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Merkel im Bayern-Wahl­kampf? “Nein danke!” sagt Söder und setzt auf Sebastian Kurz

Das hat es in der Geschichte der Bun­des­re­publik noch nicht gegeben. Seit 70 Jahren ist es selbst­ver­ständlich, dass bei Bayerns Land­tags­wahl­kämpfen immer die große Schwes­tern­partei im Frei­staat dabei ist. Besonders dann, wenn mit dem Glanz eines CDU/CSU-Bun­des­kanzlers Stimmen gewonnen werden können. Mit dem Glanz der Bun­des­kanz­lerin ist es nicht mehr weit her. Im Gegenteil: Frau Bun­des­kanz­lerin Dr. Andrea Merkel ist ein Wäh­ler­schreck im Hosen­anzug. Bayerns Minis­ter­prä­sident Markus Söder weiß genau, ein Auf­tritt von Angela Merkel würde ihn mas­senhaft Stimmen im Land­tags­wahl­kampf kosten.
Die Stimmung im Bay­ernland ist auf­ge­heizt. Die Asyl­krise hat den Bür­gerzorn auf nie gekannte Höhen kata­pul­tiert, denn Bayern als „Grenzland“ hat massive Pro­bleme. Bisher hat Innen­mi­nister Horst See­hofer (CSU) bei diesem Reiz­thema keine glück­liche Figur in der Aus­ein­an­der­setzung mit der Kanz­lerin abge­geben. Mehrfach unternahm er Vor­stöße in Richtung Grenz­si­cherung und Zurück­weisung Ille­galer. Das Wort vom „Dreh­hofer“ und dass er mehrfach als Tiger los­ge­sprungen und als Frau Merkels Bett­vor­leger gelandet sei, beschä­digte sein Image nachhaltig.
Den ulti­ma­tiven Weckruf erhielt die baye­rische CSU vor einigen Tagen mit neuen Umfragen, nach denen die AfD jetzt schon zweit­stärkste Partei in Bayern geworden ist – und auch diese Umfragen erscheinen eher noch „geschönt“ für die CSU. Die SPD ist auf dem Weg zur Klein­partei. Die Gefahr, dass stramm kon­ser­vative CSU-Abge­ordnete ins AfD-Lager über­wechseln könnten ist relativ groß. Sogar von einigen, als boden­ständig bekannten, baye­ri­schen SPD-Abge­ord­neten wäre das keine Über­ra­schung. Die Alarm­glocken bimmeln also hek­tisch im Lager der CSU.
Die Parole der Stunde heißt also für die CSU, schleu­nigst „kon­ser­vativ-rechtes“ Profil zu gewinnen, und das so markig, wie möglich. Nur so kann sie eine mög­liche Fah­nen­flucht am rechten Rand ihrer Abge­ord­neten im Landtag ver­hindern, die Wähler wieder an sich ziehen und ihr Gewicht im Bun­destag unter­streichen. Die CSU kann mit dem Platzen der großen Koalition im Ber­liner Bun­destag drohen, wenn ihr Kurs nicht ernst genommen wird. Dann stehen Neu­wahlen an, und in der Zwi­schenzeit müsste Vize­kanzler Olaf Scholz über­nehmen. Der ist nun nicht gerade eine umju­belte Iden­ti­fi­ka­ti­ons­figur der Deut­schen. Eine Umfrage dürfte ergeben, dass nur wenige Bürger den Vize­kanzler benennen können. Herr Scholz würde überdies ein schweres Erbe antreten, denn eine neue Koalition im Post-Merkel-Chaos ist kaum machbar. Was da zusam­men­ge­nagelt werden müsste, was nicht zusammen gehört, kann gut zu einer wei­teren Ver­grö­ßerung der Distanz zwi­schen Volk und Regierung führen. Und zu einem deut­lichen Zuwachs an Stimmen für die AfD.
Also bleibt Herrn Minis­ter­prä­sident Markus Söder und Herrn Innen­mi­nister Horst See­hofer wenig anderes übrig, als offen Stärke und Kampf­be­reit­schaft zu demons­trieren. Herr Söder pro­vo­ziert einen Eklat, indem er öffentlich die amtie­rende Bun­des­kanz­lerin der Schwes­tern­partei CDU auslädt. Herr Innen­mi­nister See­hofer knallt – um im WM-Jargon zu sprechen – Der Kanz­lerin einen Schmet­terball ins Tor, indem er ihr öffentlich unter­stellt, ihn als Innen­mi­nister feuern zu wollen, weil er Recht und Gesetz an der deut­schen Grenze wie­der­her­stellen zu wollen. Damit wäre der nächste Merkel-Skandal inszeniert.
Statt­dessen beab­sichtigt Herr Söder, den öster­rei­chi­schen Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) zu Wahl­ver­an­stal­tungen ein­zu­laden. Eine schal­lende Klatsche für die Bun­des­kanz­lerin, denn damit gibt er klar zu ver­stehen, dass in Fragen Grenz­si­cherung eine Zusam­men­arbeit mit Öster­reich ange­strebt wird, das seine Grenzen unter der neuen schwarz-blauen Koalition von ÖVP mit der rechts­kon­ser­va­tiven FPÖ ener­gisch sichern will. Aber es schwingt noch etwas anderes mit: Das Zusam­men­rücken des Frei­staates Bayern mit Öster­reich ver­breitet den dis­kreten Duft einer mög­lichen „Alpen­re­publik“. Nach Infor­ma­tionen der “Welt am Sonntag” sagte Minis­ter­prä­sident Markus Söder ver­gangene Woche vor Ver­trauten: “Zu meiner Abschluss­kund­gebung kommt keine Bun­des­kanz­lerin, sondern ein Bun­des­kanzler.” Wie bekannt wurde, hat der Öster­rei­chische Bun­des­kanzler Sebastian Kurz bereits zugesagt.