Von Por­tugal bis Grie­chenland — Euro­päische Sozia­listen freuen sich auf Fort­setzung der GroKo

Die sozia­lis­ti­schen Poli­tiker Augusto Santos Silva (Por­tugal) und Alexis Tsipras (Grie­chenland) betteln die SPD-Genossen an, eine GroKo bilden – damit deutsche Arbeit­nehmer für Arbeitlose in den Süd­ländern zahlen.
(Von Dr. Rainer Zitelmann)
Es ist nicht all­täglich, dass sich füh­rende Poli­tiker anderer Länder in die Regie­rungs­bildung in Deutschland ein­mi­schen und Tipps für die Koali­ti­ons­ver­hand­lungen geben. Doch die Sozia­listen in den Süd­ländern brennen geradezu auf eine neue GroKo. Por­tugals Außen­mi­nister Augusto Santos Silva etwa drängte jetzt auf Eile bei der Regie­rungs­bildung in Deutschland: „Es sollte jetzt schnell gehen. Auf dem EU-Gipfel nächste Woche sollen die Weichen für die Voll­endung der Wäh­rungs­union gestellt werden“. sagte Santos Silva der Wochen­zeitung DIE ZEIT.

„Euro­pa­weite Arbeitslosenversicherung“

„Europa mag wirt­schaftlich gesehen inzwi­schen wieder gut dastehen. Aber die nächste Krise kommt bestimmt. Und dann brauchen wir Instru­mente, um reagieren zu können. Wir können uns bei­spiels­weise eine euro­pa­weite Arbeits­lo­sen­ver­si­cherung vor­stellen”, meinte Santos Silva gegenüber der ZEIT. Das sind die Träume der Sozia­listen in den Süd­ländern, die seit Jahren für eine dra­ma­tisch hohe Jugend­ar­beits­lo­sigkeit ver­ant­wortlich sind. Das Problem soll – statt durch Arbeits­markt­re­formen – jetzt dadurch gelöst werden, dass deutsche Arbeit­nehmer künftig direkt Arbeitslose in den Süd­ländern finan­zieren und nicht mehr nur indirekt über die Euro-Ret­tungs­schirme. Der sozia­lis­tische Außen­mi­nister Por­tugals sprach sich deshalb für eine Große Koalition aus: „Wir haben mit der letzten Großen Koalition alles in allem gute Erfah­rungen gemacht. Wenn es wieder zu einem Bündnis von SPD und Union kommt, wäre das sicher keine schlechte Nach­richt“, sagte er.

Por­tugals Sozia­listen adeln die FDP

Erleichtert zeigte sich der por­tu­gie­sische Sozialist darüber, dass die FDP der nächsten Regierung nicht ange­hören wird. „Lassen Sie es mich so sagen: Es ist bekannt, dass die FDP vor allem in wäh­rungs­po­li­ti­schen Fragen Posi­tionen ein­ge­nommen hat, für die es in vielen anderen euro­päi­schen Staaten wenig Ver­ständnis gibt.“ Ich emp­finde das als dickes Lob für Christian Lindner.

Tsipras: SPD soll nicht zu fun­da­men­ta­lis­tisch sein

Der grie­chische Minis­ter­prä­sident Alexis Tsipras drängt SPD-Chef Martin Schulz eben­falls zu einer Zusam­men­arbeit mit Merkel, um eine Regie­rungs­ko­alition ein­zu­gehen. Wie ein Trep­penwitz mutet es an, dass aus­ge­rechnet der Trotzki-Bewun­derer Tsipras, Chef der grie­chi­schen Schwes­ter­partei der deut­schen LINKEN, den deut­schen Sozi­al­de­mo­kraten Schulz ermahnt, nicht zu fun­da­men­ta­lis­tisch zu sein: „Vergiss nicht, dass eine wahrhaft linke und fort­schritt­liche Position nicht darin besteht, die eigene Iden­tität mög­lichst sauber zu halten“, habe ihm Tsipras ans Herz gelegt, so berichtet der SPD-Chef. Die „echte linke und pro­gressive Haltung“ sei, nicht auf die Reinheit seiner eigenen Posi­tionen zu bestehen. Statt­dessen sollte man für greifbare Ände­rungen zugunsten der Mehrheit des Volkes kämpfen, soll Tsipras gesagt haben. „Wenn Du (Schulz) das jetzt erreichen kannst, dann sollte viel­leicht diese Chance nicht ver­passt werden.“
Diese Rat­schläge der Sozia­listen aus den Süd­ländern sind selbst­ver­ständlich völlig unei­gen­nützig, aber Schulz glaubt, dass er die Auto­rität und Argu­men­ta­ti­ons­hilfe des Mar­xisten Tsipras braucht, um seine eigenen Genossen auf dem Par­teitag zu überzeugen.
 
Dr. Rainer Zitelmann / TheEuropean.de