Ärz­te­mangel in Deutschland: Aus­län­dische Ärzte ein Risiko wg. Sprach­pro­blemen und Fehldiagnosen

Die Unter­be­setzung im Medi­zin­be­reich wird immer pre­kärer. Arzt­praxen müssen oft Über­stunden machen und die Öff­nungs­zeiten deutlich ver­längern. Viele Ärzte arbeiten über das Ren­ten­alter weiter, nicht weil sie das unbe­dingt wollen, sondern weil sonst die medi­zi­nische Ver­sorgung zusam­men­bricht. Nicht viel anders geht es Pfle­ge­per­sonal und Kran­ken­schwestern. Derweil ver­sucht der Staat diese Lücken durch das Anwerben aus­län­di­scher Kräfte zu füllen. Doch immer mehr erweist sich das als riskant und konfliktträchtig. 

„Zahl der der Ärzte aus dem Ausland so hoch wie nie“ …

… meldete schon im März dieses Jahres die Tages­schau. Die Anzahl der nicht­deut­schen Ärzte habe sich im Ver­gleich zu 2013 schon ver­doppelt. Die Zahl der aus­län­di­schen Ärzte in Deutschland sei auf einem Allzeit-Höchst­stand. Ende 2023 waren es 63.763 Medi­ziner ohne deut­schen Pass, 2013 waren es noch rund 30,000, 1993 waren es nur 10.000 berich­teten die Zei­tungen der Funke Medi­en­gruppe. Das Zah­lenwerk stammt aus der Sta­tistik der Bundesärztekammer.

Die häu­figsten Her­kunfts­länder sind Syrien und Rumänien. Dann folgen andere EU-Länder und der Nahe Osten. Die Rang­liste: Syrien (6.120), Rumänien (4.668), Öster­reich (2.993), Grie­chenland (2.943), Russland (2.941) und die Türkei (2.628).

Die Pro­bleme und Bedenken wachsen mit dem Anteil der nicht-deut­schen Ärzte

Gelöst sind die Pro­bleme der Gesund­heits­ver­sorgung damit aber nicht. Es ist immer noch keine aus­rei­chende Abde­ckung zustande gekommen, aber die Pro­bleme liegen nicht nur da. Es sind die schlechten Deutsch­kennt­nisse der Arzt­kol­legen, die das System erheblich schwächen. Es kommt zu geradezu lebens­ge­fähr­lichen Miss­ver­ständ­nissen: Da klagt der Patient über Schmerzen in der Brust, der Arzt ver­wechselt Brust mit Bauch, unter­sucht den Bauch und über­sieht den Herzinfarkt.

Die „WELT“ berichtete am Dienstag, den 22.10. von de Zuständen in den Krankenhäusern:

Wegen des Fach­kräf­te­mangels setzt Deutschland ver­mehrt auf Ärzte aus dem Ausland. Poli­tiker finden dafür lobende Worte. Den lei­tenden Arzt eines Kran­ken­hauses ärgert das. Was in der Theorie wun­derbar klinge, bedeute in der Praxis oft man­gelnde Sprach­kennt­nisse und unzu­rei­chende Qualifikation.“

Der Arzt, der die Zeitung hinter vor­ge­hal­tener Hand die Wahrheit über die Zustände in den deut­schen Kli­niken infor­mierte, will nicht genannt werden, was nach­voll­ziehbar ist. Während die Politik stolz ist, so wert­volle Fach­kräfte nach Deutschland geholt zu haben, ver­zweifelt die deutsche Beleg­schaft in den Häusern.

Sprache als Bar­riere und even­tuell töd­liches Risiko für den Patienten

90 Prozent der Assis­tenz­ärzte kommen mitt­ler­weile aus dem Ausland, davon sprechen 75 Prozent kein aus­rei­chendes Deutsch. Sie erreichen nicht das Sprach­niveau C1, was bedeutet, dass man anspruchs­volle, längere Texte ver­stehen und die Bedeutung erfassen kann. Es bedeutet „fort­ge­schrittene Sprach­kennt­nisse“ – was aber noch weit ent­fernt ist von per­fekten Sprach­kennt­nissen oder gar das umfas­sende Ver­ständnis von medi­zi­ni­schen Fachtexten.

Dabei ist das schon eine Ver­bes­serung gegen die Anfor­de­rungen, die wir bis 2013 in der Gesund­heits­branche hatten: „Um als aus­län­di­scher Arzt in Deutschland die Appro­bation oder Berufs­er­laubnis zu erhalten, reichte – neben dem Nachweis der fach­lichen Qua­li­fi­kation – bis Ende 2013 die Vorlage eines GER-B2-Sprach­zer­ti­fikats („gutes Mit­telmaß“) aus. Im ärzt­lichen Alltag genügt das B2-Niveau aber nicht, um sich in allen Belangen mit Pati­enten und Kol­legen ver­stän­digen zu können.“

Diese Sprach­bar­riere erzeugt gra­vie­rende Miss­ver­ständ­nisse „sowohl bei der Kom­mu­ni­kation mit den Pati­enten als auch unter den Ärzten“. Bei Bespre­chungen und Kon­fe­renzen können die aus­län­di­schen Ärz­te­kol­legen gar nicht ver­stehen, was da besprochen wird. Der Whist­le­b­lower aus der Klinik beschreibt diese pein­lichen Momente so, dass dann eine bedrü­ckende Stille im Raum herrscht und man spürt, dass niemand etwas sagen will, die deut­schen Kol­legen schauen ver­legen auf den Boden, weil niemand Kritik äußern möchte, denn die aus­län­di­schen Kol­legen seien seien ja offen­kundig überfordert.

Bis­weilen wolle auch niemand etwas dazu sagen, um nur ja nicht zu ris­kieren, sich poli­tisch in einer bestimmten Richtung zu ver­orten (also aus­län­der­feindlich zu sein), “wenn man die sprach­lichen Defizite anspricht“.

Dabei kann es aber um Leben und Tod des Pati­enten gehen. Doch eher ris­kiere man gefähr­liche Fehl­dia­gnosen als das Problem beim Namen zu nennen.

Patient mit Meta­stasen mit Dia­gnose „Rücken­schmerzen“ heim geschickt

Ein Patient, der in der Klinik schon auf Krebs dia­gnos­ti­ziert war, kam wegen Schmerzen in die Not­auf­nahme. Der aus­län­dische Assis­tenzarzt schätzte den Fall aber völlig falsch ein, weil er den Mann einfach nicht ver­standen hatte. Er schickte den Krebs­kranken mit der Dia­gnose „Rücken­schmerzen“ nach Hause. Dabei war voll­kommen klar, dass die Schmerzen von Meta­stasen stammen mussten. Der Patient kam wenige Wochen später wieder in die Klinik – mit einer inkom­pletten Quer­schnitts­lähmung. Die wochen­lange Ver­zö­gerung hatte seine Pro­gnose massiv verschlechtert.

Das zeigt in erbar­mungs­loser Schärfe, dass eine ange­messene Ver­sorgung gar nicht mehr machbar ist. Man ist in den Kli­niken froh, dass man über­haupt noch Stellen besetzt bekommt. Dass dabei einiges unter die Räder kommt, das muss man dann einfach so hin­nehmen. Dass das so ist, sei bis in obersten Etagen der Kli­niken durchaus bekannt, aber es werde nichts geändert, keine Kon­se­quenzen gezogen, keine Lösungen erar­beitet, um zumindest die Lage zu ver­bessern, resi­gniert der zitierte Klinikarzt.

Die Ober­ärzte baden es aus

Die Ober­ärzte müssen dann in Eigen­in­itiative die Feu­erwehr spielen – neben ihrer nor­malen Arbeit, um die Pro­bleme durch die aus­län­di­schen Assis­tenz­ärzte wieder ein­zu­sammeln. Was wahr­scheinlich auch nicht immer gelingt. Die Welt wagt es in diesem Beitrag, den Arzt, der sich das alles offenbar von der Seele redet, mit den Worten zu zitieren:

„In Deutschland wird man sofort in die rechte Ecke gestellt, wenn man Miss­stände erwähnt, die mit Migration zu tun haben.“

Damit nicht genug, der Whist­le­b­lower recht­fertigt sich noch einmal mehr, dass seine Kritik kei­nes­falls etwas mit der Her­kunft der Ärzte zu tun habe, sondern ganz allein mit der Qua­lität der Aus­bildung und den man­gelnden Sprachkenntnissen.

Es geht einfach weiter und es wird sogar noch mehr und schneller im Ausland rekrutiert

Das Anwerben der aus­län­di­schen Medi­ziner geht immer weiter und die Schlagzahl steigt auch immer weiter. Dazu schreibt die Seite „Doc­check“:

„Die Geschwin­digkeit mit der an- und abge­worben wird, macht offen­sichtlich, dass es sich um den letzten Pfeil im Köcher poli­ti­scher Lösungen handelt – und, dass dieser sitzen muss. Doch selbst der Minister ist davon nicht über­zeugt: Auch ohne den ethi­schen Aspekt, dass man den Nach­bar­ländern das Per­sonal nimmt, pochen Ärzte darauf, dass dies kein Dau­er­zu­stand sein könne – sich im Gegenteil Gefahren ergeben können, wenn die neuen Kol­legen nicht aus­rei­chend inte­griert sind.“

Eine Studie zur Inte­gration der Ärzte im deut­schen Gesund­heits­wesen kommt zu ähn­lichen Ergeb­nissen. Es sei dringend nötig, die „sprach­lichen Her­aus­for­de­rungen“ in den Griff zu kriegen und es gelte, die „Kennt­nisse des Gesund­heits­systems, medi­zi­nische Kom­pe­tenzen, Hier­archie- und Team­in­ter­ak­tionen sowie Aspekte der Dis­kri­mi­nierung auf­zu­ar­beiten. So müsse es laut Stu­di­en­au­toren Qua­li­fi­zie­rungs­pro­gramme geben, die eben jene Punkte bedienen und bereits eng an die Rekru­tie­rungs­pro­gramme des Bundes ange­gliedert sind.“

Das ist zwar wahr und richtig, aber wer soll das umsetzen, was muss man dafür für Struk­turen auf­bauen und aus welchen Mitteln soll das bezahlt werden? Es führt kein Weg an der Erkenntnis vorbei, dass die Struk­turen in Deutschland – nicht nur – im Gesund­heits­wesen ver­rottet sind.

Eine weitere Studie ana­ly­sierte die Inte­gration von Haus­ärzten und auch da brennt es an allen Ecken. Es hapert nicht nur grund­sätzlich an den aktiven Sprach­kennt­nissen der aus­län­di­schen Ärzte. Auch das Ver­stehen von Dia­lekten der Pati­enten oder auch Kol­legen stellt ein Problem dar. Dann sind bestimmte schrift­liche Aus­drücke, die unbe­dingt bekannt sein müssten, ein wei­teres, nicht unge­fähr­liches Hin­dernis. Es gibt des­wei­teren auch noch Schwie­rig­keiten bei der Infor­ma­ti­ons­be­schaffung. Die Kom­mu­ni­kation mit deut­schen Behörden ist kom­pli­ziert. Als Lösungs­an­sätze schlägt man Vor­be­rei­tungs­kurse vor und kon­krete Ansprech­partner vor Ort. Aber auch hier steht die Frage im Raum, woher das Per­sonal nehmen und die finan­zi­ellen Mittel?

Die demo­gra­fische Ent­wicklung schlägt zurück: Über­al­terte Ärzte und kaum Nachwuchs

Deutschland über­altert eben nicht nur unter den Nicht­me­di­zinern, auch die deutsche Ärz­te­schaft wird zu einer aus­ster­benden Dino­sau­ri­erart. Neun Prozent der prak­ti­zie­renden Ärzte sind 65 Jahre alt – oder älter, arbeiten also im Ren­ten­alter. 46 Prozent, also fast die Hälfte, sind bereits 50 bis 65 Jahre alt und wechseln am oberen Rand in die Rente oder arbeiten im Ren­ten­alter weiter.

Das macht sich bereits auf die Ver­sorgung bemerkbar, das zeigt die Menge an geschlos­senen Praxen. Im Jahr 2022 sind schon 7,6 Prozent weniger Arzt­praxen übrig als 2012, 4.800 Haus­arzt­sitze sind nicht mehr besetzt. Ins­gesamt heißt das, dass zirka 15.000 Medi­ziner fehlen. Allein im Fach­gebiet „Kinder- und Jugend­ärzte“ sind Praxen jetzt schon dünn gesät und auch davon werden bis 2025 ein Viertel dieser Ärzte aus dem Berufs­leben ausscheiden.

Gleich­zeitig aber wird den Heil­prak­tikern, Natur­ärzten und Homöo­pathen das Leben schwer gemacht. Trotz unbe­streit­barer Erfolge, die sie mit ihren Pati­enten erzielen, werden sie ständig unter den Ver­dacht der Quack­sal­berei und Schar­la­ta­nerie gestellt. Aber wenn Fehl­dia­gnosen und man­gelnde Qua­li­fi­kation von zuge­wan­derten Ärzten schwere Schäden an den Pati­enten ver­ur­sachen, schweigt man ver­schämt, um nicht als „rechts“ ange­sehen zu werden.