US-Atom­waffen in Deutschland: Der Spiegel lenkt von den wich­tigsten Fragen ab

Der Spiegel hat gestern ein altes Thema neu ent­deckt: Die ame­ri­ka­ni­schen Atom­waffen in Deutschland. Nett vom Spiegel, dass er nach der Kün­digung des INF-Ver­trages durch die USA daran erinnert. Aber allzu kri­tisch ist der Artikel im Spiegel nicht, es wird nicht einmal erwähnt, dass die Mehrheit der Deut­schen gegen diese Atom­waffen ist. Und die wich­tigste Frage dazu wird erst gar nicht gestellt. 
(Von Thomas Röper)
Schon 2010 hat der Bun­destag mit par­tei­über­grei­fender Mehrheit beschlossen: „Der Deutsche Bun­destag fordert die Bun­des­re­gierung auf, sich (…) gegenüber den ame­ri­ka­ni­schen Ver­bün­deten mit Nach­druck für den Abzug der US-Atom­waffen aus Deutschland ein­zu­setzen”. Darüber habe ich schon vor einiger Zeit einen Artikel geschrieben und die Frage gestellt, ob Deutschland ein sou­ve­räner Staat ist, wenn die Regierung einen solchen Bun­des­tags­be­schluss, für den sie auch selbst gestimmt hat, nicht umsetzt. Und nicht zuletzt: Warum kann Deutschland nicht selbst ent­scheiden, welche Waffen auf seinem eigenen Ter­ri­torium sta­tio­niert werden, sondern muss sich den Ame­ri­kanern unterordnen? 
Im Spiegel wurde dieser Bun­des­tags­be­schluss nicht erwähnt und die daraus fol­genden Fragen wurden natürlich auch nicht gestellt. Statt­dessen heißt es dazu im Spiegel: „In der Ver­gan­genheit gab es immer mal wieder poli­tische Initia­tiven, um die USA zum Abzug dieser Bomben zu bewegen. Linke und Grüne sind ohnehin dafür, FDP-Poli­tiker Guido Wes­ter­welle aber setzte sich dieses Ziel als Außen­mi­nister der schwarz-gelben Koalition – und schei­terte. Zuletzt wärmte der SPD-Poli­tiker Martin Schulz die For­derung als Kanz­ler­kan­didat im Wahl­kampf 2017 wieder auf. Doch die Union ließ sich nicht beein­drucken, im Koali­ti­ons­vertrag heißt es nur: „Erfolg­reiche Abrüs­tungs­ge­spräche schaffen die Vor­aus­setzung für einen Abzug, der in Deutschland und Europa sta­tio­nierten tak­ti­schen Nukle­ar­waffen.
Kein Wort über den Beschluss des Bun­des­tages, der nie zurück­ge­nommen wurde und immer noch gilt, aber nie umge­setzt wurde. Statt­dessen wird anschließend von der Rolle der USA abge­lenkt und der Schwarze Peter Russland zuge­schoben: „Von erfolg­reichen Abrüs­tungs­ge­sprächen ist man nun weit ent­fernt, Russland kün­digte inzwi­schen an, die Ent­wicklung einer neuen ato­maren Mit­tel­stre­cken­rakete vor­an­zu­treiben.
Wie schon in den letzten Tagen kein Wort mehr darüber, dass es die USA sind, die ein­seitig aus dem INF-Vertrag aus­steigen. Und auch kein Wort darüber, dass die USA solche Raketen bereits ent­wi­ckeln und schon letzten Sommer die nötigen Mittel in den Haushalt des Pen­tagon ein­ge­stellt haben. Darüber wurde in Deutschland nie berichtet. Statt­dessen klingt es im Spiegel so, als seien es die Russen, die unbe­dingt neue Raketen ent­wi­ckeln wollen, dabei reagiert Russland nur auf die von den USA begonnene Entwicklung.
Übrigens geht es auch hier wieder um Geld. Die Bun­deswehr soll im Rahmen der „ato­maren Teilhabe“ im Kriegsfall selbst auch US-Atom­bomben abwerfen. Aber die Tor­nados der Bun­deswehr sind alt und man will in Berlin ein neues Flugzeug dafür anschaffen. Und raten Sie mal, welches Flugzeug favo­ri­siert wird? Nicht etwa der mit deut­schem Geld ent­wi­ckelte Euro­fighter, sondern die ame­ri­ka­nische F‑18: „Die „Tornado“-Jets, die als Atom­bomber ein­ge­setzt werden könnten, sind alters­schwach. Mit ihrer Aus­mus­terung soll bald begonnen werden. Das Ver­tei­di­gungs­mi­nis­terium prüft nun geeignete Nach­folger: den „Euro­fighter“ als EU-Koope­ra­ti­ons­projekt und den ame­ri­ka­ni­schen Kampfjet F‑18. Da die USA die Technik der Jets zum Abwurf der eigenen Atom­bomben zer­ti­fi­zieren müssen, wird im Haus von Minis­terin Ursula von der Leyen die F‑18 favo­ri­siert.
Es geht also mal wieder ganz nebenbei um Mil­li­arden für die US-Rüs­tungs­in­dustrie, wie ich erst gestern aus­führlich dar­ge­stellt habe.
Übrigens ist noch etwas anderes inter­essant. Die USA haben in den letzten Jahren alle Abrüs­tungs­ver­träge gekündigt. Was aber in Deutschland in diesem Zusam­menhang nicht berichtet wird, ist, dass die USA den schon vor 20 Jahren geschlos­senen Kern­waf­fen­test­stopp-Vertrag (eng­lisch Com­pre­hensive Nuclear-Test-Ban Treaty, CTBT) nie rati­fi­ziert haben. Und in dem Bun­des­tags­be­schluss von 2010 war auch das ein Thema: „Der Deutsche Bun­destag fordert die Bun­des­re­gierung auf, für die Rati­fi­zierung des Atom­test­ab­kommens (CTBT) und ein Test­mo­ra­torium zu werben.”
Das ist ein klarer Hinweis auf die USA, die die Rati­fi­zierung des Ver­trages ablehnen. Russland hat den Vertrag rati­fi­ziert. Es gibt auch noch andere Staaten, die den Vertrag bis heute nicht rati­fi­ziert haben, aber aus der „west­lichen Wer­te­ge­mein­schaft“ fehlt nur die USA. Ach so, und natürlich Israel. Nur habe ich nie etwas davon gehört, dass die Bun­des­re­gierung bei Gesprächen mit den USA oder Israel dieses Thema auf den Tisch gebracht hätten.
 


Thomas Röper — www.anti-spiegel.ru