FridaysForFuture Deutschland Bild: Fridays for Future - 25.01.2019 in Berlin © Jörg Farys / WWF - https://www.flickr.com/photos/161768312@N07/46820422932/ - CC BY 2.0

„Fridays For Future“: Demons­triert, aber bitte für Eure Zukunft! Denn Ihr sollt für das alles hier zahlen!

Liebe „Fridays For Future“-Kids,

spä­testens wenn Bun­des­kanz­lerin Merkel einen Protest unter­stützt, ist es Zeit auf­zu­horchen. Die Kanz­lerin ist bekannt für ihre Fähigkeit, Stim­mungen auf­zu­nehmen und sich danach zu richten und nur deshalb schon solange an der Macht. Legendär ist ihr Kurs­wechsel gleich nach der ersten gewon­nenen Wahl, weg von Reformen, hin zum für­sor­genden Sozi­al­staat. Danach kam der Atom­aus­stieg nach dem Tsunami im fernen Japan, obwohl erst kurz zuvor eine Lauf­zeit­ver­län­gerung für Atom­kraft­werke beschlossen wurde. Schließlich war es die Angst vor unschönen Bildern im Sommer 2015, als plötzlich galt, ein sou­ve­räner Staat wie Deutschland könne seine Grenzen nicht sichern.

Nun also “Fridays For Future”. In ihrem Video­podcast ver­kündete die Kanz­lerin am letzten Samstag, dass sie es sehr begrüße, dass „junge Men­schen, Schü­le­rinnen und Schüler demons­trieren und uns sozu­sagen mahnen, schnell etwas für den Kli­ma­schutz zu tun“. Und weiter: „Ich glaube, dass das eine sehr gute Initiative ist.“ Denn die Kli­ma­schutz­ziele seien nur erreichbar, wenn es Rückhalt in der Gesell­schaft gebe. Wow, das muss Euch doch gefallen haben!

Der nüch­terne Beob­achter weiß aller­dings, dass es der Kanz­lerin nicht so sehr um Eure Anliegen geht, sondern vielmehr um die Sicherung der nächsten Koali­ti­ons­option für die Union: das von Merkel schon lange ange­strebte Bündnis mit den Grünen. Wenn man dabei auch noch junge Wähler wie Euch für die eigene Partei mobi­li­sieren kann, umso besser.

Ihr habt allen Grund, sauer zu sein

Nebenbei kann Merkel außerdem von den eigent­lichen Pro­blemen des Landes ablenken. Denn die Auf­gaben und Schwie­rig­keiten, die auf Euch zukommen, sind weitaus größer, als Ihr denkt. Ihr habt allen Grund, sauer zu sein auf die Politik der letzten Jahr­zehnte. Dabei dürften die Folgen dieses Poli­tik­ver­sagens für Euch, die ihr heute auf die Straße geht, weitaus ver­hee­render sein als der Kli­ma­wandel. Ich stelle nicht in Abrede, dass es richtig ist, mehr für Umwelt­schutz und gegen den Kli­ma­wandel zu tun. Egal, ob man nun den Modellen der Wis­sen­schaftler glaubt oder nicht, es ist immer ver­nünftig, mit Res­sourcen sparsam umzu­gehen. Es dürfte sich aber für Euch im Rück­blick in wenigen Jahren als Rand­thema her­aus­stellen. Dann nämlich, wenn Ihr fest­stellt, wie sehr die heutige Poli­ti­ker­ge­neration den Wohl­stand des Landes und damit Eure Zukunft geplündert hat, um kurz­fristig Wäh­ler­stimmen zu mobi­li­sieren. Wohl keine Gene­ration ist so ego­is­tisch mit den Res­sourcen eines Landes umge­gangen wie die heute regie­rende. Die Liste der Ver­säum­nisse ist lang und erschre­ckend. Wenn Ihr die lest und über­denkt, habt Ihr erst recht Grund, nächste Woche wieder auf die Straße zu gehen – dann aber für die Zukunft unseres Landes.

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Ihr sollt für die Alten zahlen

Ver­mutlich habt Ihr es schon gehört. Wir, die Alten, setzen voll auf Euch! Wir geneh­migen uns immer höhere Leis­tungs­ver­sprechen für Rente und Gesundheit und da wir dafür nicht vor­ge­sorgt haben, setzen wir auf Eure Bei­träge in der Zukunft. Schon jetzt, so rechnet das Finanz­mi­nis­terium vor, müssten wir je nach Sze­nario – also den Annahmen, wie lange wir noch arbeiten – zwi­schen 36 und 115 Mil­li­arden Euro pro Jahr (!) zur Seite legen. Tun wir aber nicht, denn Ihr werdet einfach höhere Bei­träge leisten und uns mehr von Euren Ein­kommen abgeben. Macht Ihr doch gern – oder?

Sparen tun wir übrigens auch nicht. Das wird aber nicht ver­raten. Allein zwi­schen 2008 und 2018 hat die Bun­des­re­gierung 280 Mil­li­arden Euro mehr aus­ge­geben. Weil gleich­zeitig die Zinsen wegen der unge­lösten Euro­krise (das Problem über­lassen wir auch lieber euch) gesunken sind, konnte die Regierung diese 140 Mil­li­arden ander­weitig ver­wenden. Weitere 40 Mil­li­arden wurden durch geringere Kosten für Arbeits­lo­sigkeit frei. In Summe standen also 460 Mil­li­arden Euro zur freien Ver­fügung. Und, was haben wir damit gemacht? Schulden getilgt? Na ja, seit 2014 schon ein bisschen. Den Großteil haben wir aber aus­ge­geben, und zwar für Rente und Gesundheit. Und weil es so schön ist, haben wir die Aus­gaben auch gleich in Gesetzen fest­ge­schrieben, damit es auch in Zukunft uns Alten an nichts mangelt. Zahlt ihr ja.

Inves­tieren? Für Euch nicht!

Wie Ihr dafür zahlen sollt? Das ist uns doch egal. Jeden­falls haben wir richtig an allem gespart, was es Euch in Zukunft leichter machen würde, die Lasten zu schultern. 

So haben wir die Inves­ti­tionen in den Kapi­tal­stock gegenüber den frühen 2000er-Jahren mehr als hal­biert, was zu einer immer älteren staat­lichen Infra­struktur führt. Bei­spiels­weise wurde die Hälfte der Auto­bahn­brücken zwi­schen 1965 und 1975 gebaut. Diese Brücken waren nie für die heu­tigen Ver­kehrs­mengen aus­gelegt und sind als wirt­schaft­licher Total­schaden ein­zu­stufen, rechnet das Institut der Deut­schen Wirt­schaft vor. Bei den Straßen sieht es nicht besser aus, wo seit dem Jahr 2000 eben­falls von der Sub­stanz gelebt wird.

Allein für die Her­stellung des nor­malen Stan­dards der Infra­struktur wären Inves­ti­tionen in der Grö­ßen­ordnung von 120 Mil­li­arden Euro erfor­derlich. Damit nicht genug. Wir brauchen ein nach­haltig höheres Aus­ga­ben­niveau, um den Standard zu halten. Legen wir dafür den OECD-Durch­schnitt von 3,2 Prozent vom BIP an, müssten wir unsere Aus­gaben um einen Pro­zent­punkt vom BIP steigern, also um rund 33 Mil­li­arden pro Jahr. Aber das könnt Ihr ja dann machen, wenn es soweit ist. Ver­mutlich ist es dann noch etwas teurer, geht der Verfall doch jeden Tag weiter. Oder Ihr fahrt einfach nicht mehr mit dem Auto. Aller­dings sieht es bei der Bahn nicht besser aus. Die hat einen Inves­ti­ti­onsstau von 57 Mil­li­arden und braucht pro Jahr elf Mil­li­arden mehr.

Viel­leicht müsst und wollt Ihr in der Zukunft nicht mehr so viel reisen und lieber alles digital bewäl­tigen. Problem ist aller­dings, dass wir einfach keine Lust hatten, in ein zukunfts­fä­higes Internet zu inves­tieren. Während in Spanien 50 Prozent der Haus­halte über Glas­fa­ser­an­schlüsse ver­fügen, sind es bei uns nur zwei Prozent. Und beim Mobilfunk wollen wir es auch gemächlich angehen lassen. Während Spit­zen­reiter wie die Schweiz 5G bereits in Betrieb nehmen, planen wir noch. Und flä­chen­de­ckend machen wir es schon gar nicht, wo kämen wir denn da hin!

Eure Bildung ist uns auch nicht so wichtig. Haupt­sache, Ihr macht irgendwie Abitur und stu­diert irgendwas. Dann erfüllen wir die Anfor­de­rungen der OECD, die eine mög­lichst hohe Aka­de­mi­ker­quote zum Ziel setzt, damit wir ähnlich wie Italien endlich wieder eine anstei­gende Jugend­ar­beits­lo­sigkeit hin­be­kommen. Kon­se­quent senken wir also die Leis­tungs­stan­dards unserer Schulen und sicherlich werden wir Euer Enga­gement jeden Freitag nicht bei den Prü­fungen bestrafen. Da findet sich sicherlich ein Kom­promiss, zum Bei­spiel, indem wir ein wei­teres Halbjahr an Schul­stoff einfach streichen. Ihr müsst ja auch nicht Inge­nieure werden. Gen­der­studien sind doch auch nett. Ver­mutlich auch ein­facher, lassen doch Eure Leis­tungen in Mathe­matik und Deutsch schon seit Jahren immer mehr nach.

Popu­lismus ist wich­tiger als (Euer) Wohlstand

Richtig wichtig ist uns aber, dass wir immer eine gute Stimmung im Land haben. Nichts sollte unsere gute Laune beein­träch­tigen und vor allem müssen wir der Welt jeden Tag beweisen, dass wir aus den Untaten unserer Groß­väter gelernt haben. Geld spielt hier keine Rolle. Nehmen wir den über­stürzten Atom­aus­stieg nach dem Unglück in Fuku­shima. Bei uns sind Tsu­namis selten und die Kraft­werke stehen fern von Erd­be­ben­ge­bieten. Dennoch war da immer dieses Unbe­hagen mit der Technik. Also beschlossen wir, bis 2022 alle Atom­kraft­werke abzu­schalten. Kosten dürfte uns die Ener­gie­wende rund 1000 Mil­li­arden Euro – also mehr als 12.000 Euro pro Kopf der Bevöl­kerung. Wobei Ihr mehr zahlen werdet, wir sind ja nicht mehr dabei, wenn es so richtig teuer wird. Schon heute haben wir die höchsten Strom­preise in Europa und ver­fehlen dennoch die CO2-Ziele.

Der Aus­stieg aus der Kohle, für den Ihr jeden Freitag demons­triert, wird auch einiges kosten. 80 Mil­li­arden Euro stehen im Raum. Bil­liger wäre es, jedem Beschäf­tigen direkt eine Million Ent­schä­digung zu bezahlen (20 Mil­li­arden) wie die “heute-show“ vor­rechnet. Sicher ist, dass Strom dann noch teurer wird und vor allem, dass wir Strom aus Atom­kraft­werken in Frank­reich und Koh­le­kraft­werken aus Polen beziehen werden. Der Umwelt nutzt das nichts, aber wir haben ein gutes Gefühl!

Genauso wie 2015. Beseelt von dem Wunsch, der Welt unser freund­liches Gesicht zu zeigen, haben wir die Zuwan­derung von mehr als einer Million Men­schen zuge­lassen, ohne Bedürf­tigkeit oder – so diese nicht gegeben war – öko­no­mi­schen Nutzen zu prüfen. Da die Mehrzahl der Zuwan­derer über keine oder nur geringe Bildung verfügt, die Inte­gra­ti­ons­be­reit­schaft nicht bei allen Neu­bürgern gegeben ist und die Anfor­de­rungen der Wirt­schaft an das Qua­li­fi­ka­ti­ons­niveau immer mehr steigen, müssen wir davon aus­gehen, dass wir auf Jahr­zehnte hinaus Mil­li­arden für die Ver­sorgung dieser Men­schen auf­wenden werden. Seriöse Schät­zungen gehen von min­destens 750 Mil­li­arden Euro aus, die in den kom­menden Jahr­zehnten anfallen. Das bezahlt übrigens Ihr, denn die meisten Neu­bürger sind nicht viel älter als Ihr. 

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Kli­ma­schutz durch Verarmung?

Wie Ihr seht, ist einiges schief gelaufen in den letzten Jahren. Für uns, die Alten, ist das nicht so wichtig. Für Euch hin­gegen ist das hoch relevant. Während die Poli­tiker Euch das Märchen vom reichen Land erzählen, das sich alle mög­lichen Pro­jekte ohne öko­no­mi­schen Wert und immer größere Zah­lungen für die Alten leisten kann, ver­fällt die Basis für Euch zusehend.

Vor allem wird Deutschland damit als Wirt­schafts­standort immer unat­trak­tiver. Ange­sichts hoher Strom­preise, hoher Löhne, unzu­rei­chender Inves­ti­tionen in Infra­struktur und zuneh­mender Tech­no­lo­gie­feind­lichkeit inves­tieren die Unter­nehmen schon jetzt lieber im Ausland als bei uns. Gerade die auf­stre­benden Ländern Asiens sind weitaus attrak­tiver, winken doch hohe Wachs­tums­raten, eine junge und zunehmend gut aus­ge­bildete Bevöl­kerung und mehr wirt­schaft­liche Freiheit.

Das Klima schützen wir dann auto­ma­tisch, indem wir uns vom Status eines Indus­trie­landes ver­ab­schieden, das aller­dings zum Preis eines deut­lichen Wohl­stands­ver­lustes. Und glaubt mir, den findet Ihr nur in der Theorie gut! Die Energie, mit der wir gerade der hie­sigen Auto­mo­bil­in­dustrie den Garaus machen, ist nicht nötig. Den tech­no­lo­gi­schen Wandel zu elektro- und selbst­fahrend dürfte die Branche ver­mutlich nur deutlich ver­kleinert über­stehen. Wenn überhaupt.

So erbt Ihr ein deutlich ärmeres Land mit erheb­lichen Ver­tei­lungs­kon­flikten. Kein Wunder, dass die Klü­geren von Euch Ihre Zukunft woanders suchen werden. In Ländern, die besser für die Zukunft vor­ge­sorgt haben und in denen Euch nicht so viel von Eurem Ein­kommen weg­ge­nommen wird. Schon jetzt ver­lassen übrigens rund 200.000 Men­schen Deutschland pro Jahr. Eher die jün­geren und besser ausgebildeten.

Ihr werdet miss­braucht zum Machterhalt

Ihr habt also mehr als genug Gründe, um auf die Straße zu gehen! Dabei werden Eure Energie und Euer Enthu­si­asmus von der Politik einmal mehr miss­braucht. Es ist die Fort­setzung der letzten Jahre, in denen es immer mehr um Emo­tionen statt um Rechnen ging. Wer ist schon für den Kli­ma­wandel? Wer will schon die Umwelt zer­stören? Wer will nicht jenen, die in Not erscheinen, helfen?

All dies sollten wir tun. Aber wir sollten es mit wirt­schaft­lichem Sach­ver­stand tun: CO2-Steuer statt teurer Ein­zel­maß­nahmen, Hilfe vor Ort statt zum 1000-fachen Preis hier­zu­lande, Inves­ti­tionen in Eure Zukunft statt mehr Leis­tungen für Alte.

Glaubt nicht mehr an das Märchen vom reichen Land. Wacht auf! Und demons­triert für Eure Zukunft! Denn die ist wirklich in Gefahr.


Dr. Daniel Stelter — www.think-beyondtheobvious.com