Mehr als 50 Prozent wollen auf keinen Fall Merkel als Kanz­lerin – Schulz aber noch viel weniger

Was für nie­der­schmet­terndes Ergebnis für die beiden Spit­zen­kan­di­daten von CDU/CSU und SPD. Fast 53 Prozent der Deut­schen möchten auf keinen Fall Angela Merkel als Kanz­lerin und knapp 73 Prozent noch weniger Martin Schulz, wie jetzt eine aktuelle Umfrage von Civey ermittelte.

Wer bestimmt eigentlich den deut­schen Regierungschef?

Demo­kratie bezeichnet eine Herr­schaftsform, in welcher die Regierung vom Volk bestimmt wird respektive von diesem abgelöst werden kann. Eine Schlüs­sel­po­sition kommt in der deut­schen reprä­sen­ta­tiven Demo­kratie dem Bun­des­kanzler zu, der über seine Richt­li­ni­en­kom­petenz den poli­ti­schen Kurs der Regierung vorgibt. Der Kanzler wird in Deutschland nicht vom Volk gewählt, sondern vom Deut­schen Bun­destag. Gleichwohl wählt das Volk den Kanzler über seine Wahl einer Partei für den Bun­destag indirekt, wobei es hier im Grunde kaum Aus­wahl­mög­lich­keiten hat. Denn es kommen maximal zwei Par­teien in Frage, den Kanzler zu stellen, und diese bestimmen ganz alleine, wen sie als Spit­zen­kan­di­daten nomi­nieren. Diese zwei Par­teien sind die CDU und die SPD und deren Kan­di­daten lauten dieses Jahr Angela Merkel und Martin Schulz. Wie sehen nun die Zustim­mungs­werte für diese zwei Per­sonen in der Bevöl­kerung aus?

Fast 53 Prozent möchten Merkel nicht mehr, fast 73 Prozent Schulz aber noch weniger

Viele Bun­des­bürger emp­finden die Wahl zwi­schen diesen beiden als eine solche zwi­schen Not und Elend. Auf die Frage „Wen hätten Sie nach der Bun­des­tagswahl lieber als Bundeskanzler/in, Angela Merkel oder Martin Schulz?“ ant­wor­teten von über 5.000 im Zeitraum 11.07. bis 01.08. von Civey Befragten

  • nur 47,5 Prozent Angela Merkel und
  • nur 27,2 Prozent Martin Schulz.

Wohl­ge­merkt, die Frage lautete nicht „Wen hätten Sie gerne als Kanzler?“. Wissen wollte Civey nur, wen von diesen beiden man lieber hätte. Und die Ant­wort­mög­lichkeit „einen anderen als diese zwei“ war nicht vor­ge­geben. Wie die Pro­zent­zahlen von Merkel und Schulz nochmals nach unten gegangen wären, hätte man offen gefragt, kann man sich also nur aus­malen. Aber selbst bei dieser stark ein­ge­engten Fra­ge­stellung sagten immer noch über 25 Prozent „Weiß nicht“, was bei vielen heißen dürfte: „Im Grunde keinen von beiden“. Diese enge Fra­ge­stellung dürften aber Mil­lionen Men­schen so ähnlich emp­finden wie: „Was hätten Sie lieber, Husten oder Schnupfen?“.

Inter­essant ist übrigens, die Anhänger welcher Par­teien auf diese Frage am häu­figsten mit „Weiß nicht“ geant­wortet haben, was wir zumindest zum Großteil mit „keinen von beiden“ über­setzen können:

  • 70 Prozent der AfD-Anhänger
  • 55 bis 60 Prozent der Anhänger klei­nerer, sons­tiger Parteien.

Wer prä­fe­riert Merkel gegenüber Schulz?

Bezogen auf die unter­schied­lichen Alters­gruppen gibt es nur eine einzige solche, bei der über 50 Prozent für Merkel optieren: die min­destens 65-Jäh­rigen (51 bis 52 Prozent). Bei den 40- bis 49-Jäh­rigen sind es ziemlich genau 50 Prozent, bei allen anderen weniger als die Hälfte. Am schlech­testen schneidet die amtie­rende Kanz­lerin bei den 18- bis 29-Jäh­rigen ab. Hier sprechen sich sogar nur 38 Prozent für sie aus.

Bezogen auf die Par­tei­en­prä­ferenz ver­teilen sich die (dann) lieber (noch) Merkel-Stimmen wie folgt:

  • fast 96 Prozent der CDU/CSU-Anhänger
  • über 73 Prozent der FDP-Anhänger
  • ca. 36 Prozent der Grünen-Anhänger
  • fast 25 Prozent der AfD-Anhänger
  • ca. 19 Prozent der Anhänger sons­tiger, klei­nerer Parteien
  • ca. 16 Prozent der Linkspartei-Anhänger
  • und sogar 10 – 11 Prozent der SPD-Anhänger hätten lieber Merkel als Schulz.

Eine Mehrheit findet die CDU-Vor­sit­zende also aus­schließlich bei Unions- und FDP-Wählern.

Wer lehnt Schulz total ab?

Ins­gesamt sagten fast 73 Prozent der Befragten, dass Sie lieber (noch) Merkel als Kanz­lerin hätten oder aber „Weiß nicht“ (keinen von beiden), Schulz also auf gar keinen Fall. Wo erfährt der SPD-Kan­didat die größte Ablehnung?

Über 77 Prozent der 40 bis 49-Jäh­rigen wollen auf keinen Fall Schulz wählen. Das sind genau die­je­nigen, die mitten im Berufs­leben stehen. Auch in allen anderen Alters­gruppen erfährt Schulz jeweils über 72 Prozent Ablehnung mit einer Aus­nahme: bei den 18- bis 29-Jäh­rigen sind es „nur“ 64 Prozent, also immer noch fast zwei Drittel.

Bezogen auf die Anhänger der ver­schie­denen Par­teien sieht die Schulz-Abneigung wie folgt aus:

  • 98 bis 99 Prozent der Unions-Anhänger sagen: bloß nicht Schulz
  • 94 bis 95 Prozent der AfD-Anhänger
  • fast 93 Prozent der FDP-Anhänger
  • und selbst über 18 Prozent der SPD-Anhänger.

Diese Zahlen müssten den Genossen sehr schwer zu denken geben. Über 18 Prozent der SPD-Anhänger sagen: Ich will auf keinen Fall Schulz als Kanzler. Fast jeder fünfte SPD-Wähler! 10 bis 11 Prozent der SPD-ler würden bei einer Direktwahl des Kanzlers sogar lieber für Merkel als für Schulz stimmen. Und es gibt nur eine andere Gruppe von Par­tei­an­hängern, in welcher Schulz gegenüber Merkel auf wenigstens die Hälfte der Stimmen käme: bei den Anhängern der Links­partei. Und auch hier nur auf 51 Prozent. Selbst bei den Grünen-Wählern sagen nur 44 Prozent, Schulz sei ihnen lieber als Merkel. Besonders inter­essant, über 36 Prozent der Grünen-Anhänger wollen umge­kehrt sogar lieber Merkel als Schulz.

Fazit

Diese Ergeb­nisse zeigen meh­reres: Die deutsche Bevöl­kerung ist mit Merkel offen­sichtlich nicht zufrieden und es gibt eine latenten Wunsch nach einem Wechsel. Selbst bei einem derart schwachen Gegen­kan­di­daten und der engen Fra­ge­führung „Welches von den beiden Schweinderl hätten’s denn lieber? – Ein anderes haben wir nicht zur Auswahl“ stimmen aktuell fast 53 Prozent nicht für die amtie­rende Regierungschefin.

Schulz wollen die Deut­schen aber noch viel weniger. Und sonst kommt auf Grund der abso­luten Dominanz der Par­teien, die die Spit­zen­po­si­tionen im Grunde vorher schon fest­legen, keine andere Person in Frage für das Amt des Regie­rungs­chefs. Die Chancen der SPD, den nächsten Kanzler zu stellen, waren ohnehin schlecht, auch mit Sigmar Gabriel. Mit Martin Schulz sind sie aber offen­sichtlich nicht besser geworden und Deutschland dürfte mit diesem Per­sonal, vor allem aber mit dieser abso­lu­tis­ti­schen Herr­schaft einiger Par­teien, Stichwort Par­tei­o­kratur, immer tiefer in die Krise schlittern. Nicht wenige etwas weit­sich­tigere Zeit­ge­nossen sagen längst in seinen sicheren Untergang.

Bei der gestern ver­öf­fent­lichten Umfrage des umstrit­tenen Forsa-Instituts fallen die Ergeb­nisse für Schulz sogar nochmals deutlich schlechter aus. Hier sagten sogar nur 21 Prozent, dass sie bei einer Direktwahl des Kanzlers Schulz wählen würden. Über 30 Prozent weniger als Merkel. Bei Forsa sprechen sich also nicht nur 73, sondern sogar 79 Prozent gegen Schulz aus. Ange­sichts unseres Wahl­systems und dieses äußerst schwachen Her­aus­for­derers hat das deutsche Volk also kaum eine andere Wahl, als Merkel erneut zu wählen, ob es will oder nicht. Denn die Kraft und den Mut, ganz anders zu votieren, bringen im Moment nur wenige auf.

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Bild: flickr.com

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Dieser Artikel erschien zuerst hier:  https://juergenfritzphil.wordpress.com/2017/08/03/mehr-als-50-prozent-wollen-auf-keinen-fall-merkel-als-kanzlerin/