Jedes Jahr hält sich das Beriner Stadtmagazin „Tip“ für aufgerufen und befugt, Leute für eine Berliner-Peinlichkeits-Rangliste zu küren. Als peinlichster Berliner wurde – man hätte ja drauf wetten können – jemand von der AfD gewählt.
Seit etwa 20 Jahren ist es bei dem Blatt eine Tradition, zum Jahresende Leute aus teilweise unerfindlichen Gründen („TIP“ bezeichnet es als „feinsinnig“) an den Kraft eigener Selbstüberschätzung eingerichteten Pranger zu stellen:
„So traditionell wie die Silvesterböllerei – und genauso feinsinnig kürt der tip Berlin seit 1999 Ende Dezember die 100 peinlichsten Berliner.“
Wirklich überzeugend wirkt der Preis eigentlich nur für den Winkel-Wahnsinn-Radweg der Zehlendorfer Leo-Baeck-Straße, wo der mit weißen Linien eingetragene Radweg in exakt rechtwinkligen Ecken um die am Straßenrand stehenden Bäume herumführt. Da muss man schon Kunstradfahrer sein um alle zwei Meter den halsbrecherischen Zickzackkurs zu bewältigen. Die Grüne Bezirksstadträtin Maren Schellenberg ließ die absurden Markierungen dann eiligst wieder entfernen, nachdem sogar Touristen anreisten, um den Blödsinn zu bewundern. Hier war der Preis wirklich angebracht, es reichte aber nur für Platz 14.
Gräfin Beatrix von Storch erhält den Platz 1 dafür, dass sie sich über das „hysterische Klima-Gekreische“ lustig machte, nur, weil es ein heißer und trockener Sommer war, was naturgemäß und nachweislich immer wieder mal vorkommt, ohne dass die Erde verglüht ist. Auch nachweislich. Aber eigentlich hätte Frau von Storch auch ein Frikadellenrezept posten können und wäre in der Luft zerrissen worden. Hauptsache, Platz 1 geht an die AfD. Eigentlich muss man sagen, dass die AfD ziemlich nachgelassen hat, wenn das alles ist, warum Frau von Storch Platz 1 besetzt. Toleranz ist heute anscheinend eine eingetragene Handelsmarke und darf nur noch für von zertifizierten Gutmenschen praktiziert werden und das auch nur bei politisch korrekten Themen. Alles andere ist sozialharam. Insbesondere AfD-Mitglieder, die sind doppelsozialharam.
Auf Platz zwei liegt Bausenatorin Katrin Lompscher (die Linke). Die Dame hat allerdings in ihrer Aufgabe, in Berlin neue Wohnungen zu schaffen, amtlich versagt. Während Frankfurt 32,8 Prozent mehr Wohnungen geschaffen hat, München mit 39,5 Prozent eine beachtenswerte Leistung hinlegte, stinkt Berlin mit einem Minus von 3,7 Prozent brachial ab. Bausenatorin Katrin Lompscher begründete das Fiasko mit „Neue Wohnungen bauen sich bekanntlich nicht so schnell, wie man Brötchen backen kann.“, um dann einen positiven Ausblick in die Zukunft zu wagen: „Wir stoßen an die Grenzen unserer Möglichkeiten, aber es ist das Schöne an Herausforderungen, dass an diesem Punkt Innovation entsteht.“ Soviel gute Laune angesichts einer derartigen Fehlleistung ringt einem schon Respekt ab. Dass die Grenzen ihrer Möglichkeiten der Schaffung neuen Wohnraums in Berlin unter Null liegen, ist schon irgendwie beeindruckend.
Dennoch möchten wir hier eine Lanze für Frau Lompscher brechen. Sie gehört nicht auf die Liste der peinlichsten Berliner, sondern einfach gefeuert.
Abschließend muss man aber auch feststellen, dass diese Liste der peinlichsten Berliner 2018 offenbar für den Rest der Welt auch nur von gebremsten Interesse zu sein scheint. Nicht einmal ein Berliner und auch kein Nichtberliner befand diese vom „Tip“ selbstbelobhudelte Liste als eines Kommentares würdig. Nicht ein einziger Kommentar war darunter zu finden – was Kommentar genug ist. Immerhin kann man die keinen Kommentare nach „Neuesten“ und „Ältesten“ sortieren.
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