­pendien an aus­län­dische kon­ser­vative Intel­lek­tuelle vergibt. Die gleiche Stiftung finan­ziert zwei eng­lisch­spra­chige Publi­ka­tionen, den European Con­ser­vative und den Hun­garian Con­ser­vative. István Kiss, der Geschäfts­führer des Danube Institute, sagt, dass sein Zweck darin besteht, “eine Art Gürtel zwi­schen unserer Region und dem Ang­los­phere zu sein”. Ihr Vor­sit­zender, John O’Sul­livan, ist ein ehe­ma­liger Reden­schreiber von Mar­garet Thatcher und Her­aus­geber des National Review, einer ame­ri­ka­ni­schen kon­ser­va­tiven Zeitschrift.

Das Net­working hat es natio­nalen Kon­ser­va­tiven ermög­licht, Ideen von­ein­ander zu über­nehmen. Jarosław Kac­zyński, der Anführer von Polens ehe­ma­liger Regie­rungs­partei PiS, impor­tierte Tech­niken der Staats­über­nahme aus Ungarn. In Florida geneh­migte Herr DeS­antis ein Gesetz, das Unter­richt über Homo­se­xua­lität und Gen­der­ideo­logie ver­bietet, Monate nachdem die Regierung Orbán das­selbe getan hatte. Ein wei­teres Gesetz in Florida, das den Unter­richt über Cri­tical Race Theory an Uni­ver­si­täten ver­bietet und die Über­nahme eines als zu liberal gel­tenden Col­leges, spiegelt eben­falls die Politik von Herrn Orbán wider. Menschenrechte

Es gibt auch gemeinsame Poli­tiken in Bezug auf die Familie. Die Phrase »family fri­endly Hungary« prangt in meh­reren Sprachen am Flug­hafen von Budapest. Frauen, die viele Kinder haben, erhalten große Steu­er­ver­güns­ti­gungen, Stu­di­en­schul­den­ver­gebung und erheb­liche Unter­stützung beim Kauf von Häusern. In Polen war eine der belieb­testen Maß­nahmen von PiS eine monat­liche Gewährung von 500 Złoty (125 US-Dollar) pro Kind, die dazu beitrug, die Kin­der­armut erheblich zu redu­zieren. Auch in den USA unter­stützen einige auf der rechten Seite Zah­lungen an arbei­tende Eltern (»workfare«) als Mög­lichkeit, Familien zu helfen, trotz Bedenken gegenüber dem Wohlfahrtsstaat.

Zuerst hier erschienen: freiewelt.net