Der Fall Mia: Statt Mord jetzt nur Tot­schlag und Jugendstrafe?

Der ent­setz­liche Mord an Mia in Kandel wird wohl unver­gessen bleiben, denn hier kam alles in einem Fall zusammen, was die unge­re­gelte Zuwan­derung nach Deutschland an Pro­blemen mit sich bringt: Der Mörder Abdul D. gab sich als 15jähriger aus, ist aber wahr­scheinlich 20 Jahre alt. Er war ohne Aus­weis­pa­piere nach Deutschland gekommen, sein Asyl­antrag wurde abge­lehnt, es gab aber nach dem Auf­ent­halts­gesetz ein Abschie­be­verbot. Abdul D. lebte nach meh­reren Sta­tionen in einer betreuten Jugend­wohn­gruppe in Neu­stadt an der Weinstraße.
Er ging eine Beziehung mit der fünf­zehn­jäh­rigen, blut­jungen Mia ein und wurde von der Familie freundlich auf­ge­nommen. Mias Vater sagte einmal, er habe ihn wie einen Sohn behandelt. Mia war in der Beziehung nicht glücklich, Abdul D. bestimmte, was sie tat und was nicht. Das junge Mädchen wollte die Beziehung nach einigen Monaten beenden. Das nahm der afgha­nische Muslim übel. Er belei­digte sie auf‘s Gröbste, bedrohte und nötigte sie. Sie zeigte ihn an, der Vater wurde zweimal bei der Polizei vor­stellig, weil die Familie sich schwer bedroht fühlte und in großer Angst um die Sicherheit ihrer Tochter war.
Es geschah nichts. Abdul D. blieb weiter unbe­helligt auf freiem Fuß. Das war Mias Todes­urteil. Er griff sie im DM-Dro­ge­rie­markt in Kandel mit einem Messer an. Eine Ange­stellte des Dro­ge­rie­marktes sagte aus, es sei ein Schlachten gewesen. Abdul D. habe mit dem Messer immer wieder zuge­stochen und das Gesicht des Mäd­chens so zer­schnitten, dass bei geschlos­senem Mund die Zähne zu sehen waren. Er ließ sich wider­standslos fest­nehmen und „grinste“ — anscheinend war er mit seiner Tat zufrieden.
Dennoch könnte die Anklage bei dem jetzt anste­henden Prozess statt auf Mord auf Tot­schlag lauten:
§ 212 Totschlag:
(1) Wer einen Men­schen tötet, ohne Mörder zu sein, wird als Tot­schläger mit Frei­heits­strafe nicht unter fünf Jahren bestraft.
(2) In besonders schweren Fällen ist auf lebens­lange Frei­heits­strafe zu erkennen.

Hierzu § 211 Mord:
(1) Der Mörder wird mit lebens­langer Frei­heits­strafe bestraft.
(2) Mörder ist, wer

  • aus Mordlust, zur Befrie­digung des Geschlechts­triebs, aus Habgier oder sonst aus nied­rigen Beweggründen,
  • heim­tü­ckisch oder grausam oder mit gemein­ge­fähr­lichen Mitteln oder
  • um eine andere Straftat zu ermög­lichen oder zu verdecken,
  • einen Men­schen tötet.

Bisher lautete der Tat­vorwurf auf Mord. Die Heim­tücke war der hin­ter­rückse Angriff auf ein wehr­loses, junges Mädchen. Der niedrige Beweg­grund bestand in Rache, Eifer­sucht und ver­letzter Man­nesehre. Das Abschlachten und Ver­stümmeln des Mäd­chens war außer­ge­wöhnlich grausam. Die Kri­terien des § 211 waren erfüllt. Warum kommt also jetzt ein Tot­schlag in Betracht?
Eine Gut­ach­terin wertet die Tat­sache, dass Abdul D. das Messer erst kurz vor der Tat kaufte, als feh­lenden Vorsatz. Dem kann man nur bedingt zustimmen. Hätte er das Mädchen zufällig in dem Markt getroffen und dann im nächsten Gang ein Messer vom Regal gerissen und sich auf sie gestürzt, wäre das Fehlen eines Vor­satzes zutreffend. Aber ganz bewusst ein Messer zu kaufen, um jemanden umzu­bringen, ist bereits Vorsatz. Juris­tisch gesehen sogar „dolus directus ersten Grades“, denn er erstand nur darum das Messer, um damit im Anschluss ziel­ge­richtet einen Mord zu begehen. Er ist ja mit dem zu diesem Zweck gekauften Messer kurze Zeit später auf das Opfer los­ge­gangen. Er hätte sich in dieser Zeit zwi­schen Kauf und Tat­handlung noch besinnen können.
Für eine Affekt­handlung, wie sie die Gut­ach­terin für möglich hält und damit den ver­mut­lichen Tat­be­stand eines Tot­schlages wegen feh­lender Mord­merkmale begründet, spricht bei rea­lis­ti­scher Betrachtung nichts. Eine Affekt­handlung hat ja gerade als Merkmal, dass sie nicht geplant, nicht vor­aus­sehbar und eine spontane Reaktion auf eine besondere und außer­ge­wöhnlich belas­tende Situation ist, in der sich der Täter in höchster Erregung nicht mehr in der Gewalt hat.
Die fort­ge­setzten Dro­hungen gegen Mia im Vorfeld, die Nöti­gungen und Belei­di­gungen haben Mias Familie in große Angst ver­setzt und den Vater sogar zweimal die Polizei um Hilfe bitten lassen. Der Täter hat also schon weit im Vorfeld seine Absicht erkennen lassen, dass er sich mit der „Abfuhr“ seitens Mia nicht abfinden würde. Zieht man noch Abdul D.’s kul­tu­rellen Hin­ter­grund in Betracht, war die Wahr­schein­lichkeit, dass er eine Art Ehrenmord plant, sehr hoch.
Die Medien berichten, dass die Gut­ach­terin doch “stutzig“ geworden sei, dass Abdul D. nach der Tat „gegrinst“ habe. Allein diese Tat­sache zeigt doch – zusätzlich zu allen anderen Fak­toren –, dass der Täter sich offen­sichtlich nicht im Zustand plötz­licher, extremer, emo­tio­naler Aufruhr befand, sondern zufrieden mit dem war, was er getan hat, weil er seine Rache­ge­lüste befrie­digen konnte. Bedauern oder Reue scheint er auch im Nach­hinein nicht zu emp­finden. Was wie­derum für einen Mord spricht.
Sollte das Gericht der Gut­ach­terin folgen und auch von einer Affekttat aus­gehen, wird Abdul D. nur wegen Tot­schlags ange­klagt, was in der Regel und bei Erwach­senen mit fünf Jahren Haft bestraft wird. Abdul D. gab an, fünfzehn Jahre alt zu sein. Die Inau­gen­schein­nahme des Täters durch Ärzte ergab ein wahr­schein­liches Alter von zwanzig Jahren. Es sei aber nicht mit Sicherheit aus­zu­schließen, dass er jünger ist. Da das Gericht nach jet­zigem Kennt­nis­stand nach Jugend­straf­recht urteilen wird, könnte Abdul D. mit zwei bis drei Jahren Haft für diesen grau­samen Mord davonkommen.