Mehrheit für Schwarz-Grün: So würden die Deut­schen im Januar 2019 wählen

16 Monate sind seit der letzten Bun­des­tagswahl ver­gangen. Vieles hat sich seither getan. Zunächst kam es zu Ver­hand­lungen für eine soge­nannte Jamaika-Koalition, die jedoch Ende November 2017, zwei Monate nach der Wahl, platzten. Schließlich kam es doch wieder zu einer schwarz-roten Regierung, der dritten innerhalb von vier Legis­la­tur­pe­rioden, die fast sechs Monate nach der Wahl endlich ihre Arbeit aufnahm. Doch sowohl Union als auch SPD, die beide desas­tröse Wahl­er­geb­nisse ein­ge­fahren hatten, ver­loren noch weiter an Zustimmung, während die AfD und vor allem die Grünen enorm zulegen konnten. Schließlich zog die Kanz­lerin Ende Oktober 2018 die Not­bremse und kün­digte ihren Rück­tritt als CDU-Vor­sit­zende an. Seither sehen wir eine klare Trendwende.

Aus­gangslage

Betrachten wir zunächst nochmals das Wahl­er­gebnis der Bun­des­tagswahl vom 24. Sep­tember 2017. Vor 16 Monaten kamen die Par­teien auf fol­gende Zustim­mungs­werte (in Klammern die Gewinne bzw. Ver­luste gegenüber der Bun­des­tagswahl 2013):

  1. CDU/CSU: 32,9 % (– 8,6 %)
  2. SPD: 20,5 % (– 5,2 %)
  3. AfD: 12,6 % (+ 7,9 %)
  4. FDP: 10,7 % (+ 5,9 %)
  5. DIE LINKE: 9,2 % (+ 0,6 %)
  6. GRÜNE: 8,9 % (+ 0,5 %)
  7. Sonstige: 5,0 % (– 1,2 %)

Endergebnis
Sowohl die Union als auch die SPD erzielten im Sep­tember 2017 nicht nur herbe Ver­luste, sondern geradezu his­to­risch schlechte Ergeb­nisse, während vor allem die AfD und die FDP kräftig zulegen konnten.

Der Plan der CDU scheint zumindest vorerst auf­ge­gangen zu sein

In den fol­genden acht Monaten konnte die Union sich bei diesem Wert von ca. 33 Prozent sta­bi­li­sieren, legte sogar minimal zu. Ab Juni ging es dann jedoch immer weiter bergab, siehe Grafik unten, bis sie Ende Oktober 2018 auf ca. 26 Prozent gefallen war (bei Emnid kamen CDU/CSU einmal sogar auf bloß noch 24 Prozent).
Nach der ent­täu­schenden Hes­senwahl Ende Oktober ver­kündete Merkel sodann, dass sie auf dem Par­teitag der CDU Anfang Dezember nicht mehr antreten werde, um sich erneut zur CDU-Vor­sit­zenden wählen zu lassen. Ab diesem Zeit­punkt kam es sofort zu einer Trend­wende. Die Union fiel nicht weiter, sondern konnte nun leicht zulegen, was sich ab Dezember, nachdem Annegret Kramp-Kar­ren­bauer zur neuen CDU-Vor­sit­zenden gewählt war, ver­stärkte. Der Plan der CDU scheint also zumindest vorerst auf­ge­gangen zu sein. In den letzten drei Monaten konnte die Union von ca. 26 auf jetzt 30 bis 31 Prozent klettern und scheint damit ihren Tief­punkt über­wunden zu haben.
In einer neuen Erhebung von INSA ist Annegret Kramp-Kar­ren­bauer bereits die Poli­ti­kerin, die von den meisten Wählern als die­jenige ange­sehen wird, die ihre Inter­essen am ehesten ver­tritt. Auf Platz zwei sehen die Befragten ihre Vor­gän­gerin als CDU-Vor­sit­zende, die weiter amtie­rende Kanz­lerin Angela Merkel und auf Platz drei den Grünen-Bun­des­vor­sit­zenden Robert Habeck.

Der kon­ti­nu­ier­liche Nie­dergang der SPD und der ful­mi­nante Auf­stieg der Grünen von sechs auf zwei

Den größten Auf­schwung erlebten in den letzten Monaten Die Grünen. In den Monaten vor der Bun­des­tagswahl 2017 ver­zeich­neten sie gerade einmal Werte um die 7 bis 8 Prozent, kamen dann bei der Wahl auf 8,9 Prozent, was nur noch für Platz sechs reichte. Direkt nach der Wahl schossen sie aber in den zwei­stel­ligen Bereich nach oben und stiegen von da an immer weiter und weiter, erreichten im November 2018 ihren Höhe­punkt bei um die 22 Prozent (bei Forsa am 03.11.2018 sogar einmal 24 Prozent). Derzeit pendeln sie sich bei gut 19 Prozent ein, was ihnen klar den zweiten Platz beschert.

Für die SPD ging es ab Anfang 2018 immer weiter nach unten. Nicht einmal die 20-Prozent-Marke konnte gehalten werden und Ende Oktober, Anfang November 2018 ging es erstmals unter die 15 Prozent. Der Tief­punkt wurde am 03.11.2018 mit 13 Prozent erreicht, als Die Grünen ihren Höhe­punkt hatten. Seither konnte sich die SPD minimal ver­bessern, aber wirklich nur minimal. Sie bleibt unter 15 Prozent.

Zwölf Monate steigt die AfD, doch in den letzten vier Monaten ver­liert sie fast alles wieder

Für die AfD ging es nach der Bun­des­tagswahl ganz all­mählich weiter nach oben. Sie stieg über zwölf Monate von 12,6 auf ca. 17 Prozent, erreichte am 01.10.2018 bei INSA ihren Höhe­punkt von 18,5 Prozent. Doch seit vier Monaten ver­liert die AfD kon­ti­nu­ierlich wieder und liegt derzeit nur noch bei rund 13 Prozent. Laut INSA hat sie in nur vier Monaten drei von zehn Wählern (30 Prozent ihrer Kli­entel) wieder ver­loren, bei anderen etwas weniger. Fakt ist auf jeden Fall, dass sie seit vier Monaten deutlich Federn lässt und den Großteil dessen, was sie zuvor zulegen konnte, wieder ver­loren hat.
Die FDP konnte nach der Wahl ihr gutes Ergebnis von 10,7 Prozent in den Umfragen sogar noch etwas steigern, erreichte ihren Höhe­punkt bei Civey Ende November 2017 mit knapp über 13 Prozent. Doch ab dem Moment, da sie aus den Jamaika-Ver­hand­lungen aus­stieg, fiel sie ganz schnell unter 10 Prozent und pen­delte sich dann bei 8 bis 9 Prozent ein.
Bei der Links­partei (SED) sehen wir die geringsten Ver­än­de­rungen. Sie bewegt sich die ganze Zeit zwi­schen 8 und maximal 12 Prozent und liegt derzeit ganz knapp hinter der FDP bei etwas unter 9 Prozent.
Die Ent­wick­lungen können bei dawum.de sehr schön ver­folgt werden, siehe dazu auch die Grafik oben.

Bun­des­tags­wahl­trend im Überblick

Legen wir von jedem Institut, das bezogen auf den mitt­leren Tag der Befragung in den letzten drei Wochen eine Umfrage durch­führte, die jeweils neueste zu Grunde (Allensbach, INSA, GMS, Emnid, Infratest dimap, For­schungs­gruppe Wahlen und Forsa) und ermitteln für jede Partei bzw. Fraktion das arith­me­tische Mittel aus allen sieben Insti­tuten, so erhalten wir fol­gende Werte (in Klammern die jeweilige Band­breite der Werte bei den ver­schie­denen Instituten):

  1. CDU/CSU: 30,5 % (28 – 32)
  2. GRÜNE: 19,4 % (18 – 20)
  3. SPD: 14,7 % (13,5 – 16,5)
  4. AfD: 13,1 % (11 – 15)
  5. FDP: 9,0 % (8 – 10)
  6. LINKE: 8,9 % (8 – 9,5)
  7. Sonstige: 4,4 % (4 – 5)

2019-01-27
Seit der Bun­des­tagswahl im Sep­tember sehen wir damit fol­gende Veränderungen:

  1. GRÜNE: + 10,5 %
  2. AfD: + 0,5 %
  3. LINKE: – 0,3 %
  4. Sonstige: – 0,6 %
  5. FDP: – 1,7 %
  6. CDU/CSU: – 2,4 %
  7. SPD: – 5,8 %

Schwarz-Grüne Mehrheit

Der große Gewinner der letzten 16 Monate sind also ganz ein­deutig Die Grünen, die ihre Ergeb­nisse der Bun­des­tagswahl aktuell mehr als ver­doppeln bezie­hungs­weise wahr­scheinlich sogar um über 10 Punkte zulegen könnten. Kleine Gewinne könnte im Moment noch die AfD ver­zeichnen, nach dem Durch­schnitt aller Institute ca. 0,5 Punkte. Wenn wir davon aus­gehen, dass fast alle Institute die AfD ten­den­ziell 0,5 bis 2,5 Punkte zu niedrig aus­weisen, dann wäre es eher ein Plus von 1 bis 2 Punkten, mithin eher 14 oder 14,5 als 13 Prozent für die AfD.
Alle anderen Par­teien sind ten­den­ziell oder sogar deutlich schwächer geworden, vor allen Dingen die SPD, die bei Neu­wahlen wohl am meisten ver­lieren würde. Da Die Grünen die Ver­luste von CDU/CSU aber weit über­kom­pen­sieren würden, hätten wir derzeit wohl eine Mehrheit von Schwarz-Grün von ca. 49,9 zu 45,7 Prozent gegenüber SPD, AfD, FDP und Links­partei, was für ca. 52,2 Prozent der Sitze im Bun­destag reichen würde für CDU/CSU und Grüne (Über­hang­mandate außen vor­ge­lassen), da die 4,4 Prozent der Stimmen für sonstige Par­teien dort nicht abge­bildet wären.
 


Erst­ver­öf­fent­li­chung auf Jürgen Fritz — www.juergenfritz.com