OLIVER GREYF: »Pädo­phi­len­netz­werke in Deutschland« (1) – Die Anfänge

EIN KOL­LE­GEN­BEITRAG von OLIVER GREYF (inves­ti­ga­tiver Journalist)


Die Gründe, warum sich Pädo­phi­len­netz­werke im klei­neren oder grö­ßeren Umfang bilden, sind vielfältig.

Der Haupt­grund ist natürlich das Aus­leben von pädo­se­xu­ellen Nei­gungen, aber wenn man den Sach­komplex darauf redu­zieren würde, griffe man zu kurz.

Neben dem Genannten ist eine Moti­vation die Vor­stellung eines neuen Gesell­schafts­ent­wurfes, mit dem Leit­motiv der voll­kom­menen per­sön­lichen und damit auch sexu­ellen Ent­faltung.   

Des Wei­teren kommen noch hinzu:

– Gewinn­streben durch Pro­sti­tution, dem Her­stellen von Por­no­graphie und Snuff-Filmen

– Her­stellung von Kom­pro­maten, zwecks Erpressung (ins­be­sondere von Poli­tikern und anderen hoch­ge­stellten Persönlichkeiten)

– Ver­wendung der Kinder für ritu­ellen Miss­brauch bis hin zur Opferung (also Tötung) des Kindes

Der im größten Umfang netz­werk­artige Miss­brauch von Kindern in Deutschland, der öffentlich bekannt wurde, war den Aus­wüchsen und Ent­ar­tungen der in den 1960er Jahren pro­pa­gierten „sexu­ellen Befreiung“ und des „neuen Entwurf(es) der Gesamt­ge­sell­schaft“ innerhalb der sog. „Sexu­ellen Revo­lution“ geschuldet. [1][2]  

Eines der Ziele der 68er-Bewegung war das Erproben von neuen Wegen des mensch­lichen Zusam­men­lebens, sei es durch das Wohnen in Kom­munen, spe­zi­ellen Hap­pe­nings, wie des gemein­samen Dro­gen­konsums oder eben unge­zü­geltes Aus­leben der eigenen sexu­ellen Nei­gungen und Phan­tasien. Dies schloss anfangs keine pädo­se­xu­ellen Hand­lungen ein, jedoch konnten pädophil ver­an­lagte Men­schen den Wind­schatten der „68er“ nutzen, um auf ein Ent­ta­bui­sieren und daraus resul­tierend auch ein Ent­kri­mi­na­li­sieren von pädo­se­xu­ellen Hand­lungen hinzuwirken.

Da dieser Sach­verhalt den Ursumpf, aus dem die meisten Pädo­netz­werke in Deutschland erwuchsen, dar­stellt, werde ich das Haupt­au­genmerk auf sel­bigen richten.

Ende der 1960er Jahre begannen pädophil Ver­an­lagte mit dem oben beschrie­benen Versuch eine gesell­schaft­liche Dis­kussion über Pädo­se­xua­lität anzu­stoßen, mit dem Ziel, dass diese Nei­gungen als „normale“ Sexu­al­prä­ferenz ange­sehen wird.

Auf dem Zug der Schwu­len­be­wegung auf­springend, die die Akzeptanz für Homo­se­xuelle in der breiten Maße deutlich erhöhen konnte, dockte die (west-)deutsche Pädo­philen-Szene an. [3]

Grund­sätz­liche Dis­kus­si­ons­punkte waren die Frage, ob ein „ein­ver­nehm­licher“ Geschlechts­verkehr mit Kindern möglich sei und ob ein sexu­elles Ver­hältnis mit einem Erwach­senen dem Kind schaden würde.

Eine Schlüs­sel­rolle nahmen Anfang der 1970er Jahren die Magazine betrifft:erziehung und Pikbube  [4] ein, Autoren, die die Unschäd­lichkeit, ja geradezu die Zuträg­lichkeit, von sexu­ellen Bezie­hungen zwi­schen Kindern und Erwach­senen pro­pa­gierten, waren u.a. der Psych­iater Eberhard Schorsch [5]  (Direktor der foren­si­schen Psych­iatrie der Uni­ver­si­täts­klinik Hamburg), der Facharzt für Kin­der­psych­iatrie Reinhart Lempp [6]und Helmut Kentler [7], welcher auf­grund eines Miss­brauch-Systems, welches unter seiner Leitung von staat­lichen Ein­rich­tungen geschaffen und über viele Jahre getragen wurde, momentan in den Schlag­zeilen ist. [8][9]

Die Thesen, dass kein Schaden durch pädo­se­xuelle Bezie­hungen beim Opfer fest­zu­stellen sei (solange die Kon­takte „gewaltfrei“ waren), setzte sich teil­weise in der Fachwelt der Psychologie/Psychiatrie durch. [10]

Bezeichnend ist, dass solche Stand­punkte selbst vom Bun­des­kri­mi­nalamt (BKA) unkri­tisch und unre­flek­tiert über­nommen wurden.

So gab es 1983 eine Studie im Auftrag, in der der Psy­chologe Michael C. Baurmann zu dem Schluss kam, dass gewaltlose pädo­se­xuelle Hand­lungen „harmlos“ seien.

Erst im Jahre 2013 nahm das BKA die Studie – auf öffent­lichem Druck hin  – von seiner Inter­net­seite!  [11] Poli­tische Ver­tretung ihrer For­de­rungen nach Abschaffung des Schutz­alters und Ent­kri­mi­na­li­sierung von pädo­se­xu­ellen Hand­lungen fand man bei den Grünen.

Schon kurz nach der Gründung der Grünen bildete sich die Bun­des­ar­beits­ge­mein­schaft Schwule, Päd­erasten und Trans­se­xuelle (BAG SchwuP), welche sich für die „Rechte“ von Pädo­philen ein­setzte. Finan­ziert wurde der Arbeits­kreis ab 1984 von der Bun­des­tags­fraktion der Grünen. Die meiste Zeit seines Bestehens wurde die Arbeits­ge­mein­schaft von dem ein­fluss­reichen Par­tei­funk­tionär Dieter Fritz Ullmann geleitet. Unter­brochen bzw. erschwert wurde Ull­manns Arbeit jedoch von dau­ernden Gefäng­nis­strafen, die er wegen Kin­des­miss­brauch ab 1980 immer wieder antreten musste. An poli­ti­schen Treffen nahm er während seiner Frei­gänge teil. [12]

Das bedeutet, die Grünen haben einen schwer­kri­mi­nellen Sexu­al­straf­täter, dem auch Knast-Auf­ent­halte nicht von wei­teren Taten abhalten konnten, als Funk­tionär auf Bun­des­ebene geduldet, obwohl er eine Vielzahl der Haft­strafen im Zeitraum seines Enga­ge­ments bei den Grünen absitzen musste, und so kaum von der Partei behauptet werden kann, man habe von Ull­amnns Pädo­kri­mi­na­lität nichts gewusst.

Es gab während der gesamten 1980er Jahre immer wieder Reso­lu­tionen, öffent­liche Erklä­rungen und sogar offi­zielle Par­tei­be­schlüsse, die „ein­ver­nehm­liche“ sexuelle Hand­lungen zwi­schen Erwach­senen und Kindern „ent­kri­mi­na­li­sieren“ sollten und die Täter vor „Dis­kri­mi­nierung“ und „Aus­grenzung“ schützen sollten. Selbst der Grünen Europa-Abge­ordnete Daniel Cohn-Bendit sagte, dass pro-pädo­phile Ansichten in der Partei sei­nerzeit keine „Min­der­hei­ten­po­sition“ war. [13] [14]

Erst ab Ende der 1980er Jahre wurden Ver­treter der Pädo­phi­len­be­wegung nach und nach von der erstar­kenden Strömung der Femi­nisten innerhalb der Grünen ver­drängt, so dass deren Posi­tionen immer weniger Ein­fluss auf den inner­par­tei­lichen Diskurs und der Real­po­litik hatten. [15]

Nachdem das Thema lange Zeit wei­test­gehend von der Bild­fläche ver­schwand, wurde es im Jahre 2013 wieder medial präsent.

Grund dafür war die geplante Ver­leihung des Theodor-Heuss-Preises an Daniel Cohn-Bendit.

Äuße­rungen, die Cohn-Bendit in den 1970ern und Anfang der 1980er Jahre getätigt hatte, wurden, nachdem der Prä­sident des Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richts, Andreas Voß­kuhle, auf­grund sel­biger das Abhalten der Lau­datio ver­wei­gerte [16], in der breiten Öffent­lichkeit diskutiert.

Es ging erstens um Cohn-Bendits teils auto­bio­gra­phi­sches Buch „Der große Basar“ aus dem Jahre 1975 und Äuße­rungen, die er 1982 in einer fran­zö­si­schen Fern­seh­sendung tätigte:

„Mein stän­diger Flirt mit allen Kindern nahm bald ero­tische Züge an. Ich konnte richtig fühlen, wie die kleinen Mädchen von fünf Jahren schon gelernt hatten, mich anzumachen.“

„Es ist mir mehrmals pas­siert, dass einige Kinder meinen Hosenlatz geöffnet und ange­fangen haben, mich zu strei­cheln. Ich habe je nach den Umständen unter­schiedlich reagiert, aber ihr Wunsch stellte mich vor Pro­bleme. Ich habe sie gefragt: ‚Warum spielt ihr nicht unter­ein­ander, warum habt ihr mich aus­ge­wählt und nicht andere Kinder?‘ Aber wenn sie darauf bestanden, habe ich sie dennoch gestrei­chelt.“  [17]

Cohn-Bendit ver­tei­digte sich, indem er das Buch als auch die Äußerung in der Talkshow schlichtweg als „Pro­vo­kation“ und „Manifest gegen die bür­ger­liche Gesell­schaft“ bezeichnete.

[18] Die Dis­kussion um Cohn-Bendits Äuße­rungen hielt eine Zeit an, schlief jedoch im Laufe der nächsten Monate vollends ein.

Die Ent­wicklung des gesamt­ge­sell­schaft­lichen Dis­kurses zu dem Thema Pädo­se­xua­lität als auch die Causa Cohn-Bendit wurden hier m.E. aus­rei­chend umrissen, um einen ersten Über­blick zu gewinnen.

Im zweiten Teil beleuchten wir den Miss­brauchs-Komplex in der Odenwaldschule.

 

Der Beitrag erschien zuerst bei guidograndt.de


Ver­wendete Quellen:

[1] https://de.wikipedia.org/wiki/Sexuelle_Revolution

[2] https://de.wikipedia.org/wiki/Pädophilie-Debatte_(1970er_und_1980er_Jahre)#Sexualwissenschaft,_Psychiatrie_und_Kriminologie

[3] https://de.wikipedia.org/wiki/Pädophilenbewegung

[4] https://de.wikipedia.org/wiki/Pikbube

[5] https://de.wikipedia.org/wiki/Eberhard_Schorsch

[6] https://de.wikipedia.org/wiki/Reinhart_Lempp

[7] https://de.wikipedia.org/wiki/Helmut_Kentler

[8]  https://www.dw.com/de/missbrauchs-fall-kentler-das-dunkle-erbe-der-sexuellen-befreiung/a‑53829027

[9] https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/debatten/der-kentler-fall-kindesmissbrauch-in-staatlicher-verantwortung-16817974.html

10] https://de.wikipedia.org/wiki/Pädophilie-Debatte_(1970er_und_1980er_Jahre)#Sexual-_und_andere_Humanwissenschaften

[11] https://de.wikipedia.org/wiki/Pädophilie-Debatte_(1970er_und_1980er_Jahre)#Bundeskriminalamt

[12] https://www.faz.net/aktuell/politik/inland/dieter-fritz-ullmann-der-paedokriminelle-cheflobbyist-12595644.html

[13] https://www.merkur.de/politik/spiegel-bericht-zeigt-stark-unterwanderten-paedophile-gruenen-zr-2903171.html

[14] https://de.wikipedia.org/wiki/Pädophilie-Debatte_(Bündnis_90/Die_Grünen)

[15] https://www.tagesspiegel.de/politik/parteigeschichte-gruene-liessen-paedophile-lange-gewaehren/8629674.html

[16] https://www.sueddeutsche.de/politik/theodor-heuss-preis-vosskuhle-sagt-festrede-fuer-cohn-bendit-ab‑1.1624584

[17] https://www.heise.de/tp/features/Das-Monster-Cohn-Bendit-und-die-Kinder-Alles-ein-grosses-Missverstaendnis-3398960.html

[18] https://www.spiegel.de/spiegel/print/d‑94865575.html