Über den gewalt­samen Wider­stand — Die Deut­schen sind unfähig zur eigenen Verteidigung

Ob man es „Unter­ta­nen­men­ta­lität“ nennt oder „Große Depression“ oder „Selbst­aufgabe“: Die Deut­schen haben ein Problem. Sie sind vom Pazi­fismus derart durch­tränkt, dass sie prak­tisch unfähig sind, sich zu ver­tei­digen. Nicht nur als Nation, sondern auch privat haben sie das mitt­ler­weile ver­lernt, wie sich spä­testens bei den Syl­ves­ter­er­eig­nissen auf der Kölner Dom­platte gezeigt hat.
(Von Adorján F. Kovács)
Nur wer seine Kultur kennt, kann defi­nieren, wo eine andere Kultur beginnt. Nur wer seinen Stand­punkt ver­tei­digen kann, wird respek­tiert. Nur wer bereit und willens ist, die Mecha­nismen zur Ver­tei­digung im Ernstfall auch in Gang zu setzen, wird sein Land, seinen Kul­tur­kreis, seine Heimat behalten können. Wenn die ent­spren­dende Ein­stellung fehlt, nützen auch Selbst­ver­tei­di­gungs­kurse nichts. Zum Pazi­fismus tritt eine Ver­wi­schung des männ­lichen Profils, eine geistige Demi­li­ta­ri­sierung von innen: dies ist eine wichtige, aber vielfach unter­schätzte Wirkung der Gender-Ideo­logie. Kurzum: Als junger, männ­licher Deut­scher hat man heut­zutage, wenn nicht gleich der Geruch auf­kommen soll, man sei „rechts“, vom Pazi­fismus derart durch­tränkt zu sein, dass eine prak­tische Unfä­higkeit zur Ver­tei­digung unter Einsatz von Gewalt kon­sta­tiert werden muss.
Wie ein heil­samer Schock mag da Manchem die jüngst erschienene deutsche Erst­über­setzung des rus­si­schen Klas­sikers „Über den gewalt­samen Wider­stand gegen das Böse“ von Iwan Iljin erscheinen. Denn die pazi­fis­tische Haltung ist mitt­ler­weile fast so alt wie die alte Bun­des­re­publik. Während sich die USA weltweit um die Ver­tei­digung gegen die sowje­ti­schen Aggres­soren küm­merten, konnten sich die ent­mün­digten Deut­schen, die keine Ver­ant­wortung tragen mussten, pazi­fis­tische Pro­teste leisten: Absur­der­weise mar­schierten viele Demons­tranten für blutige, kom­mu­nis­tische Dik­ta­toren wie Ho Chi Minh und Che Guevara, natürlich stellten sie sich in Mil­lio­nenzahl gegen die Nach­rüstung auf die Bonner Hof­gar­ten­wiese, denn letztlich wurde die Sowjet­union von ihnen mehr­heitlich – wenn auch vielfach klan­destin – verehrt. Blöd für die Pazi­fisten, dass dann exakt diese Nach­rüstung zum Zusam­men­bruch des sowje­tisch domi­nierten Völ­ker­ge­fäng­nisses in Ost­europa führte.
In der Ber­liner Republik sind wir Zeugen, wie eine ganze Armee nach Abschaffung der Wehr­pflicht rui­niert wird: kein Nach­wuchs trotz Work-Life-Balance, weil Sol­daten pau­schal als Mörder bezeichnet werden dürfen; zwar schwan­ger­en­taug­liche Panzer für eine ver­weib­lichte Truppe, aber keine flug­taug­lichen Flug­zeuge; sinnlose und völ­ker­rechts­widrige Kriege als Hilfs­sheriff der Ame­ri­kaner. Wir sind ferner Zeugen einer Gewalt­welle, die gerade über die Deut­schen her­ein­bricht und der sie offenbar nichts ent­ge­gen­setzen können. Sie sind tat­sächlich wehrlos. Pazi­fismus klingt gut, aber hat er auch eine Berech­tigung über wind­stille Tage hinaus?
Nicht ver­tei­di­gungs­willig, nicht verteidigungsbereit
Umfragen zeigen, dass nur noch 18 Prozent der Deut­schen bereit wären, ihr Land zu ver­tei­digen. Zwei­und­achtzig Prozent meinen also, dass alles in Ordnung sei, es keine Bedrohung gebe und nichts ver­teidigt werden müsse. Oder sind gar nicht erst bereit, für den eigenen Schutz und den ihrer Mit­bürger in mili­tä­ri­schen Dimen­sionen zu denken. Die Freiheit muss demnach ein Selbst­läufer sein, denn der gegen­derte Gut­mensch heu­tiger Tage kümmert sich um Molche im Stra­ßen­graben, aber nicht um den Fort­be­stand der Nation. Man müsse nur allen ein „freund­liches Gesicht“ zeigen, so die Ideo­logie, dann würde schon alles gut werden. Solche fatalen Irr­tümer wurden den Men­schen ab etwa 1820 bis in die Mitte des 19. Jahr­hun­derts ein­ge­redet, damals als Reaktion auf die furcht­baren Napo­leo­ni­schen Kriege – Bie­der­meier heißt diese Epoche, eine ono­ma­to­poe­tische Bezeichnung.
1945 wie­der­holte sich dies, als Folge der Schrecken des Zweiten Welt­kriegs. Trotzdem gab es noch Men­schen, vor allem liberale Bürger, die mit der Waffe in der Hand für die Freiheit kämpften, die ohne Gewalt nie erreicht worden wäre und die wir – man muss es wie­der­holen – heute nicht genießen könnten, hätten nicht ganz normale Men­schen zu den Waffen gegriffen. Es geht aber über­haupt nicht, wie Pazi­fisten unter­stellen, bei der Gewalt­frage um Angriffs­kriege, die natürlich geächtet werden müssen, sondern um den Fall, für dessen Aus­bleiben man nur beten kann, daß nämlich – um Clau­sewitz zu zitieren – jemand mit einem scharfen Schwert vor­bei­kommt und einem den Kopf abschneidet – sei es einzeln oder en masse. Dagegen wird kein herr­schafts­freier Diskurs helfen, kein gutes Zureden und nicht einmal demütige Unter­werfung, sondern nur gewalt­samer Widerstand.
Die Bedrohung der Freiheit wird aber in Europa kaum ein Krieg zwi­schen Natio­nal­staaten, sondern werden weit wahr­schein­licher Angriffe neuer mole­ku­larer und legis­la­tiver Art sein. Daran denken die meisten Men­schen nicht, wenn von Ver­tei­digung und Wider­stand die Rede ist. Dabei hat selbst einer der 68er, die an der vor 50 Jahren begon­nenen völ­ligen Demo­ra­li­sierung der Deut­schen schuld sind, gesagt, dass „die Zeit des sich immer meh­renden Son­nen­scheins über unserem lieben Vaterland zu Ende geht“. Bei diesen Worten aus diesem Mund hört man den Hohn und die Scha­den­freude geradezu heraus, denn sei­nes­gleichen hat aktiv dazu bei­getragen, dass es dunkel wird in Deutschland, um im Bild zu bleiben. Man kann das als naturhaft wie einen Vul­kan­aus­bruch akzep­tieren, was aller­dings irra­tional wäre. Man kann den Kopf neigen und sich ergeben, was feige und unwürdig wäre. Man kann aber auch tat­kräftig widerstehen.
Ein klarer Denker
Der rus­sische Phi­losoph Iwan Iljin (1883–1954) argu­men­tiert in seinem 1925 ver­fassten Klas­siker „Über den gewalt­samen Wider­stand gegen das Böse“ scharf gegen die pazi­fis­tische Lehre des Schrift­stellers und Denkers Leo Tolstoi, der Mahatma Gandhi und damit auch die deutsche Frie­dens­be­wegung mit­telbar beein­flusst hat. Er ent­larvt die pazi­fis­ti­schen Phrasen als unver­ant­wortlich. Erstens pro­fi­tieren die Pazi­fisten von denen, die Gewalt androhen oder anwenden, um sie zu beschützen. Sie sind also ver­logen. Zweitens gehen die Pazi­fisten davon aus, alle Men­schen seien im Prinzip gut und ein­sichtig. Sie sind also sen­ti­mental und illu­sionär. Drittens lassen die Pazi­fisten eher Andere zugrunde gehen als von ihrem hohen mora­li­schen Ross abzu­steigen. Sie sind also ego­zen­trisch. Sie kümmern sich hedo­nis­tisch um ihr eigenes Wohl­gefühl und wollen um jeden Preis sauber bleiben – doch dieser Preis der Gut­mensch­lichkeit ist hoch, zu hoch, wie Iljin meint.
Heute sehen wir das jeden Tag an den Folgen der mora­li­schen Über­höhung, mit der in Deutschland Politik gemacht wird. Am Ende steht die Unter­werfung unter eine Knecht­schaft, die von gewalt­be­reiten und ent­schlos­senen Men­schen, die Pazi­fisten nicht zu unrecht für Schwäch­linge halten, als eine Art tech­no­kra­ti­sches oder religiös-ideo­lo­gi­sches Paradies ange­priesen und durch­ge­setzt wird, in dem alles vor­ge­schrieben wird und man nicht mehr denken muss.
Nachdem Iljin die Hyper­moral als gefährlich ent­larvt hat, weil sie dem Bösen den Weg frei­macht, unter­sucht er die Bedin­gungen gewalt­samen Wider­stands unter ethi­schen Gesichts­punkten. Dabei geht er von der christlich-ortho­doxen Spi­ri­tua­lität aus, die er metho­disch rational wei­ter­denkt. Das Böse in der Welt ist eine mensch­liche Eigen­schaft, ein mora­li­sches Übel, das ernsthaft nicht geleugnet werden kann, und man muss ihm mit Tat­kraft wider­stehen, die zunächst kei­neswegs Gewalt, sondern eine Wil­lens­er­zwingung zur Durch­setzung des Guten meint, die einen selbst und andere betreffen kann, die sowohl psy­chisch als auch phy­sisch sein kann. Doch wenn alle Ver­suche des psy­chi­schen Zwangs auf Andere wie Erziehung, Gesetze, Streiks und Demons­tra­tionen erfolglos gewesen sind, ist Gewalt­an­wendung der einzige Weg, mit dem der Mensch seine Pflicht, dem Bösen zu wider­stehen, erfüllen kann.
Wenn Wider­stand zur Pflicht wird
In solchen Fällen muss er es als letzten Ausweg tun. Doch errichtet Iljin zugleich ein Bollwerk gegen jede Form der Selbst­ge­rech­tigkeit. Denn Gewalt ist nie „gerecht“, bes­ten­falls not­wendig. Sie ent­lässt den Men­schen nicht aus der Schuld in dem mora­li­schen Dilemma, dass er zur Gewalt greifen musste, um Schlim­meres zu ver­hindern, eine Wahrheit, die nur so die see­lische Wie­der­ge­nesung des Gewalt­an­wenders zulässt. Damit wendet sich Iljin gegen die west­liche Lehre vom „Gerechten Krieg“. In diesem Werk liefert er allen Men­schen, die zu unver­ant­wort­licher Selbst­aufgabe neigen und einem sen­ti­men­talen Pazi­fismus frönen, der aber nur Verrat an den Schwachen und Teil­nahme am Bösen ist, eine über die bloße Selbst­ver­tei­digung hin­aus­ge­hende Begründung für gewalt­samen Widerstand.
Tat­kräf­tiger Wider­stand muss immer ange­messen sein. Um zurecht tat­kräf­tigen Wider­stand leisten zu können, muss man zudem genau wissen, was das Böse ist und es auch erfahren haben. Nach Iljin handelt es sich um eine „Erzwingung, die von einer bösen Seele her­rührt oder auf das Böse zielt“; es muss also ein aktiver Zwang durch äußere Hand­lungen vor­liegen, dem man nicht mehr anders als gewaltsam ent­rinnen kann. Für Iljin war der Bol­sche­wismus das Böse in unver­stellter Kraft. Men­schen guten Willens werden ihm darin bei­pflichten, zumal der Natio­nal­so­zia­lismus, gegen den zu kämpfen eben­falls unbe­dingte Pflicht war, eine dem Bol­sche­wismus ver­wandte Spielart des Tota­li­ta­rismus war. Man muss aber nicht nur wissen, was das Böse ist, man muss auch das Gute kennen. Hier nun gibt es heute ein Problem. Es fällt nämlich auf, dass prak­tisch alle west­lichen Phi­lo­so­phien und poli­ti­schen Lehren den Men­schen ein­reden wollen, es gäbe Kate­gorien wie „gut“ und „böse“ nicht. Diese rela­ti­vis­ti­schen Lehren sollen die Men­schen natürlich ori­en­tie­rungs- und damit wehrlos machen. Cui bono? Doch wohl um die von mas­sen­kon­sum­ge­nährter Trägheit, fauler Gesin­nungs­ethik und Internet ruhig­ge­stellte Mehrheit der so genannten Bevöl­kerung in mul­ti­eth­ni­schen Super­staaten besser beherr­schen zu können. In ihren vor kurzem gehal­tenen Reden haben sich die Glo­ba­listen Soros, Merkel und Macron auf dem Welt­wirt­schafts­gipfel in Davos ziemlich offen dazu geäußert.
Was ist das Böse heute?
Mit Iljins Kri­terien kann man es ziemlich genau defi­nieren. Man geht nicht fehl, es in anti­christ­lichen Ideo­logien zu suchen, die in äußeren Hand­lungen Zwang ausüben. Sie ver­kleiden sich oft, wie Iljin betont, als die Fried­lichen, Schwachen und Guten, weshalb man eine klare Vor­stellung vom wirklich Guten haben muss. Dieses ist für den christ­lichen Phi­lo­sophen Iljin vom Gött­lichen im christ­lichen Sinn her­ge­leitet. Doch die Ver­treter der west­lichen Amts­kirchen geben sich den Schein der einzig rich­tigen Deutung der christ­lichen Offen­barung, dass nämlich die Liebe humane Anteil­nahme sei, dass sie den Kampf aus­schließe, dass nicht der­jenige liebe, der kämpft, sondern der­jenige, der feige den Kampf flieht, dass Desertion die Mani­fes­tation der Hei­ligkeit sei und dass man das Werk Gottes um der eigenen mora­li­schen Gerech­tigkeit Willen ver­raten könne und solle, weil ja doch alles relativ sei und alle Reli­gionen und Ideo­logien irgendwie ihre Berech­tigung hätten.
Das Besondere an Iljins Buch ist nun, dass er mit diesen fal­schen Auf­fas­sungen auf­räumt und von der rus­sisch-ortho­doxen Warte aus Ein­sichten in ein wehr­haftes Chris­tentum gibt, das die christ­liche Liebe richtig sieht, nämlich als Streben zu Gott, der zwar voll­kommene Liebe sei, aber eben gerade darum nicht die süß­liche, „huma­nitäre“, prin­zi­pi­enlos gütige Liebe, die unter­schiedslos alles billigt und die nicht zornig werden kann, wenn sie ihre Prin­zipien ver­letzt sieht. Es war Christus, der sagte, dass es böse Men­schen gebe, für die es besser gewesen wäre, nie geboren zu sein und andere, für die es besser sei, mit einem Mühl­stein um den Hals im Meer ver­senkt zu werden. Der Mensch soll zwar mit seinen Feinden in Frieden leben und ihnen ver­zeihen, aber nur mit seinen per­sön­lichen Feinden, nicht mit den Feinden Gottes. Wahre Christen können keine Rela­ti­visten sein, sondern sind von der geof­fen­barten Wahrheit über­zeugt; sie dürfen, ja müssen tat­kräf­tigen Wider­stand gegen die Feinde Gottes leisten. Iljins lehrt, dass dabei Gewalt nicht aus­ge­schlossen werden darf, weil das Böse diese Schwäche immer aus­nutzen würde.
Das Buch ist natürlich nicht nur für Christen geschrieben, sondern für alle Men­schen guten Willens, deren Freiheit bedroht ist, die aber auch vom Pazi­fismus gelähmt sind. Athe­isten, Liberale und soge­nannte Huma­nisten sind aber immer noch Feinde des Chris­tentums und ver­folgen es wie vor 200 Jahren. Das war viel­leicht einmal ver­tretbar, heute ist es falsch. Bedroht sie das Chris­tentum etwa? Da gibt es ganz andere Bedro­hungen, die täglich zunehmen. Man sollte zum Bei­spiel nicht warten, bis in Deutschland zum Netz­werk­durch­set­zungs­gesetz auch noch das Social Credit System ein­ge­führt wird. Diese Frei­geister glauben unbeirrt an das Gute im Men­schen. Doch sollten sie sich bei­zeiten über­legen, ob sie sich nicht kri­ti­scher mit denen aus­ein­an­der­setzen, die sie für weniger wert halten als Tiere, denn der Tag wird kommen, an dem diese sich sehr genau mit ihnen beschäf­tigen werden. Des­wegen wendet Iljins Buch sich auch an die Frei­geister. „Über den gewalt­samen Wider­stand gegen das Böse“ ist ein Augen­öffner. Wem er die Augen nicht öffnet, dem ist nicht zu helfen.
Es geht Deutschland wohl noch zu gut
Die Frage ist, ob es für tat­kräf­tigen Wider­stand nicht schon zu spät ist, weil er nicht mehr erfolg­ver­spre­chend geleistet werden kann. Und von wem soll er denn geleistet werden? Der Soziologe und Poli­tologe Gunnar Heinsohn hält den deut­schen Pazi­fismus ohnehin für eine Folge der Über­al­terung. Die Mehrheit der Deut­schen ist über 50; durchaus rüstig, aber dem aktiven Wider­stand phy­sio­lo­gisch eher nicht gewachsen. Oder viel­leicht doch? Es müssten aber zual­lererst die jungen Leute sein. Doch viele junge Men­schen unter 35 sind schon derart durch­ideo­lo­gi­siert, dass sie nicht anders als in den bereit­ge­stellten Scha­blonen denken können. Sie sehen nir­gendwo Pro­bleme, sondern kümmern sich aus­schließlich um sich selbst.
Der Jour­nalist Wolfgang Röhl schrieb auf der „Achse des Guten“ über diese Gene­ration und was sie will: „Umver­teilung, Staats­gläu­bigkeit, Ver­bo­te­ver­liebtheit, Agrar­ro­mantik, Anti­ame­ri­ka­nismus, Israel­bashing, Gesund­heits­hys­terie, Tech­no­lo­gie­feind­schaft, Kul­tur­re­la­ti­vismus […] Als Sah­ne­häubchen gras­siert seit einigen Jahren eine gro­teske Über­höhung weib­lichen Da-Seins […] Eine Oppo­sition findet nicht statt. Es gibt nicht mal Ansätze einer ernst­zu­neh­menden außer­par­la­men­ta­ri­schen Pro­test­be­wegung. Für eure Feigheit und Schluf­figkeit, ihr nach­ge­bo­renen Sitz­pinkler, Steh­paddler, Lie­ge­radler, Ener­gie­sparer, Wind­ra­den­thu­si­asten, Jan-Weiler-Leser und Fack-ju-Göthe-Gucker; ihr Teil­zeit­ve­ganer, Voll­zeit­achtsame, Hip­ster­bärtige, #metoo-Sirenen und Gen­der­stern­chen­setzer, die ihr vor jedem Zeit­geist­quark katz­bu­ckelt […] – dafür ver­achte ich euch aus tiefstem altem Herzen. Fürchte, auch nach euch wird kommen: nichts Nennenswertes.“
Hier irrt Röhl, denn diese softe deutsche Gene­ration wird die erste sein, die als Rentner im eigenen Land in der Min­derheit sein und von der Gnade jener, die seit kurzem hier leben, abhängig sein wird. Das scheint mir schon etwas Nen­nens­wertes zu sein. Noch sind aber die über 35-jäh­rigen in Deutschland mehr­heitlich frei­heitlich den­kende Deutsche und in der großen Überzahl. Sie müssen die Wende mit tat­kräf­tigem Wider­stand schaffen. In Cottbus scheinen die Men­schen soeben etwas erreicht zu haben, denn die Stadt­oberen denken um, aber es müssten viel mehr Men­schen auf die Straße gehen. Viel­leicht geht es Deutschland immer noch zu gut. Viel­leicht muss es Deutschland schlechter gehen, damit sich etwas wendet. Eine Wende wäre übrigens auch zum Wohl der unter 35-jäh­rigen und aller frei­heits­lie­benden Menschen.
 


Quelle: TheEuropean.de — Adorján F. Kovács, 1958 geboren, hat Medizin, Zahn­me­dizin und Phi­lo­sophie in Ulm und Frankfurt am Main stu­diert. Er hat sich zur regio­nalen Che­mo­the­rapie bei Kopf-Hals-Tumoren für das Fach Mund‑, Kiefer- und Gesichts­chir­urgie habi­li­tiert. Seit 2008 ist er für eine Reihe von Zeit­schriften publi­zis­tisch tätig. Zuletzt erschien das Buch „Der schöne Taumel vor dem Fall. Lite­ratur und Kunst an der Schwelle der Auf­lösung Europas“.