Starinvester Felix Zulauf bei Po Aurum TV (Screenshot YouTube)

Felix Zulauf: “Frau Merkel ver­ant­wortet eine Kata­strophe für die nach­fol­gende Generation”

Felix Zulauf ist einer der ange­se­hensten Ver­mö­gens­ver­walter der Welt. Der Schweizer äußert sich nicht häufig. Wenn, dann jedoch poin­tiert. Kürzlich gab er der wiwo.de ein Interview. Wie immer in einer erfri­schenden Klarheit. Hier die Highlights:

  • „Es riecht nach 1987, wie damals vor dem Crash. Wie damals steigt die Inflation, die Ren­diten ziehen an, der Dollar ist schwach und ein US-Finanz­mi­nister redet seine Währung schwach. Gleich­zeitig sind Aktien hoch bewertet. Inves­toren haben einen extrem hohen Akti­en­anteil in den Depots und kaufen Aktien mit rekord­hohen Summen auf Pump. 1987 gab es die so genannte Port­folio Insu­rance. (…) Das Pendant dazu heute sind Risk-Parity-Pro­dukte. Dabei setzen Anleger auf Aktien und Anleihen, die unter­schied­liche Risiken auf­weisen und ent­spre­chend gewichtet werden.“
    Fazit: Das Gute an diesem Ver­gleich ist, dass es damals wirklich nur ein Bör­sen­problem war, das die Real­wirt­schaft nicht beein­flusst hat. 
  • Ich gehe von einer Kor­rektur aus, die aber wahr­scheinlich länger anhalten wird. Die Gründe liegen in der fun­da­men­talen Ent­wicklung: Die Wirt­schafts­po­litik in diesem Zyklus ist primär in den Händen der Geld­po­li­tiker. Und die Geld­po­litik war aggressiv, wie wir das noch nie gesehen haben. Offenbar herrscht da die Meinung vor, dass Noten­banken alles machen können, was sie wollen. Und sie machen das auch.“
    Fazit: und ver­ur­sachen damit immer größere Pro­bleme an den Finanzmärkten.
  • „Die Pro­duk­ti­ons­ver­la­gerung nach Asien hat viele Pro­dukte immer bil­liger gemacht und die Kon­su­men­ten­preise tief gehalten. Dazu kamen dis­ruptive Tech­no­logien, etwa im Ein­zel­handel, wo ganze Kos­ten­ebenen ver­schwunden sind. Das sind die defla­to­ri­schen Ele­mente, die Preise drücken. Aus China aber kommt jetzt nicht mehr defla­tio­närer Druck auf unsere Preise, da kommt jetzt ein infla­tio­närer Druck. China hat einen unglaub­lichen Kon­sumboom, die Preise steigen mit gut fünf Prozent. Weil der Ein­bruch der Welt­wirt­schaft in der letzten Rezession so groß war, waren die Kapa­zi­täten lange schwach aus­ge­lastet und der Arbeits­markt entspannt.“
    – Fazit: Das hatten wir auch im alter­na­tiven Blick auf 2018 als eines der Themen: → Eine andere Sicht auf 2018
  • „Wir sind an einem Punkt, wo die Teuerung zwar noch nicht struk­turell, aber zyklisch weiter nach oben geht. (…) Das haben die Märkte rea­li­siert. Ent­spre­chend sind die Ren­diten nach oben gegangen. Weil die Noten­banken zu expansiv sind, haben die Bond­märkte damit begonnen, die Geld­po­li­tiker zu dis­zi­pli­nieren.“
    – Fazit: Die Noten­banken folgen ohnehin immer den Märkten.
  • „Was die Euro­päische Zen­tralbank aber betreibt, ist eigentlich kri­minell. Das ist unglaublich ange­sichts der Kon­junk­turlage und hat über­haupt nichts mehr mit ver­nünf­tiger, auf Sta­bi­lität aus­ge­rich­teter Geld­po­litik zu tun. (…) In den nächsten ein, zwei Jahren werden alle großen Noten­banken ver­suchen, ihre Politik zu normalisieren.“
    – Fazit: Das führt, wie dis­ku­tiert bei bto, dazu, dass stei­gende Zinsen in der EU erwartet werden und damit ein starker Euro.
  • „Nor­ma­ler­weise gehen in einem Kon­junk­tur­an­stieg Aktien und Zinsen par­allel nach oben – bis zu einem Punkt, wo es anfängt, weh zu tun. Der ist erreicht, wenn sich die Liqui­dität negativ ver­ändert. Die Frage ist, ob wir schon dort sind oder nicht. Ich glaube, dass wir diesen Punkt im Lauf der nächsten zwölf Monate erreichen. Aktuell gehe ich von einer mit­tel­fris­tigen Kor­rektur aus, deren erster Tief­punkt gesetzt ist. Bis in den März hinein wird es Erho­lungs­ver­suche geben, die aber wohl scheitern werden. Im zweiten Quartal könnte es dann zu einer zweiten Ver­kaufs­welle kommen, die etwas tiefer geht als am vor­ver­gan­genen Freitag. Dann dürfte die Kor­rektur vorbei sein. Für den Rest des Jahres werden die Börsen dann wieder ver­suchen, nach oben zu krabbeln. Aber das werden nicht mehr alle Märkte schaffen.“
    – Fazit: was irgendwie auch ent­spannend ist. So gesehen pas­siert kein Unfall an den Märkten.
  • „In den USA könnte es neue Höchst­kurse geben, in einigen Schwel­len­ländern auch, aber nicht in Europa. Europa ist die schwächste Region von allen. Der Stoxx Europe 600 notiert zehn Prozent unter dem Stand von vor drei Jahren. Europa ist die einzige Region, die in der Breite kein neues Hoch gemacht hat.“
    – Fazit: Das wider­spricht auch dem, was ich immer geschrieben habe, da Europa deutlich bil­liger ist als die anderen Märkte. Bridge­water hin­gegen wettet in ähn­licher Richtung.
  • „Die Politik in Europa ver­sucht etwas, was für den gesamten Kon­tinent kata­strophal ist. Der Bau eines zen­tra­lis­ti­schen Impe­riums. Das ist Sozia­lismus pur, den wir hier bekommen. Die Europäer machen einen Rie­sen­fehler, weil sie die Ent­schei­dungs­gewalt in die Hände einer völlig ver­blen­deten poli­ti­schen Elite legen, die glaubt, sie müsse die Ver­ei­nigten Staaten von Europa bauen. Der Brexit ist ein Produkt dieser Ent­wicklung. Jetzt gehen die Briten raus, eine Volks­wirt­schaft, die so groß ist wie die 20 kleinsten EU-Mit­glieder zusammen. Wir ver­lieren das Land, das am meisten für Markt­wirt­schaft und Freiheit plä­diert hat und zugleich den zweit­größten Net­to­bei­trags­zahler der EU.“
    – Fazit: Das ist auch eine Folge der deut­schen Politik, wie ich oft erläutert habe.
  • (Macron) ist ein gewiefter Bursche und sieht, dass er die deut­schen Poli­tiker über den Tisch ziehen kann. Macron inter­es­siert sich für Frank­reich. Er hat gezeigt, dass er – wie alle fran­zö­si­schen Poli­tiker schon immer – ein Natio­nalist ist und kein großer Europäer. (…) Er hat kein Interesse, Sou­ve­rä­nität an eine euro­päische Insti­tution abzu­geben, sondern will an (…) die deut­schen Gelder. Die sollen ihm helfen, Frank­reich zu refor­mieren und umzu­bauen. Die deutsche Politik unter Angela Merkel ist dagegen eine Kata­strophe. Sie hat die CDU von einer liberal-kon­ser­va­tiven Partei zu einer sozi­al­de­mo­kra­ti­schen Partei gemacht. Sie hat überall nach­ge­geben, als Ver­träge über Europa gebrochen worden sind. Frau Merkel hat Tür und Tor geöffnet für eine Fehl­ent­wicklung auf unserem Kon­tinent, die für die nach­fol­gende Gene­ration eine Kata­strophe sein wird. Der Akti­en­markt zeigt das an.“
    – Fazit: Hierzu kann ich nicht mehr viel sagen. Bekanntlich ist das genau meine Sicht.
  • Zu den USA: „Ich glaube, Trump hatte ursprünglich ein anderes Wirt­schafts­pro­gramm im Kopf. Aber die Repu­bli­kaner brauchten einen Erfolg. Es ist natürlich Unsinn, dass man nach jah­re­langer Expansion noch ein fis­kal­po­li­ti­sches Sti­mu­lie­rungs­pro­gramm auflegt. Man wird weiter rum­wursteln mit Defi­zit­wirt­schaft und einer expan­siven Geld­po­litik. Das sorgt für ein gewisses Wirt­schafts­wachstum, aber die struk­tu­rellen Pro­bleme bleiben, und Inflation und Zinsen werden weiter steigen. Das ist für den Dollar ein schlechtes Umfeld.“
  • „Zehn­jährige US-Staats­an­leihen werden noch nicht direkt über die kri­tische Marke von drei Prozent Rendite springen. Ich rechne in den nächsten Monaten mit einer Kon­so­li­dierung unterhalb dieser Marke. Erst später im Jahr oder Anfang 2019, wenn die Kon­junktur wieder etwas besser wird, kommt der Aus­bruch über diese Marke. Wenn das pas­siert, dann zieht es die Ren­diten an den Anlei­hen­märkten auf der ganzen Welt massiv nach oben. Und dann haben wir ein ebenso mas­sives Problem an den Akti­en­märkten. Dann kommt die nächste größere Ver­kaufs­welle. Es wird nicht mehr so einfach sein wie in den letzten Jahren, an der Börse Geld zu verdienen.“
    – Fazit: Davon kann man wohl mit Sicherheit ausgehen.
  • „Was machen die Noten­banken, wenn sich die Kon­junktur einmal abschwächen sollte? In der Krise war es richtig, das Finanz­system zu sta­bi­li­sieren. Das gehört zu ihren Auf­gaben. Aber damit hätte nach einem Jahr Schluss sein müssen. Heute ist es so, dass Geld- und Fis­kal­po­litik nicht mehr in der Lage sind, den Volks­wirt­schaften die eigentlich not­wen­digen Schmerzen einer Rezession, was lediglich eine Berei­nigung der vor­an­ge­gangen Exzesse ist, zuzu­muten. Je länger und je mehr sie ein­greifen, desto stärker schwächen sie die Systeme struk­turell. Das bedeutet lang­fristig abneh­menden Wohl­stand. Der Glaube an den Inter­ven­tio­nismus und an ein kleines Gremium von Men­schen ist ein Irrglaube.“
    – Fazit: Gerade wir Deutsche werden äußerst schmerzhaft aus der Wohl­stands­il­lusion erwachen.
  • „Wir sehen ja, dass die großen euro­päi­schen Volks­par­teien alle am Ende sind. In Deutschland ist die SPD kaputt, mit nicht mal mehr 20 Prozent Zustimmung. Und Frau Merkel hat die CDU kaputt gemacht. Dadurch kommen neue Par­teien an den Rändern, links wie rechts. Und es ergibt sich eine poli­tische Land­schaft, die immer mehr der Wei­marer Republik ähnelt. Unsere Regie­rungen werden immer schwächer und können keine harten Ent­schei­dungen mehr treffen, die eigentlich not­wendig wären, um unsere Volks­wirt­schaften wieder auf einen gesunden Kurs zu bringen. (…) wir bauen Europa um zu einer DDR light. Wir haben immer mehr Staat, immer mehr Inter­vention, immer mehr Regu­lierung, immer mehr Diri­gismus und immer weniger Freiheit und Eigen­ver­ant­wortung. Das ist das Modell des Sozia­lismus. Und der endet immer im Bankrott.“
    – Fazit: Genauso ist es!
  • „Je mehr Pro­tek­tio­nismus wir bekommen, desto weniger Wachstum und Wohl­stand haben wir. Schon die Demo­grafie lässt eigentlich nur noch wenig Wachstum zu. In den 1990er-Jahren wuchs die Bevöl­ke­rungs­gruppe in der Alters­klasse unter 65 Jahren in China, Russland, Bra­silien und den Ländern der OECD um 25 bis 30 Mil­lionen Men­schen pro Jahr. Dieses Jahr wird das Wachstum null sein und in Zukunft wird die Bevöl­kerung schrumpfen, um bis zu 12 Mil­lionen pro Jahr bis 2035. Wenn die Bevöl­kerung schrumpft und wir kaum mehr Pro­duk­ti­vi­täts­stei­ge­rungen haben, dann gibt es kein Wirt­schafts­wachstum mehr. Wir bekommen immer weniger Wachstum und die Noten­banken schaufeln Sti­mulanz ins System. Man schüttet immer mehr Benzin in ein Auto, dessen Tank längst voll ist, aber dessen Getriebe kaputt ist. Deshalb fährt es nicht mehr.“
    – Fazit: Und das ver­stärkt den Trend zu Umver­teilung statt Wohlstandsmehrung. 

wiwo.de: „Dann gibt es Löcher im Markt“, 19. Februar 2018
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Auch für meine Piketty-Kritik „Die Schulden im 21. Jahr­hundert“ gab er ein Endorsement.


Dr.Daniel Stelter — www.think-beyondtheobvious.com