Umwelt­or­ga­ni­sa­tionen empört! Diesel-Fahr­zeuge finden rasenden Absatz im Osten

Früher kriegte man manchmal bei einer Dis­kussion um poli­tische Fragen den genervten Rat: Geh doch rüber, wenn‘s dir hier nicht passt. Das gilt heute für Diesel. Die fahren rüber, rüber in den Osten. Da sind sie zwar nicht aus der Welt, da gibt es jedoch andere Bestimmungen.

Viele der in Deutschland »unge­liebten Diesel-Gebraucht­wagen« finden nun in Mit­telost- und Süd­ost­europa eine neue Ver­wendung – zum »Leid­wesen von Umwelt­schützern«, schreibt die FAZ.
Rumänien ist der größte Abnehmer alter Gebraucht­wagen aus West­europa – und war das schon seit län­gerem. Von 2017 bis 2018 stieg dort die Zahl der regis­trierten Diesel-Gebraucht­wagen um mehr als 31.000. In der Slo­wakei ist der Anteil der Diesel-Fahr­zeuge eben­falls hoch und liegt inzwi­schen bei 78 Prozent. Auch in Tsche­chien boomt das Geschäft mit Gebraucht­wagen aus dem Westen. »Die Impor­teure fahren nach Deutschland und nutzen selbst­ver­ständlich aus, dass der deutsche Ver­braucher ver­un­si­chert ist.«
Petr Prikryl vom tsche­chi­schen Verband der Gebraucht­wa­gen­händler meint, man könne fast von einer »Invasion« sprechen. Auch die FAZ hatte das Wort »Invasion« in Anfüh­rungs­striche gesetzt: »Die “Invasion” alter, deut­scher Diesel in Ost­europa«, hieß es in der Schlag­zeile. Der Begriff ist tat­sächlich heikel. Erst erlebten die Länder eine Invasion von Sol­daten, dann von Tou­risten, nun von Gebrauchtwagen.
Kein Wunder. Umwelt­zonen gibt es in Tsche­chien wie auch in Polen, Kroatien und Serbien bisher nicht. Diesel haben freie Fahrt. »Wir fahren hier noch unge­stört und in Freiheit, ganz ohne Ein­schrän­kungen«, freut sich Prikryl.
Umwelt­or­ga­ni­sa­tionen wie­derum sind empört. »Süd- und Mit­tel­ost­europa darf nicht zur Müll­halde alter, nicht mehr benö­tigter und dre­ckiger, die Luft ver­schmut­zender Pro­dukte werden«, sagte Jan Pinos von der Regen­bogen-Bewegung in Prag.
Die Empörten stecken in einem Dilemma: Die Welt ist zu groß, Ent­wick­lungen gehen ihnen zu langsam – wenn man ihr Rein­lich­keits­be­dürfnis zum Maßstab macht. Was pas­siert? Die eigene Weste wird sauber gehalten, die Nachbarn werden igno­riert, gleich­zeitig stellt man sich mora­lisch über sie. Die rein­liche Welt der Umwelt-Pro­vinzler reicht nur so weit wie der Gel­tungs­be­reich ihrer stets aktua­li­sierten Bestim­mungen. Die strah­lende Rein­lichkeit ihrer weißen Westen wird erkauft durch die größere Belastung der Nachbarn.
Ein ähn­liches Dilemma gilt auch für den Umgang mit Atom­strom: Wir schalten unsere Kern­kraft­werke ab, damit wir uns sicherer fühlen. Unsere Nachbarn bauen neuen Kraft­werke, damit sie uns aus­helfen können. Wir halten uns für überlegen.
Sicherheit und Belastung der Umwelt bleiben unverändert.
 

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