Wäh­rungs­wett­bewerb & digi­tales Geld: Wie aktuell ist Hayeks Vorschlag?

Das staat­liche Geld­mo­nopol – nicht hin­ter­fragte, aber ver­häng­nis­volle Selbstverständlichkeit
„Ich denke nicht, dass es über­trieben ist zu sagen, dass die Geschichte eine Geschichte der Inflation ist, die vor­wiegend von Regie­rungen und zu deren eigenen Vorteil fabri­ziert wurde.“
Friedrich August von Hayek
(Von Demelza Hays)

Es ist eine Bin­sen­weisheit, dass Monopole nach­teilig sind. Sie sind kosten- und qua­li­täts­in­ef­fi­zient, ihre Preis­setzung bringt Wohl­fahrts­ver­luste mit sich und darüber hinaus ver­wenden sie mit­unter erheb­liche Res­sourcen allein darauf, andere Wett­be­werber vom Markt­ein­tritt abzu­halten.[1] Folglich werden im Rahmen einer effi­zi­enten Wirt­schafts­ordnung Monopole ent­weder unter­bunden oder zumindest an die Kandare genommen.
Spe­zi­al­fälle stellen natür­liche Monopole[2] sowie Staats­mo­nopole dar. Letztere gründen auf der Auf­fassung, dass der Staat in bestimmten Bereichen die Auf­gaben effek­tiver oder „sozialer“ erle­digen kann als private Anbieter, so etwa beim Gewalt­mo­nopol, bei der staat­lichen Kran­ken­ver­si­cherung oder in der Bereit­stellung der Infrastruktur.
Ein sehr mäch­tiges Werkzeug, das dem Staat zur Ver­fügung steht, ist das Geld­mo­nopol.[3] Und dieses ist – wie im Ein­gangs­zitat zu diesem Kapitel ange­sprochen – so alt wie der Miss­brauch des­selben.[4] Schon in der Antike finan­zierte man Kriege, indem man den Edel­me­tall­gehalt von Münzen sys­te­ma­tisch ver­rin­gerte, wodurch deren Mate­ri­alwert immer weiter unter den Nomi­nalwert gedrückt wurde.[5] Der Ver­su­chung, über Infla­tio­nierung eine höhere Seig­ni­orage ein­zu­streichen bzw. indi­rekte Steuern zu kas­sieren, erlagen Herr­scher und Regie­rende aller Jahr­hun­derte. Sie fand ihren insti­tu­tio­nellen Nie­der­schlag schließlich im zwei­stu­figen Ban­ken­system, wie wir es heute kennen, also der Geld­pro­duktion durch das Zusam­men­spiel von Zen­tral­banken (Emission von Zen­tral­bankgeld) und Geschäfts­banken (Giral­geld­schöpfung über Kre­dit­vergabe), wodurch ein Schleier über die Abschöpfung der Seig­ni­o­ra­ge­ge­winne gespannt wird.[6] Nicht zuletzt fügen sich auch die Bemü­hungen in Reaktion auf die Finanz­krise, das Geld­system zu sta­bi­li­sieren und den Euro zu retten, nahtlos in diese Miss­brauchs­ge­schichte ein.

Es ver­wundert daher kaum, dass auch die Kritik am Geld- und Finanz­system auf eine lange Geschichte zurück­blickt. Doch selbst jene Intel­lek­tuelle, die die Freiheit der Bürger in den Mit­tel­punkt ihrer Über­le­gungen stellen, hin­ter­fragen – aller Kritik am Geld­system zum Trotz – das staat­liche Geld­mo­nopol so gut wie nie.[7]
Hayeks Vor­schlag des pri­vaten Geldwettbewerbs
„Das Drängen nach mehr und bil­li­gerem Geld ist ein all­ge­gen­wär­tiger poli­ti­scher Druck, dem Wäh­rungs­be­hörden nie zu wider­stehen vermochten.“
Friedrich August von Hayek
Nachdem Richard Nixon 1971 die Gold­an­bindung des US-Dollar auf­ge­hoben hatte und somit der Versuch eines auf dem Gold-Devi­sen­standard basie­renden Geld­systems infolge der Her­ausgabe unge­deckter Geld­scheine gescheitert war, fühlte sich Friedrich August von Hayek dazu berufen, die Frage nach dem Wesen einer sinn­vollen Geld­ordnung neu zu beur­teilen.[8] Doch es war nicht nur die Los­lösung des US-Dollar vom Gold, sondern auch das gras­sie­rende keyne­sia­nische Wirt­schafts­denken, das in Hayeks Augen die Aus­sichten auf die Her­aus­bildung von sta­bilem und nicht-infla­tio­nis­ti­schem Geld in einem staatlich fest­ge­legten Wäh­rungs­system mit Wäh­rungs­mo­nopol ver­schlechtern würde.[9] Im Jahr 1975 for­mu­lierte Hayek in seinem Vortrag „Choice of Cur­rency“[10] schließlich die pro­vo­kante For­derung nach der Abschaffung des staat­lichen Geld­mo­nopols. Im Fol­gejahr erschienen die beiden Schriften Freie Wäh­rungswahl sowie Ent­na­tio­na­li­sierung des Geldes, in denen er seine Über­le­gungen zum Wett­bewerb zwi­schen pri­vaten Geld­an­bietern genauer ausarbeitete.
Hayeks Kern­these lautet: Der per­ma­nente Miss­brauch des staat­lichen Geld­mo­nopols zum Zwecke pri­vater Berei­cherung, zum Stopfen von Haus­halts­lö­chern oder zur Finan­zierung von Kriegen zeige, dass Macht­bün­delung beim Staat (oder einer anderen zen­tra­li­sierten Instanz) nicht funk­tio­niert. Dem Staat müsse daher die Macht über das Geld ent­zogen werden. Statt­dessen bedürfe es einer Geld­ordnung, die auf kon­se­quente Macht­teilung setzt.
Doch wie würde eine dem Prinzip der Macht­teilung ent­spre­chende Ordnung aus­sehen und wie könnte sie ent­stehen? Hayek argu­men­tiert, eine solche Ordnung würde sich her­aus­bilden, wenn man fol­gende Frei­heiten zuließe:
  • Private Geld­pro­du­zenten könnten Geld emit­tieren und damit in einen Wäh­rungs­wett­bewerb eintreten.
  • Bürger könnten die Wäh­rungen, die sie nutzen, frei wählen.

Banken könnten bei­spiels­weise ihre eigenen Wäh­rungen emit­tieren und zwar in jeder belie­bigen Menge. Hayek, der in gold- bzw. roh­stoff­ge­decktem Geld den Ide­alfall sah, ließ explizit die Mög­lichkeit offen, dass Banken auch exzessive Giral­geld­schöpfung betreiben könnten. Er ging jedoch davon aus, dass diese Praxis im Wett­bewerb nicht über­le­bens­fähig wäre. Der Anreiz für Banken, ihre Geld­basis über die Summe der Erspar­nisse auf der Aktiv­seite ihrer Bilanzen aus­zu­weiten, wäre gedrosselt. Denn das Ver­langen der Geld­nutzer nach wert­sta­bilem Geld und mög­lichst unkom­pli­zierter Ver­wendung würde jede Bank dazu zwingen, diese Erwar­tungen best­möglich zu erfüllen. Andern­falls würden Anbieter durch Abwan­derung der Kon­su­menten bestraft und in wei­terer Folge vom Markt verschwinden. 

Der Wett­bewerb hätte also eine dis­zi­pli­nie­rende Wirkung. Die Anreiz­struktur wäre optimal, denn die Gesamt­wohl­fahrt würde steigen, indem viele kon­kur­rie­rende Akteure ihr Eigen­in­teresse ver­folgen.[11] Hayek schlussfolgert:
„Geld ist die einzige Sache, die durch Wett­bewerb nicht ‘billig’ würde, weil seine Attrak­ti­vität gerade darauf beruht, dass es ‘teuer’ bleibt.“[12]
Welche Rolle käme in einer solchen Wett­be­werbs­ordnung der Zen­tralbank zu? Diese würde obsolet werden. Diese Kon­se­quenz wird von Hayek begrüßt, da er gerade in der staat­lichen Geld­po­litik die eigent­liche Quelle wirt­schaft­licher Insta­bi­lität sieht. Die geschichtlich doku­men­tierten Wirt­schafts­krisen seien laut Hayek immer wieder auf das ver­zer­rende Wirken der staat­lichen Geld­po­litik und eben nicht auf Funk­ti­ons­stö­rungen der Markt­wirt­schaft zurückzuführen:
„Ver­gangene Insta­bi­li­täten innerhalb der Markt­wirt­schaft sind die Folge der Besei­tigung des Geldes als wich­tigster Regu­lator des Markt­me­cha­nismus, da Geld sei­ner­seits eben gerade nicht durch einen Markt­prozess geordnet ist.“[13]
Aller­dings müsste die Zen­tralbank nicht gleich ihre Pforten schließen. Sie könnte wei­terhin (staat­liches) Geld emit­tieren. Nur würde sie dann im Wett­bewerb mit anderen Banken bzw. Geld­pro­du­zenten stehen und wäre somit dazu ange­halten, den Bürgern ein wert­sta­biles Geld anzubieten.
Kryp­to­wäh­rungen – freier Geld­wett­bewerb in der Praxis?
„Kryp­to­wäh­rungen sind ein Anwen­dungsfall von kon­kur­rie­renden Pri­vat­wäh­rungen im Sinne von Friedrich August von Hayek.“[14]
Norbert F. Tofall
Die Debatte um die Idee eines pri­vaten Wäh­rungs­wett­be­werbs war zunächst eine theo­re­tische, denn zu stark war das staat­liche Geld­mo­nopol seit eh und je ver­ankert gewesen, als dass es von einer breiten Öffent­lichkeit ernsthaft in Frage gestellt worden wäre. Tat­sächlich hätte Hayeks Vor­schlag zu der Zeit, als er ihn vor­brachte, eine frei­willige Aufgabe des Geld­mo­nopols und damit eine Macht­abgabe von­seiten der Staaten vor­aus­ge­setzt, was höchst unrea­lis­tisch war.[15]
Seither haben sich im Zuge der Ver­breitung des Internets die Vor­aus­set­zungen jedoch fun­da­mental geändert. Nachdem in der Finanz­krise das Geld- und Finanz­system zu kol­la­bieren drohte und auch das Ver­trauen in die staat­lichen Wäh­rungen und in die Zen­tral­banken Schaden nahm, stieg mit dem Bitcoin die erste Währung aus den Sphären des Web 2.0 auf. Mitt­ler­weile haben sich über 1.500 Kryp­to­wäh­rungen (in ihrer Gesamtheit besser als Krypto-Assets beschrieben) gebildet. Da sich Kryp­to­wäh­rungen – zumindest bislang – wei­test­gehend staat­licher Kon­trolle ent­ziehen, konnte sich hier eine Art Ver­suchs­biotop pri­vaten Geld­wett­be­werbs bilden. Die EZB ver­mutet (zu Recht), dass die theo­re­ti­schen Werke Hayeks geis­tiger Urheber der Kryp­to­wäh­rungen waren.[16]
Die Killer-App der Kryp­to­wäh­rungen: Dezentralität
Kryp­to­wäh­rungen sind insofern spannend, da sie sich mit der Vor­stellung, die viele Men­schen von Geld haben, beißt.[17] Bitcoin als berühm­teste aller Kryp­to­wäh­rungen fun­giert als Zah­lungs­system, dessen Wert­ein­heiten in sich selber bestehen und nicht gegen Gold oder einen anderen Roh­stoff ein­lösbar sind. Hier finden also Wäh­rungen Akzeptanz, die im Sinne von Ludwig von Mises reines Zei­chengeld sind,[18] die nicht staatlich sind und die an kei­nerlei Ware gebunden sind. Viele Geld­theo­re­tiker hatten die Ent­stehung eines solchen Typs Geld für unmöglich gehalten und auch Hayek hatte erwartet, dass ich im freien Wett­bewerb an Roh­stoffe gekop­pelte Wäh­rungen durch­setzen würden. Worauf gründet sich aber die zuneh­mende Akzeptanz der Krypto-Währungen?
Das Geheimnis ihres Erfolgs liegt in ihrer Dezen­tra­lität begründet. Ernst­zu­neh­mende Kryp­to­wäh­rungen wie Bitcoin, Monero oder Litecoin werden nicht durch eine private Insti­tution aus­ge­geben, sie basieren lediglich auf einem pro­gram­mierten Pro­tokoll und werden über ein dezen­tra­li­siertes Netzwerk an Netz­werk­teil­nehmern auf­recht­erhalten. Anders als das Zei­chengeld eines pri­vaten Geld­wett­be­werbers, dessen Papier­währung eine Zah­lungs­ver­pflichtung dieses pri­vaten Geld­wett­be­werbers dar­stellt, ist ein Bitcoin ein Zei­chengeld, das nie­mandes Ver­pflichtung ist. In dieser Hin­sicht ähnelt eine Kryp­to­währung wie Bitcoin Gold.
Der durch die Kryp­to­wäh­rungen lan­cierte Wäh­rungs­wett­bewerb ist auch insofern inter­essant, als dass er sich in einem ent­schei­denden Punkt von Hayeks Vor­schlag unter­scheidet. In Hayeks Vor­stellung bestünde wei­terhin die latente Gefahr des Schei­terns eines – zen­tralen – Geldemittenten.
Im Falle einer Kryp­to­währung wie Bitcoin gibt es diese Zen­tral­einheit nicht. Das ein­wand­freie Funk­tio­nieren einer solchen Kryp­to­währung wird durch mehrere geo­gra­fisch ver­teilte Inter­es­sens­gruppen wie Ent­wickler, Miner, Nutzer und andere innerhalb des Öko­systems sicher­ge­stellt. Das Ver­trauen und somit das Risiko ist auf ein Netzwerk meh­rerer, sich in ihren Inter­essen zuwi­der­lau­fenden Par­teien ver­teilt.[19] Wer also auf eine Kryp­to­währung setzt, setzt sein Ver­trauen letztlich in die Mathe­matik und Kryp­to­grafie zur Auf­recht­erhaltung eines Anreiz­systems, das wie­derum alle par­ti­zi­pie­renden Gruppen dazu anhält, die Inte­grität der Kryp­to­währung zu gewähr­leisten. Daher auch das Motto: „In Code We Trust“.[20] Bis zum heu­tigen Tag hat sich dieses Anreiz­system bewährt, keiner der zahl­reichen Zer­stö­rungs­an­griffe ist bisher erfolg­reich gewesen.
Auf der Suche nach Stabilität
Ein Problem, das vielen Kryp­to­wäh­rungen – und stell­ver­tretend Bitcoin – anhaftet, ist ihre hohe Preis­vo­la­ti­lität. Bit­coins unelas­ti­sches Angebot gepaart mit dem durch die rasche Dif­fusion der Krypto-Ideo­logie aus­ge­lösten Nach­fra­ge­schock sowie dem ein­herg­ge­henden spe­ku­la­tiven Hype[21] hat zwi­schen­zeitlich zu einer enormen Kauf­kraft­ex­plosion geführt. Abge­sehen von der jüngsten Kor­rektur ist die Geschichte Bit­coins bislang eine Hyper­de­fla­ti­ons­ge­schichte[22] – und in einer Deflation ist es ratio­naler, eine Währung zu horten, statt sie als Zah­lungs­mittel ein­zu­setzen. Die Tausch­mit­tel­funktion dieser wie anderer junger Wäh­rungen ist daher kaum gegeben.[23]
Was also auf der einen Seite die Funktion der Wertauf­be­wahrung begünstigt, behindert auf der anderen Seite die­jenige als Ver­rech­nungs­einheit. Denn da Bit­coins sowie andere Kryp­to­wäh­rungen in ihrem Angebot beschränkt sind, weil es keine Zen­tral­einheit gibt, die einen Nach­fra­ge­über­schuss über ein fle­xibles Angebot aus­gleichen kann, sind diese Kryp­to­wäh­rungen zeit­weise sehr volatil.[24] Anders als von Mises pro­kla­miert, der meinte, dass ein unelas­ti­sches Angebot mit ver­gleichs­weise geringen Nach­frage- und damit Preis­schwan­kungen einer Währung ein­hergehe, erweisen sich Kryp­to­wäh­rungen als Ver­rech­nungs­ein­heiten, in denen Unter­nehmer ihre Bilanzen führen, bislang zumindest als unge­eignet.[25]
Mit Hayek könnte man an dieser Stelle erwidern, dass eine Kryp­to­währung, die gerade eine Mone­ta­ri­sierung durch­läuft, zwangs­läufig zu Beginn eher als Spe­ku­la­ti­onsgut ange­sehen wird und daher volatil ist. Es erscheint logisch, dass in einer ersten Phase die spe­ku­lative Nach­frage bzw. Hor­tungs­nach­frage hoch ist und dies in hoher Vola­ti­lität resul­tiert. Mit der Zeit sollte die Spe­ku­la­ti­ons­nach­frage aller­dings an Gewicht ver­lieren, da immer mehr Men­schen bereits im Besitz dieser Kryp­to­währung sind. Die Trans­for­mation vom Spe­ku­la­ti­onsgut hin zur Währung mit ver­läss­licher Tausch­mit­tel­funktion sollten auf­kom­mende (Krypto-)Währungen im Erfolgsfall durch­laufen.[26]
Einige Kryp­to­wäh­rungs-Enthu­si­asten, die nicht einfach nur abwarten abwarten wollen, tüfteln an Ideen für wert­stabile Kryp­to­wäh­rungen, soge­nannten Sta­b­le­coins.[27] Das sind also Wäh­rungen mit weniger starrem Angebot, bei denen Nach­fra­ge­schwan­kungen mode­riert werden mit dem Ziel der Kauf­kraft­sta­bi­lität. Die Schwie­rigkeit dabei: Wie garan­tiert man Preis­sta­bi­lität, ohne dabei den Vorzug der dezen­tralen und daher Zensur-resis­tenten Struktur einer Kryp­to­währung ein­schränken zu müssen? Schlichtweg von oben herab ein Infla­ti­onsziel zu bestimmen, wie das die Zen­tral­banken tun, wider­spricht dem Wesen der Kryp­to­wäh­rungen.[28]
Die Lösung könnte DAO, eine „Decen­tra­lized Auto­nomous Orga­nization“, sein. Die Teil­nehmer einer solchen orga­ni­sieren sich selbst. Im Falle eines Sta­b­le­coins läge es an den Teil­nehmern der DAO, die Kryp­to­wäh­rungen wert­stabil zu halten. Eine im jewei­ligen Pro­gram­miercode fest­ge­legte Anreiz­struktur soll hierbei helfen. MakerDAO,[29] ein viel­ver­spre­chendes Projekt in dieser Hin­sicht, wurde bereits lan­ciert. Deren Sta­b­lecoin, auch „Dai“ genannt, ist zwar noch sehr jung, wird aber von einigen bereits ver­wendet.[30] Über andere Pro­jekte, wie bei­spiels­weise DigixDAO,[31] wird ver­sucht, eine durch Gold oder andere Edel­me­talle gedeckte Kryp­to­währung zu etablieren.
Fazit
„Alles spitzt sich damit auf die Frage zu: Welche Ord­nungs­formen gewähren Freiheit?“
Walter Eucken
Hayek hat in unseren Augen sehr wert­volle theo­re­tische Vor­ar­beiten für eine zukünftige, kri­sen­re­sis­tentere Geld­ordnung geliefert. Um eine voll­ständige Freiheit für Geld­pro­du­zenten und ‑kon­su­menten her­zu­stellen, müsste das staat­liche Geld­mo­nopol in Frage gestellt werden und die Mög­lichkeit bestehen, dass sich in einem dezen­tralen Ent­de­ckungs­ver­fahren Pri­vat­wäh­rungen ent­wi­ckeln können, die mit­ein­ander im Wett­bewerb stehen. Weil Geld­nutzer die Pro­du­zenten schlechten, d. h. infla­tio­nis­ti­schen Geldes durch Abwan­derung bestrafen würden, wären sowohl staat­liche als auch private Anbieter dazu ange­halten, ihre Pro­du­zen­ten­rente gering zu halten und gutes Geld zu emittieren.
Da Staaten dann nicht die Mög­lichkeit hätten, über Inflation ihre Schul­denlast zu mindern, wären sie in einer solchen Geld­ordnung wirksam zur Haus­halts­dis­ziplin ange­halten. Die chro­nische Ver­schul­dungs-Krise der Gegenwart könnte in einem solchen System gar nicht erst ent­stehen. Folglich wäre der Wäh­rungs­wett­bewerb die effek­tivste Schul­den­bremse über­haupt.[32]
Lange Zeit war ein solcher Wäh­rungs­wett­bewerb undenkbar, da er vor­aus­ge­setzt hätte, dass Staaten ihr Geld­mo­nopol frei­willig auf­weichen. Mit den Kryp­to­wäh­rungen wird ein Wäh­rungs­wett­bewerb im Sinne Hayeks möglich.
Das Ver­ständnis des staat­lichen Geld­mo­nopols, der an ihm hän­genden Macht sowie das Erkennen, wie diese Macht immer und immer wieder auf Kosten der Bürger miss­braucht wird und ursächlich für gra­vie­rende Wirt­schafts­krisen ist, kann viel­leicht sogar zu der Bildung einer gesell­schaft­lichen Kraft führen, die auf den Wandel der Geld­ordnung drängt.
Dieser Beitrag wurde zuerst hier ver­öf­fent­licht: Incre­mentum, Crypto Research Report

[1] Eine besondere Form stellen tem­porale Monopole dar, die soge­nannte „Pio­nier­ge­winne“ erwirt­schaften. So erhalten etwa Firmen für bestimmte Inno­va­tionen Patente, die sie eine Zeitlang vor der Nach­ahmung ihrer Pro­dukte durch Wett­be­werber schützen. Mit einem der­ar­tigen Patent­recht schränkt der Gesetz­geber zwar den Wett­bewerb zum Zeit­punkt X ein, er fördert aller­dings den Wett­bewerb über die Zeit, da für Unter­nehmen oft nur die Aus­sicht auf die tem­po­rären Mono­pol­ge­winne ent­spre­chende F&E‑Investitionen ren­tabel erscheinen lassen. Vgl. Schum­peter, Joseph: Theorie der wirt­schaft­lichen Ent­wicklung, 1911
[2] Natür­liche Monopole kommen infolge einer Kos­ten­struktur (meist hohe Fix­kosten und niedrige Grenz­kosten) zustande, bei der Wett­be­werber die Gesamt­kosten zur Bereit­stellung eines Gutes erhöhen würden. Bei­spiele sind die Eisenbahn, die hohe Fix­kosten in Form ihres Schie­nen­netzes auf­weist, oder Anbieter lei­tungs­ge­bun­dener Ver­sor­gungs­leis­tungen wie Wasser und Strom.
[3] Wir werden in diesem Kapitel vom „staat­lichen Geld­mo­nopol“ schreiben, auch wenn die Geld­pro­duktion heut­zutage weniger von der Zen­tralbank selbst, als vielmehr von der Kre­dit­geld­schöpfung pri­vater Geschäfts­banken her­rührt und es sich somit um eine öffentlich-private Part­ner­schaft handelt. Aber schließlich ist es der Staat, der festlegt, welches das gesetz­liche Zah­lungs­mittel ist.
[4] Vgl. „Monetary Regimes and Inflation“, Bernholz Peter, History, Eco­nomic and Poli­tical Rela­ti­onships, Chel­tenham, 2003.
[5] Vgl. In Gold we Trust-Report 2016, „Der monetäre Aspekt beim Untergang Roms“, S. 98–103, oder „The Frogs“, Aris­to­phanes, S. 719–737.
[6] Vgl. „Die Null­zins­falle: Nach­hal­tiger Ver­mö­gens­aufbau in einem nicht nach­hal­tigen Geld­system“, 2018 (erscheint in Kürze).
[7] Friedrich August von Hayek merkte an, dass es in der wis­sen­schaft­lichen Lite­ratur keine wirk­liche Antwort auf die Frage gebe, weshalb ein staat­liches Geld­mo­nopol uner­lässlich sei, und dass es generell an einer aka­de­mi­schen Dis­kussion mangele, die sich mit der Auf­hebung dieses Monopols beschäftigt („Ent­na­tio­na­li­sierung des Geldes: Eine Analyse der Theorie und Praxis kon­kur­rie­render Umlaufs­mittel“, 1977, S. 26f). Die Auf­fassung, Staaten hätten ein quasi-natür­liches Vor­recht zur Geld­pro­duktion, führte er auf die his­to­rische Tat­sache zurück, dass diese sich schon früh das Münz­prä­ge­recht ein­ver­leibten und wie selbst­ver­ständlich bei­be­hielten (ebenda S. 28).
[8] Das ist insofern spannend, als dass Hayek zuvor sehr ent­ge­gen­ge­setzte Posi­tionen ver­treten hatte: „[A] really rational monetary policy could be carried out only by an inter­na­tional monetary aut­hority […] [S]o long as an effective inter­na­tional monetary aut­hority remains an Utopian dream, any mecha­nical prin­ciple (such as the gold standard) […] is far pre­ferable to num­erous inde­pendent and inde­pendently regu­lated national cur­rencies.“ (von Hayek, Friedrich August: „Monetary Natio­nalism and Inter­na­tional Sta­bility“, 1937, S. 93ff) Später schreibt Hayek, ein freier Wäh­rungs­markt „is not only poli­ti­cally imprac­ti­cable today but would pro­bably be unde­si­rable if it were pos­sible.“ (von Hayek, Friedrich August: „The Con­sti­tution of Liberty“, 1960, S. 324ff) Aller­dings eint die ver­schie­denen Posi­tionen, die Hayek über die Zeit bezogen hat, der Anspruch, eine mög­lichst nicht-infla­tio­nis­tische Geld­ordnung zu finden. Ferner zeugt die Ent­wicklung seiner Posi­tionen von einer wach­senden Staatsskepsis.
[9] Vgl. „Toward a Free Market Monetary System“, Friedrich A. von Hayek, 10. November 1977, S. 2.
[10] „Choice of Cur­rency: A Way to Stop Inflation“, Friedrich A. von Hayek, The Institute of Eco­nomic Affairs, 1976.
[11] Vgl. „Ent­na­tio­na­li­sierung des Geldes: Eine Analyse der Theorie und Praxis kon­kur­rie­render Umlaufs­mittel“, Friedrich A. von Hayek, 1977, S. 57.
[12] „Ent­na­tio­na­li­sierung des Geldes: Eine Analyse der Theorie und Praxis kon­kur­rie­render Umlaufs­mittel“, Friedrich A. von Hayek, 1977, S. 94.
[13] „Ent­na­tio­na­li­sierung des Geldes: Eine Analyse der Theorie und Praxis kon­kur­rie­render Umlaufs­mittel“, Friedrich A. von Hayek, 1977, S. 102.
[14] Tofall, Norbert F.: Wäh­rungs­ver­fas­sungs­fragen sind Frei­heits­fragen: Mit Kryp­to­wäh­rungen zu einer markt­wirt­schaft­lichen Geld­ordnung?, Flossbach von Storch Research Institute, 2018, S.4
[15] „A pra­xeo­lo­gical ana­lysis reveals that cur­rency com­pe­tition is simply not in the state’s interest.“ (Polleit, Thorsten: “Hayek’s ‘Dena­tio­na­lization of Money’ – a Pra­xeo­lo­gical Reas­sessment”, Journal of Prices and Markets, S.79.
[16] Vgl. Matonis, Jon: “ECB: ‘Roots Of Bitcoin Can Be Found In The Aus­trian School Of Eco­nomics”, Forbes, 2012.
[17] Doch nicht nur bei Laien führt der Erfolg der Kryp­to­wäh­rungen zu Irri­ta­tionen. So meinte etwa der ver­sierte Geld­theo­re­tiker (und Ver­terter der Öster­rei­chi­schen Schule) Guido Hülsmann noch im Jahr 2007, es sei „unwahr­scheinlich, daß ein aus­schließlich auf Bits und Bytes defi­niertes Geld jemals in einer freien Markt­wirt­schaft pro­du­ziert werden wird.“ (Die Ethik der Geld­pro­duktion, Manu­scriptum Ver­lags­buch­handlung, 2007, S.49) Der Frage, ob Kryp­to­wäh­rungen aber tat­sächlich Wäh­rungen bzw. Geld sind, soll im nächsten Abschnitt nach­ge­gangen werden.
[18] Vgl. von Mises, Ludwig: Theorie des Geldes und der Umlaufs­mittel, München und Leipzig: Verlag von Duncker & Humlot, 1912.
[19] Vgl. Tomaino, Nick: “Trustless is a Mis­normer”, Medium, 21.07.2016
[20] Wu, Tim: “The Bitcoin Boom: In Code We Trust”, New York Times, 18.12.2017.
[21] So glauben viele, dass die noch am Anfang ihrer Ver­breitung ste­henden Kryp­to­wäh­rungen über die nächsten Jahre an Wert gewinnen werden und kaufen diese als spe­ku­lative Buy-and-Hold-Investments.
[22] Vgl. „Bubble or Hyper­de­flation“, http://cryptoresearch.report/crypto-research/bubble-or-hyperdeflation/Crypto Research Report, Incre­mentum AG
[23] Einige innerhalb der Bitcoin-Com­munity argu­men­tieren, die Kryp­to­währung sei über­haupt nicht dafür prä­de­sti­niert, ein weit ver­brei­tetes, im Alltag genutztes Tausch­mittel zu sein. Bitcoin stelle vielmehr ein mög­lichst dezen­tra­li­siertes und daher Zensur-resis­tentes Wertauf­be­wah­rungs­mittel dar. Der anfänglich kon­stru­ierte Pro­grammcode von Bitcoin, der nur über einen Konsens innerhalb der äußerst dis­pa­raten Bitcoin-Com­munity geändert werden kann, liefere optimale Vor­aus­set­zungen für die Funktion des Wertauf­be­wah­rungs­mittels; die Gesamt­menge an Bit­coins, die jemals geschürft werden kann, ist demnach auf 21 Mil­lionen beschränkt ist. Nur ungefähr alle zehn Minuten ent­steht ein neuer Bitcoin. Die Menge neu geschaf­fener Bit­coins redu­ziert sich seit der Ent­stehung von Bitcoin 2008 alle vier Jahre um die Hälfte, bis Berech­nungen zufolge im Jahr 2140 alle Bit­coins geschürft worden sind. Es ist diese sich stetig stei­gernde dis­in­fla­tionäre Tendenz, welche die Wertauf­be­wah­rungs­mit­tel­funktion stark begünstigt.
[24] Von dieser Vola­ti­lität sind diese Kryp­to­wäh­rungen stärker befallen als bei­spiels­weise Gold, da Gold über die Schmuck- und Kunst­in­dustrie (sin­kende Nach­frage bei höheren Preisen, vice versa) bzw. auch über das Gold­an­gebot (erhöhte Minen­ak­ti­vi­täten sowie höhere Ver­äu­ßerung bestehender Reserven bei höheren Preisen, vice versa) einen Puffer hat, der anti­zy­klisch wirkt.
[25] Vgl. von Mises, Ludwig: : Human Action: A Treatise in Eco­nomics, Auburn, Alabama: Ludwig von Mises Institute, 1998, S.225ff.
[26] Wie besprochen, ist auch das ange­bots­un­elas­tische Gold vor einer Phase hoher spe­ku­la­tiver Nach­frage nicht gefeit: Sollten sich im Zuge eines her­aus­bil­denden Wäh­rungs­wett­be­werbs gold­ge­deckte Wäh­rungen als die­je­nigen erweisen, die von den meisten Nutzern nach­ge­fragt werden, so würde die zuneh­mende Nach­frage nach Gold auch dessen Preis (und ver­mutlich auch die Vola­ti­lität) rasant erhöhen, sodass sich das Edel­metall – zumindest vor­über­gehend – auch nicht für den Geschäfts­verkehr und das Rech­nungs­wesen eignen würde. (Vgl. von Hayek, Friedrich August: Ent­na­tio­na­li­sierung des Geldes: Eine Analyse der Theorie und Praxis kon­kur­rie­render Umlaufs­mittel, 1977 S.102/127).
[27] Vgl. Kapitel: Krypto: Freund oder Feind?
[28] Buterin, Vitalik: “The Search for a Stable Cryp­to­cur­rency”, Ethereum Blog, 11.11.2014.
[29] DiPrisco, Gregory: Maker for Dummies: A Plain English Expl­anation of the Dai Sta­b­lecoin, Medium, 20.11.2017.
[30] Tomaino, Nick: “Sta­b­le­coins: A Holy Grail in Digital Cur­rency”, The Control, 03.04.2017.
[31] Vgl. Kapitel: Krypto: Freund oder Feind?
[32] Vgl. „Wäh­rungs­ver­fas­sungs­fragen sind Frei­heits­fragen: Mit Kryp­to­wäh­rungen zu einer markt­wirt­schaft­lichen Geld­ordnung?“, Tofall Norbert F., Flossbach von Storch Research Institute, 2018, S. 5

Demelza Hays forscht seit 2013 auf dem Gebiet der Kryp­to­wäh­rungen. Neben Lehr­ver­an­stal­tungen zum Thema „Krypto-Wäh­rungen“ an der Uni­ver­sität Liech­ten­stein hält sie regel­mäßig Vor­träge und publi­ziert Artikel zum Thema. Ihre Arbeiten wurde in meh­reren renom­mierten Print- und Online-Maga­zinen ver­öf­fent­licht, unter anderem in Forbes, Der Standard und der Frank­furter All­ge­meinen Zeitung.