Designer-Virus? Studie legt Schluss nahe, neuer Coro­na­virus sei bio­lo­gi­scher Kampfstoff

Manche Bei­träge trägt man einige Zeit mit sich herum, wiegt sie in die eine und die andere Richtung, liest die Infor­ma­tionen, die im Beitrag ver­ar­beitet werden sollen, einmal und noch einmal und noch einmal. Man prüft die Quellen der Bei­träge, prüft die Qua­li­fi­kation der Autoren – soweit man das kann, überlegt, ob es gerecht­fertigt ist, etwas in den Raum zu stellen, was hinter vor­ge­hal­tener Hand viel­leicht von manchen geraunt wird und mit Sicherheit die­je­nigen auf den Plan bringt, die schon “Ver­schwö­rungs­theorie” rufen, noch bevor sie auch nur gedacht haben.

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Und dann muss man sich ent­scheiden, ob man den Beitrag bringt oder ob man ihn nicht bringt.

Wir haben uns ent­schlossen, den Beitrag zu bringen, wegen dem wir Ihnen nun schon einige Sätze lang die Nase lang gemacht haben.

Fangen wir mit den neu­esten Nach­richten zum Coro­na­virus 2019-nCoV an.

11.374 bestä­tigte Infek­tionen, 259 Tote und 252 vom Virus Genesene, 17.988 Ver­dachts­fälle.

Die Geschwin­digkeit, mit der sich 2019-nCoV aus­breitet, ist alar­mierend. In Deutschland gibt es übrigens mitt­ler­weile 7 bestä­tigte Fälle. Das nur am Rande.

9 Autoren hat der Beitrag, bei dem wir uns so lange überlegt haben, ob wir über ihn berichten sollen. Sie arbeiten alle an der Kusuma School of Bio­lo­gical Science am Indian Institute of Tech­nology in New Delhi, Indien. Sie sind Mikro­bio­logen, Bio­logen, Bio­in­for­ma­tiker, Bio­tech­no­logie-Experten, Phy­siker und Mathe­ma­tiker. Wir haben jeden ein­zelnen der Autoren mit für ihn rele­vanten Infor­ma­tionen ver­linkt, damit sich unsere Leser ein eigenes Bild davon machen können, mit welchen hoch­ka­rä­tigen Experten in ihrem Feld sie es hier zu tun haben.

Unsere Rei­hen­folge folgt nicht der Rei­hen­folge der Autoren des Textes. Das hat keine hier­ar­chi­schen, sondern repu­ta­tionale Gründe. Die Autoren, die bei uns oben stehen, haben dann, wenn sie etwas Unaus­ge­go­renes ver­öf­fent­licht haben, am meisten zu verlieren.

Die neun Autoren haben einen Beitrag mit dem Titel: “Uncanny Simi­larity of Unique Inserts in the 2019-nCoV Spike Protein to HIV‑1 gp120 and Gag” ver­öf­fent­licht, der hier her­un­ter­ge­laden werden kann.

Die ent­schei­denden Worte in diesem Beitrag lauten: uncanny, unlikely und not for­tuitous: unheimlich, unwahr­scheinlich und nicht zufällig.

Gegen­stand der Analyse, über die die neun Autoren berichten, ist das neue Coro­na­virus 2019-nCoV, das derzeit in China ende­misch ist. Die Autoren unter­suchen das Virus: Sie kommen zu dem Ergebnis, zu dem auch Zhu et al. (wir haben hier darüber berichtet) gekommen sind, nämlich dass es sich um ein neues Coro­na­virus handelt, das nur zu 80% mit dem SARS Coro­na­virus iden­tisch ist. Von hier aus haben sich die Autoren für das inter­es­siert, was den neuen Virus von SARS und anderen bekannten Coro­na­viren unterscheidet.

Endeckt haben sie vier neue Sequenzen im Spike Protein, “Inserts” (Ein­fü­gungen) wie die Autoren schreiben. Die vier Inserts sind in allen 2019-nCoV Proben aus Wuhan präsent, eine Beob­achtung, die die Autoren über­rascht und dazu moti­viert, den Ursprung der “Inserts” zu unter­suchen. Als Haupt­merkmal der vier Inserts, die die Autoren gefunden haben, geben sie an, dass der Coro­na­virus 2019-nCoV durch die vier Inserts u.a. die Fähigkeit gewinnt, von Mensch zu Mensch zu springen, also eine Epi­demie unter Men­schen auszulösen.

“Since surface pro­teins are rep­son­sible for host tropism, changes in these pro­teins imply a change in host spe­ci­ficity of the virus. … it has gained tropism to humans as well”.

Dieses Ergebnis sowie das Ergebnis, dass die vier “Inserts” zwar in allen 28 Proben, die die Autoren aus Wuhan haben, aber in keiner Probe, die Fle­der­mäusen ent­nommen wurden, die Träger von 2019-nCoV waren, vor­kamen, hat die Autoren beun­ruhigt, wie sie schreiben und neu­gierig gemacht. Ergo haben sie sich auf die Suche nach Pro­teinen gemacht, die eine Ähn­lichkeit oder Über­ein­stimmung mit den “Inserts” im Wuhan-Virus auf­weisen. Und sie sind fündig geworden:

“Sur­pri­singly, each of the four inserts aligned with short seg­ments of the Human immu­n­ode­fi­ciency Virus‑1 (HIV‑1) proteins.”

HIV-Pro­teine und das Wuhan-Virus haben somit eine Gemein­samkeit, die sich im Wuhan-Virus als “Insert”, als Mutation dar­stellt, von der die Autoren sagen, dass sie nicht durch Zufall zustande gekommen sein kann:

“one may spo­ra­di­cally expect a for­tuitous match for a stretch of 6–12 con­ti­guous amino acid residues in an unre­lated protein. However, it is unlikely that all 4 inserts in the 2019-nCoV spike gly­co­protein for­tui­tously match with 2 key struc­tural pro­teins of an unre­lated virus (HIV‑1).”

Hinzu kommt, dass die HIV-Pro­teine, für die die Autoren eine Über­ein­stimmung mit den vier “Inserts” gefunden haben, vor­nehmlich in Afrika und Asien vor­kommen. Die Ein­fügung von vier Sequenzen, die mit dem HIV‑1 Protein iden­tisch sind, ver­leiht 2019-nCoV nicht nur die Fähigkeit, von Mensch zu Mensch zu springen, es macht das Virus auch aggres­siver und erfolg­reicher im Versuch, einen Unin­fi­zierten zu infizieren.

Liest man die 13 Seiten der Arbeit der neun Autoren aus Indien, dann kann man förmlich greifen, wie sie mit den Ergeb­nissen, die sie selbst erar­beitet haben, kämpfen, wie sie sich immer und immer wieder quasi selbst ver­ge­wissern müssen, dass der­artige Ein­schübe nicht zufällig zustande kommen. Dabei kommen For­mu­lie­rungen, wie die fol­genden heraus:

This uncanny simi­larity of novel inserts in the 2019-nCoV spike protein to HIV- gp120 and Gag is unlikely to be for­tuitous. […} Taken tog­ether, our fin­dings suggest uncon­ven­tional evo­lution of 2019-nCoV that war­rants further investigation”.

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Wenn etwas nicht per Zufall zustande kommen kann und auch keine natür­liche Mutation dar­stellt, sondern unkon­ven­tionell zustande gekommen ist, dann gibt es nicht viele Mög­lich­keiten, die ver­bleiben, um zu erklären, dass aus­ge­rechnet Pro­teine von HIV‑1 im neuen Coro­na­virus 2019-nCoV nach­ge­wiesen werden können. Der Versuch, eine bio­lo­gische Waffe zu bauen, ein Designer-Virus ist eine Erklärung, viel­leicht eine wahr­schein­liche Erklärung. Wie wahr­scheinlich diese Erklärung zutrifft, ist eine Funktion der Menge an Alternativerklärungen.

Kennt jemand eine (bessere) alter­native Erklärung?

Wie immer, wenn Studien wie diese ver­öf­fent­licht werden, dauert es nicht lange, bis Wider­spruch kommt. Hier kann nach­ge­lesen werden, warum die Studie, über die wir hier berichtet haben, Unsinn sein soll. Wir bemühen uns derzeit, eine Stel­lung­nahme aus Indien zu erhalten.

Hier wird argu­men­tiert, dass die oben beschriebene Studie feh­lerhaft sei und es keinen Beleg dafür gebe, dass der Virus von Men­schen her­ge­stellt sein soll. Der Autor des Bei­trags, Ari Allyn Feuer ist der Ansicht, dass 2019-nCoV tie­ri­schen Ursprungs ist. Er sieht in der Über­lappung zwi­schen der Sequenz aus 2019-nCoV und HIV‑1 nichts erstaun­liches, meint, es handle sich dabei um einen Zufall und macht im Wesent­lichen drei Argumente:

  • There is nothing remar­kable about the fact that 2019-nCoV’s sequence diverges from its nearest known relative, or that its unique sequences are con­served among cases of 2019-nCoV.
  • The sequence matches with HIV are very short and appear in hyper­va­riable regions of both virus, and similar overlaps are seen between 2019-nCoV sequences and many other organisms.
  • The unique bio­lo­gical pro­perties that HIV sequences could theo­re­ti­cally impart to another virus are com­pletely missing from 2019-nCoV, and 2019-nCoV has no unique cli­nical pro­perties that are outside what is known to be pos­sible for a coronavirus

Hinzu kommt, dass die Über­ein­stimmung, die die neun Autoren aus Indien mit HIV‑1 gefunden haben, ein Artefakt der Datenbank sein soll, das der kurzen Sequenz geschuldet ist, nach der die Autoren aus Indien gesucht haben.

Das ganze ent­wi­ckelt sich zu einem inter­es­santen Wis­sen­schafts­streit, in dem es im Wesent­lichen um die Qua­lität von Daten geht. Wir sind gespannt und ver­suchen, wie gesagt, eine Stel­lung­nahme aus Indien zu erhalten.

Prashant Pradhan, einer der beiden Phd-Stu­denten, die am Text beteiligt sind, hat fol­gende Meldung auf BioRxiv hin­ter­lassen (Danke an Frank R.):

This is a preli­minary study. Con­sidering the grave situation, it was shared in BioRxiv as soon as pos­sible to have creative dis­cussion on the fast evo­lution of SARS-like corona viruses. It was not our intention to feed into the con­spiracy theories and no such claims are made here. While we app­re­ciate the cri­ti­cisms and comments pro­vided by sci­en­tific col­le­agues at BioRxiv forum and else­where, the story has been dif­fer­ently inter­preted and shared by social media and news plat­forms. We have posi­tively received all cri­ti­cisms and comments. To avoid further mis­in­ter­pre­tation and con­fu­sions world-over, we have decided to withdraw the current version of the pre­print and will get back with a revised version after reana­lysis, addressing the comments and con­cerns. Thank you to all who con­tri­buted in this open-review process.
: Authors of the Manuscript

Was die Intention der Autoren gewesen ist, die sich hinter der Ein­ordnung, die gefun­denen Inserts könnten nicht zufällig ent­stehen, seien also keine zufäl­ligen Muta­tionen und deren Bewertung als “uncanny”, also unheimlich, furcht­erregend, steckt, sagt Pradhan leider nicht. Auf die ver­bes­serte Version des Bei­trags warten wir mit Spannung.

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Quelle: sciencefiles.org