Was sagen unsere TierschützerInnen, FlüchtlingshelferInnen und veganen SozialpädagogInnen zum Missbrauch eines trächtigen Schafs? Vielleicht hilft ein Stuhlkreis im coolen Ökocafé mit Internetbreitbandanschluss zum Chatten mit dem afrikanischen Kaffeebauern, der fair gehandelten Kaffee anbaut. Dazu ein Minicupcake zu 3,20 € und eine leckere Stulle zu 4,50 € — mit Liebe gebacken aus handgemahlenem Mehl wie bei Oma.
(Von Maria Schneider)
Schnell noch in den Mac geguckt, wie hoch die Missbrauchsfälle unter Schafen sind, bevor man das nächste Projekt zur Rettung der Gelbbauchunke bespricht.
Derweil regt sich die Frau am Nachbartisch mit kunstvoll verwuscheltem Haar (aus Solidarität mit den Armen der Welt, die sich keine Bürste leisten können) über die Prekariatsverkäuferin in der Bäckereikette auf, weil diese keinen fair gehandelten Kaffee anbietet und „ganz eindeutig“ billig gefertigte Kleidung aus Bangladesch trägt, statt überteuerte Ökolappen wie sie.
Darüber hinaus wollte diese unaufgeklärte Person noch nicht mal die Problematik der Ausbeutung der Textilarbeiterinnen diskutieren, sondern den nächsten Kunden bedienen. Sie hat es daher nicht besser verdient, dass sie bei ihrer mangelnden internationalen Solidarität auf 450-€-Basis in so einer Bäckerei gelandet ist. An so eine Frau sollte man besser keinen Gedanken mehr verschwenden und statt dessen den Urlaub auf Gran Canaria zum Schnäppchenpreis buchen, um endlich mal wieder im 5‑Sterne-Hotel die Sonne zu genießen.
Aber zurück zum Schaf. Man sollte schon auch bedenken, dass Schafe freie Tiere sind und nicht im Stall hätten eingesperrt werden sollen. In der freien Natur hätte das Schaf weglaufen können.
Da der Landwirt aber die Schafe ihrer Freiheit beraubt hat, ist der Landwirt schuld und nicht der 25-jährige Mann.
Da lässt sich doch gleich ein neues Projekt gründen. Freier Auslauf für alle Schafe, damit sie einfach wegrennen können. Sicherlich machen da alle im Viertel mit. Anna-Lena und Patrick, Marie-Luise und David und natürlich Kuani und Sani – ein halb erleuchtetes Lesbenpaar nach ihrer Einweihung in Goa, das nun weiß, dass es im früheren Leben ein Schwulenpaar war und sich in Therapie befindet, um die männliche Seite zu integrieren.
Und nicht zu vergessen Karl-Heinz – seines Zeichens Banker und ziemlich spießig, aber er hat das Geld und macht immer wieder mal was locker, da seine Anahid (ehemals: Uschi) sonst nicht mehr nett zu ihm ist. Aber für freie Schafe kann man auch mal mit Karl-Heinz reden, auch wenn er sich ständig weigert, die Cupcakes für 3,20 € zu bezahlen, weil er sie zu teuer findet.
In diesem Sinne – willkommen in der schönen neuen Welt!
Ach halt, noch eine letzte Frage: Was machen wir mit den Frauen? Frei laufen lassen oder einsperren?
P.S.: Angesichts der sich ständig verschlechternden Situation – erst gestern wieder fast nur Schwarze und Araber in der Straßenbahn, und nach dem Aussteigen wurde es nicht besser –, vergeht mir manchmal die Lust am Schreiben.
Erstveröffentlichung auf conservo.wordpress.com