Eine Weile füllte der Zank mit der Türkei um das “Flüchtlingsabkommen” und die syrischen Flüchtlinge die Medien. Es ist sehr still darum geworden. Noch im Juli, nach dem gescheiterten Militärputsch in der Türkei, schien das Flüchtlingsabkommen in großer Gefahr. Die griechischen Medien berichteten, dass Präsident Erdogan alle Beamten von der Grenze zu Griechenland abzog. Begründung: Die Pässe der Grenzbeamten seien abgelaufen. Erstaunlicherweise alle zum selben Zeitpunkt.
Noch im März 2017 waren 900.000 syrische Flüchtlinge aus der Provinz Idlib an der türkisch-syrischen Grenze gestrandet. Doch die Türkei ist dort mit einer hohen Mauer abgeschottet. Illegale Übertritte wurden dort nicht selten mit Schüssen beantwortet. Schon diese Mauer begrenzte die Wanderungswelle in die Türkei aus Syrien.
Das Gezerre um die Zahlungen der EU an die Türkei für das Flüchtlingsabkommen hielt noch lange an. Die Türkei hatte bis zum Januar 2017 fast drei Millionen Flüchtlinge aus Syrien aufgenommen, die EU bezahlte bis dahin eine Dreiviertelmilliarde für Projekte in der Türkei, die Flüchtlinge unterzubringen und zu versorgen. Immer wieder schickten Kräfte der europäischen Grenzschutzagentur Frontex illegale Ankömmlinge auf der griechischen Insel Lesbos zurück in die Türkei.
Dennoch versuchen Menschen auf alle möglichen Weisen über Griechenland, Mazedonien oder den Balkan nach Europa einzusickern, Wunschziel Deutschland. Nachdem Ungarn seine Grenzen schon wirksam befestigt hatte, und der Migrantenstrom praktisch abgestellt war, geriet Bulgarien unter Druck. Im August beschloss auch Bulgarien, dem Beispiel Ungarns zu folgen. Die 259 Kilometer lange Grenze Bulgariens, gleichzeitig Außengrenze der EU zur Türkei, wurde durch Stacheldrahtzäune geschützt. Am 17. August meldeten die Medien, Bulgarien setze nun massiv Militär an der Grenze zur Türkei ein. Verteidigungsminister und Vizeregierungschef Karakatschanow machte klar, dass Bulgarien entschlossen sei, dem Migrantenstrom Einhalt zu gebieten. Insgesamt 600 Soldaten wurden zusätzlich eingesetzt, darunter hochspezialisierte Kampftruppen, Beamte der Frontex sind zusätzlich mit dabei. Die bulgarisch-türkische Grenze wurde in fünf Zonen eingeteilt. „In jede dieser Zonen werden wir jeweils eine bewaffnete Truppe in Kompaniestärke schicken, die den entsprechenden Grenzabschnitt bewachen soll“, sagte Karakatschanow, würden große und gut organisierte Schleusernetzwerke weiter versuchen, Menschen nach Bulgarien einzuschleusen.
Minister Karakatschanow übte deutliche Kritik an der EU. Es sei bisher nicht geschafft worden, die Mittelmeerroute für die Migranten zu schließen. Er forderte eine wesentlich entschiedenere Verteidigung der Außengrenzen Europas: „Wir können nicht zulassen, dass weiterhin illegale Migranten massenweise nach Europa kommen. Wir sollten in Italien und Griechenland Truppen von Nato oder EU einsetzen und die Außengrenzen der Europäischen Union notfalls mit Waffengewalt verteidigen.“
Die Anstrengungen Bulgariens zeigten Erfolg. In 2017 hat die Zahl der Migranten, die illegal die Grenze von der Türkei nach Bulgarien überquerten stark abgenommen. Insgesamt wurden im ersten Halbjahr 2017 nur 1461 illegale Grenzübertritte festgestellt und die Eindringlinge festgenommen.
Die deutschem Medien schreiben so gut wie nichts mehr über das im Frühjahr noch hochbrisante Thema der türkisch-europäischen Grenzen.
Dennoch finden sich Berichte, dass immer noch eine große Anzahl Migranten versucht, über die Türkei nach Europa einzudringen. Am 03. November meldete die Französische Seite France 24, dass wieder eines der Boote, mit denen die Migranten das schmale Meeresstück zwischen der Türkei und Griechenland überquerten, gekentert ist. 24 Menschen waren in das Holzboot gepfercht, 14 Überlebende wurden aufgegriffen. Drei Passagiere waren tot aufgefunden worden, nach weiteren Überlebenden wurde gesucht.
Dem Bericht zufolge sind die illegalen Einreisen aus der Türkei wieder deutlich angestiegen. Allein im September seien wieder 5000 Menschen auf den griechischen Inseln angekommen. Die meisten von ihnen wollen nach Deutschland, teilweise, um dort ihre Familie zu treffen.
Die englischsprachige Internetzeitung greece.greekreporter.com veröffentlichte am 14. November einen Bericht über einen niederländischen Journalisten, der zusammen mit syrischen Flüchtlingen illegal aus der Türkei nach Griechenland eingedrungen war. Der Reporter, Sakir Khader wurde zusammen mit etwa 50 Flüchtlingen im Grenzgebiet zwischen Griechenland und der Türkei festgenommen. Sie überquerten gerade einen schmalen Fluss, als die griechische Polizei sie entdeckte und verhaftete. Nach Angaben der Polizei waren sie bei dem illegalen Übertritt in militärisches Gebiet eingedrungen. Die beiden niederländischen Presseausweise, die Sakir Khader mit sich führte hielt die Polizei für nicht echt. Er wurde einem Richter vorgeführt, der ihm eine Anklage in Aussicht stellte. Sakir Khader ist weiterhin in Polizeigewahrsam.
Am 19. November findet sich eine Meldung auf der ebenfalls englischsprachigen Webseite harekact.bordermonitoring.eu. Diese Seite berichtet hauptsächlich über den Grenzschutz an der Türkisch-europäischen Grenze.
Die Meldung vom 16. November besagt, dass an diesem Tag insgesamt 547 Migranten ohne Ausweispapiere in der Provinz Edirne eingefangen worden sind, als sie die Grenze nach Europa überqueren wollten.
Weiterhin habe die Küstenwache 164 Menschen aus Palästina, Pakistan, Afghanistan, Myanmar, Bangladesh und Somalia aufgegriffen, die nach Griechenland und Bulgarien eindringen wollten.
Polizeikräfte haben darüberhinaus in einer weiteren Operation 73 Syrer, Pakistanis und Afghanen im Inland der Provinz Edirne auf dem Weg zur Grenze aufgegriffen.
In der Hafenstadt Izmir haben Kräfte der Küstenwache 60 Leute, Syrer und Somalier festgesetzt, die auf griechische Inseln übersetzen wollten.
Weiterhin wurden in der türkischen Stadt Hatay 64 Syrer von Grenzpolizisten gefangengenommen, die illegal in die Türkei eindringen wollten.
In Sivas und Van hielt die Polizei 186 Pakistanis und Afghanen ohne gültige Papiere auf.
Am selben Tag, so berichtet die Seite gab es in der türkischen Küstenstadt Bodrum eine Schlägerei zwischen Schleppern und 15 Migranten, die nach Griechenland übersetzen wollten. Sie beschwerten sich über die Verspätung und den Preis der Schlepper. Anwohner schalteten die Polizei ein, die daraufhin eine Razzia in einem Hotel durchführten und 5 Schlepper und 15 Syrer und Iraker verhafteten.
Der Focus berichtet am 20. November, dass sich 1500 Migranten aus Marokko, Pakistan und Iran in der nordgriechischen Grenzstadt Idomeni mit der griechischen Polizei Kämpfe geliefert haben. Sie wollten nicht in Zügen nach Athen gebracht und ausgewiesen werden.
Die Türkei will ebenfalls Flüchtlinge zurückschicken, meldet Focus im selben Artikel. Der türkische Europaminister Volkan Bozkir hat in Brüssel zugesagt, die Türkei werde umgehend rund 100.000 syrische Flüchtlinge in die vom IS befreiten Gebiete in ihrem Heimatland zurückschicken.