Die BitCoin-Blase: Über ihre Gewinner und Verlierer

Alleine die Tat­sache, dass Artikel über Bitcoin, egal welchen Inhalts, hohe Leser­zahlen erreichen, darf als ein­deu­tiger Bla­sen­in­di­kator gelten. Das Thema hat den Main­stream erreicht, nachdem der Markt bereits Kurs­ge­winne von meh­reren 10.000 Prozent erreicht hat. Nun gilt es die Musik so laut zu machen, dass die wenigen Insider ihre Zahl wird auf rund 1000 geschätzt aus dem Markt aus­steigen können. Nichts ist da will­kom­mener als Artikel, die Kurs­ziele von 100.000 Dollar ausrufen.
Warum nicht eine Million, frage ich mich da. Blasen ist nämlich gemein, dass man ihr end­gül­tiges Ausmaß unter­schätzt. So warnte Alan Greenspan schon 1997 vor der irra­tio­nalen Über­treibung an den US-Börsen im Zuge des New-Economy-Booms. Dennoch ging es bekanntlich noch bis März 2000 weiter. So gesehen mag der eine oder andere dar­auf­setzen, dass der größere Dummkopf (the greater fool) erst später ein­steigt, und man bis dahin auch noch etwas von der Wohl­stand­sum­ver­teilung abbekommt.
Bla­sen­in­di­ka­toren, wohin man schaut
Hier die Indi­ka­toren für eine Bla­sen­bildung bei Kryptowährungen:

  1. Die Kurs­ent­wicklung zeigt einen klas­si­schen Blow-off. Die Kurse gehen fast senk­recht nach oben, was zumindest his­to­risch bei ähn­lichen Ent­wick­lungen zu einem Crash geführt hat.
  2. Überall ist zu lesen, wie andere Leute reich werden. Erzählte das manager magazin von den Ber­liner WG-Bewohnern, die durch Handel mit Bit­coins zu Mil­lio­nären wurden, zogen Wirt­schafts­Woche und SPIEGEL mit Berichten über die Rekordjagd nach. BILD fragte: „Was bringt es, jetzt Bit­coins zu kaufen?“ Zwar wird auf die Risiken hin­ge­wiesen, sicher ist jedoch, dass erst jetzt viele Men­schen auf den Boom auf­merksam werden und nicht wenige noch auf den Zug auf­springen. Erfah­rungs­gemäß nur, um den Profis den Aus­stieg vor dem Crash zu ermöglichen.
  3. In die gleiche Kate­gorie fällt der erste euro­päische Bitcoin-Fonds für Pri­vat­an­leger, der von einem kleinen fran­zö­si­schen Asset­ma­nager auf­gelegt wird. Nicht weniger als 400 Mil­lionen schwer soll der Fonds in zwei bis drei Jahren sein. Auch hier dürften die Pri­vaten wie so oft zu spät zur Party kommen.
  4. Die Profis freuen sich derweil, dass die Chi­cagoer Börse Futures auf Bitcoin ein­führt, mit denen man nicht nur auf weiter stei­gende Preise, sondern gerne auch auf fal­lende Preise wetten kann.

Der wohl ein­deu­tigste Indi­kator für eine Bla­sen­bildung sind die sich häu­fenden Geschichten von Unter­nehmen, die alleine durch eine Änderung ihres Namens Kurs­ge­winne von meh­reren Hundert Prozent innerhalb kurzer Zeit erzielen.
Jüngstes Bei­spiel: Am 13. Dezember hat sich die „Long Island Iced Tea Cor­po­ration“ umbe­nannt in die „Long Block­chain Group“. In der Folge stiegen die Aktien vor­börslich an der NASDAQ um mehr als 500 Prozent. Dabei war neben der Änderung des Namens nicht viel über die neue Stra­tegie zu erfahren. Die Geträn­ke­firma sprach lediglich von „a new smart con­tract platform for building decen­tra­lised appli­ca­tions that pro­vides sca­la­bility beyond curr­ently available options“, was die FINANCIAL TIMES zu einem direkten Ver­gleich mit einer frü­heren ähnlich gela­gerten Unter­nehmung ver­an­lasste, die ihren Geschäfts­zweck so umschrieb: „company for car­rying on an under­taking of great advantage, but nobody to know what it is“. Gemeint ist die South Sea Company, die zur berühmten Süd­see­blase geführt hat.
All jene, die jetzt das Gefühl haben, sie müssten noch schnell den Lem­mingen folgen, sei die Erfahrung von Isaac Newton ans Herz gelegt: Zunächst hatte er im Zuge der Süd­see­blase von 1720 viel Geld ver­dient und Kasse gemacht. Doch als er sah, dass seine Freunde und Bekannten noch mehr ver­dienten, stieg er, kurz bevor die Blase platzte, wieder in die Spe­ku­lation ein. Statt eines wei­teren Gewinns bescherte ihm dies einen Verlust in Höhe von 20.000 Pfund umge­rechnet auf heute immerhin rund drei Mil­lionen Euro und er klagte, „er könne die Bewegung der Sterne berechnen, aber nicht die Dummheit der Menschen“.
Kann Bitcoin noch auf 100.000 Euro steigen? Ja klar, aber auch auf 100 fallen. Wir werden es sehen. Dass die Gebrüder Wink­levoss, bekannt durch ihren Rechts­streit mit Mark Zuckerberg über die Gründung von Facebook und von Hol­lywood im Film The Social Network nicht gerade als intel­lek­tuelle Leuchten por­trä­tiert, mit Bit­coins Mil­li­ardäre geworden sind, ändert an dieser Ein­schätzung nichts. Sie haben elf Mil­lionen US-Dollar aus der Abfin­dungs­zahlung von Zuckerberg vor etwas mehr als vier Jahren in Bit­coins angelegt. Heute, nach einer Preis­stei­gerung um sagen­hafte 10.000 Prozent, ein Betrag von über einer Mil­liarde. Nicht schlecht.

Miss­trauen in Geld­system berechtigt

Natürlich gibt es viele gute Argu­mente für die Idee des Kryp­to­geldes und die Zukunft der Block­chain-Tech­no­logie. Doch diese recht­fer­tigen nicht jeden Preis. So teile ich bekanntlich die Skepsis bezüglich der Sta­bi­lität unseres Geld­systems mit Blick auf die völlig aus dem Ruder gelaufene welt­weite Ver­schuldung und der hem­mungs­losen Bereit­schaft von Noten­banken und Politik, den ein­ge­schla­genen Weg der Zer­rüttung unseres Geld­wesens kon­se­quent zu Ende zu gehen.
Kri­tiker wie die Bank für Inter­na­tio­nalen Zah­lungs­aus­gleich weisen immer laut­stärker darauf hin, dass wir uns in einer Spirale abneh­mender Zinsen und stei­gender Geld­mengen befinden nur mit dem Ziel, einen Zusam­men­bruch unseres Schul­den­turmes und damit auch der Ver­mö­gens­blasen zu ver­hindern. Auf Dauer kann dies nicht gut gehen. Und das wissen wir alle.
Insofern ist es nur kon­se­quent, aus dem bestehenden System zu flüchten. Krachen die Schuldner, ver­lieren die Gläu­biger und damit letztlich all jene, die ihre Ersparnis in Kre­ditgeld auf­be­wahren. Konten bleiben keine sichere Auf­be­wah­rungs­stelle. Zu groß ist die Gefahr bei der nächsten Runde der „Ban­ken­rettung“ an den Kosten beteiligt zu werden, zu groß ist die Gefahr, dass es doch noch gelingt, das Ver­trauen in die Geld­ordnung so zu zer­rütten, dass eine Hyper­in­flation die Folge ist.
Ob Bitcoin und Co. dafür die richtige Antwort sind, bezweifle ich sehr. Sie basieren zwar auf einer guten Logik und einer inter­es­santen Tech­no­logie, dennoch ist die Bewertung nicht kon­sistent zur Bewertung anderer Wertauf­be­wah­rungs­mittel, wie bei­spiels­weise dem Gold. Ganz nach dem Motto: Wenn wir schon dem bestehenden Geld­system kri­tisch gegen­über­stehen, dann bitte kon­se­quent. Statt also der Blase in den Kryp­to­wäh­rungen hin­ter­her­zu­laufen, sollten die Skep­tiker den Bestand an Gold und Silber in phy­si­scher Form aufstocken.
Banken die Verlierer 
Wer an die Zukunft von Bitcoin glaubt, sollte, statt den Bewer­tungen hin­ter­her­zu­laufen, lieber das ver­kaufen, was unter dem Sie­geszug der Block­chain-Tech­no­logie am meisten leiden wird. Das dürften die Banken sein. Nicht nur würde das Kryp­togeld dem Geld­schöp­fungs­pri­vileg der Banken ein Ende bereiten, es würde auch ein Großteil der Trans­ak­tionen der Banken auto­ma­ti­sieren und Banken völlig über­flüssig machen. Die Zer­störung des klas­si­schen Ein­zel­handels durch Amazon ist ver­glichen damit nur ein kleiner Strukturwandel.

Das Ban­ken­system sitzt auf über­flüs­sigen Kapa­zi­täten jeg­licher Art: Filialen, die keiner braucht; Mit­ar­beiter für Pro­zesse, die durch die Digi­ta­li­sierung weg­fallen, und faule Kredite in Höhe von Hun­derten Mil­li­arden Euro alleine in Europa. Die tiefen Zinsen tun ein wei­teres, um die Pro­fi­ta­bi­lität des Ban­ken­systems nach­haltig zu unter­mi­nieren. Gründe genug, sich von Banken fern zu halten. Das Sze­nario eines völlig über­flüs­sigen Ban­ken­systems, sub­sti­tuiert durch Spieler wie bei­spiels­weise Google und Facebook, ist mehr als eine Utopie.

Keine Gefahr für das Finanzsystem
Wird die Blase bei Bit­coins eines Tages platzen? Sicherlich. Wird das morgen pas­sieren oder erst bei einem Stand von 100.000 Dollar oder gar einer Million? Ich weiß es nicht und niemand kann es seriös vor­her­sagen. Der Aus­löser kann aus vielen Rich­tungen kommen: Staaten können Bit­coins und andere Kryp­to­wäh­rungen ver­bieten. China alleine genügt, schließlich domi­niert das Land die Pro­duktion der neuen Wäh­rungen. Oder geht einfach der Strom aus? Manche Ana­lysten erwarten, dass bei Fort­setzung des heu­tigen Wachstums schon in wenigen Jahren die gesamte Strom­erzeugung der Welt nur für das „Mining“ gebraucht würde.
Eine Gefahr für das Finanz­system stellt der bevor­ste­hende Crash von Bitcoin und Co. sicherlich nicht dar. Wer dies befürchtet, hat nicht ver­standen, wie Finanz­krisen ent­stehen.
Finanz­krisen sind nur dann die Folge von Blasen, wenn die Spe­ku­lation mit Einsatz von viel Fremd­ka­pital erfolgt dem soge­nannten „Leverage“. Das war 1929 so, das war nach dem Platzen der Immo­bi­li­en­blase in den USA 2008 so und das wird auch bei kom­menden Krisen so sein. Ent­steht die Blase hin­gegen mit nur geringem Fremd­ka­pi­tal­einsatz, sind die Ver­luste für den ein­zelnen Spe­ku­lanten schmerzhaft aber nicht systemrelevant.

Bis jetzt gibt es wenig Indi­ka­toren für massive Spe­ku­lation auf Kredit im Markt der Kryp­to­wäh­rungen. Stimmt es, dass der Großteil der bisher geschaf­fenen Bit­coins und Co. sich noch in den Händen von wenigen Insidern befinden, so haben wir es vor allem mit Buch­ge­winnen zu tun. Relativ geringe Umsätze erklären die hohe Vola­ti­lität und den para­bo­li­schen Preis­an­stieg. Es geht einfach zu wenig um.

Wer Angst vor der nächsten Finanz­krise hat und die habe ich bekanntlich der sollte auf die wirklich gefähr­lichen Märkte schauen. Die völlig über­be­wertete Wall Street (dazu habe ich mich hier schon aus­führlich geäußert), die zuneh­mende Bla­sen­bildung im Markt für Immo­bilien (auch dazu habe ich mich hier schon ein­gehend geäußert) und die Blase bei Unter­neh­mens­an­leihen. Hier lauern die wahren Gefahren, die vom medialen Getöse um Bit­coins über­lagert werden.
Als Nachtrag:

Quelle: GMO
Zunächst die Fest­stellung, dass es sich bei Bitcoin und Co. nicht um eine stabile Währung handelt. Die Vola­ti­lität ist viel höher als bei alter­na­tiven Wertauf­be­wah­rungs­mitteln, wie Goldman Sachs zeigt:

Quelle: Gold­man­Sachs, FT
Darüber hinaus gibt es zu viele Kryp­to­wäh­rungen, die sich zu viel Kon­kurrenz machen. Die FT dazu: „In other words, the large number of crypto offe­rings may get in the way of any of them achieving cri­tical mass. It cer­tainly seems to be a given that a lot of these cur­rencies will even­tually fail for lack of use. That implies what most of us already knew, that a lot of people are going to lose a lot of money.“

 


Quelle: Bespoke, FT
Fazit FT: „This sector is still small in the greater scheme of things, but no longer negli­gible, and the chances are that a number of the cur­rencies on that list will end up going to zero.“
GMO: „Bracing Yourself for a Pos­sible Near-Term Melt-Up“, 3. Januar 2018
FT (Anmeldung erfor­derlich): „Authers’ Note: Goldman Sachs on bitcoin“, 11. Januar 2018
Dr. Daniel Stelter / www.think-beyondtheobvious.com