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Die EU und ihr untaug­liches Vorbild USA — Nur die Nation kann uns noch retten!

Es ist längst Gewissheit: Die EU muss sich einem tief­grei­fenden struk­tu­rellen Wandel unter­ziehen. Die Mas­sen­mi­gration, die finanz- und wirt­schafts­po­li­ti­schen Span­nungen zwi­schen Nord und Süd, der gesamt­eu­ro­päische und signi­fi­kante demo­gra­fische Wandel in Richtung Alten­ge­sell­schaft und das Aus­ein­an­der­driften der Staaten (Brexit) erzeugen ein poli­ti­sches Sze­nario, das eine neue Dra­ma­turgie not­wendig macht. Es ist im nächsten Stück Euro­pa­ge­schichte nicht mehr die Frage zu stellen, ob wir mehr oder weniger EU brauchen, denn darauf haben wir schon die Antwort: Wir brauchen eine andere EU. Das ist das Ziel.
Diver­gie­rende Ideen
Die Regie-Vor­schläge der Ver­ant­wort­lichen für den Weg dahin sind aller­dings sehr unter­schiedlich. Sie reichen von der all­ge­gen­wär­tigen EU-Skepsis, in der auch eine Auf­lösung des Staa­ten­bundes für rea­lis­tisch gehalten wird, bis hin zum genauen Gegenteil dieser Variante.  Die polit-roman­tische Ide­al­vor­stellung der “Ver­ei­nigten Staaten von Europa” geistert durch die Köpfe vieler feder­füh­render EU-Poli­tiker. “Nicht weniger Europa brauchen wir, viel mehr Europa brauchen wir!” — So tönt der irre­füh­rende Schlachtruf der kom­pro­misslos Euro­philen. Beide Vari­anten, völlige Auf­lösung und totale Ver­schmelzung, sind die Extrem­formen von welt­an­schaulich bis ideo­lo­gisch unter­legten Argu­men­ta­ti­ons­linien. Und beide haben ihre Anhän­ger­scharen — aber beide sind letztlich falsch.
Untaug­liches Vorbild USA
Die VSE (die “Ver­ei­nigten Staaten von Europa”) nach dem Vorbild der USA können nicht funk­tio­nieren, zu unter­schiedlich sind die diversen euro­päi­schen Kul­tur­räume, die öko­no­mi­schen Ver­hält­nisse und die poli­ti­schen Ziele der ein­zelne Nationen. Aus den VSE müsste dem­zu­folge ein Art auto­ritär gebaute UdSSR 2.0 werden, natürlich ohne kom­mu­nis­tische Herr­schaft, aber im Struk­tu­rellen dem Russland von vor 1989 sehr ähnlich: Ver­schie­denste Völker, unter­schied­liche Kul­turen und Sprachen unter einer diri­gie­renden Regierung — dass das nicht klappt, lehrt uns die Geschichte. Und alle Argu­mente, die in den oft schwüls­tigen Sonn­tags­reden und in den poli­ti­schen Visionen der EU-Ver­eins­meier für die Ver­schmelzung der Nationen mit Verve und großer Gestik gebracht werden, führen — wenn man sie zu Ende denkt — zu einem Kopf­schütteln, weil schon der Haus­ver­stand sagt: Nein, das haut nicht hin. So gesehen ist die Euro­philie eher ein Pfeifen im fins­teren Wald, weil man sich vor der Rea­lität und dem, was die Bürger wirklich wollen, in Brüssel zunehmend fürchtet.
Nein zur Auflösung
Ande­rer­seits ist die Auf­lösung der EU oder der Aus­stieg meh­rerer Staaten aus dem Bund auch nicht die Variante, welche Europa zu einer bes­seren Zukunft ver­helfen wird. Der Zerfall würde am Ende alle schwächen und einen Rück­schritt bedeuten. Aus “tech­ni­scher” und rea­lis­ti­scher Sicht wäre die Stor­nierung aller EU-Ver­träge auch kaum machbar, dafür sind die Staaten einfach schon zu ver­netzt und zu sehr mit­ein­ander verbunden.
Aber was dann?
Die Rettung der EU funk­tio­niert nur über eine Stärkung der Nationen. Wir müssen Europa wie eine Groß­fa­milie mit lauter voll­jäh­rigen Mit­gliedern sehen, die unter­schied­liche Inter­essen, aber eine innere Ver­bindung zuein­ander haben und viele gemeinsame kul­tu­relle Werte teilen. Da geht es nicht an, dass eine zen­trale pater­na­lis­tische Instanz den ein­zelnen Fami­li­en­an­ge­hö­rigen in jedem Lebens­be­reich vorgibt, wie sie zu leben haben. Das muss jeder selber ent­scheiden. Jede Bevor­mundung, jede Reduktion von Kom­pe­tenzen ver­ringert die Optionen von Indi­viduen und bei den ein­zelnen Staaten ist es ganz genauso. Die jeweils eigen­ständige Ent­wicklung der Nationen kann nur von innen heraus geschehen.
Bitte nicht schwurbeln
Alle moder­nis­ti­schen und ver­schwur­belten Visionen eines neuen und völlig ver­einten Europas, das gern auch das Europa der Regionen genannt wird, sind Euphe­mismen: Wenn ich den Regionen Eigen­stän­digkeit zuge­stehe, warum soll ich dann nicht gleich die eigen­stän­digen Nationen fördern? Und wenn man von offenen Grenzen innerhalb Europa spricht — wieso tun sich Linke mit der dann umso wich­tiger wer­denden geschützten Außen­grenze so schwer? Ein Staa­tenbund kann doch nur funk­tio­nieren, wenn er aus starken Partnern besteht, wenn die Abgrenzung dieses Bundes klar erkennbar und gesi­chert ist und wenn nicht jeder Fremde x‑beliebig ein- und aus­mar­schieren kann.
Anders gesagt: Europa kann nur bestehen, wenn es ein Bund aus starken und sub­sidiär agie­renden Nationen wird, der zu Recht den Namen “Europa der Vater­länder” trägt. Und man wird sich in wei­terer Folge auch über­legen müssen, mit Russland, das zu einem Gutteil zumindest geo­gra­phisch in Europa liegt, neue Vari­anten der Zusam­men­arbeit  zu finden.
 

Dr. Marcus Franz — www.thedailyfranz.at