Einkaufszeile in Mombasa

EU-Rech­nungshof: 100 Mio € in Afrika ver­pufft – oder die Ahnungs­lo­sigkeit naiver Europäer

China inves­tiert viel in Afrika und sichert sich dort frucht­bares Land und Roh­stoffe. Dafür baut es Infra­struk­turen auf: Straßen, Schulen, Kran­ken­häuser, Kin­der­gärten, Gemein­de­zentren, Shopping-Malls mit vielen chi­ne­si­schen Waren. Die Chi­nesen mischen sich nicht in die Politik ein und heuern Arbeits­kräfte an, die einer straffen Führung für relativ wenig Geld unter­worfen sind. Alles, was Struktur und Befehls­kette, ins­be­sondere den Gewinn betrifft, bleibt in chi­ne­si­scher Hand. Im Kongo schuften auch Kin­der­sklaven in den Kobalt­minen. Sie werden von den gif­tigen kobalt­hal­tigen Erd­brocken tod­krank und sterben früh, erhalten aber kaum genug, um davon zu leben. Aber das Geschäft lohnt sich für die chi­ne­si­schen Unternehmen.
Da möchte es die EU besser machen. Das ist gut und lobenswert. Jean-Claude Juncker hat vor einigen Tagen pos­tu­liert, dass Afrika einer der wich­tigsten Schwer­punkte für die Union sei. Etwas genauer wurde er nicht. Die Aus­sen­be­auf­tragte der EU, Federica Mog­herini, prä­zi­sierte es: Man wolle „stra­te­gische Inves­ti­tionen“ machen, den Pri­vat­sektor stärken und mehr für Bildung tun. Frau Mog­herini freut sich schon: „Wir werden echte Wirt­schafts­partner.” Geplant ist, dass 35.000 Stu­denten bis zum Jahr 2020 über das Aus­tausch­pro­gramm Erasmus+ gefördert werden sollen und anschließend an Hoch­schulen in den EU-Mit­glied­staaten ihre Aus­bildung fort­setzen können. 70.000 weitere Afri­kaner sollen bis 2027 in diesem Pro­gramm folgen. 30 Mil­lionen Afri­kaner sollen endlich Zugang zu Strom erhalten. 24 Mil­lionen Men­schen in Afrika sollen von EU-Inves­ti­tionen in das Stra­ßennetz pro­fi­tieren. 3,2 Mil­lionen Arbeits­plätze sollen durch EU-Inves­ti­ti­ons­pro­gramme in kleine und mit­tel­stän­dische Betriebe in Afrika entstehen.
Respekt, ein kühnes Unter­fangen und sicher eine sehr gute Idee. Bisher gab es eine Art Frei­han­dels­pro­gramm der EU mit Afrika unter dem Slogan „Alles außer Waffen“, das den am unter­ent­wi­ckel­testen Ländern seit 2001 für Exporte in die EU volle Zoll­freiheit gab. Zwei­und­dreißig afri­ka­nische Staaten nahmen daran teil. Diese afri­ka­ni­schen Länder expor­tierten zwar im Jahre 2016 für 116,7 Mil­li­arden Euro Waren (zum großen Teil land­wirt­schaft­liche Pro­dukte) in die EU, was etwa 7% der Ein­fuhren in die Union aus­macht, doch die Kurve der Ein­fuhren zeigt laufend eher bergab. Leider. Die sin­kenden EU-Importe aus Afrika aus diesem Pro­gramm liegen aber nicht an Import­zöllen, die gibt es ja kaum, auch nicht an den EU-Sub­ven­tionen für euro­päische Land­wirte, die in der Tat den Afri­kanern den Wett­bewerb erschweren. Die Afri­kaner erreichen größ­ten­teils einfach nicht die Waren­qua­lität, die in Europa gefordert wird.
Das wird sich auch nicht durch die geplante Freih­han­delszone CFTA (Con­ti­nental Free Trade Africa) ändern. Über­haupt kommen die ganzen Pro­gramme mit Afrika trotz des vielen Geldes nicht so richtig vom Fleck.
Während China sich an Afrika dumm und dämlich ver­dient, die Rostoffe und Arbeits­kraft der Afri­kaner aus­beutet und weder Wirt­schafts­flücht­linge dorthin streben noch die Afri­kaner irgendwie auf­mucken oder gar For­de­rungen an die neuen Kolo­ni­al­herren aus Fernost stellen, pumpt die EU Unmengen von Geldern in das Land, um den Afri­kanern eine Per­spektive zu bieten, dem Kon­tinent wirt­schaftlich auf die Sprünge zu helfen, inneren Frieden und Sicherheit zu fördern und den Migran­ten­an­drang durch bessere Lebens- und Arbeits­be­din­gungen im Hei­matland ein­zu­dämmen … ohne dass diese ganzen Bemü­hungen erwäh­nens­werte Früchte tragen.
So hat der EU-Rech­nungshof sich jetzt einmal der Sache ange­nommen und ein Auge auf die Ver­wendung der Gelder „für Frieden und Sicherheit in Afrika“ geworfen. Um es gleich vorweg zu sagen: Der EU-Rech­nungshof befand sehr uncharmant und schnör­kellos, das ganze Geld sei in den letzten Jahren größ­ten­teils „wir­kungslos verpufft“.
Für dieses Unter­pro­gramm zur Unter­stützung der soge­nannten „Afri­ka­ni­schen Friedens- und Sicher­heits­ar­chi­tektur“ gab es Ver­träge mit der EU über ein Volumen von 100 Mil­lionen Euro für die Jahre 2014 bis 2016. Das Frie­dens­projekt wurde 2002 ins Leben gerufen.
Das, was der EU-Rech­nungshof moniert ist, dass viel zu viel Geld einfach in Per­so­nal­kosten ver­schwindet. Um es klar zu sagen: Hier werden offenbar vor Ort jede Menge von der EU finan­zierte Pöstchen für irgendwas geschaffen, wo gesamte Sipp­schaften rund um ein paar Hoch­ge­stelltere und für das Pro­gramm Ver­ant­wort­liche mit einem regel­mä­ßigen Ein­kommen ver­sorgt werden. Viel­leicht der ein oder andere sogar sinnvoll, aber im Großen und Ganzen ver­si­ckert das Geld in die Porte­mon­naies von diversen Leuten, mit denen man sich aus per­sön­lichen Gründen gut stellen möchte. Echte Ergeb­nisse gibt es kaum.
Daher auch die drin­gende Emp­fehlung der Rech­nungs­prüfer, „die Zah­lungen mehr von echten Ergeb­nissen bei der Kon­flikt­ver­hütung und dem Wie­der­aufbau“ abhängig zu machen. Das ist schon recht deutlich, wenn auch vor­sichtig for­mu­liert und könnte auch etwas rüder als „Kor­ruption“ bezeichnet werden.
Genauso diskret bewertet der EU-Rech­nungshof die mit dem EU-Geld bedachten Staaten selbst. Der zuständige Rech­nungs­prüfer, Juhan Parts, drückte es so aus:
Die Sicher­heits­ar­chi­tektur sei „durch feh­lendes poli­ti­sches Enga­gement auf Seiten einiger Mit­glied­staaten der Afri­ka­ni­schen Union sowie durch die man­gelnde Fokus­sierung der EU-Unter­stützung infrage gestellt“.
Bedeutet im Klartext: Die innere Sicherheit und der innere Frieden in diesen Ländern ist nicht besser geworden, weil die Poli­tiker zwar das Geld der EU nehmen, aber über­haupt kein Interesse haben, die ver­ein­barten Ziele durch­zu­setzen und sich um Frieden und Sicherheit in ihrem Land zu kümmern. Und das Geld wird nicht für die Zwecke aus­ge­geben, die ver­einbart sind, sondern ver­si­ckern sonstwo.
Dieses Ergebnis über­rascht nicht. Wer sich ein bisschen für Afrika inter­es­siert, erfährt schnell, dass Regie­rungs­struk­turen auf diesem Kon­tinent immer stark an den eth­ni­schen Völ­ker­gruppen aus­ge­richtet sind. Ein gutes und bekanntes Bei­spiel: Hutus und Tutsis in Ruanda. Die jeweilige Ethnie der Macht­haber setzt ihre Inter­essen stringent und ent­schieden durch. Die unter­le­genere Ethnie duckt sich, oder rebel­liert. Immer wieder bilden sich Milizen gegen die Regie­rungs-Ethnie, ins­be­sondere, wenn diese durch über­triebene Härte die Unter­wor­fenen gegen sich auf­bringt. Lässt die domi­nie­rende Ethnie aber die Zügel nur ein wenig lockerer, wird sie von der erstar­kenden Gegen­seite bald gestürzt und oft mit Rache­akten ter­ro­ri­siert. In der Geschichte Ruandas, einst ein wohl­ha­bendes König­reich der Tutsis, kann man dies detail­liert nach­ver­folgen. Unter dem Ein­fluss der recht naiven, weißen Kolo­ni­al­herren wurden den von den Tutsis beherrschten Hutus mehr poli­tische Posten und Mit­wirkung im Staat zuge­teilt. Nach wenigen Jahren waren die Hutus dann an der Macht und mas­sa­krierten unter den Augen der UN-Blau­helme etwa 800.000 Tutsis in einem Blut­rausch der Vergeltung.