Lammert jammert: Mit Schwarz und Grün wären die Roten braun geworden und die Blauen weg

Herr Ex-Bun­des­tags­prä­sident Norbert Lammert schwebt über den Dingen. Sehr, sehr weit über den Dingen. Wann er zuletzt mit den Füßen auf dem Boden war? Niemand weiß es.
Die AfD gibt es eigentlich ja nur deshalb, findet Herr Lammert, weil die CDU/CSU und die Grünen 2013 keine gemeinsame Regierung gebildet haben. Wären nämlich die Schwarzen und die Grünen mit­ein­ander ins Bett gegangen, dann wären sie beide dun­kelrot geworden, weil sie in der Flücht­lings­frage ja beide ganz weit draußen links stehen. Merkel reißt die Grenzen auf, die Grünen bejubeln das und die SPD … ja, die SPD, die hätte, so mein Lammert, dann ja gar nicht anders gekonnt, als migra­ti­ons­kri­tisch zu sein und Grenz­schlie­ßungen gefordert. Dann hätte es die AfD nämlich nicht gebraucht. Dann wären nämlich die Sozi­al­de­mo­kraten die neuen Nazis gewesen und die Antifa müsste die Sozen ver­prügeln. Das, findet Herr Lammert, wäre doch mal eine „vitale par­la­men­ta­rische Aus­ein­an­der­setzung gewesen“.
Tolle Idee, wirklich, ori­ginell. Vor allem wären dann nicht, wie jetzt im Raum steht, Leute in der SPD auf die Idee gekommen, sich mit der Antifa zusam­men­zutun und gemeinsam die AfD zu ver­prügeln. Obwohl das sicherlich auch recht „vital“ werden kann.
Wie man auf so einen haar­sträu­benden Unsinn kommt?
Herr Lammert hat Sta­tis­tiken gelesen. Und da stand, dass die SPD viele Mit­glieder und Wähler an die AfD ver­loren hat. Herr Lammert war wahr­scheinlich ganz ver­blüfft von diesem Sta­tis­ti­k­ergebnis und hält das jetzt für Herr­schafts­wissen von Insidern. Er denkt, wenn viele Wähler von der SPD zur AfD rüber­gehen, dann hätten die Sozen doch nur ratzfatz ihre poli­tische Haltung ändern müssen und nur schneller da sein müssen, wo die AfD heute ist. So á la Hase und Igel: „Ick bün all hier!“, während die Schwarzen und die Grünen mit­ein­ander wett­eifern, wer roter ist und noch mehr Migranten her­ein­holen kann.
Also, rein sta­tis­tisch gesehen.
Die SPD würde dann die ganzen Demos in Kandel, Chemnitz und Köthen machen, die sozia­lis­tische Jugend auf der Straße skan­dieren „Merkel muss weg“, „Aus­länder raus!“ und die Plakate mit den ermor­deten Opfern der Migration hoch­halten, damit die „Rechten“ nicht zur AfD abwandern, sondern sich bei der SPD zuhause fühlen.
Merkels Migra­ti­ons­po­litik spaltet Deutschland ja auch nur rein sta­tis­tisch. Also, irgendwie nicht wirklich. Denn eigentlich müssen wir Mutti Merkel ja dankbar sein: Ohne die ganzen schmerz­haften, „läs­tigen Neben­wir­kungen“, wie das Ent­stehen der AfD, die Radi­ka­li­sierung der poli­ti­schen Lager, die aus­ufernde Gewalt zwi­schen links und rechts, die Todes­opfer durch kri­mi­nelle Migranten, wäre uns allen ja gar nicht so bewusst geworden, dass wir es hier mit „Mega­themen“ der Zeit zu tun haben. Endlich bekommen wir ein Pro­blem­be­wusstsein dafür. Wurde aber auch Zeit. Herr Lammert gewinnt dem allen einen posi­tiven Aspekt ab: Es sei eine Errun­gen­schaft, mit der schwie­rigen und kom­pli­zierten Rea­lität kon­fron­tiert zu werden.
Genau. Der Mann hat recht. Da faseln alle vom Atom­aus­stieg, aber wir müssen ein deut­sches Fuku­shima ver­an­stalten, damit wir wirklich wissen, von welcher Rea­lität wir hier reden. Wir waren viel zu gemütlich drauf, meint Herr Lammert kri­tisch und haben die Migra­ti­ons­frage schlicht nicht zur Kenntnis genommen. Warum auch? Nachbar Murat Culoglu war ein netter, unkom­pli­zierter Kerl – und über­haupt: Niemand hatte ernsthaft etwas gegen Zuwanderer.
Das konnte und durfte ja nicht so bleiben, dass niemand merkt, wie schwierig und kom­pli­ziert das ist. Da muss schon „Mutti Merkel“ kommen und aus unserem fried­lichen, sicheren Land einen Hexen­kessel machen, damit auch der letzte Heiopei merkt, dass Schluss ist mit Gemüt­lichkeit. Dabei meint es „Mutti Merkel“ nur gut mit uns, und Papa Norbbi erklärt es, damit wir das auch verstehen.
Also, rekap­tu­lieren wir mal: CDU plus Grüne wären links­außen an der Partei „die Linken“ vor­bei­ge­zogen, um die Migration so richtig ans Laufen zu bringen, damit wir endlich merken, wie schlimm das alles ist und die Inte­gration dar­aufhin gelingt. Neben­wir­kungen gibt’s immer. Haken dran, Inte­gration gelöst.
Die SPD müsste dafür als Anlauf­stelle für die „Nazis“ die Posi­tionen der AfD über­nehmen, Sar­razin zum Par­tei­vor­sit­zenden machen, Heinz Busch­kowsky zum Gene­ral­skretär und Gauland zum Par­tei­sprecher, um die ganzen „Rechten“ und „Nazis“ ein­zu­sammeln, weil dann — sta­tis­tisch gesehen — keine frei­lau­fenden „Rechten“ mehr übrig­bleiben für eine AfD. Haken dran, AfD-Problem gelöst.
Stra­ßen­schlachten machen dann die Anti­fanten mit der SPD aus. Und wenn dann allen klar ist, dass die Migration, Alters­armut, Kri­mi­na­lität, Über­schuldung, Kriegs­gefahr und die anderen Mega­themen nun mal schwierig und kom­pli­ziert sind, können wir alle zusammen stolz auf diese Errun­gen­schaften sein. Haken dran, die Aus­ein­an­der­set­zungen sind endlich wieder „vital“ und das nicht nur parlamentarisch.
Ein Leser kom­men­tierte hierzu:
„Es ist gut, dass wir diesen Wirrkopf nicht mehr im Tages­ge­schäft sehen müssen, sondern nur noch eine Stimme aus dem Unter­grund ‘Konrad-Ade­nauer-Stiftung’ ver­nehmen müssen.“
Ein anderer:
„Ent­schul­digung, aber was hat der denn geraucht?“