Heiß geht es in diesen Tagen wieder zu. Es brennt vom Himmel und aus der Kohlenschale. Bei Grillfesten rückt man am Biertisch zusammen wie die Würstel auf dem Gitter. Beste Laune allenthalben. Aber nur, weil man immer einer Meinung ist.
(Ein Gastbeitrag von Josef Hueber)
Chillen, sich beruhigen, sich entspannen, abhängen ist ein „aus dem englischen Sprachgebrauch übernommener Begriff“ (Wikipedia). In diesen heißenTagen absolut unverzichtbar. Das dazugehörige soziale Event ist die Grillparty. Bunte Multikulti-Salate (eine Vorschau unserer zukünftigen Gesellschaft) – und, natürlich, Bier! machen so richtig Lust auf Urlaub.
Grillware, nicht wie früher, nur von getöteten Tieren, sondern jetzt auch etwas für Vegetarier, die, auch wenn nicht religiös, den göttlich-biblischen Auftrag zur Beherrschung des Planeten so interpretieren: Macht euch DER Schöpfung untertan, und lasst die Tiere leben! Sie sind ja auch so etwas wie Menschen.
Das ungeschriebene Gesetz, wenn man sich zu einem sommerlichen Get-Together trifft, kennt man:
Bloß keine kritischen Themen anschneiden! 1. Gebot der Social Correctness: Du sollst nicht spalten! Auf Partys mit Menschenmix gilt für politische Themen dasselbe wie für Hunde vor Lebensmittelgeschäften: Wir bleiben draußen!
Dummer Zufall, wenn der politische Köter sich dann doch einmal von der Leine reißt und in ein Gespräch Kritisches zur gegenwärtigen Entwicklung unseres Gemeinwesens reinbellt. Dumm deswegen, weil man als Gast wissen müsste, dass man damit eine Meinung vertritt, die ohne Bier schon gar nicht, aber mit Bier vielleicht nur mit großem Aufwand verteidigt werden kann. Also am besten gleich Klappe halten. Oder gegrillt werden.
Die Autoren Lichtmesz/Sommerfeld verweisen in dem intellektuell spannenden Buch „Mit Linken leben“ auf die Studie eines amerikanischen Meinungsforschungsinstituts, wonach „Linke viel intoleranter gegenüber Konservativen oder „Gemäßigten“ sind als umgekehrt“ (S.239).
Das kann man auf jeder Würstelparty bestätigen. Gefragt wird man sowieso nicht: „Was hältst du von unserer Regierung?“ Es wird vorausgesetzt, dass man eine politische Haltung vertritt, die sich etwa so formulieren lässt:
„Zwar gibt es Probleme mit der Einwanderung , und die Regierung sollte sich endlich auf eine Lösung einigen. Nur was die AfD von sich gibt, ist jenseits aller Diskussion. Im übrigen: Wer kommt denn nach, wenn Merkel weg ist?“
Die Diskussion darüber im Detail erübrigt sich. Interessant, aber unangenehm dabei ist, welche Wirkung man hervorruft, wenn man etwa eine Störfrage nach den Aussagen der AfD zur Einwanderung stellt, etwa so:
„Haben Sie schon einmal eine AfD-Rede im Bundestag komplett angehört? Welche Aussagen sind für Sie inakzeptabel?“
Die Antworten bestehen meist nur aus unwilligen Gesichtern, der Fragesteller bekommt sehr schnell zu spüren, dass er sich mit solchen Fragen in ein soziales Abseits gestellt hat. Seine Würstel kann er dann entweder alleine oder gegenüber einem mehr oder weniger indignierten Gesicht verzehren. Versuche, sich wieder einzuschmeicheln, scheitern im Ansatz. Einmal AfD gesagt – immer draußen. So geht das Kinderspiel nun mal. Und außerdem: Man muss nicht immer kritisieren und Negatives anschneiden, wenn man sich zu einem gemütlichen Beisammensein trifft, sagt die Frau.
Grillfeste, aber ohne Schwein, werden unsere Enkel in Deutschland sicher auch noch in ihren erwachsenen Jahren feiern dürfen. Aber die Frauen sitzen dann gut eingewickelt bei glühender Hitze am Nebentisch und unterhalten sich über religions- und frauengerechte Themen.
Dieser Beitrag wurde erstveröffentlicht auf dem Blog von David Berger www.philosophia-perennis.com