Neuer Skandal im Fall Amri? Unter­su­chungs­aus­schuss und Anwälte im Zwie­licht — Lügen und Vertuschen

Der FDP-Abge­ordnete Marcel Luthe ist ein Spiel­ver­derber. Da war es gerade wieder eini­ger­maßen ruhig geworden um den Ter­ror­an­schlag auf dem Weih­nachts­markt am Ber­liner Breit­scheid­platz, und man hatte sich schon ganz kommod in einem Unter­su­chungs­aus­schuss ein­ge­richtet, da grätscht doch tat­sächlich unver­mittelt ein FDP-Mensch dazwi­schen und zerrt dieses fürch­ter­liche Ereignis wieder in die Medien.
Zur Erin­nerung: In der Vor­weih­nachtszeit 2016, am 19. Dezember, fuhr ein Last­wagen etwa 40 Meter in einen Weih­nachts­markt, bevor er zum Still­stand kam. Zwölf Tote und 67 zum Teil Schwer­ver­letzte waren zu beklagen. Als Täter gesucht wurde der Tunesier Anis Amri, der auf der Flucht durch Europa in Italien am Mai­länder Bahnhof von Cara­bi­nieri erschossen wurde.
Die ganze Geschichte um diesen Anschlag war eine Anein­an­der­reihung von Selt­sam­keiten, und wirklich auf­ge­klärt wurde bis heute nichts.
Es dauerte ein halbes Jahr, bis das Abge­ord­ne­tenhaus die Ent­scheidung traf und umsetzte, im Sommer 2017 einen Unter­su­chungs­aus­schuss ein­zu­be­rufen. Ergeb­nisse sind auch ein­einhalb Jahre später noch nicht da. Aber es werden Zeugen ver­nommen. Nach und nach sollen alle Zeugen angehört werden — die irgend­etwas mit dem Anschlag zu tun haben oder gesehen haben könnten oder in der Nähe waren -, um die Sache auf­zu­klären. Alles strengstens ver­traulich natürlich, die Öffent­lichkeit bleibt draußen. Nicht einmal die Mit­glieder des Senats und die Ver­teter der Behörden können hinein – außer, sie sind Zeugen.
Da es sich um eine wichtige Sache handelt, haben die Zeugen das Recht, einen Anwalt zu ihrer Unter­stützung an der Seite zu haben. Das über­nimmt die Kanzlei Ignor und Partner. „Emp­fohlen für höchste Fach­kom­petenz und exzel­lente Fähig­keiten vor Gericht“ (The Legal 500 Deutschland 2015), steht groß auf der Homepage.
Diese hoch­kom­pe­tente Kanzlei wurde vom Ber­liner Senat vor­ge­schlagen, um die Zeugen zu unter­stützen und gene­rö­ser­weise über­nimmt der Senat auch diese Anwalts­kosten, die sich auf 833 Euro pro Zeuge belaufen. Das sickerte offenbar durch und so wurde der FDP-Abge­ordnete Marcel Luthe doch stutzig.
Konnte das sein?
Herr Luthe stellte eine Anfrage an den Ber­liner Innen­senat und bekam auch Aus­kunft. Ja, das sei so und bisher wurden fünf Zeugen durch Ignor und Partner anwaltlich begleitet. Das findet nicht nur Herr Luthe bemer­kenswert. Denn die strikte Geheim­haltung des Unter­su­chungs­aus­schusses und all dessen, was da gehört und gesprochen wird, ist ja gerade deshalb so penibel ein­zu­halten, weil dort ja auch unter­sucht werden soll, ob es Behör­den­ver­säum­nisse gegeben hat, ob Sicher­heits­be­hörden versagt haben, ob es Ent­schei­dungen des Senats gibt, die den Anschlag mit ermög­licht haben. Gründe, dies annehmen zu können, gibt es genug.
Gehen wir einmal wild ver­mutend davon aus, dass der Unter­su­chungs­aus­schuss in den ein­einhalb Jahren nicht nur fünf Zeugen, sondern einige mehr befragt hat, aber nur fünf von ihnen sich des rechts­an­walt­lichen Bei­standes von Ignor & Partner erfreuen durften. Warum nur diese?
Nun, die for­mi­dable Kanzlei steht als „Haus­an­wälte“ des Ber­liner Senats sicher in einem exqui­siten Ver­trau­ens­ver­hältnis zu ihrer Man­dant­schaft. Nur mal so in die Tüte gesprochen, wäre es doch für den Senat sehr angenehm zu wissen, ob da Zeugen „sen­sible Infor­ma­tionen“ zur Unter­su­chung bei­tragen können, die in einem Zusam­menhang mit dem Ber­liner Senat oder anderen staat­lichen Behörden stehen und welche das gege­be­nen­falls sind. Und wenn dem so ist, könnte es sicher zum Vorteil für alle Betei­ligten sein, wenn die Rechts­an­walts­kanzlei die Zeugen ent­spre­chend berät und auf diese Weise zum Frommen aller wirkt.
Eine der mit ein­be­zo­genen Rechts­an­wälte ist auch Richter am Ber­liner Ver­fas­sungs­ge­richtshof. Wie schön, dass es solch gute Syn­ergien in Berlin gibt. Die Dame hat sicherlich ihrer­seits wie­derum gute Ver­bin­dungen zur Richterschaft.
Wie erwähnt, ist ja der Fall Anis Amri alles andere als vom Lichte der Wahrheit durch­flutet. Da bedarf vieles noch der Auf­klärung. Und es gibt Grund zur Ver­mutung, dass dabei staat­liche Behörden in Erklä­rungs­ka­la­mi­täten geraten könnten.
Lassen wir einmal die vielen selt­samen, kleinen Unge­reimt­heiten bei­seite, wie, dass Anis Amri aus­ge­rechnet an den Ort floh, von wo aus der Tat-Last­wagen nach Berlin los­ge­fahren war. Ver­gessen wir, dass das Tat­fahrzeug ein solches Manöver kaum mit einem unge­schulten Fahrer hätte bewerk­stel­ligen können. Und es kann ja auch einfach Zufall sein, dass einer der direkten Tat­zeugen ein Geheim­dienstler des Mossad war. Warum soll der nicht einmal Lust haben, einen Weih­nachts­markt­bummel zu machen?
Sehr viel selt­samer erscheint aber ein Video, das angeblich von einer Über­wa­chungs­kamera stammen soll, uner­klär­li­cher­weise aber erst im März 2018 auf­tauchte. Ein Jahr und drei Monate später. Das Magazin “Kon­traste” ver­öf­fent­lichte es in seiner Sendung:
https://www.youtube.com/watch?v=8R5dum43ZAE
 
Dann ana­ly­sierte ein Team der Freien Medien dieses Video, und die Ergeb­nisse sind interessant:

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Anmerkung unse­rer­seits: Man hört den Ver­kehrslärm in dem Video. Nor­ma­ler­weise zeichnen Über­wa­chungs­ka­meras keinen Ton auf. Aber — gehen wir einmal davon aus -, in diesem Fall doch. Dann hätte man doch Sekunden nach der Durch­fahrt des Last­zuges die pani­schen und ver­zwei­felten Schreie der über 100 Ver­letzten und Flie­henden irgendwie hören müssen. Wenn über hundert Men­schen in höchster Not gellend schreien, hört man das auch durch den Ver­kehrslärm. Überdies sind Über­wa­chungs­ka­meras ent­weder fest instal­liert oder schwenken in einem gleich­blei­benden Rhythmus hin und her. Aber sie haben keine Spezial-Anschlag-Vor­aus­ah­nungs-Software. Hier folgt die Kamera aber dem Last­wagen. Als er aus dem Markt wieder her­aus­fährt, zieht die Kamera sogar in Erwartung, dass er noch weiter fährt, ein Stück voraus – und kor­ri­giert dann zurück. Fazit: Das war mit an Sicherheit gren­zender Wahr­schein­lichkeit keine Über­wa­chungs­kamera, sondern ein von Hand gedrehter und bear­bei­teter Film von jemandem, der genau wusste, was pas­sieren würde und in Position stand.
Dann gibt es noch das publik gewordene Geheim­treffen zwi­schen Ver­fas­sungs­schutz­prä­sident Hans-Georg Maaßen und dem Ber­liner Innen­se­nator Andreas Geisel, SPD, und dessen Staat­s­e­kretär Torsten Akmann, bei dem es um eine Absprache darüber ging, wie man man besten ver­tu­schen könne, dass der Ver­fas­sungs­schutz mit seinem V‑Mann Murat Kurnaz bis zur Hals­krause ver­strickt ist im Fall Amri. Unter der Devise „ein wei­teres Hoch­kochen der The­matik muss unbe­dingt ver­mieden werden“ sollte Maaßen die Ber­liner und die Bun­des­re­gierung instru­ieren, die ganze Sache zu ver­leugnen und zu verschweigen.
Auf eine dies­be­züg­liche Frage der Grünen gab die Bun­desrgierung eine glas­klare Antwort: Das Bun­desamt für Ver­fas­sungs­schutz (das BfV unter­steht direkt dem Bun­des­in­nen­mi­nis­terium) habe »im Umfeld des Amri« keine V‑Leute ein­ge­setzt. Und genau diese Behaup­tungen haben Recherchen des ARD-Magazins »Kon­traste« und der »Ber­liner Mor­genpost« unzwei­felhaft und end­gültig als Lüge widerlegt.
Anis Amri war Vor­beter in der radi­kal­is­la­mi­schen Füs­silet-Moschee und der BfV-Mann Kurnaz schloss dort Bekannt­schaft mit Anis Amri. Kurnaz soll den Anis Amri sogar in der Vor­be­reitung „eines Anschlags“ unter­stützt haben. Mehr dazu hier.
Vor diesem Hin­ter­grund und ange­sichts der geschickten Betreuung der Zeugen durch eine dem Senat ver­pflich­teten Anwalts­kanzlei, dürfen wir alle sehr gespannt sein, ob wir über­haupt jemals auch nur etwas halbwegs Glaub­wür­diges als Ergebnis des über jeden Zweifel erha­benen Unter­su­chungs­aus­schusses erfahren werden.