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Edel­me­tallgeld: seine Geschichte, seine Zukunft

von Thorsten Polleit

Die zwei Kern­bot­schaften der Aus­füh­rungen zu der Geschichte der Edel­me­tall­gelder lassen sich wie folgt zusammenfassen:

Erstens: Der Grund, warum die Men­schen heut­zutage Fiatgeld und kein Edel­me­tallgeld ver­wenden, ist nicht etwa der, dass das Edel­me­tallgeld nicht gut funk­tio­niert hätte. Der Grund ist vielmehr, dass der Staat (und die Son­der­in­ter­es­sen­gruppen, die ihn für ihre Zwecke ein­zu­spannen gedenken) das Edel­me­tallgeld aus reinem Eigen­in­teresse abge­schafft haben, es sprich­wörtlich aus dem Verkehr gezogen haben und durch sein eigenes, beliebig ver­mehr­bares Fiatgeld ersetzt.

Zweitens: Das Fiatgeld ist (gelinde gesagt) eine volks­wirt­schaft­liche Plage, eine Art Gift, es ist unver­einbar mit einer freien Wirt­schafts- und Gesell­schafts­ordnung. Wenn die Menschheit der Tyrannei ent­kommen will, dann wird sie folglich nicht umhin­kommen, sich vom Fiatgeld zu ver­ab­schieden und zu gutem Geld zurück­zu­kehren – und das Edel­me­tallgeld ist mit Blick auf diese Her­aus­for­derung sozu­sagen ein ret­tendes Ufer.

Im letzten Teil erkläre ich diese zwei Kern­bot­schaften näher. Dazu (1.) schriebe ich etwas Grund­sätz­liches zum Geld, (2.) gebe einige Bei­spiele für (mehr oder weniger) erfolg­reiche Edel­me­tall­gelder, und (3.) rufe uns in Erin­nerung, dass es immer wieder der Staat war, der durch sein Ein­greifen in das Markt­ge­schehen das Funk­tio­nieren des Edel­me­tall­geldes sabo­tiert hat. Und ich schließe (4.) mit einigen wenigen Gedanken zur Frage nach der Renais­sance des Edelmetallgeldes.

Der Grund, warum die Men­schen heut­zutage Fiatgeld und kein Edel­me­tallgeld ver­wenden, ist nicht etwa der, dass das Edel­me­tallgeld nicht gut funk­tio­niert hätte.

Über das Geld 

Sie, ich, wir alle ver­wenden Geld tag­täglich, meist ohne uns große Gedanken über das Wesen des Geldes zu machen. Fragen wir an dieser Stelle jedoch einmal: Was ist Geld?

Geld ist das all­gemein akzep­tierte Tausch­mittel, es ist das Gut, das die höchste Markt­fä­higkeit von allen Gütern hat, Geld ist das liqui­deste Gut.

Die Erfahrung zeigt, dass ein Gut, damit es frei­willig als Sachgeld ver­wendet wird, einige phy­sische Eigen­schaften haben muss: Es muss zum Bei­spiel knapp sein, haltbar, trans­por­tabel, teilbar, prägbar, unver­derblich, einen hohen Marktwert pro Gewichts­einheit verkörpern.

Im Wett­bewerb um die Geld­funktion, das zeigt die Wäh­rungs­his­torie, hatten daher auch die Edel­me­talle, vor allem Gold und Silber, teil­weise auch Kupfer, die Nase vorn. Sie erfüllen die phy­si­schen Anfor­de­rungen, die die Men­schen an gutes Geld stellen, besonders gut. Men­schen, die die Freiheit hatten, ihr Geld zu wählen, bevor­zugten daher Edel­me­talle als Geld.

Dass wir heut­zutage kein Edel­me­tallgeld mehr ver­wenden, liegt – ich sagte es bereits ein­leitend – an den Staaten (wie wir sie heute kennen: die ter­ri­to­rialen Zwangs­mo­no­po­listen mit der Letzt­ent­schei­dungs­macht über alle Kon­flikte auf ihrem Gebiet, die sich zudem das Recht der Besteuerung nehmen).

Es war ein langer und durchaus ver­schlun­gener Krieg gegen das Edel­me­tallgeld, der ver­mutlich mit Aus­bruch des Ersten Welt­kriegs im August 1914 begann. Doch es dauerte bis spä­testens zum 15. August 1971, bis das Kriegsziel erreicht war: Die US-Admi­nis­tration unter Prä­sident Richard Nixon beendete die Gold­ein­lös­barkeit des US-Dollars. Dadurch wurde der US-Dollar – und im Grunde auch alle anderen Wäh­rungen der Welt – zu nicht-ein­lös­barem Geld, zu Fiatgeld, ein in dieser Dimension in der Wäh­rungs­his­torie noch nie zu beob­ach­tendes Phänomen.

Die Folgen sind unüber­sehbar (für die, die geld­theo­re­tisch den Ein­blick haben): Chro­nische Inflation, unso­ziale Ver­teilung von Ein­kommen und Ver­mögen, Boom-und-Bust-Zyklen, Ver­schul­dungs­aufbau, ver­stärktes Kon­flikt- und Kriegs­ge­schehen, die Her­an­bildung des „all­mäch­tigen Staates“.

Es war ein langer und durchaus ver­schlun­gener Krieg gegen das Edel­me­tallgeld, der ver­mutlich mit Aus­bruch des Ersten Welt­kriegs im August 1914 begann. … Die Folgen sind unüber­sehbar …: chro­nische Inflation, unso­ziale Ver­teilung von Ein­kommen und Ver­mögen, Boom-und-Bust-Zyklen, Ver­schul­dungs­aufbau, ver­stärktes Kon­flikt- und Kriegs­ge­schehen, die Her­an­bildung des „all­mäch­tigen Staates“.

Edel­me­tall­gel­d­arten

Doch gibt es eine Alter­native zum Fiatgeld? Um einer Antwort auf diese Frage näher­zu­kommen, lassen Sie uns einen Blick in die Wäh­rungs­ge­schichte werfen. Denn hier gibt es zahl­reiche Bei­spiele für erfolg­reiches Edelmetallgeld.

(a) Das erste Bei­spiel ist der Solidus. Beim Solidus han­delte es sich um eine römisch-byzan­ti­nische Gold­münze, die von Kaiser Kon­stantin dem Großen im Jahr 309 ein­ge­führt wurde, und die den bis dato umlau­fenden Aureus ersetzte.

Der Solidus blieb ab dem 10. Jahr­hundert als His­ta­menon und ab dem 11. Jahr­hundert als Hyper­pyron, bis zur Eroberung von Kon­stan­ti­nopel (1453), im Umlauf, also länger als ein Jahrtausend.

(b) Zweites Bei­spiel: Ab 1262, also im Spät­mit­tel­alter, wurde in der ita­lie­ni­schen Stadt Florenz eine Gold­münze aus­ge­prägt, der Florin, auch Flo­renus (lat.) oder Fiorino d’oro (ita­lie­nisch), und sie bestand aus 3,54 Gramm Gold. Der Florin diente bis 1533 – als die Aus­prägung auf Anweisung von Cosimo I. de Medici ein­ge­stellt wurde – als Geld, also unun­ter­brochen gut für 270 Jahre.[1]

© Drittes Bei­spiel: Im Jahr 1619 grün­deten Ham­burger Kauf­leute die Ham­burger Bank, die ab 1621 die Mark Banco her­ausgab. Es han­delte sich bei der Mark Banco um eine reine Rechen­einheit, sie wurde nicht als geprägte Münze aus­ge­geben. 1 Mark Banco ent­sprach anfänglich etwa einem Drittel des im Jahre 1566 ein­ge­führten Reichs­talers, der ein Fein­ge­wicht Silber von 25,98 Gramm hatte.

1770 (die Reichs­sil­ber­münze war mitt­ler­weile stark im Metallwert her­ab­ge­setzt) kam es zu einer wich­tigen Reform: Man beschloss, die Mark Banco nur noch in Sil­ber­fein­ge­wicht zu defi­nieren. Mit Erfolg! Die Mark Banco wurde bis zum Februar 1873 als Geld ver­wendet, also für ins­gesamt gut 250 Jahre. Die Politik im Deut­schen Reich machte ihr dann jedoch den Garaus, indem sie die Mark-Banco-Gut­haben zwangs­weise in Goldmark umstellte.

(d) Viertes Bei­spiel: Im US-ame­ri­ka­ni­schen Münz­gesetz von 1792 wurde der US-Dollar sowohl in Gewichts­ein­heiten Gold wie auch Silber defi­niert. Die USA hatten also anfänglich einen soge­nannten “Bime­tal­lismus”: Gold und Silber wurden als Geld ver­wendet und standen in einem gesetzlich fest­ge­legten Tausch­ver­hältnis zueinander.

1873 wurde das Münz­gesetz refor­miert, und das Silber wurde de facto demo­ne­ti­siert (man sprach auch vom “Ver­brechen von 1873”). Denn fortan war der US-Dollar nur noch in Gold­fein­ge­wicht defi­niert. Das Sil­bergeld behielt zwar seine nominale Kauf­kraft, aber der Markt­preis des Silbers verfiel, und das machte vielen US-Bun­des­staaten, in denen Silber gefördert wurde, schwer zu schaffen.

Im Jahr 1971 kappte die US-Admi­nis­tration dann jedoch mut­willig die letzten Ver­bin­dungen des US-Dollars zum Gold. Immerhin: Der US-Dollar war für knapp 180 Jahre ein Edel­me­tallgeld bezie­hungs­weise immer auch ein Goldgeld gewesen.

Staat­liches Eingreifen 

Wenn man einen Blick in die Wäh­rungs­ge­schichte wirft und daraus Erkennt­nisse ableiten will, dann muss man beachten, dass die Staaten (die Herr­schenden, ob nun in Form von Fürsten, Königen, Kaisern, Prä­si­denten oder auch Par­la­men­ta­riern) immer wieder schwere Ein­griffe in das Geld­wesen vor­nahmen – und damit nicht nur Unheil erzeugten, sondern auch den Gang der Wäh­rungs­ge­schichte maß­geblich beeinflussten.

Ich will an dieser Stelle bei­spiels­weise das soge­nannte „Gre­s­hamsche Gesetz“ thematisieren.

Dieses öko­no­mische Gesetz ist nach Thomas Gresham benannt. Er lebte von 1519 bis 1579, war bri­ti­scher Händler und Financier. Das Gre­s­hamsche Gesetz besagt, dass das vom Staat über­be­wertete Geld das vom Staat unter­be­wertete Geld aus dem Verkehr ver­drängt.

(Unge­bührlich ver­kürzt wird das Gre­s­hamsche Gesetz häufig auch wie folgt beschrieben: Das schlechte Geld ver­drängt das gute Geld. Das aber ist öko­no­misch nicht richtig – denn das Gre­s­hamsche Gesetz klärt darüber auf, was pas­siert, wenn der Staat das eine Geld gegenüber dem anderen Geld auf- oder unterbewertet).

Hier zwei kon­krete Bei­spiele für das Wirken des Gre­s­ham­schen Gesetzes.

(a) Erstes Bei­spiel: USA. – Nach dem Münz­gesetz war eine freie Aus­prägung von Silber und Gold im Ver­hältnis von 15:1 bei der ame­ri­ka­ni­schen Münze möglich. Kurz darauf ver­teuerte sich jedoch der Markt­preis des Goldes gegenüber dem Silber auf eine Rate von mehr als 15 : 1, auf etwa 15,5 : 1. Silber war nunmehr mit der offi­zi­ellen Rate von 15 : 1 über­be­wertet gegenüber Gold.

Was dann pas­siert: Die Men­schen bringen 15 Fein­unzen Silber zur Münze, die man dort in eine Feinunze Gold ein­tau­schen kann. Die Feinunze Gold tauscht man sodann zu Mark­preisen gegen 15,5 Fein­unzen Silber ein. Die 15,5 Fein­unzen Silber bringt man zur Münze und erhält dafür 1,0333… Fein­unzen Gold. Die 1,0333… Fein­unzen Gold tauscht man wieder am freien Markt ein und erhält dafür 16,0167… Fein­unzen Silber und bringt diese zur Münze. Und so weiter und so fort. Das Ergebnis: Silber läuft um, Gold wird gehortet, wird nicht mehr zu Zah­lungen verwendet.

Das vom Staat über­be­wertete Geld (hier Silber) ver­drängt also das vom Staat unter­be­wertete Geld (hier Gold). In der Tat: Silber zir­ku­lierte ab 1792 als Geld, das Goldgeld ver­schwand gewis­ser­maßen im Spar­strumpf. In den USA herrschte fak­tisch von 1792 bis 1834 ein Silberstandard.

Der staat­liche Ein­griff in Form von Vor­gaben für das Aus­tausch­ver­hältnis zwi­schen Gold und Silber hatte folglich Kon­se­quenzen: Es machte den mit dem Münz­gesetz ange­strebten Bime­tal­lismus zunichte. Nach­folgend kam es in den Ver­ei­nigten Staaten zu wei­teren Ver­än­de­rungen des gesetz­lichen Aus­tausch­ver­hält­nisses zwi­schen Gold und Silber.

Im Jahr 1834 zum Bei­spiel wurde ein Kurs­ver­hältnis von 16 : 1 beschlossen, das Silber-Gold-Preis­ver­hältnis im freien Markt lag jedoch bei 15,625 : 1. Damit war nun das Silber offi­ziell unter­be­wertet, und das Wirken des Gre­s­ham­schen Gesetzes sorgte dafür, dass in den Ver­ei­nigten Staaten von Amerika nun de facto ein Gold­standard herrschte.

Die von staat­lichen Ein­griffen ver­ur­sachten Wechsel von einem Geld­standard auf einen anderen waren höchst pro­ble­ma­tisch. Einige wenige (gut infor­mierte) stellten sich auf Kosten vieler anderer besser. Begleitet war das von Finanz- und Wirtschaftskrisen.

(b) Zweites Bei­spiel: Groß­bri­tannien. – Das Bri­tische Pfund war seit seinen Anfängen im 8. Jahr­hundert ein Sil­bergeld. Der Phy­siker Issac Newton wurde 1699 “Master of the Mint” in Groß­bri­tannien. Zu dieser Zeit war das Problem, dass die bri­ti­schen Sil­ber­münzen von schlechter Qua­lität waren und dass Silber knapp war (vor allem Indien und China fragten es eben­falls als Geld nach).

Issac Newton gab 1717 ein festes Aus­tausch­ver­hältnis zwi­schen Gold und Silber aus, das zu einer Über­be­wertung des Goldes relativ zum Silber führte. Auch hier zeigte sich (wenig über­ra­schend) die Wirkung des Gre­s­ham­schen Gesetzes: Das vom Staat über­be­wertete Gold ver­drängte das vom Staat unter­be­wertete Silber.

Groß­bri­tannien wurde dadurch de facto auf einen Gold­standard gebracht, und diese Situation hielt an bis zum Aus­bruch des Ersten Welt­krieges im Jahr 1914; bis dahin ent­sprachen 4,25 Bri­tische Pfund 1 Feinunze Gold.

Und weil Groß­bri­tannien im 19. Jahr­hundert die weltweit füh­rende Wirt­schafts- und Mili­tär­macht war, ist es nicht ver­wun­derlich, dass viele Nationen der Welt eben­falls den Wunsch in die Tat umsetzten, ihr Sil­bergeld durch Goldgeld auszutauschen.

© Ein wei­terer, schwer­wie­gender Ein­griff, den die Staaten bezie­hungs­weise Herr­schenden immer wieder im Geld- und Bank­ge­schäft vor­nahmen, war (und ist bis heute) die Legi­ti­mierung der Teilreserve.

Das heißt, es wurde Banken von staat­licher Seite erlaubt, mehr Bank­noten und Bank­ein­lagen aus­zu­geben als durch Gold­de­po­siten ihrer Kunden gedeckt waren.

Dadurch kam es immer wieder zu schweren Wirt­schafts­stö­rungen, zu Boom und Bust, wie sie ins­be­sondere von der mone­tären Kon­junk­tur­theorie der Öster­rei­chi­schen Schule der Natio­nal­öko­nomie beschrieben werden.

Doch die monetär aus­ge­lösten wirt­schafts­his­to­ri­schen Krisen wurden (und werden) immer wieder fehl­ge­deutet, und zwar regel­mäßig zu Lasten des Edelmetallgeldes.

Man nehme nur etwa die “Große Depression” der 1920er/1930er Jahre. Häufig wird hier als Kri­sen­ur­sache genannt, der Gold­standard hätte versagt, das Goldgeld hätte ver­hindert, dass die Volks­wirt­schaften sich rasch aus der Krise her­aus­ar­beiten konnten; dass die Knappheit der Gold­menge einer “Re-Inflation” und damit einem Wie­der­auf­stieg der Wirt­schaften im Wege gestanden hätte.

Die öko­no­mische Wahrheit ist jedoch, dass die Staaten mit Aus­bruch des Ersten Welt­krieges im August 1914 die Gold­ein­lös­barkeit ihrer Wäh­rungen aus­ge­setzt hatten. (Die USA waren eine rühm­liche Aus­nahme.) Und nach dem Krieg ab 1918 war man poli­tisch nicht mehr bereit, sich der Dis­ziplin, den Regeln des Gold­geldes zu unterwerfen.

Als Bei­spiel sei der soge­nannte Gold-Devisen-Standard genannt, der 1922 beschlossen wurde, nach dem das bri­tische Pfund als Reser­ve­währung erkoren wurde und in Gold ein­tauschbar war, während alle anderen Wäh­rungen durch das bri­tische Pfund gedeckt waren. Im Kern war es eine auf dem Kopf ste­hende Pyramide, deren Spitze das Wäh­rungsgold war, und die sich nach oben hin immer weiter aus­breitete durch die Ver­mehrung der natio­nalen Wäh­rungen. 1931 brach dieses Kar­tenhaus zusammen, löste die Große Depression aus.

Die betrach­teten Bei­spiele haben hof­fentlich ver­deut­licht, dass auch in der Zeit des Edel­me­tall­geldes der Staat immer wieder ein­ge­griffen hat in das Geld­wesen. Die dadurch ver­ur­sachten Pro­bleme – wie Geld­wert­ver­luste bei der Demo­ne­ti­sierung des Silbers oder Krisen als Folge der Teil­re­serve – können also nicht sinn­vol­ler­weise dem Edel­me­tallgeld ange­lastet werden, sondern sind schäd­liche Folge der staat­lichen Eingriffe.

Problem Staat

Spä­testens hier drängt sich der Ein­druck auf, dass der Staat (wie wir ihn heute kennen) ein Problem ist, wenn die Men­schen den Wunsch haben, gutes, ver­läss­liches Geld zu verwenden.

Ludwig von Mises (1881–1973) schrieb 1923, kurz bevor die Hyper­in­flation in der Wei­marer Republik voll­kommen aus dem Ruder geriet, in diesem Zusam­menhang die fol­genden Worte:

Man irrt … sehr, wenn man meint, man könnte wieder zu geord­neten Wäh­rungs­ver­hält­nissen gelangen, ohne daß sich in der Wirt­schafts­po­litik Wesent­liches zu ändern brauchte. Was zunächst und in erster Linie nottut, ist die Abkehr von allen infla­tio­nis­ti­schen Irr­lehren. Doch diese Abkehr kann nicht von Dauer sein, wenn sie nicht durch voll­ständige Los­lösung des Denkens von allen impe­ria­lis­ti­schen, mili­ta­ris­ti­schen, pro­tek­tio­nis­ti­schen, eta­tis­ti­schen und sozia­lis­ti­schen Ideen fest begründet wird. 

Wer das Wesen des Staates vor Augen hat, der wird nun aber erkennen müssen, dass “infla­tio­nis­tische Irr­lehren” und “impe­ria­lis­tische, mili­tä­rische, pro­tek­tio­nis­tische, eta­tis­tische und sozia­lis­tische Ideen” auf das Engste, ja untrennbar mit dem Staat (wie wir ihn heute kennen) ver­bunden sind. Die Frage, die sich stellt, lautet also: Können wir über­haupt zu geord­neten Wäh­rungs­ver­hält­nissen zurück­kehren, solange es den Staat (wie wir ihn heute kennen) gibt? 

Grund­sätzlich beant­worte ich die Frage mit nein.

Denn der Staat, wie wir ihn heute kennen, wird immer größer und mäch­tiger – oder, wie Hans Hermann Hoppe es griffig for­mu­liert: Selbst ein Mini­mal­staat wird früher oder später ein Maxi­mal­staat. Die Hoheit über das Geld spielt dabei eine unver­zichtbare Rolle für den Staat.

Wenn sich der Trend der letzten gut zwei Jahr­hun­derte fort­setzt – dass also die Staaten sich aus­dehnen, immer größer und mäch­tiger werden, zu immer grö­ßeren Ein­heiten anschwellen –, dann sind die Aus­sichten in der Tat überaus gering, dass die Men­schen wieder in den Besitz guten Geldes, wie etwa ein Edel­me­tallgeld, gelangen.

Im Zuge einer fort­ge­setzten aktu­ellen Trend­ent­wicklung droht sogar die Her­aus­bildung eines staatlich vor­ge­ge­benen Welt­fi­at­geldes – mög­li­cher­weise unter der Herr­schaft eines Regie­rungs­kar­tells oder gar einer Weltregierung.

Wenn es jedoch zu einem Zer­brechen der großen poli­ti­schen Ein­heiten, zum Ent­stehen vieler kleiner Staaten kommt, dann besteht durchaus Hoffnung – auch auf bes­seres Geld.

Kleine Staaten müssen nämlich relativ freundlich sein, damit sich Men­schen und Kapital auf ihrem Gebiet ansiedeln, damit sie im inter­na­tio­nalen Stand­ort­wett­bewerb ihren Wohl­stand halten und aus­bauen können.

Für kleine Staaten ist die Hoheit über das Geld von weitaus gerin­gerer Bedeutung als für große Staaten (Bei­spiele: Liech­ten­stein oder Hong Kong). Für sie ist es prin­zi­piell hin­nehmbar, wenn die Men­schen auf dem Staats­gebiet eine aus­län­dische Währung ver­wenden, wenn sie ihr Geld selbst wählen.

Natürlich mag man hier ein­wenden: Eine Vielzahl von kleinen Staaten sei keine “stabile Lösung”, sie werde vielmehr zu dazu führen, dass die kleinen Staaten früher oder später ein Kartell bilden, dass sie sich letztlich wieder zu einem großen Staat zusam­men­schließen, und dann wäre es auch wieder vorbei mit dem guten Geld.

Das jedoch ist alles andere als eine aus­ge­machte Sache. Denn diese Befürchtung baut still­schweigend auf einer ent­schei­denden Annahme auf – nämlich dass die Men­schen sich nicht vom Konzept des Staates (wie wir ihn heute kennen) los­zu­lösen vermögen.

Doch genau hier ist ein Umdenken möglich: Schließlich ist der Staat (wie wir ihn heute kennen: als ter­ri­to­rialer Zwangs­mo­no­polist) eine hand­lungs­lo­gische Absur­dität. Das lässt sich mit gesundem Men­schen­ver­stand einsehen.

Zwar ist unzwei­felhaft, dass vor allem Recht und Sicherheit unver­zichtbare Güter für das fried­volle und pro­duktive Zusam­men­leben der Men­schen sind.

Jedoch kann man daraus nicht logisch schluss­folgern, dass nur der Staat (wie wir ihn heute kennen) in der Lage sei, Recht und Sicherheit bereit­zu­stellen. Eine solche Schluss­fol­gerung wäre ein non sequitur (nach dem Motto: Nur weil sie Affen Fahrrad fahren sehen, heißt das nicht, dass nur Affen Fahrrad fahren können).

Die Lösung des “Staats­pro­blems” ist die Pri­vat­rechts­ge­sell­schaft, in der für alle das gleiche Recht gilt; in der es kein öffent­liches Recht neben oder über dem Pri­vat­recht mehr gibt.

Eine etwas pra­xis­nähre, der vor­herr­schenden Geis­tes­haltung näher­kom­mende Lösung des Staats­pro­blems bestünde in der Been­digung des (Zwangs-)Monopols des Staates – und zwar dadurch, dass die Men­schen das Recht bean­spruchen können, aus dem Staats­gebiet aus­zu­treten, wenn sie nicht mehr Mit­glied sein wollen (wobei sie im Fall des Aus­tretens natürlich an aus­zu­han­delnden “Schei­dungs­kosten” zu betei­ligen sind).

Unter der Bedingung eines all­seits akzep­tierten Sezes­si­ons­rechts ist eine Rückkehr zu gutem Geld möglich. Denn, wie bereits gesagt, für kleine poli­tische Ein­heiten ist es durchaus möglich, auf das Geld­mo­nopol zu ver­zichten und die Lösung des Geld­pro­blems dem freien Markt zu über­lassen. Was aber heißt das, “ein freier Markt für Geld”?

Aus­blick

Es heißt nicht mehr und nicht weniger, als dass du und ich die Freiheit haben, das­jenige Geld für unsere Trans­ak­tionen zu ver­wenden, das wir am relativ besten erachten; und dass gleich­zeitig jeder die Freiheit hat, seinen Mit­men­schen ein Gut anzu­bieten, das diese frei­willig als Geld nach­zu­fragen wünschen.

In einem freien Markt für Geld bestimmt der Geld­nach­frager, welches Gut als Geld Ver­wendung findet. Die Geld­nach­frager werden dabei natürlich gutes Geld nach­fragen – genauso wie sie gute Turn­schuhe, gute Urlaubs­reisen, gutes Essen und gute Autos nach­fragen und nicht schlechte.

Gold und Silber sind zwei­felsohne heiße Kan­di­daten für gutes Geld, wenn es also den Men­schen frei­steht, ihr Geld frei­willig wählen zu dürfen.

Das Edel­me­tallgeld ließe sich dank moderner Tech­no­logie mit allen annehm­lichen und üblichen Zah­lungs­ver­fahren (Über­weisung, Last­schrift, Online-Banking, Apple Pay, PayPal, Alipay etc.) ver­binden, der Ver­wender würde keinen Unter­schied zum heu­tigen Fiatgeld-Zah­lungs­verkehr bemerken.

Es ist wichtig, den Men­schen die Funk­tio­na­lität des Edel­me­tall­geldes (wieder) zu erklären, denn sie benö­tigen eine Alter­native zum vor­herr­schenden Fiatgeld-System – bezie­hungs­weise das Wissen um eine bessere Alter­native zum Fiatgeld hilft, dem Fiatgeld das Wasser abzugraben.

Und das ist sehr wichtig. Denn das Fiat­geld­system zer­stört die freie Wirt­schaft und Gesell­schaft (bezie­hungs­weise das, was heute noch von ihr übrig ist), ebnet den Weg in die Unfreiheit, in die Tyrannei.

Wenn es das Ziel ist, ein frei­heit­liches Wirt­schafts- und Gesell­schafts­system zu bewahren bezie­hungs­weise ver­loren gegan­genen Boden wie­der­zu­ge­winnen, dann ist die Rückkehr zu einem freien Marktgeld, in dem die Men­schen sich für Edel­me­tallgeld ent­scheiden können, unverzichtbar.

Das Edel­me­tallgeld war nicht nur ver­läss­liches Geld in der Mensch­heits­ge­schichte, es kann – und hier bin ich zuver­sichtlich: es wird – auch das ver­läss­liche Geld der Mensch­heits­zu­kunft sein.

Es ist wichtig, den Men­schen die Funk­tio­na­lität des Edel­me­tall­geldes (wieder) zu erklären, denn sie benö­tigen eine Alter­native zum vor­herr­schenden Fiatgeld-System …

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Dieser Beitrag wurde auf der Gold­kon­ferenz der Atlas-Initiative am 11. November 2023 in König­stein i. T. als Vortrag gehalten.

[1] Die meisten Men­schen bekamen den Florin im Tages­ge­schäft natürlich nicht zu sehen. Er blieb den Wohl­ha­benden, den Händlern als Geld vor­be­halten, vor allem für größere Trans­ak­tionen. Der Florin diente unge­achtet dessen als Anker für das gesamte Geldwesen.

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Der Artikel erschien zuerst bei misesde.org.