Die wun­derbare Welt der Son­nen­zyklen: Die Sonne hat ihre Gestalt geändert

All­mo­natlich geben Frank Bosse und Fritz Vah­renholt an dieser Stelle einen Über­blick zur Ent­wicklung der Son­nen­ak­ti­vität. Der Trend ist klar: Wir steuern auf ein tiefes solares Minimum zu. Die Satel­li­ten­mes­sungen zur soge­nannten Total Solar Irra­diance bilden eine wichtige Daten­quelle. Vor drei Jahren sah es kurz­fristig schwierig aus, als einige der um die Erde krei­senden Mess­geräte langsam in die Jahre kamen und eine Daten­lücke drohte. Zum Glück wurde dann doch noch schnell eine Lösung gefunden, um die Daten­er­fassung lückenlos wei­ter­zu­führen. Siehe Eos-Bericht hier.

Eines ist klar: Das solare Maximum, das die zweite Hälfte des 20. Jahr­hun­derts domi­nierte  – und ver­mutlich nicht ganz zufällig mit einem starken Schub der glo­balen Erwärmung zusam­menfiel – ist auch im Kontext der letzten 10.000 Jahre ein besonders bedeu­tendes Maximum. Usoskin et al. 2014 rekon­stru­ierten die solare Akti­vität für die letzten 3000 Jahre und doku­men­tierten die kürzlich besonders kräftige Strahl­kraft der Sonne.

Seit langem kennt man die ver­schieden Zyklen der Sonne, die sich zu einer Gesamt­kurve über­lagern. So pul­siert der Gleiss­berg­zyklus im 90-Jah­restakt. Feynman & Ruz­maikin 2014 haben den Zyklus genauer beschrieben:

Der hun­dert­jährige Gleissberg-Zyklus und seine Asso­ziation mit erwei­terten Minima

Das jüngste erwei­terte [extended] Minimum der solaren und geo­ma­gne­ti­schen Varia­bi­lität (XSM) spiegelt die XSM-Ver­hält­nisse im 19. und 20. Jahr­hundert: 1810 bis 1830 und 1900 bis 1910. Der­artige erwei­terte Minima waren Chro­niken zufolge auch in Polar­lichtern im Zeitraum 450 bis 1450 n. Chr. augen­scheinlich. Diese Studie belegt, dass diese Minima kon­sistent sind mit Minima der hun­dert­jäh­rigen Gleissberg-Zyklen (CGC), also Varia­tionen über 90 bis 100 Jahre, die auf der Sonne, im Son­nenwind, auf der Erde und in der gesamten Helio­sphäre beob­achtet worden sind. 

Das Auf­treten des jüngsten XSM ist kon­sistent mit der Existenz des CGC als qua­si­pe­ri­odische Variation des solaren Dynamos. Beweise für die CGCs sind die Auf­zeich­nungen über Son­nen­flecken seit vielen Jahr­hun­derten, die fast 150 Jahre lange Auf­zeichnung der Indizes geo­ma­gne­ti­scher Akti­vität (von 1868 bis zur Gegenwart), die 1000 Jahre lange Beob­achtung von Polar­lichtern (von 450 bis 1450) und die Jahr­tau­sende über­de­ckende Auf­zeichnung von Radio­nu­kleiden in Eisbohrkernen. 

Aus dem aa-Index der geo­ma­gne­ti­schen Akti­vität ergeben sich Infor­ma­tionen über die zwei Kom­po­nenten des solaren Magnet­feldes (toroidal und poloidal). Eine wird getrieben durch Flares und koronale Mas­sen­aus­brüche (in Bezug auf das toro­idale Feld) und die Andere durch gleich­läufige Wech­sel­wir­kungs-Regionen des Son­nen­windes (mit Bezug zum polo­idalen Feld). Diese beiden Kom­po­nenten vari­ieren sys­te­ma­tisch hin­sichtlich Inten­sität und rela­tiver Phase, wodurch man Infor­ma­tionen erhält über hun­dert­jährige Ände­rungen der Quellen des solaren Dynamos während der jüngsten CGC im vorigen Jahrhundert. 

Die Dipol- und Qua­drupol-Struk­turen des solaren Magnet­feldes änderten sich in rela­tiver Amplitude und Phase; die Qua­drupol-Struktur wurde wich­tiger als man sich dem XSM näherte. Einige Impli­ka­tionen der solaren Dynamo-Theorie kommen zur Sprache.

Ein weitere wich­tiger solarer Zyklus ist der Suess-de Vries-Zyklus mit einer Periode von etwa 200 Jahren. Tlatov 2015 pro­gnos­ti­ziert gemäß diesem Zyklus ein großes solares Minimum zwi­schen 2025–2035 heraufziehen:

Die Änderung des solaren Zyklizitäts-Modus‘

Unsere Analyse von Son­nen­flecken-Gruppen seit dem Jahr 1610 zeigt, dass die Gnevyshev–Ohl-Regel (GO) inverse Zyklen durch­läuft mit einer Periode von 200 Jahren. Die jüngste Umkehrung erfolgte im Hale-Dop­pel­zyklus 22 bis 23. Infol­ge­dessen sollten in vielen nach­fol­genden Zyklen die unge­raden Zyklen schwächer sein als die vor­an­ge­gan­genen geraden Zyklen. 

Gleissberg-Zyklen mit einer Periode von etwa 100 Jahren und Varia­tionen mit einer Periode von 200 Jahren mani­fes­tieren sich in Varia­tionen der phy­si­ka­li­schen Para­meter von Son­nen­flecken und stehen mit­ein­ander in Wech­sel­wirkung. Wir zeigten, dass die ein­fachen Minima der der Son­nen­ak­ti­vität im Umfeld der Extrem­punkte der 200-Jahre-Zyklen der Umkehr der GO-Regel auf­treten. Der Höhe­punkt des nächsten säku­laren Minimums wird während der Jahre 2025 bis 2035 erwartet.

Wir unter­suchten die Varia­tionen der phy­si­ka­li­schen Para­meter der Son­nen­flecken in einem Gleissberg-Zyklus. Um die Maximum-Phase des Gleissberg-Zyklus‘ erreichen die mittlere Fläche der Gruppen und die mittlere Anzahl von Flecken in einer Gruppe ihr Maximum. Unserer Vor­hersage zufolge wird die Amplitude des 25. Son­nen­ak­ti­vitäts-Zyklus‘ um Einiges geringer sein als die des 24. Zyklus‘.

(Wenige Son­nen­flecken auf der Sonne)

 

Auf ein ähn­liches Timing für das solare Minimum kommen auch Yndestad & Solheim 2017:

Der Ein­fluss der Oszil­lation des solaren Systems auf die Varia­bi­lität der solaren Einstrahlung

Die solare Gesamt-Ein­strahlung (TSI) ist die primäre auf die Erde tref­fende Ener­gie­quelle. Die Eigen­schaften der TSI-Varia­bi­lität sind grund­legend für das Ver­ständnis der Gründe der Strah­lungs-Varia­bi­lität und deren zu erwar­tenden Ein­fluss auf Kli­ma­va­ria­tionen. Eine deter­mi­nis­tische Eigen­schaft der TSI-Varia­bi­lität kann Infor­ma­tionen liefern über die zukünftige Strah­lungs-Varia­bi­lität und erwartete lang­zeit­liche Kli­ma­va­ria­tionen, während eine nicht deter­mi­nis­tische Varia­bi­lität nur die Ver­gan­genheit erklären kann.

Diese Studie der solaren Varia­bi­lität erfolgt auf der Grundlage einer Analyse von zwei TSI-Zeit­reihen, eine seit dem Jahr 1700, die andere seit dem Jahr 1000; einer Zeit­reihe mit Daten zu Son­nen­flecken seit dem Jahr 1610 und einer Zeit­reihe von Umlauf­daten seit dem Jahr 1000. Die Studie basiert auf einer Wellen-Spek­tral­analyse. Zunächst werden die TSI-Daten­reihen in ein Wel­len­spektrum trans­for­miert. Dann wird das Wel­len­spektrum trans­for­miert in ein Auto­kor­re­la­tions-Spektrum, um sta­tionäre, sub­har­mo­nische und zufällige Perioden in der TSI-Varia­bi­lität aufzufinden.

(Sehr schwache Son­nen­ak­ti­vität im mitt­leren A‑Bereich)

 

Die Ergeb­nisse zeigen, dass die TSI- und Son­nen­flecken-Daten­reihen peri­odische Zyklen durch­laufen, welche kor­re­liert sind mit den Oszil­la­tionen der Stellung der Sonne relativ zum Schwer­punkt des Son­nen­systems. Dieses wie­derum wird kon­trol­liert durch Varia­tionen der Schwer­kraft der großen Pla­neten Jupiter, Saturn, Uranus und Neptun. Eine mög­liche Erklärung der Varia­tionen der Son­nen­ak­ti­vität sind erzwungene Oszil­la­tionen zwi­schen den großen Pla­neten und dem solaren Dynamo.

Wir kommen zu dem Ergebnis, dass eine sta­tionäre Kom­po­nente der solaren Varia­bi­lität kon­trol­liert wird durch die 12-jährige Jupiter-Periode und die 84-jährige Uranus-Periode mit Unter­schwin­gungen [sub­har­monics]. In den Fällen TSI und Son­nen­flecken-Varia­tionen finden wir sta­tionäre Perioden in Relation zur 84-jäh­rigen Uranus-Periode. Deter­mi­nis­tische Modelle auf der Grundlage der sta­tio­nären Perioden bestä­tigen die Ergeb­nisse in Gestalt einer engen Relation zu bekannten langen solaren Minima seit dem Jahr 1000 und zeigen eine moderne Maximum-Periode von 1940 bis 2015. Die Modelle berechnen ein neues Son­nen­flecken-Minimum des Dalton-Typs von etwa 2025 bis 2050 und eine neue Periode des TSI-Minimums vom Dalton-Typ von etwa 2040 bis 2065. (Globale Erwärmung: Wer sind jetzt die Kli­ma­leugner?)

Im März 2017 infor­mierte das National Center for Atmo­spheric Research/University Cor­po­ration for Atmo­spheric Research über eine neue Ent­de­ckung von der Sonne: Man hatte dort soge­nannte Rossby-Wellen gefunden:

Zunächst auf der Erde ent­deckte pla­ne­ta­rische Wellen wurden auch auf der Sonne gefunden

Wellen können das Weltraum-Wetter beein­flussen und bieten eine Quelle von Vorhersagemöglichkeiten.

Die gleiche Art groß­räu­miger pla­ne­ta­ri­scher Wellen, welche hoch über dem Boden in der Erd­at­mo­sphäre mäan­drieren, könnten auch auf der Sonne exis­tieren. Dies geht aus einer neuen Studie hervor unter der Leitung eines Wis­sen­schaftlers am National Center for Atmo­spheric Research (NCAR). Genauso wie die groß­räu­migen Wellen in der Erd­at­mo­sphäre, bekannt unter der Bezeichnung Rossby-Wellen, lokale Wet­terab­läufe beein­flussen, könnten die auf der Sonne ent­deckten Wellen ganz genau an die Son­nen­ak­ti­vität gebunden sein ein­schließlich der Bildung von Son­nen­flecken, aktiven Regionen und Flare-Ausbrüchen. 

„Die Ent­de­ckung magne­ti­sierter Rossby-Wellen auf der Sonne bietet die ver­lo­ckende Mög­lichkeit, dass wir Welt­raum­wetter viel länger in die Zukunft vor­her­sagen können“, sagte der NCAR-Wis­sen­schaftler Scott McIntosh, der Leit­autor der Studie.

Wei­ter­lesen beim NCAR/UCAR

Ein etwas selt­samer Artikel erschien im Juli 2017 in Sky & Tel­elscope. Darin wird sug­ge­riert, die aktuell nach­las­sende Son­nen­ak­ti­vität könnte per­manent sein, das Ende der Sonne ein­läuten. Was für ein Quatsch!

Ganz hinten im Artikel wird dann ein­ge­räumt, dass sich die solare Akti­vität stets in Zyklen voll­zogen hat.

Ver­langsamt sich unsere Sonne in ihrem mitt­leren Alter?

Die Sonne, welche etwa die Hälfte ihrer Lebens­dauer hinter sich hat, könnte ihre magne­tische Akti­vität abschwächen, was zu per­ma­nenten Ände­rungen der Son­nen­flecken und Polar­lichter führen kann.

Die Sonne hat ihre Gestalt geändert, sagen For­scher, und das könnte so bleiben.