SPD Bundesparteitag 2018 Wiesbaden, Bild: Wikimedia commons, Olaf Kosinsky

Hagener SPD lehnt Mit­glieds­an­träge von Migranten ab, weil sie „Unter­wan­derung“ fürchtet

Groß­mutter hatte für so etwas ein schönes Wort: „Folget meinen Worten und nicht meinen Taten!“ pflegte sie zu sagen, wenn jemand höchste Ansprüche an Tugend und Dis­ziplin stellte, leber aber seine Prin­zipien so hoch hängte, dass man noch bequem dar­unter her laufen konnte.
„Sich ein­mi­schen – Mit­glied werden“ pro­pa­giert die Hagener SPD auf ihrer Web­seite. Das Foto mit Martin Schulz im Vor­der­grund stammt sicher aus Zeiten, wo man in der SPD noch davon träumte, mit Kanz­ler­kan­didat Schulz das Rennen zu machen. Wahr­scheinlich hat niemand mehr so richtig auf die Seite geguckt, dass der Wäh­ler­ver­schrecker dort immer noch prangt. Oder man dachte sich bei der Hagener SPD, „Jetzt isses auch schon egal.“
Scheint so, denn was die Hagener sich gerade geleistet haben, macht richtig schlechte Presse. Aus­ge­rechnet die Roten, die jeden als Nazi nie­der­machen, der Bedenken gegen eine unkon­trol­lierte Ein­wan­derung zu äußern, ja auch nur zu denken wagt – genau diese SPD lehnt gerade ca. 50 Mit­glie­das­an­träge ohne Begründung ab. Das allein erstaunt schon, wo die gute, alte Tante SPD gerade um jedes Mit­glied und jeden Wähler kämpfen müsste. Das würde aber nur belä­chelt, wenn … ja, wenn nicht die Ver­schmähten fast allesamt Migra­tons­hin­ter­grund hätten.
Die meisten haben zwar einen deut­schen Pass, sind in Hagen geboren oder leben seit über zwanzig Jahren in Deutschland … aber die Namen ver­raten: Das ist kein Bio­deut­scher. Leute mit Nach­namen Yumer, Yor­danvo, Borowy, Isaoglu, ange­worben hat sie Ali Kerim Yavuz, der sich in seinem Hagener Stadtteil enorm enga­giert, für jeden ein offenes Ohr hat und sich überall, auch sehr unei­gen­nützig ein­bringt. Er ist über­zeugtes SPD-Mit­glied und will in seinem Stadtteil Hagen-Weh­ring­hausen einiges ändern. Ein Stadtteil mit hohem Migran­ten­anteil, mit hoher Kri­mi­na­lität, Van­da­lismus und Verschmutzung.
Da das Problem seit Jahren schwärt und eher noch schlimmer wird, wollte Herr Yavuz auf poli­ti­schem Wege etwas erreichen. Daher war er schon seit Jahren auf der Suche nach Ver­bün­deten in dieser Mission. Er selbst ist dort Eigen­tümer ver­schie­dener Immo­bilien, und daher ver­ständ­li­cher­weise daran inter­es­siert, dass diese in einem sau­beren, sicheren ange­nehmen Wohn­umfeld stehen: Man ist zwar Sozialist, aber Immo­bilien in einem ver­lot­terten Umfeld ver­lieren an Wert und das Kli­entel an Mietern, was in so ein Viertel zieht, lässt in vie­lerlei Weise zu wün­schen übrig und zahlt schlecht. Wenn über­haupt. Man darf wohl davon aus­gehen, dass Herr Yavuz tat­sächlich großes Interesse daran hat, wieder Sau­berkeit, Ordnung, Sicherheit und ange­nehme Lebens­ver­hält­nisse nach Hagen-Weh­ring­hausen zu bringen. Eigentlich keine schlechte Moti­vation. Er appel­lierte an die Bewohner des Stadt­teils, „sich ein­zu­mi­schen“ und mit daran zu arbeiten, die Lebens­qua­lität des Stadt­teils zu ver­bessern. 55 Bürger, dem Stadtteil ent­spre­chend die meisten davon mit Migra­ti­ons­hin­ter­grund, machten mit und stellen den Antrag.
Herr Yavuz ver­steht daher die Welt nicht mehr. Er ist Gas- und Was­ser­in­stal­lateur und ein seriöser, anstän­diger Mann: er ist in vielen Ver­einen, tür­ki­schen und deut­schen und einem marok­ka­ni­schen … und in der SPD, also bestens inte­griert. Er kann sich die Ablehnung der von ihm gewor­benen Par­tei­ge­nossen in spe nicht anders erklären: „Das ist Ras­sismus pur“, sagt er.
Die Partei macht auch keine großen Eier­tänze um ihre Gründe, warum sie die satte Ladung von 55 Neu­mit­gliedern nicht haben will: Man spricht von „Auf­fäl­lig­keiten“ und wolle sich vor „Unter­wan­derung“ schützen. Man ver­mutet auch Unter­schrif­ten­fäl­schung. Die Par­tei­aspi­ranten erhielten von SPD-Geschäfts­führer Claus Homm alle das gleiche Schreiben mit dem Wortlaut „Als Geschäfts­führer des SPD-Unter­be­zirks Hagen teile ich Ihnen hiermit mit, dass der nach § 2 Abs. 5 für Sie zuständige Vor­stand des SPD Orts­vereins Weh­ring­hausen am 3. Juli 2018 ent­schieden hat, Ihren Auf­nah­me­antrag nach § 3 Abs. 1 des Orga­ni­sa­ti­ons­statuts der SPD abzulehnen.“
Damit ist Herr Homm auch schon fertig mit der Sache und auf keinem Weg mehr für Rück­fragen oder Gespräche zu erreichen. Die Presse ver­sucht, eine Stel­lung­nahme der NRW-SPD zu bekommen. Nach zwei Wochen und meh­reren Anfragen reagiert der Pres­se­sprechen der NRW-SPD, Christian Obrok, auf eine tele­fo­nische Nach­frage: „Das bleibt auch so.“
SPD-Mit­glied Mark Krippner meint, „die Alt­ge­dienten wollen nur alle ihre Posten behalten. Sie wollen keine inhalt­liche Erneuerung“.
Mehr noch: Die Hagener SPD hatte Mit­glieder (eben­falls mit Migra­ti­ons­hin­ter­grund), die Ail Kerim Yavuz 2015 geworben hatte, und wofür die Hagener SPD auch hoch­gelobt worden war, nach der Wahl 2017 einfach hin­aus­ge­worfen, ohne dass diese davon erfahren haben. Sie wussten gar nicht, dass sie nicht mehr Mit­glieder waren. Beim Wahl­kampf hatten sie sich noch ein­ge­setzt, danach waren sie unbe­merkt raus­ge­worfen worden.
Die Mit­glieds­an­träge der Gruppe um Yavuz – und das bei der SPD, der es ja gar nicht viel­fältig und bunt genug sein kann! — sind eigentlich in diesem Falle, wo gut inte­grierte Hagener mit Migra­ti­ons­hin­ter­grund für ein bes­seres und siche­reres Leben in ihrem Stadtteil sorgen wollen, ein Geschenk für die Partei. Hier hätten sie tat­sächlich einmal zeigen können, dass es gemeinsam machbar ist, einen „kip­penden Stadtteil“ wieder in Ordnung zu bringen. Es hätte ein Vor­zei­ge­projekt werden können.
Statt­dessen Unter­wan­de­rungs­ängste? Pfründe beschützen? Aus­länder nehmen alles weg?
Man stelle sich nur einmal vor, das hätte sich ein Orts­verband der AfD geleistet. Die zuständige Staats­an­walt­schaft würde unter den Straf­an­zeigen der Gut­men­schen ver­sinken, Mahn­wachen würden vor dem Jus­tiz­ge­bäude abge­halten, mehrere Demos für ein buntes Hagen sofort orga­ni­siert, die Räum­lich­keiten der AfD demo­liert und ver­wüstet und die AfD-Par­tei­po­li­tiker könnten das Haus nicht mehr ver­lassen, weil sie ihres Lebens da draußen nicht mehr sichern wären, die Familie von der Oma bis zum neu­ge­bo­renen Enkelchen säße zit­ternd in Angst daheim, während von draußen Steine gegen das Haus flögen.
Was die Bericht­erstattung über die Hagener SPD betrifft, ist die Main­stream­presse seltsam verhalten.
Warum? Dämmert langsam auch den Main­stream­m­edien, dass die Stimmung breit­räumig kippt? Dass die Angst wächst, auch in nicht-popu­lis­ti­schen Kreisen, und hinter den bunten Diver­sitäts-Lip­pen­be­kennt­nissen längst überall die Vor­sicht und die Vor­ur­teile Raum greifen? Das Miß­trauen hat sich überall ein­ge­schlichen wie Schim­melpilz und auch anständige, gut inte­grierte Zuwan­derer, die wirklich eine Berei­cherung sind, geraten unter Gene­ral­ver­dacht. Denn das Wort “Unter­wan­derung” heißt ja nichts anderes, als Miß­trauen, dass eine Gruppe Migranten am Ende den ganzen Laden über­nimmt um ihre eigene Politik zu machen, so, wie es der tür­kische Prä­sident Recep Tayyip Erdogan “seinen Türken” auf­ge­tragen hat.
Übrigens: Den nied­rigsten Anteil an Migranten hat die Union mit 2,9%, die AfD steht im oberen Mit­telfeld mit 7,5%, den höchsten hat die Linke mit knapp 18,8%. Die FDP liegt bei 6,3% und die SPD 9,8%. Ein nicht geringer Anteil der AfD-Wäh­ler­schaft sind Migranten, die hierher kamen, um ein bes­seres Leben zu führen und aus ihren Ländern tat­sächlich weg­gingen, um hier ein neues Zuhause zu finden, wo sie vor der Bru­ta­lität, Kri­mi­na­lität, Unter­drü­ckung, Kor­ruption, Gewalt und Gna­den­lo­sigkeit ihrer Abstam­mungs­länder in Sicherheit waren. Genau diese Men­schen wollen nicht, dass Deutschland bald so aus­sieht wie das Land, aus dem sie geflohen sind.