Aus Tot­schlag wurde Notwehr — Karsten Hempel: „Ich kämpfe um Gerech­tigkeit für meinen toten Sohn!“

An das letzte Treffen mit seinem Sohn erinnert sich Karsten Hempel (53) noch genau: „Wir haben Hähnchen gegessen, Markus hat mir von seiner Arbeits­suche und dem Hund eines Freundes erzählt, mit dem er manchmal spa­zieren ging“, erzählt der Bau­leiter aus Ora­ni­enbaum (Sachsen-Anhalt). Heute ist Markus tot! Erschlagen von einem syri­schen Asyl­be­weber (17), gefilmt von einer Überwachungskamera.

Karsten Hempel und sein Sohn Markus bei der Jugendweihe

Kann man sich ein schlim­meres Leid vor­stellen, als das eigene Kind zu ver­lieren? Kaum! Und doch gibt es eines: Wenn die Behörden so einen bru­talen Tot­schlag auch noch baga­tel­li­sieren. Wie im Fall von Markus Hempel (30): Die Ober­staats­an­walt­schaft Dessau-Roßlau ent­schied auf Notwehr! Seitdem kämpft Vater Karsten um Gerechtigkeit…
Es ist der 29. Sep­tember 2017, kurz vor 15 Uhr: Markus Hempel aus Pratau bei Wit­tenberg ist gemeinsam mit einer Bekannten per Rad zum Ein­kaufs­zentrum unterwegs. Dort treffen die beiden auf vier Syrer, denen Markus gele­gentlich schon beim Gassi-Gehen begegnet ist. Die Asyl­be­werber haben wohl ein Problem mit dem Hund – obwohl der an diesem Tag gar nicht dabei ist.
Wie die Auf­zeich­nungen der Video­kamera zeigen, drehen Markus und seine Begleitung der Gruppe den Rücken zu und schließen ihre Räder an. Dann kommt es zu einem Wort­wechsel, die vier Syrer umringen sie, der spätere Täter schreit etwas, ges­ti­ku­liert aggressiv, zeigt den Stinkefinger.
Er schubst Markus, greift nach dem Arm des jungen Mäd­chens, Markus wehrt sich, ver­sucht, seiner Begleitung zu helfen. Gerangel, der Angreifer schlägt mit der Faust gegen Markus’ Kopf, trifft Schlä­fen­be­reich und Kinn – einmal, zweimal, dreimal. Vier­einhalb Meter prügelt er ihn über den Platz, Markus stürzt aufs Pflaster, seine Glas­flasche mit der Limo, die er in einer Hand hält, zer­platzt, der Täter will gerade zum vierten Mal aus­holen… Statt­dessen hebt er sein Baseball-Käppi vom Boden auf und geht ent­spannt vom Platz.

Markus mit vier Jahren.

Polizei und Ret­tungs­dienst treffen ein. Markus wird ins Kran­kenhaus von Wit­tenberg gebracht, später wegen seiner schweren Kopf­ver­let­zungen in eine Spe­zi­al­klinik nach Dessau geflogen. Dort stirbt er um 23.37 Uhr, er ist nicht mehr zu Bewusstsein gekommen.
Auf­grund der Video­auf­zeich­nungen kommt man der Gruppe schnell auf die Spur. Der Haupt­täter ist 2015 ohne Papiere nach Deutschland gekommen, hat im Sommer 2017 seine Familie nach­geholt – obwohl er bereits drei Anzeigen wegen Kör­per­ver­letzung hatte. Die letzte wurde nur neun Tage vor der Gewalttat an Markus ein­ge­stellt – wegen Notwehr!
Und es war der­selbe Staats­anwalt, der auch jetzt ermittelt: Volker Bittmann, Ober­staats­anwalt aus Dessau-Roßlau, bescheinigt dem bru­talen Schläger nur drei Tage nach dem Angriff mal wieder, in Notwehr gehandelt zu haben. Der Ver­dächtige war bis dahin nicht mal in U‑Haft…
Was Karsten Hempel später her­aus­findet: Die Auf­ent­halts­ge­neh­migung des Syrers wäre am 5. Januar 2017 abge­laufen. Doch sie wird ver­längert – obwohl zu dem Zeit­punkt ein Ermitt­lungs­ver­fahren gegen ihn läuft. Und kurz danach gewährt man ihm auch noch Familienzusammenführung…
Doch zu diesem Zeit­punkt ahnt Vater Karsten noch nichts von den schreck­lichen Ereig­nissen. Er ist im Urlaub in Kroatien, wo er gemeinsam mit Freunden nur einen Tag vor Markus’ Tod seinen 53. Geburtstag gefeiert hat. Erst am 1. Oktober erfährt er, was pas­siert ist. „Nicht von der Polizei – eine Bekannte hat mich per WhatsApp informiert…“
Markus und sein Hund „Joker“

Für Karsten Hempel bricht eine Welt zusammen – sein ein­ziger Sohn tot. Und sein Anwalt kommt nicht weiter, bekommt nur beschränkt Akten­ein­sicht: „Es gibt zwei Video-Auf­nahmen von unter­schied­lichen Seiten – doch trotz zahl­reicher Anträge haben wir bisher nur eines bekommen…“
Die Staats­an­walt­schaft stellt Markus als Rechts­ra­di­kalen hin. Karsten Hempel ist fas­sungslos: „Mein Sohn war ein gut­mü­tiger hilfs­be­reiter Mensch – tierlieb, kin­derlieb. Er hat alten Men­schen Ein­käufe nach Hause getragen, für sie Repa­ra­turen erledigt.“ Auch er selbst hatte keine Vor­be­halte gegenüber Asyl­be­werbern. Als 2012 die erste Flücht­lings­welle kam, war er Prä­sident im Fuß­ball­verein Ora­ni­enbaum und startete ein Inte­gra­ti­ons­projekt. Er besorgte auch einigen Flücht­lingen Jobs. „Drei Tage war die längste Zeit, die einer von ihnen aushielt…“
Für Karsten Hempel geht es jetzt vor allem darum, Gerech­tigkeit für seinen toten Sohn zu erwirken. „Das schlimmste an der Sache ist, dass man sich fragen muss, wie viel ist ein Men­schen­leben heut­zutage noch wert…“
Mitt­ler­weile hat sich der Fall Markus Hempel her­um­ge­sprochen. Die AfD-Fraktion im Sachsen-Anhal­ti­ni­schen Landtag wird darauf auf­merksam. Thomas Höse, Wahl­kreis-Abge­ord­neter aus Wit­tenberg, nimmt sich der Sache an, stellt eine Anfrage an die Lan­des­re­gierung. „Wir wollen erreichen, dass die Ermitt­lungen der Gene­ral­staats­an­walt­schaft über­tragen werden und es doch noch zum Prozess kommt“, so der Politiker.
Bild: Trau­er­feier für den ermor­deten Markus Hempel.

 

Und auch Vater Karsten Hempel wird zusätzlich aktiv. Er wendet sich an die Frau­en­be­wegung „Kandel ist überall“. „Ich kann meinen Sohn nicht mehr lebendig machen, aber ich kann auf­klären und dafür sorgen, dass nicht noch mehr pas­siert.“ Bei der nächsten „Kandel“-Demo wird Karsten Hempel öffentlich über das Schicksal seines Sohnes sprechen.

„Wir unter­stützen jederzeit Ange­hörige von Gewalt­opfern, die an die Öffent­lichkeit gehen wollen“, sagt Chris­tiane Christen, Lei­terin des Orga­teams von „Kandel ist überall“. „Auch uns ist es ein Herzens-Anliegen, dass ihnen zumindest ein Stückweit Gerech­tigkeit widerfährt!“