Claus Kleber vom heute-journal sagte mal sinngemäß, es wäre doch Unsinn zu behaupten, seine Berichterstattung wäre gesteuert, schließlich riefe ihn niemand in der Redaktion an, um ihm zu sagen, was er berichten soll.
Das stimmt sicherlich, aber andererseits wissen er und andere Journalisten sehr genau, was sie berichten sollten, wenn sie den Job auch weiterhin machen wollen. Da braucht es natürlich keinen täglichen Anruf „von oben“.
Aber die „Qualitätsmedien“ bekommen auch reichlich Unterstützung, damit sie berichten, was gewünscht wird. Ich habe schon früher aufgezeigt, dass alleine das Pentagon über 27.000 Mitarbeiter hat, deren einzige Aufgabe es ist, Nachrichten zu produzieren, die dann über Nachrichtenagenturen den Weg in unsere Nachrichten finden. Das ist per Definition Propaganda und Claus Kleber hat kein Problem damit, diese Meldungen aus dem Pentagon als Nachrichten zu verkünden.
Die Medien haben mit rückläufigen Auflagen und fallenden Einnahmen zu kämpfen, was in jeder deutschen Redaktion schon zu Kündigungswellen geführt hat. Wenn aber immer weniger Journalisten in einer Redaktion die gleiche Menge Artikel „produzieren“ sollen, dann geht das zwangsläufig auf Kosten der Recherchen. Dafür ist keine Zeit mehr und das merkt man. Die meisten Artikel in den deutschen Medien sind fast wortgleich, auch die Überschriften. Der Grund ist, dass sie Meldungen von den Nachrichtenagenturen praktisch wortwörtlich übernehmen, wie ich hier aufgezeigt habe.
Im besten Fall wird der Artikel der Nachrichtenagentur ein wenig umformuliert, mehr macht die Redaktion oft nicht mehr. Und wer sich eine Regionalzeitung kauft, der muss wissen, dass die meisten Artikel dort längst aus einer Zentrale kommen, wo die Artikel für alle Regionalzeitungen einer Medienholding geschrieben werden. Vor Ort geschrieben wird bestenfalls noch der Bericht über das Jahrestreffen des örtlichen Schützenvereins.
Es findet also eine Zentralisierung statt, bei der einige Organisationen, wie das Pentagon, „Nachrichten“ produzieren und an die Nachrichtenagenturen weitergeben. Diese wiederum geben sie an die Medien weiter, die wir dann lesen. Recherche findet nicht mehr statt, stattdessen gibt es „copy/paste“.
Wer also kontrollieren will, was die Medien bringen, der muss kontrollieren, was in die Nachrichtenagenturen kommt. Und dafür gibt es eine Reihe von Organisationen, das Pentagon ist nur eine davon. Die Regierung der USA hat noch andere Organisationen, die das gleiche tun, zum Beispiel USAID.
Und natürlich gibt es auch private Produzenten von Nachrichten und da bin ich auf eine interessante Organisation gestoßen, die in Prag sitzt und sich rühmt, dass ihre Artikel in 506 verschiedenen Medien in 157 Ländern und 61 Sprachen publiziert werden. Das ist also eine gewaltige Maschinerie, die die Meinungen von Millionen Menschen weltweit durch ihre Berichte beeinflusst. Der Name dieser Organisation ist „Project Syndicate„.
Ich bin auf diese Organisation durch einen Artikel bei „alles-schallundrauch“ gestoßen. Das ist ein guter Artikel, aber da ich anders arbeite, als die „Journalisten“ unserer „Qualitätsmedien“, habe ich mich selbst daran gemacht, zu recherchieren, wer „Project Syndicate“ eigentlich ist. Und das Ergebnis ist erschreckend.
Nach eigenen Angaben ist das Syndikat eine gemeinnützige Organisation, die den Menschen auf der Welt „Zugang zu Informationen“ geben möchte:
„Project Syndicate produziert und liefert qualitativ hochwertige Kommentare an ein globales Publikum. Mit exklusiven Beiträgen prominenter politischer Führer, Politiker, Wissenschaftler, Wirtschaftsführer und Bürgeraktivisten aus der ganzen Welt bieten wir Nachrichtenmedien und ihren Lesern modernste Analysen und Einblicke, unabhängig von der Zahlungsfähigkeit. Unsere Mitglieder umfassen über 500 Medien – mehr als die Hälfte davon erhalten unsere Kommentare kostenlos oder zu subventionierten Preisen – in 157 Ländern.“
Was so positiv und selbstlos klingt, bedeutet aber nichts anderes, als dass das Syndikat beeinflussen will, was die Menschen diskutieren. Man will die weltweite öffentliche Meinung beeinflussen und verkauft das als „gemeinnützige Arbeit“.
Wie immer ist die entscheidende Frage, wer denn hinter dem Syndikat steht und wer es bezahlt. Wenn man das weiß, dann weiß man auch, wessen Meinung der Weltöffentlichkeit da vermittelt werden soll.
Und schon da wird es schwierig. Das Syndikat veröffentlicht auf seiner Seite keine Jahresberichte, man weiß also nicht, wie viel Geld es von wem bekommt. Und wer es 1995 gegründet hat, ist auch nicht ersichtlich.
Man findet auf der Seite lediglich eine Liste der Partner, die das Syndikat unterstützen. Das sind:
„Open Society Foundations, the Bill & Melinda Gates Foundation, the MasterCard Foundation, the European Climate Foundation, the European Journalism Centre, the Children’s Investment Fund Foundation, the Mohammed bin Rashid Al Maktoum Knowledge Foundation, the Heinrich Böll Stiftung, the Friedrich-Ebert-Stiftung, GAM, the Google Digital News Initiative, McKinsey Global Institute, the Nature Conservancy, and the Sustainable Development Solutions Network.“
Das ist ein Who-Is-Who der weltweiten Stiftungen, die man überall dort findet, wo die öffentliche politische Meinung in Richtung der Transatlantiker und der Nato beeinflusst werden soll. An erster Stelle wird die Open Society Foundation von Soros aufgeführt. Und wenn man bedenkt, dass das Syndikat 1995 gegründet wurde, um – nach eigenen Angaben – den Menschen im ehemaligen Ostblock die westliche „Meinungsfreiheit“ zu bringen, dann deckt sich dieses Ziel sehr stark mit dem, was auch Soros mit seinen Foundations als Ziel verkündet hat. Er hat seine Open Society Foundation 1993, als zwei Jahre vor der Gründung des Syndiakts, eröffnet. Da liegt der Verdacht nahe, dass es einen Zusammenhang zwischen den beiden Organisationen gibt, der ja auch durch die finanzielle Unterstützung von Soros, über die das Syndiakt selbst berichtet, bestätigt wird.
Heute findet man auf Wikipedia noch mehr Angaben darüber, wer das Syndikat unterstützt, allerdings werden keine Quellen genannt. Das deutsche Wikipedia schreibt zum Beispiel, ohne Quellen zu nennen, folgendes:
„Das Syndikat finanziert sich aus den Beiträgen seiner Mitglieder in den Industriestaaten und aus Zuwendungen privater Stiftungen, darunter das Open Society Institute von George Soros. In Deutschland förderte u. a. die Zeit-Stiftung Ebelin und Gerd Bucerius die Arbeit der Organisation.“
Anscheinend war das Syndikat früher transparenter, denn in der Wayback-Machine ist noch eine Seite erhalten, die es heute nicht mehr auf der Seite des Syndikates gibt. Dort ist eine Liste der „Member-Papers“ in Europa zu sehen, also der Zeitungen, die Mitglieder des Syndikates sind, was immer das bedeuten mag. Für Deutschland sind dort unter anderem gelistet: Die Welt, Börsenzeitung, Handelsblatt, Süddeutsche Zeitung und Wirtschaftswoche.
Die finanzielle Ausstattung des Syndiaktes ist übrigens hervorragend. Leider liegen wie gesagt keine Jahresberichte vor, aber auf der Seite der Gates Foundation kann man sehen, wie viel allein Bill Gates dem Syndikat gespendet hat: 2012 waren es 2.007.220 Dollar und 2016 noch mal 1.653.105 Dollar. An Geldmangel leidet das „gemeinnützige“ Syndikat sicher nicht.
Es ist absolut üblich, dass „Experten“ für Artikel, die sie schreiben, auch bezahlt werden. Und die Liste der Autoren des Syndikates umfasst Nobelpreisträger, ehemalige Spitzenpolitiker und so weiter. Also Menschen, die sicher sehr gut bezahlt werden, wenn sie etwas veröffentlichen. Einer, der dort seit 2006 im Durchschnitt etwa einmal pro Monat einen Artikel veröffentlicht, ist zum Beispiel Joschka Fischer.
Und auch George Soros selbst nutzt das Syndiakt, um seine Meinung zu veröffentlichen. Im Februar 2019 zum Beispiel schrieb Soros einen Gastkommentar bei dem Syndikat, der wortwörtlich von vielen Medien veröffentlicht wurde. Andere haben ihn nicht wörtlich zitiert, aber wohlwollend darüber berichtet. Auch ich habe seinerzeit darüber geschrieben, allerdings nicht allzu wohlwollend, weil der Artikel von Soros im Kern absolut anti-demokratisch war. Soros wollte mit seinem Artikel vor der Europawahl die öffentliche Meinung in der EU in seinem Sinne beeinflussen.
Wir sehen also, dass die „transatlantische Lobby“ praktisch unbegrenzte Mittel zur Verfügung hat und damit selbst „Nachrichten“ in ihrem Sinne produziert, die dann über die Nachrichtenagenturen eins zu eins in unsere Medien kommen. Und wenn man all diese „Unterstützer der Meinungsfreiheit“ anschaut, dann sind die Geldgeber am Ende immer die gleichen: Die westlichen Staaten – und hier allein die USA mit Budgets in zweistelligem Milliardenbereich jährlich – und politische Stiftungen, die teilweise wiederum auch von den westlichen Staaten finanziert werden. Was uns als „Nachrichten“ von den „Qualitätsmedien“ präsentiert wird, ist also zumindest zu einem sehr großen Teil nichts anderes als Propaganda für die politischen Ziele der USA, denn praktisch alle diese Finanzströme haben ihren Ursprung dort.
Das bedeutet, dass die Medien, die diese Dinge ungefiltert und oft sogar wörtlich übernehmen, durchaus als „gleichgeschaltet“ bezeichnet werden können. Und daher muss niemand bei Claus Kleber anrufen und ihm vorschreiben, was er zu berichten hat. Er bekommt es ja tagtäglich aus den Nachrichtenagenturen und muss es nur noch vorlesen.
Thomas Röper — www.anti-spiegel.ru
Thomas Röper, Jahrgang 1971, hat als Experte für Osteuropa in verschiedenen Versicherungs- und Finanzdienstleistungsunternehmen in Osteuropa und Russland Vorstands- und Aufsichtsratspositionen bekleidet, bevor er sich entschloss, sich als unabhängiger Unternehmensberater in seiner Wahlheimat St. Petersburg niederzulassen. Er lebt insgesamt über 15 Jahre in Russland und betreibt die Seite www.anti-spiegel.ru. Die Schwerpunkte seiner medienkritischen Arbeit sind das (mediale) Russlandbild in Deutschland, Kritik an der Berichterstattung westlicher Medien im Allgemeinen und die Themen (Geo-)Politik und Wirtschaft.
Thomas Röper ist Autor des Buches „Vladimir Putin: Seht Ihr, was Ihr angerichtet habt?“