Syrien: CIA Ope­ration “Timber Sycamore” — Deutsche Medien ver­schweigen ihren Lesern die Wahrheit

Wer beim Thema Syrien davon spricht, dass die USA dort nicht etwa den IS, sondern Prä­sident Assad bekämpfen, ist in Deutschland ein Ver­schwö­rungs­theo­re­tiker. Wer behauptet, dass die Waffen, die die USA an syrische Rebellen geliefert haben, bei Ter­ro­risten gelandet sind, ist ein rus­si­scher Pro­pa­gandist. Dabei ist beides wahr, und zwar gemäß Quellen aus den USA. Nur in Deutschland wird darüber mög­lichst nicht berichtet.

(Von Thomas Röper)

Haben Sie schon mal von der Ope­ration „Timber Sycamore“ gehört? Würde mich wundern, denn in Deutschland wurde darüber fast nie berichtet. Dabei ist diese CIA-Ope­ration zur Bewaffnung und Unter­stützung syri­scher Rebellen gegen Prä­sident Assad längst eine unbe­strittene Tatsache.

Bei dieser Ope­ration, die 2012 oder 2013 gestartet wurde (genaues ist noch geheim), hat die CIA Waffen auf­ge­kauft, meist han­delte es sich um alte sowje­tische Waffen, von denen es in Syrien ohnehin reichlich gab und was es schwerer machte, ihre Spur zu den USA zurück­zu­ver­folgen. Die Waffen wurden in Ost­europa und ehe­ma­ligen Sowjet­re­pu­bliken auf­ge­kauft, das Geld dafür kam aus Saudi-Arabien, und dann wurden die Waffen über ver­schiedene Trans­portwege nach Syrien gebracht. Es gab einen Weg über Jor­danien, einen über die Türkei und einen über Deutschland.

Der Zweck der Waf­fen­lie­fe­rungen war es, Rebellen in Syrien gegen Assad zu stärken, manchmal wurde später auch der Kampf gegen den IS als Grund vor­ge­schoben, als der IS später stärker wurde. Dass der IS vor allem durch die von den USA gelie­ferten Waffen so stark wurde, wurde in dem Zusam­menhang jedoch nicht erwähnt.

Das Pro­gramm ist immer noch zum Teil geheim, weshalb man bis heute den vollen Umfang der Unter­stützung und auch das Budget nicht kennt. Aber dass es das Pro­gramm gab, ist unbe­stritten. Und es wurde auch über das Pro­gramm berichtet, nur eben (fast) nicht in Deutschland. Den Umfang der Ver­schleierung dieses Pro­grammes vor der deut­schen Öffent­lichkeit zeigt ein Blick in die Wiki­pedia. Ja, ich weiß, man soll mit der Wiki­pedia vor­sichtig sein, aber sie gibt manchmal (unge­wollt) gute Denk­an­stöße. Ver­gleichen wir einfach mal, wie lang der Artikel über „Timber Sycamore“ in den ver­schie­denen Sprachen ist. Auf Eng­lisch ist es ein langer Artikel mit 31 Quel­len­an­gaben, auf Rus­sisch ist der Artikel kürzer, hat aber auch noch 18 Quel­len­an­gaben. Auch in allen anderen Sprachen, in denen der Artikel exis­tiert, das sind Spa­nisch, Ita­lie­nisch, Fran­zö­sisch oder Ara­bisch, hat der Artikel zwi­schen 17 und 30 Quel­len­an­gaben. Selbst auf Fin­nisch sind es noch 6 Quel­len­an­gaben. Auf Deutsch gibt es den kür­zesten Artikel dazu, es sind nur 5 Quel­len­an­gaben.

In Deutschland weiß daher auch niemand allzu viel darüber, das Thema findet weder in den Medien statt und selbst Wiki­pedia berichtet so kurz wie nur möglich. Über die Gründe kann jeder selbst nach­denken, ist es Zufall oder gewollt?

Inter­essant ist aber, sich mal näher mit der Ope­ration zu beschäf­tigen. Wie gesagt, wurde die Ope­ration 2012 oder 2013 gestartet und es wurden isla­mische Rebellen in Syrien mit Waffen ver­sorgt und auch aus­ge­bildet. Es ging darum, sie dabei zu unter­stützen, den „Bür­ger­krieg“ in Syrien anzu­heizen und am Ende Assad zu stürzen.

Schon hier bricht die erste Pro­pa­gan­dalüge des Westens zusammen: Es heißt ja immer, man würde in Syrien den IS bekämpfen und wolle Frieden in Syrien. Der Krieg hat über­haupt nur deshalb so grausam und blutig werden können, weil Saudi-Arabien und die USA die „Rebellen“ so massiv unter­stützt haben. Und zwar bevor der IS so mächtig wurde, dass man ihn dann als Vorwand für das west­liche Enga­gement nehmen konnte. Es ging dem Westen immer nur um den Sturz Assads, nie um den Kampf gegen den IS. Das werden wir gleich noch genauer sehen.

Der IS wurde erst 2014 zu einer Macht in Syrien, vorher war er nur eine von vielen kleinen Ter­ror­gruppen dort. Und erst im Sep­tember 2014 begannen die USA offi­ziell Angriffe auf den IS zu fliegen. Damit ist schon offen­sichtlich, dass der Kampf gegen den IS ein nach­träglich vor­ge­scho­bener Vorwand für die Ope­ration „Timber Sycamore“ ist, die bis zu zwei Jahre vorher begonnen hat.

Als die west­lichen Medien über den Beginn der Bom­bar­dierung des IS berich­teten, war in Deutschland natürlich kein Wort über die vor­herige Bewaffnung der Isla­misten durch die USA zu lesen. Statt­dessen hieß es bei­spiels­weise im Spiegel damals: „Das US-Enga­gement in der Region bekommt mit den Luft­an­griffen in Syrien eine neue Dimension. Drei Jahre lang hatte sich US-Prä­sident Barack Obama gegen den Sog des syri­schen Bür­ger­kriegs gestemmt. Den Einsatz von US-Boden­truppen schloss Obama aller­dings aus: ‘Wir lassen uns nicht in einen neu­er­lichen Krieg am Boden hin­ein­ziehen’, hatte er vor zwei Wochen in einer Rede an die Nation gesagt.

Heute wissen wir, dass Obama damals gelogen hat, denn heute ver­sucht Prä­sident Trump die von Obama nach Syrien geschickten US-Boden­truppen aus Syrien abzu­ziehen, wogegen sich in Washington und im Westen mas­siver Wider­stand erhebt.

Aber zurück zu „Timber Sycamore“. Die USA haben heimlich mit sau­di­schem Geld Waffen auf­ge­kauft und auf ver­schie­denen Wegen nach Syrien gebracht. Wem die Waffen dabei in die Hände fielen, war zweit­rangig. Wichtig war nur, dass es Gegner von Assad waren. Wir werden das noch sehen, wenn wir uns gleich die ersten offi­zi­ellen Mel­dungen dazu ansehen. Und als der IS 2014 mäch­tiger wurde und Ölquellen im Irak und in Syrien in seiner Gewalt hatte, da hatte er die Mög­lichkeit, bei anderen Rebellen Söldner inklusive Waffen abzu­werben und so gelangten die US-Waffen ganz schnell in die Hand des IS.

Und während die ver­einte Mili­tär­macht des Westens ab Sep­tember 2014 angeblich den IS bekämpfte, wurde dieser immer stärker. Und auch reicher, denn er ver­kaufte das Öl aus den eroberten Ölquellen, man sprach davon, dass der IS über drei Mil­lionen Dollar täglich mit dem Ölschmuggel ver­diente, das wäre etwa eine Mil­liarde pro Jahr.

In Deutschland war damals weit­gehend unbe­kannt, dass der IS sich über den Schmuggel von Öl in die Türkei finan­zierte. Putin jedoch wies darauf bereits damals hin und stellte Fragen, die es nie in die west­liche und vor allem deutsche Presse schafften. Er fragte, warum eigentlich niemand die end­losen Kolonnen aus Tank­lastern bom­bar­dierte, die aus den IS-Gebieten über die syrisch-tür­kische Grenze rollten. Und er fragte, warum die USA, die sonst gegen alles und jeden Sank­tionen und Kon­ten­sper­rungen ver­hängen können, nicht die Konten derer sperrten, die das Öl auf­kauften und damit dann han­delten. Eine Antwort bekam Putin natürlich nicht und diese pein­lichen Fragen wurden in den deut­schen Medien nicht gestellt.

Berichte gab es damals durchaus ab und zu in den deut­schen Medien, man beschul­digte Erdogan und seinen Schwie­gersohn, sich an dem Schmuggel von Öl zu berei­chern und die Finger dabei im Spiel zu haben. Aber die ent­schei­denden Fragen, warum die Trans­porte nicht schon in Syrien durch Luft­an­griffe gestoppt wurden oder auch warum man nicht gegen die vorging, die den tür­ki­schen Zwi­schen­händlern das Öl abkauften, diese Fragen stellte die deutsche Presse nie. Erdogan war damals schon auf der Abschuss­liste des Westens, daher wurde über ihn schlecht geschrieben, aber der ganze Umfang der Geschichte blieb für die deut­schen Leser im Dunkeln. Und die Ent­täu­schung der deut­schen Medien, als im Sommer 2016 der Putsch gegen Erdogan fehl­schlug, war recht offen in den Berichten zu sehen.

Übrigens zur Erin­nerung: Als Russland im Sep­tember 2015 in Syrien ein­griff, wurde das tür­kisch-rus­sische Ver­hältnis eisig. Und im November schoss die Türkei ein rus­si­sches Kampf­flugzeug ab, wor­aufhin Russland prak­tisch alle Wirt­schafts­be­zie­hungen zur Türkei abbrach. Die Bezie­hungen bes­serten sich erst nach dem Putsch­versuch gegen Erdogan im Sommer 2016 wieder. Alles deutet darauf hin, dass hinter dem Putsch die CIA stand, die die Gülen­be­wegung in der Türkei an die Macht bringen wollte und dass Putin Erdogan in letzter Minute gewarnt hat. Das erklärt, warum Erdogan den USA seitdem die kalte Schulter zeigt und warum Erdogan sich nun so an Russland anlehnt. Details dazu finden Sie hier.

Nachdem die USA wei­terhin die isla­mi­schen Rebellen in Syrien mit Waffen ver­sorgten und der IS weiter stärker wurde, griff Russland im Sep­tember 2015 in Syrien ein und bom­bar­dierte als erstes die Tank­laster, die das Öl in die Türkei fuhren und schnitten den IS von dieser Geld­quelle ab. Zwei Jahre später hatte eine Allianz aus syri­scher Armee, ira­ni­schen Ein­heiten und rus­si­schen Luft­an­griffen den IS in Syrien weit­gehend besiegt.

Die ersten Berichte über das geheime Pro­gramm der CIA sickerten schon 2015 durch. Es war wieder Putin, der in der Öffent­lichkeit darüber berichtete, dass die US-Armee einfach Waffen aus Flug­zeugen abwarf und es ihr egal war, wer diese Waffen am Boden ein­sam­melte, Haupt­sache, sie kamen gegen Assad zum Einsatz. Dass dabei auch der IS kräftig ver­sorgt wurde, ist weit­gehend unbestritten.

Obama hatte in der Zwi­schenzeit ver­sucht, eine neue Rebel­len­truppe in Syrien auf­zu­bauen, die den USA gehorchen sollte, denn nach mitt­ler­weile vier Jahren Krieg hatten die anderen Gruppen das eigent­liche Ziel, nämlich Assad zu stürzen, trotz mas­siver US-Unter­stützung noch immer nicht erreicht. Diese neue Truppe sollte offi­ziell natürlich eben­falls den IS bekämpfen. Das Pro­gramm war nicht einmal geheim, es wurde in den USA öffentlich dis­ku­tiert und es hatte immerhin 500 Mil­lionen Dollar gekostet, diese neue Truppe zu rekru­tieren, aus­zu­bilden und zu bewaffnen. Blö­der­weise sind diese neuen Rebellen aber dann zu anderen isla­mi­schen Gruppen über­ge­laufen, auch zum IS, und haben ihre nagel­neuen Waffen gleich mit­ge­nommen. Die US-Regierung musste im Oktober 2015 ein­ge­stehen, dass das Pro­gramm ein Fehl­schlag gewesen war und man für 500 Mil­lionen Dollar „nicht mehr als eine Handvoll“ Rebellen zur Ver­fügung hatte. Das Pro­gramm wurde eingestellt.

Im Juni 2016 mussten die USA ein­ge­stehen, dass ihre Waffen als Nach­schub auf dem Schwarz­markt gelandet waren. So ver­schwanden zum Bei­spiel auf der schon erwähnten Trans­port­route über Jor­danien mas­senhaft Waffen, die sich jor­da­nische Beamte unter den Nagel rissen und mit Gewinn ver­kauften. Dabei wurden die Waffen auch gegen Ame­ri­kaner selbst ein­ge­setzt, zum Bei­spiel im November 2015, als in Jor­danien zwei US-Aus­bilder mit diesen Waffen erschossen wurden.

Die New York Times berichtete damals aus­führlich und zeigte dabei auch die Zusam­men­arbeit der CIA mit den Saudis auf, wobei sie darauf verwies, dass diese Zusam­men­arbeit Jahr­zehnte alt war, ein Hinweis auf den Beginn der­ar­tiger ille­galer Waf­fen­ge­schäfte in der Iran-Contra-Affäre in den 1980er-Jahren. Offen­sichtlich hatte der Skandal um Iran-Contra nichts an der Zusam­men­arbeit auf dem Gebiet ille­galer Waf­fen­lie­fe­rungen geändert. Ein Auf­schrei von Presse und Politik blieb trotzdem aus, selbst in den USA. In Deutschland war ein solcher Auf­schrei nicht zu erwarten, denn es wurde ja ohnehin nicht darüber berichtet. Und wie soll sich die deutsche Öffent­lichkeit über etwas auf­regen, wovon sie von nichts weiß?

Die New York Times berichtete, dass sich die Hoff­nungen der Obama-Regierung, diese Waf­fen­lie­fe­rungen unter Kon­trolle zu behalten, nicht erfüllt hätten. Die Waffen lan­deten auf dem Schwarz­markt und wer immer wollte, konnte nach Her­zenslust shoppen gehen.

Ganz selten gab es auch mal Berichte in Deutschland. Im Sep­tember 2017 berichtete die Süd­deutsche über „Timber Sycamore“, über die Trans­port­route des Waf­fen­schmuggels über Ramm­stein und darüber, wie die USA dabei deutsche Gesetze gebrochen haben und die Bun­des­re­gierung ihre Augen ganz fest davor ver­schlossen hat. Eigentlich ein Skandal, aber haben Sie davon gehört, dass die “kri­ti­schen” deut­schen Medien Auf­klärung gefordert hätten? Oder dass die Par­teien im Bun­destag einen Unter­su­chungs­aus­schuss gefordert hätten? Es ging immerhin – juris­tisch gesehen – min­destens um Bei­hilfe durch Unter­lassen, wenn die Bun­des­re­gierung sich unwissend gab und so schwere Ver­stöße der USA gegen deut­sches Recht zuließen.

In der Süd­deut­schen hieß es damals: „Das US-Militär hat offenbar zeit­weise über seinen Stütz­punkt im rheinland-pfäl­zi­schen Ram­stein Waffen und Munition aus Ost­europa an syrische Rebellen geliefert. Da ent­spre­chende Geneh­mi­gungen der Bun­des­re­gierung fehlten, haben die Ame­ri­kaner womöglich deut­sches Recht gebrochen. (…) Die Bun­des­re­gierung beteuert, von Waf­fen­lie­fe­rungen über deut­sches Ter­ri­torium nach Syrien nichts zu wissen — dabei gibt es schon seit einiger Zeit Hin­weise auf das frag­würdige Treiben der Ame­ri­kaner. Die US-Regierung hat in meh­reren unter­schied­lichen Pro­grammen syrische Rebellen mit Aus­bildung und Waffen unter­stützt. Über ein Pro­gramm des Aus­lands­ge­heim­dienstes CIA unter dem Code­namen Timber Sycamore wurden die Freie Syrische Armee (FSA) und andere vorab als poli­tisch unbe­denklich ein­ge­stufte Gruppen für den Kampf gegen Prä­sident Baschar al-Assad trai­niert und mit Waffen ver­sorgt. Prä­sident Barack Obama hatte das Pro­gramm 2013 nach langen Dis­kus­sionen in der Regierung genehmigt (…) Obamas Nach­folger Donald Trump hat dieses Pro­gramm Anfang Juli auf Emp­fehlung der CIA beendet.

Hier also bestätigt sich erneut alles, was vorher gesagt worden ist. Es war ein Pro­gramm gegen Assad, nicht gegen den IS, wie man der Öffent­lichkeit später weis­machen wollte. Und ganz nebenbei wurden dabei auf deut­schem Boden deutsche Gesetze gebrochen, ohne dass es die deutsche Regierung inter­es­siert hätte. Auch kein Staats­anwalt hat Ermitt­lungen auf­ge­nommen. Warum die Staats­an­walt­schaft nicht ermitteln kann, wenn es poli­tisch nicht gewollt ist, dazu finden Sie hier alle Infor­ma­tionen.

Man kann in diesem Zusam­menhang auch die Frage stellen, wie sou­verän Deutschland eigentlich ist, wenn die USA auf deut­schem Boden machen können, was sie wollen und deutsche Ermittler die Airbase Ramm­stein nicht ohne Geneh­migung der USA betreten dürfen. Dazu habe ich auch mal eine geson­derte Analyse geschrieben.

Aber auch in dem Artikel der Süd­deut­schen Zeitung wurde die Frage, inwieweit diese Waffen am Ende beim IS lan­deten, geschickt umgangen. Dafür ging es um die Bun­des­re­gierung und ihre Ver­säum­nisse: „Im Februar fragte der Grünen-Abge­ordnete Christian Ströbele die Bun­des­re­gierung nach mög­lichen Waf­fen­lie­fe­rungen der Ame­ri­kaner für Syrien über den US-Stütz­punkt. Die Antwort: Die Bun­des­re­gierung habe dazu keine Erkennt­nisse. Viel­leicht wollte sie es auch nicht so genau wissen — nach dem Kriegs­waf­fen­kon­troll­gesetz hätten die USA nämlich Geneh­mi­gungen aus Berlin gebraucht, um via Deutschland Waffen nach Syrien zu schaffen. Die Ame­ri­kaner ver­suchten es laut Bun­des­wirt­schafts­mi­nis­terium erst gar nicht: Seit 2010 hätten sie keine Lie­fe­rungen nach Syrien oder in dessen Nach­bar­länder bean­tragt. Die USA bestreiten aber, dass sie Berlin nicht die ganze Wahrheit gesagt haben. Die Bun­des­re­gierung aber hätte von den Lie­fe­rungen wissen können, ja müssen: Bereits im Dezember 2015 berichtete die ser­bische Tages­zeitung Večernje Novosti von Waffen und Munition, die mit Trans­port­flug­zeugen des US-Militärs nach Ram­stein geflogen wurden — mit Ziel Syrien. Ein im Juli 2016 publi­zierter UN-Waf­fen­ex­port­be­richt listet 11.970 Sturm­ge­wehre und 50 schwere Maschi­nen­ge­wehre auf, die aus Serbien an einen “US-Mili­tär­stütz­punkt in Deutschland” geliefert worden seien. (…) Zweifel an der Dar­stellung der Bun­des­re­gierung wirft eine E‑Mail auf, die BIRN und dem OCCRP zuge­spielt wurde. Darin weist das für die Waf­fen­an­käufe zuständige US-Kom­mando für Spe­zi­al­ope­ra­tionen (Socom) seine Dienst­leister an, keine Tran­sit­ge­neh­mi­gungen mehr zu bean­tragen. ‘Deutschland ist solchen Anfragen gegenüber sehr emp­findlich geworden’, heißt es in der Mail aus dem Dezember 2016. Woher diese Erkenntnis, wenn es nicht Gespräche mit Berlin gab oder gar ent­spre­chende Anträge der Ame­ri­kaner an die Bun­des­re­gierung? Damit kon­fron­tiert erklärte sie nur, ‘Inhalte etwaiger Gespräche des US-Militärs mit Lie­fe­ranten’ nicht zu kennen.

Es ist also tat­sächlich ein hand­fester Skandal, der auf­ge­klärt werden müsste. Statt­dessen haben Politik und Medien in Deutschland den Fall unter den Teppich gekehrt. Die Kon­se­quenzen einer Auf­klärung hätten dras­tisch sein können und müssen: „Sollten US-Stellen gegenüber deut­schen Behörden falsche Angaben gemacht haben, etwa dass die Waffen in die USA geliefert werden sollten, müsste dies schwer­wie­gende Kon­se­quenzen haben — theo­re­tisch. Die poli­ti­schen Grund­sätze der Bun­des­re­gierung zu Waf­fen­ex­porten schreiben vor, dass ein Emp­fänger bei Ver­stößen vorerst ‘grund­sätzlich’ von wei­teren Rüs­tungs­lie­fe­rungen aus­zu­schließen ist. Ob oder wie oft dies über­haupt schon einmal geschehen ist, wird laut dem Wirt­schafts­mi­nis­terium ’nicht gesondert sta­tis­tisch erfasst’.“

Nun wird ver­ständlich, warum es in Deutschland ein­facher ist, jemanden, der über die US-Waf­fen­lie­fe­rungen an den IS spricht, als „Ver­schwö­rungs­theo­re­tiker“ oder „rus­si­schen Pro­pa­gan­disten“ zu ver­un­glimpfen, als über das Thema selbst zu sprechen. Sollte das Thema nämlich in Deutschland auf­ge­ar­beitet werden, ist es nicht nur poli­tisch ein Skandal, es hat auch eine massive straf­recht­liche Dimension für deutsche Politiker.

Auch vor dem Hin­ter­grund der Flücht­lings­krise ist das Thema heikel, denn wenn man sich die Chro­no­logie anschaut, dann kam zuerst die massive Befeuerung des syri­schen „Bür­ger­krieges“ durch Waf­fen­lie­fe­rungen und finan­zielle Unter­stützung der USA und erst danach der IS. Das würde aber die These zusam­men­brechen lassen, dass die Men­schen aus Syrien wahl­weise vor Assad oder dem IS nach Europa geflohen sind. Sie sind aus einem anderen Grund geflohen: Sie sind vor einem von den USA mit viel Geld ange­fachten Krieg geflohen. Und das sollen die Men­schen in Deutschland nun wirklich nicht wissen.

Daher ist es ein­facher, jede Dis­kussion über das Thema mit den Worten „Ver­schwö­rungs­theorie“ und „rus­sische Pro­pa­ganda“ zu beenden, anstatt eine Dis­kussion über die Hin­ter­gründe zuzulassen.

 


Quelle der Erst­ver­öf­fent­li­chung — www.anti-spiegel.ru