Bäume als Weg­weiser – im Feld der Birke

(von Christian Kind­limann)

Natürlich kennen wir alle in unserer Umgebung mar­kante Bäume. Sind wir einige Zeit nicht mehr in der Gegend, in der diese Bäume wachsen und kehren zurück, kann es sein, dass wir fast scho­ckiert sind, wenn diese großen Wesen fehlen. Meist brauchen wir eine längere Zeit, bis wir uns an diesen Anblick gewöhnt haben. Bäume ver­mitteln Sta­bi­lität, Kon­ti­nuität und Sicherheit. Jeder Baum hat nicht nur seine ganz eigene Geschichte, ebenso haben wir zu ihm immer unsere urei­genste Beziehung. Wie im Kleinen, so auch im Großen, begleiten uns die Bäume. Sie sind unsere Ver­bindung zu unserer urei­gensten Geschichte, per­sönlich wie auch als Spezies. Jedes Lebe­wesen auf diesem Pla­neten ist ein­zig­artig. Dies zu wissen, ist zwar schön, es braucht jedoch ein leben­diges Erleben, um die Schönheit der Schöpfung wahr­zu­nehmen. Die Bäume bieten sich uns an – als Menschheit und indi­vi­duell – diese Schönheit zu erleben.

Die Birke ist bei­spiels­weise eine wun­derbare Ein­ladung, in dieses Feld von Schönheit und Anmut ein­zu­tauchen. Sie begleitet uns schon seit Urzeiten und zeigt uns unter anderem, dass Schönheit nicht auf die Jugend begrenzt ist. Sie findet in den Runen Aus­druck und nennt sich ‚Berkano‘, das Zeichen – wie könnte es anders sein – ein B. Öffnen wir unser Emp­finden auch nur einen Spalt breit, können wir sogleich die Ver­bindung zur Weib­lichkeit ent­decken, indem wir das B um 90° rechts drehen. Span­nen­der­weise sehen wir, dass diese Rune nicht etwa rund ist, wie das uns geläufige B, sondern spitz dar­ge­stellt wird, und sie liefert auch einen Hinweis darauf, dass die Birke Schutz und Geheim­haltung bietet. Schutz und Gebor­genheit brauchen wir Men­schen vor allem in unseren ersten Lebens­jahren unab­dingbar, um uns zu ent­wi­ckeln. So ist die Brust der Mutter nicht nur die Quelle unserer Nahrung, sie ist zudem Nähe und Wärme. Sie ver­mittelt direkt Gebor­genheit und Schutz, die Liebe der Mutter, die viele Men­schen zeit­lebens weiter im Außen suchen.

Im Feld der Birke kommen wir dem Mys­terium des Lebens unver­mittelt so nahe, dass es für viele Men­schen schon schmerzhaft wird: Die Sym­ptome all­er­gi­scher Reak­tionen auf Bir­ken­pollen reichen von lau­fender Nase bis zu all­er­gi­schem Asthma, Haut­rö­tungen und Pusteln. Im Wissen darum, dass jedes Symptom eine Bot­schaft zu unserem Wachstum bereithält, lohnt es sich, dies genauer zu anzu­schauen. Betrachten wir dazu die Ver­mehrung der Birke, was ja das aus­lö­sende Moment für das von Men­schen emp­fundene Unwohlsein ist, regis­trieren wir, dass sich die Birke durch den Wind ver­breitet. Die Birke hat sowohl männ­liche Kätzchen als auch weib­liche Blüten. Dies kommt bei Bäumen zwar oft vor, ist jedoch in diesem Zusam­menhang besonders inter­essant. Bio­lo­gisch aus­ge­drückt ‚Ein­häusig‘ besagt, dass sowohl männ­liche sowie auch weib­liche Blü­ten­stände vor­handen sind.

Spinnen wir den Faden weiter, dann resul­tiert daraus, dass beide in einem Haus wohnen – sowohl das eine wie das andere – und es braucht die Bereit­schaft und das Vor­han­densein beider Aspekte, um die Art weiter zu ver­breiten. Das Männ­liche und Weib­liche in uns zuein­ander zu führen, ist auch für uns als Men­schen ein Thema, welches ganze Biblio­theken füllt. Nähern wir uns jedoch diesem The­men­be­reich mit unserem ver­trauten Ver­stan­des­denken, werden wir sehr viel Zeit brauchen und kommen oft doch nicht wirklich weiter. Das, was da von Nöten ist, ist ein Emp­finden, Wahr­nehmen und ein Gewahr-Sein der inneren Bilder. Die Sprache der Empathie wieder zu erlernen oder neu zu ent­decken, ist auf dem ‚Bir­kenweg‘ eine Ein­ladung, die uns in unsere Leben­digkeit und Freude führt. Es geht um nichts weniger, als die Urmutter in uns wieder zu ent­decken, die den Vater liebt und schätzt. Die Welt um uns zeigt uns zur Genüge auf, wie viel da schief läuft und es bedarf dazu keiner wei­teren Erläuterung.

Alles Leben kommt aus dem Weib­lichen, soviel steht fest. Auch wenn das für uns „auf­ge­klärte“ Men­schen fast undenkbar ist, hat es bei den alten Völkern einiges an Ent­wicklung gebraucht, den Zusam­menhang zwi­schen Bei­schlaf, der kör­per­lichen Ver­bindung von Mann und Frau und der Emp­fängnis neuen Lebens her­zu­stellen. Wir glauben, das Eins und Eins Zwei ergibt und lassen von diesem Glauben nur ungern ab. In der leben­digen Liebe unserer Mutter sehen wir jedoch, dass diese Ver­standes-bestimmte Logik uns um unsere Leben­digkeit betrügt.