Vor 250 Jahren ist der indianische Volksheld Tecumseh geboren. Um 1768 lagen die Ureinwohner Nordamerikas am Ohio-Fluß südlich der Großen Seen in ständigen Kämpfen gegen vorrückende Kolonisten. Dabei reifte der spätere Häuptling der Shawnee zu einem strategisch denkenden Kopf. Mit ihm erwuchs den Vereinigten Staaten ein ernst zu nehmender Gegner. Trotz erdrückender Überlegenheit der weißen Eroberer konnte Tecumseh deren Drang nach Westen für einige Zeit aufhalten.
Vor dem Abfall seiner Kolonien in Nordamerika hatte König George III. von England die Ländereien der Krone von den Gebieten der Indianer trennen lassen. Dennoch kam es fortwährend zu Scharmützeln mit weißen Siedlern. Nach dem Sieg über die Briten im Unabhängigkeits-Krieg um 1783 drangen die Kolonisten im Schutz von Streitkräften der soeben gegründeten USA verstärkt nach Westen vor.
Diesem Ansturm stellte sich eine Föderation mehrerer Indianer-Stämme entgegen. Unter anderen errangen die Shawnee unter Häuptling „Blaujacke“ und die Miami unter Häuptling „Kleine Schildkröte“ beachtliche Erfolge gegen die US-Truppen. Ihre Krieger rieben die Armeen der Generäle Josiah Harmar 1790 und Arthur St. Clair 1791 fast vollständig auf.
In der entscheidenden Schlacht von Fallen Timbers wurden die Heimatverteidiger jedoch 1794 von General Anthony Wayne, genannt Mad Anthony, vernichtend geschlagen. Als Folge der Niederlage mußten sie große Gebiete am Ohio abtreten.
Tecumseh hatte als junger Mann an den Kämpfen teilgenommen. Der umsichtige Shawnee erkannte früh die tödliche Gefahr, die seinem Volk im Gefolge der Masseneinwanderung von Bleichgesichtern drohte. Anders als die Wild-West-Filme aus der Traumfabrik Hollywood glauben machten, setzten Feuerwasser und Seuchen den unberührten Naturmenschen ebenso zu wie die US-Kavallerie.
Nach Ergebnissen von Robert Jütte vom Institut für Medizin-Geschichte der Robert-Bosch-Stiftung entvölkerten vor allem Pocken die Neue Welt. Der Professor ist überzeugt: „Die Besiedlung Nord- und Mittelamerikas hätte ohne die Pocken nicht so schnell stattfinden können.“ Die Eingeboren besaßen keinerlei Abwehr gegen die Krankheiten, welche die weiße Siedler einschleppten. Die fremden Erreger rafften die Ureinwohner reihenweise hinweg.
Laut Medizin-Geschichte führten die Briten sogar einen regelrechten biologischen Krieg gegen die eingesessenen Stämme des amerikanischen Westens. Dazu verteilten sie Decken von Kranken aus Pocken-Häusern gezielt unter den Indianern, wie es heißt.
Außerdem zahlten die Gouverneure von Neu York zehn Dollar für jede indianische Kopfhaut, gleichviel ob von Mann, Weib oder Kind. Die grausame Unsitte des Skalpierens stammte mithin vom angeblich so kultivierten weißen Mann und nicht von den mutmaßlich so blutrünstigen Rothäuten. Deren bewaffnete Angriffe auf vordringende Kolonisten waren folglich Kämpfe ums nackte Überleben.
Auch scheuten Bleichgesichter keinen noch so hinterhältigen Betrug, um ihren Landraub rechtlich zu bemänteln. Sie luchsten arglosen Eingeborenen drei Kreuze auf Vertrags-Papieren über umfangreiche Landverkäufe ab, die zu solchen Abschlüssen gar nicht befugt waren. Tecumseh beklagte derartige Machenschaften bei Eingaben an den Indianerbeauftragten, wie überliefert ist.
Zum Ende des 18. Jahrhundert begann er für eine neue Allianz der indianischen Stämme der nordwestlichen Territorien zu werben. Zugleich suchte er einen Pakt mit den Briten, die sich auf das Gebiet des heutigen Kanada zurück gezogen hatten. Vereint konnten die Verbündeten den amerikanischen Streitkräften empfindliche Niederlagen bereiten und deren Drang nach Westen für einige Zeit aufhalten.
Insbesondere durch den Sieg über die US-Truppen in der Schlacht bei Frenchtown im Januar 1813 wehrten die Shawnee und ihre Mitstreiter eine Invasion Kanadas erfolgreich ab. Damit bremsten sie die Ausdehnung der Vereinigten Staaten und übten wahrscheinlich einen nachhaltigen Einfluß auf deren Geschichte aus.
Durch Unentschlossenheit britischer Kommandeure stießen die amerikanischen Streitkräfte jedoch bei der entscheidende Schlacht am Thames River im Oktober des selben Jahres nur auf schwachen Widerstand. Tecumseh fiel in dem Gefecht. Mit seinem Tod brach der Aufstand der Stämme südlich des Ohio Flusses zusammen.
Die Taten des Freiheitskämpfers leben indessen weiter in Filmen, Gemälden und Romanen. Das Buch „Reden großer Häuptlinge“ gibt einen eindrucksvollen Einblick in die Sorgen und Nöte der Indianer, die den Untergang vor Augen hatten. Dort heißt es unter anderem:
„Es gab eine Zeit, da gehörte diese Land unseren Vorfahren. Ihre Siedlungen erstreckten sich vom Sonnenaufgang bis zum Sonnenuntergang. Der Große Geist hatte es für die Indianer geschaffen. Er hat den Büffel gemacht und all die anderen Tiere zu ihrer Nahrung. Er schuf den Bären und den Biber, deren Felle uns zur Kleidung dienen. Er verteilte sie über das ganze Land und lehrte uns sie zu jagen. Er ließ die Erde Mais hervor bringen, damit wir Brot haben.
All das hat er für seine roten Kinder getan, weil er sie liebte. Wenn es Streit um Jagdgründe gab, wurde dieser meist ohne großes Blutvergießen beigelegt.
Doch dann brach ein böser Tag über uns herein. Eure Vorfahren überquerten das große Wasser und gingen hier an Land. Es waren nur wenige. Sie trafen auf Freunde, nicht auf Feinde. Sie erzählten uns, sie seien aus Furcht vor bösen Menschen aus ihrem eigenen Land geflohen und hierher gekommen, um frei nach ihrer Religion zu leben.
Sie baten uns um ein kleines Stück Land. Wir hatten Mitleid mit ihnen und erfüllten ihren Wunsch. Sie ließen sich unter uns nieder. Wir schenkten ihnen Mais und Fleisch. Sie gaben uns Gift dafür zurück. Sie brachten den Branntwein zu uns. Der hat tausende getötet.
Die Weißen hatten unser Land entdeckt. Die Nachricht verbreitete sich und es kamen immer mehr zu uns. Dennoch fürchteten wir sie nicht. Wir dachten, sie wären Freunde. Wir vertrauten ihnen und überließen ihnen ein größeres Stück Land. Schließlich waren es sehr viele geworden. Sie verlangten noch mehr Land. Sie wollten unser ganzes Land.
Einst waren unsere Siedlungen groß und ihre klein. Jetzt sind sie ein großes Volk. Uns bleibt kaum noch ein Ort, um unsere Decken auszubreiten. Da gingen unsere Augen auf und unsere Herzen wurden unruhig.“
Der Ausgang des Trauerspiels ist jedermann bekannt, der es wissen will. Um 1830, siebzehn Jahre nach Tecumsehs Tod, erließen die Vereinigten Staaten ein Indianer-Beseitigungs-Gesetz, die Indian Removal Act. Damit wurden Vernichtung und Vertreibung der Ureinwohner zur amtlichen Politik erhoben. Die Wirkung blieb nicht aus.
Bei Ankunft der ersten Siedler in Nordamerika lebten dort schätzungsweise zehn Millionen Indianer. Um 1900 zählte man nur noch 2,5 % von ihnen, nämlich 250.000. Heute fristen die verbliebenen Nachfahren der einst so stolzen Rassen ihr Dasein in Reservaten. Sie versinken meist in Depression und Alkoholismus.
In den USA erinnern inzwischen neun Gedenkstätten an den Holocaust in Europa. Vergleichbare Einrichtungen, die der Ausrottung der Indianer gewidmet sind, gibt es nicht.
Auch deutsche und andere europäische Politiker schauen über die Tragödie der nordamerikanischen Ureinwohner halsstarrig hinweg. Insbesondere stellen sie sich blind und taub für die Folgen unkontrollierter Masseneinwanderung.
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